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Krieg und Frieden
Rektor Uni Magdeburg: Bezug auf Sterben in der Ukraine eröffnet neuen Blick auf die Zivilklausel an unseren Hochschulen
Zivilklausel und Ukraine-Konflikt
Von Dietrich Schulze
Zuletzt Ende Januar schrieb ich einen Artikel für die NRhZ [1] u.a. mit Bezug auf die neue Zivilklausel an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Am Freitag, dem 11. Mai, gab es aus Magdeburg eine neue Meldung zum Thema Zivilklausel. Das hat mich herausgefordert, nach geschlagenen 15 Wochen erneut zur Feder zu greifen. In einem Artikel von MDR Sachsen-Anhalt am 11. Mai [2] erklärt der Uni-Rektor Jens Strackeljan [3] aufgrund seiner Kontakte zur Uni Donezk: »Allerdings lasse es sich über eine Zivilklausel – mit der sich Universitäten ausschließlich zur zivilen und nicht-militärischen Forschung verpflichten – aus einem friedlichen Deutschland heraus auch einfacher diskutieren, als wenn Kommilitonen im eigenen Land vor kurzem im Kampf gefallen sind.«
Foto: arbeiterfotografie.com
Fakten Ukraine-Konflikt
Das war der Schluss-Satz des MDR-Artikels "Wie der Ukraine-Konflikt bis nach Magdeburg wirkt". Bevor die allgemeinere Bedeutung dieser bemerkenswerten Erklärung untersucht wird, zunächst zum Beginn des Artikels von Christine Warnecke. Dort beschreibt sie die Unabhängigkeitsreferenden in Donezk und Lugansk vor 4 Jahren und die seitdem andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen anhand von Interviews mit Betroffenen, die in der Ukraine lebten und nun in Magdeburg arbeiten. Deren Positionen sind unterschiedlich und machen sehr besorgt.
In der Tageszeitung junge Welt [4] erschien tags darauf der Artikel von Reinhard Lauterbach unter dem Titel „Weder Krieg noch Frieden“ über die beiden genannten Volksrepubliken im Donbass. Die USA stärken den ukrainischem Maximalismus und erklären, die Volksrepubliken müssten verschwinden. Offen bleibe, wie Russland reagieren wird.
Zivilklausel-Satz des Uni-Rektors
Ja, in Deutschland lebt es sich vergleichsweise friedlich an den Hochschulen. Hier gibt es keine kriegerischen Auseinandersetzungen. Kein Studierender braucht befürchten, dass Kommilitonen im eigenen Land im Kampf fallen. Mit Waffenexporten wird Krieg und Tod woanders organisiert. Kriegsforschung als Voraussetzung für moderne Waffen gibt es hier, häufig in verdeckter Form, auch an der Uni Magdeburg. Zivilklausel-Aktivitäten gibt es an der Uni Magdeburg hingegen keine. Das Beispiel der benachbarten Hochschule Magdeburg-Stendal könnte eventuell doch ausstrahlen. In meinem NRhZ-Artikel [1] wurde über den Niedergang der Zivilklausel-Bewegung geklagt. Die Untätigkeit gegen die Streichung des NRW-Zivilklauselgesetzes wurde als gleiche demokratische Katastrophe angesehen wie das andauernde Scheitern eines bundesweiten Zivilklausel-Arbeitstreffens. Ja, die Hochschulen haben wegen Unterfinanzierung enorme soziale Probleme, die die Studierenden-Vertretungen stark auslasten. Und die Institute greifen aus dem gleichen Grund immer häufiger auf militärische Drittmittel zu. Erklärt das den Niedergang der Zivilklausel-Bewegung? Nicht ausreichend.
In der Gesellschaft wächst die Kriegspropaganda der Rüstungskonzerne unterstützt von den Regierungen und den Mainstream-Medien. Das hat Albrecht Müller in seinen NachDenkSeiten ebenfalls am 11. Mai [5] kurz und bündig erklärt. Diese doppelte Herausforderung für die Studierenden muss gemeistert werden, oder die deutsche Geschichte wiederholt sich. Das glaubt gegenwärtig hier niemand. Diese Angst existiert nicht. Das war nicht immer so. 1983 gab es die Angst in großen Teilen der Bevölkerung und an den Hochschulen, dass die Stationierung der US-Atomwaffen zu einem Atomkrieg führt, der auch auf deutschem Boden ausgetragen wird. Die DFG-VK Karlsruhe organisierte mit Ulli Thiel (1943-2014) [6] unter der Losung „Frieden schaffen ohne Waffen“ die riesige Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm. Wir müssen offenbar lernen, die notwendige Angst vor dem Krieg im Bewusstsein breiter Schichten der Bevölkerung wach zu rufen, ohne dass der Krieg zu uns kommt. Dafür ist der Zivilklausel-Gedanke des Rektors eine Hilfe. Es wäre sehr wichtig, wenn der für 15. bis 16. Juni geplante NatWiss-Kongress "Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden: Was können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für den Frieden tun?" [7] diese Gedanken zur Stärkung der Zivilklausel-Bewegung behandelt.
