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Kultur und Wissen
Köln – Jerusalem:
Das Syrische Waisenhaus in der Zeit des Nationalsozialismus – Lohnt sich weitere Aufklärung?
Von Udo W. Hombach
"Die Brüder Ernst und Hermann Schneller gehörten zu den ersten Deutschen in Palästina, die 1934 Parteigenossen wurden. Sie führten das Syrische Waisenhaus [in Jerusalem], in dessen Werkstätten die örtlichen NS-Druckschriften entstanden", schreibt Udo W. Hombach. Er hat sich bereits mehrfach mit der Schneller-Familie und den "Syrischen Waisenhäusern" befasst – ausgehend von den Mosaiken am Schneller-Altar in Jerusalem. In Anbetracht von antisemitischen Äußerungen ist er der Frage nachgegangen, ob es gerechtfertigt ist, Ludwig Schneller (1858-1953, Sohn des Gründers des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem, Johann Ludwig Schneller) in Köln ein Denkmal zu errichten. Jetzt stellt er die Frage, ob sich eine weitere Aufklärung der Rolle der Syrischen Waisenhäuser in der Zeit des Nationalsozialismus und darüber hinaus lohnt.
Heute kann man sich kaum vorstellen, dass während der 1930er-Jahre in Haifa, Jerusalem oder Tel Aviv die damals gültige Reichsfahne mit dem Hakenkreuz gehisst wurde. Seit dem 19. Jh. waren viele Deutsche nach Palästina ausgewandert, nicht nur Juden, sondern vor allem preußisch-protestantische Christen und Pietisten aus Baden-Württemberg. Aus Österreich kamen deutschsprachige Katholiken. Vor allem die evangelischen Deutschen waren an einer Einwanderung interessiert, um den Protestantismus, die jüngste der christlichen Konfessionen, auch im „Heiligen Land“ zu etablieren. Dabei arbeiteten sie zunächst mit der englisch-anglikanischen Kirche zusammen.
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde im Rahmen der NSDAP auch die „Auslandsorganisation“ geschaffen. Viele Deutsche im Ausland sahen sich durch die „Bewegung“ in ihrem Deutsch(national)-Sein bestärkt. Und so gab es ab 1934 auch Ortsgruppen der NSDAP in Palästina. Die Briten, die im Auftrag des Völkerbundes das Mandat zur Verwaltung Palästinas hatten, ließen die Deutschen gewähren. Erst bei Kriegsbeginn – England und Deutschland waren nun Gegner – wurden deutsche Einrichtungen restriktiv behandelt.
Die Brüder Ernst und Hermann Schneller gehörten zu den ersten Deutschen in Palästina, die 1934 Parteigenossen wurden. Sie führten das Syrische Waisenhaus, in dessen Werkstätten die örtlichen NS-Druckschriften entstanden. Wieso gab es überhaupt ein „Syrisches Waisenhaus“ in Jerusalem? Die Ländergrenzen zwischen dem Mittelmeer und Persien waren von den westlichen Sieger- und Kolonialmächten Frankreich und England am Ende des Ersten Weltkriegs selbstherrlich bestimmt worden. In der Folge entstanden der heutige Libanon sowie Syrien, Irak, Jordanien und Palästina. Dieses „Land der Philister“ war seit der Antike eine Provinz gewesen, deren Grenzen zu Syrien hin fließend waren.
In den 1850er-Jahren war der Großvater der Brüder Ernst und Hermann, Johann Ludwig Schneller, als Jugendarbeiter und Missionar nach Jerusalem gegangen. Als es im (heutigen) Libanon zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Christen, Drusen und Mohammedanern kam, wurden viele Kinder zu Waisen. J. L. Schneller und seine Frau holten neun Jungen in ihr Haus in Jerusalem. Das war 1860 die Geburt des Syrischen Waisenhauses, das bis zum Ersten Weltkrieg zur wahrscheinlich bedeutendsten pädagogischen Einrichtung im Vorderen Orient expandierte: für Hunderte von Kindern und Jugendlichen, vor allem aus armen arabischen Familien, aber auch für einige jüdische Kinder und mehrfach armenische Waisen, die der Verfolgung auf dem Gebiet der heutigen Türkei, die ja schon 1896 begonnen hatte, entkommen waren.
Strenge Heimerziehung und christliche Grundsätze bestimmten den Alltag der Zöglinge. Der Schulbetrieb orientierte sich an anspruchsvollen deutschen Lehrplänen. Und für die Schulabgänger gab es mehrere Handwerksbetriebe, die zu der Einrichtung gehörten, in denen sie eine solide Berufsausbildung bekommen konnten. Die Absolventen des Syrischen Waisenhauses wurden zu einer wirksamen zivilisatorischen Bereicherung der Bevölkerung Palästinas.
Der Onkel der beiden Brüder, Ludwig Schneller, war 1884 als Pfarrer nach Bethlehem gegangen, nahm aber 1889 eine Pfarrstelle an der Trinitatiskirche in Köln an. 1904 ließ er sich in Köln-Marienburg nieder; sein Haus wird heute noch Schneller- oder Palästina-Haus genannt. Wieso Letzteres? Ludwig Schneller war auch Vorsitzender des Vorstands des internationalen