Zivilklausel KIT Karlsruhe
Bekanntlich war die erfolgreiche Urabstimmung der Studierenden an der Uni Karlsruhe im Januar 2009 der bundesweite Anstoß für die Zivilklausel-Bewegung und auch für meine politische Unruhestandsarbeit, die 2005 begann. In diesem Sinne ein paar abschließende Worte über die heutige Lage am Karlsruhe Institute of Technology KIT. Nach über 9 Jahren trotz vielfältiger Aktivitäten keine Zivilklausel für das ganze KIT. Auf das aktuelle AStA-Magazin Ventil # 139 [8] kann verwiesen werden. Darin wird über das Gespräch mit dem KIT-Präsidenten Prof. Holger Hanselka vom Juli 2017 berichtet, in dem es auch um die Zivilklausel ging. Hier nur ein fetter Widerspruch. Der Präsident sagt einerseits, KIT betreibe keine Militärforschung. Andererseits erklärt er, die Zivilklausel bedeute eine Entmündigung. Wie kann denn die Zivilklausel entmündigend sein, wenn sie nur etwas verbieten will, was es gar nicht gibt?
Meine Position wird vom AStA ebenfalls berichtet: „Dietrich Schulze, ehemaliger Mitarbeiter Campus Nord sieht Militarisierung durch Zusammenschluss mit Rüstungskonzernen. Konkreter Missbrauch der ethischen Leitlinien. Es wird Bildauswertung betrieben, ein militärisch hochrelevanter Bereich. Mitarbeiter des KIT arbeiten dort mit. Es wird gefordert, dass das unterbunden wird.“ Zum besseren Verständnis dazu meine Erläuterung im NRhZ vom 25.10.17 unter dem Titel „# KIT, der KA-Rüstungsblitzer“ [9] über den Aufklärungsartikel der Hochschulgruppe Linke.SDS für KIT-Erstsemester »Das F in KIT steht für Frieden – Zivilklausel? Was ist das denn?« im Ventil #138 mit der Thematik der KIT/IOSB-Militärverflechtung. Das IOSB ist das militärische Fraunhofer-Institut in Karlsruhe, das Bildauswertung betreibt. Wie es damit weitergeht, wird bald weiter berichtet werden.
Eine bekannte Stimme mahnt „Wir sind nicht nur verantwortlich für das was wir tun, sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen.“ Ernst Bloch (Philosoph, 1885-1977)
Quellen:
[1] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24535
[2] http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20180511eh.pdf
[3] http://www.uni-magdeburg.de/strackeljan.html
[4] https://www.jungewelt.de/artikel/332234.weder-krieg-noch-frieden.html
[5] https://www.nachdenkseiten.de/?p=43915
[6] http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20140419.pdf
[7] http://natwiss.de/wissenschaft-zwischen-krieg-und-frieden-was-koennen-wissenschaftlerinnen-und-wissenschaftler-fuer-den-frieden-tun/
[8] https://www.asta-kit.de/sites/www.asta-kit.de/files/umag/AStA_Ventil_139_Web.pdf
[9] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24261
Über den Autor: Dr.-Ing. Dietrich Schulze (Jg. 1940) war nach 18-jähriger Forschungstätigkeit im Bereich der Hochenergie-Physik von 1984 bis 2005 Betriebsratsvorsitzender im Forschungszentrum Karlsruhe (jetzt KIT Campus Nord). 2008 gründete er mit anderen in Karlsruhe die Initiative gegen Militärforschung an Universitäten „Zivilklausel oder Militärforschung“ (WebDoku www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf).
Er ist Beiratsmitglied von NatWiss und publizistisch tätig. Email dietrich.schulze@gmx.de
Online-Flyer Nr. 659 vom 16.05.2018
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Krieg und Frieden
Rektor Uni Magdeburg: Bezug auf Sterben in der Ukraine eröffnet neuen Blick auf die Zivilklausel an unseren Hochschulen
Zivilklausel und Ukraine-Konflikt
Von Dietrich Schulze
Zuletzt Ende Januar schrieb ich einen Artikel für die NRhZ [1] u.a. mit Bezug auf die neue Zivilklausel an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Am Freitag, dem 11. Mai, gab es aus Magdeburg eine neue Meldung zum Thema Zivilklausel. Das hat mich herausgefordert, nach geschlagenen 15 Wochen erneut zur Feder zu greifen. In einem Artikel von MDR Sachsen-Anhalt am 11. Mai [2] erklärt der Uni-Rektor Jens Strackeljan [3] aufgrund seiner Kontakte zur Uni Donezk: »Allerdings lasse es sich über eine Zivilklausel – mit der sich Universitäten ausschließlich zur zivilen und nicht-militärischen Forschung verpflichten – aus einem friedlichen Deutschland heraus auch einfacher diskutieren, als wenn Kommilitonen im eigenen Land vor kurzem im Kampf gefallen sind.«
Foto: arbeiterfotografie.com
Fakten Ukraine-Konflikt
Das war der Schluss-Satz des MDR-Artikels "Wie der Ukraine-Konflikt bis nach Magdeburg wirkt". Bevor die allgemeinere Bedeutung dieser bemerkenswerten Erklärung untersucht wird, zunächst zum Beginn des Artikels von Christine Warnecke. Dort beschreibt sie die Unabhängigkeitsreferenden in Donezk und Lugansk vor 4 Jahren und die seitdem andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen anhand von Interviews mit Betroffenen, die in der Ukraine lebten und nun in Magdeburg arbeiten. Deren Positionen sind unterschiedlich und machen sehr besorgt.
In der Tageszeitung junge Welt [4] erschien tags darauf der Artikel von Reinhard Lauterbach unter dem Titel „Weder Krieg noch Frieden“ über die beiden genannten Volksrepubliken im Donbass. Die USA stärken den ukrainischem Maximalismus und erklären, die Volksrepubliken müssten verschwinden. Offen bleibe, wie Russland reagieren wird.
Zivilklausel-Satz des Uni-Rektors
Ja, in Deutschland lebt es sich vergleichsweise friedlich an den Hochschulen. Hier gibt es keine kriegerischen Auseinandersetzungen. Kein Studierender braucht befürchten, dass Kommilitonen im eigenen Land im Kampf fallen. Mit Waffenexporten wird Krieg und Tod woanders organisiert. Kriegsforschung als Voraussetzung für moderne Waffen gibt es hier, häufig in verdeckter Form, auch an der Uni Magdeburg. Zivilklausel-Aktivitäten gibt es an der Uni Magdeburg hingegen keine. Das Beispiel der benachbarten Hochschule Magdeburg-Stendal könnte eventuell doch ausstrahlen. In meinem NRhZ-Artikel [1] wurde über den Niedergang der Zivilklausel-Bewegung geklagt. Die Untätigkeit gegen die Streichung des NRW-Zivilklauselgesetzes wurde als gleiche demokratische Katastrophe angesehen wie das andauernde Scheitern eines bundesweiten Zivilklausel-Arbeitstreffens. Ja, die Hochschulen haben wegen Unterfinanzierung enorme soziale Probleme, die die Studierenden-Vertretungen stark auslasten. Und die Institute greifen aus dem gleichen Grund immer häufiger auf militärische Drittmittel zu. Erklärt das den Niedergang der Zivilklausel-Bewegung? Nicht ausreichend.
In der Gesellschaft wächst die Kriegspropaganda der Rüstungskonzerne unterstützt von den Regierungen und den Mainstream-Medien. Das hat Albrecht Müller in seinen NachDenkSeiten ebenfalls am 11. Mai [5] kurz und bündig erklärt. Diese doppelte Herausforderung für die Studierenden muss gemeistert werden, oder die deutsche Geschichte wiederholt sich. Das glaubt gegenwärtig hier niemand. Diese Angst existiert nicht. Das war nicht immer so. 1983 gab es die Angst in großen Teilen der Bevölkerung und an den Hochschulen, dass die Stationierung der US-Atomwaffen zu einem Atomkrieg führt, der auch auf deutschem Boden ausgetragen wird. Die DFG-VK Karlsruhe organisierte mit Ulli Thiel (1943-2014) [6] unter der Losung „Frieden schaffen ohne Waffen“ die riesige Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm. Wir müssen offenbar lernen, die notwendige Angst vor dem Krieg im Bewusstsein breiter Schichten der Bevölkerung wach zu rufen, ohne dass der Krieg zu uns kommt. Dafür ist der Zivilklausel-Gedanke des Rektors eine Hilfe. Es wäre sehr wichtig, wenn der für 15. bis 16. Juni geplante NatWiss-Kongress "Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden: Was können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für den Frieden tun?" [7] diese Gedanken zur Stärkung der Zivilklausel-Bewegung behandelt.
Zivilklausel KIT Karlsruhe
Bekanntlich war die erfolgreiche Urabstimmung der Studierenden an der Uni Karlsruhe im Januar 2009 der bundesweite Anstoß für die Zivilklausel-Bewegung und auch für meine politische Unruhestandsarbeit, die 2005 begann. In diesem Sinne ein paar abschließende Worte über die heutige Lage am Karlsruhe Institute of Technology KIT. Nach über 9 Jahren trotz vielfältiger Aktivitäten keine Zivilklausel für das ganze KIT. Auf das aktuelle AStA-Magazin Ventil # 139 [8] kann verwiesen werden. Darin wird über das Gespräch mit dem KIT-Präsidenten Prof. Holger Hanselka vom Juli 2017 berichtet, in dem es auch um die Zivilklausel ging. Hier nur ein fetter Widerspruch. Der Präsident sagt einerseits, KIT betreibe keine Militärforschung. Andererseits erklärt er, die Zivilklausel bedeute eine Entmündigung. Wie kann denn die Zivilklausel entmündigend sein, wenn sie nur etwas verbieten will, was es gar nicht gibt?
Meine Position wird vom AStA ebenfalls berichtet: „Dietrich Schulze, ehemaliger Mitarbeiter Campus Nord sieht Militarisierung durch Zusammenschluss mit Rüstungskonzernen. Konkreter Missbrauch der ethischen Leitlinien. Es wird Bildauswertung betrieben, ein militärisch hochrelevanter Bereich. Mitarbeiter des KIT arbeiten dort mit. Es wird gefordert, dass das unterbunden wird.“ Zum besseren Verständnis dazu meine Erläuterung im NRhZ vom 25.10.17 unter dem Titel „# KIT, der KA-Rüstungsblitzer“ [9] über den Aufklärungsartikel der Hochschulgruppe Linke.SDS für KIT-Erstsemester »Das F in KIT steht für Frieden – Zivilklausel? Was ist das denn?« im Ventil #138 mit der Thematik der KIT/IOSB-Militärverflechtung. Das IOSB ist das militärische Fraunhofer-Institut in Karlsruhe, das Bildauswertung betreibt. Wie es damit weitergeht, wird bald weiter berichtet werden.
Eine bekannte Stimme mahnt „Wir sind nicht nur verantwortlich für das was wir tun, sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen.“ Ernst Bloch (Philosoph, 1885-1977)
Quellen:
[1] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24535
[2] http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20180511eh.pdf
[3] http://www.uni-magdeburg.de/strackeljan.html
[4] https://www.jungewelt.de/artikel/332234.weder-krieg-noch-frieden.html
[5] https://www.nachdenkseiten.de/?p=43915
[6] http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20140419.pdf
[7] http://natwiss.de/wissenschaft-zwischen-krieg-und-frieden-was-koennen-wissenschaftlerinnen-und-wissenschaftler-fuer-den-frieden-tun/
[8] https://www.asta-kit.de/sites/www.asta-kit.de/files/umag/AStA_Ventil_139_Web.pdf
[9] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24261
Über den Autor: Dr.-Ing. Dietrich Schulze (Jg. 1940) war nach 18-jähriger Forschungstätigkeit im Bereich der Hochenergie-Physik von 1984 bis 2005 Betriebsratsvorsitzender im Forschungszentrum Karlsruhe (jetzt KIT Campus Nord). 2008 gründete er mit anderen in Karlsruhe die Initiative gegen Militärforschung an Universitäten „Zivilklausel oder Militärforschung“ (WebDoku www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf).
Er ist Beiratsmitglied von NatWiss und publizistisch tätig. Email dietrich.schulze@gmx.de
Online-Flyer Nr. 659 vom 16.05.2018
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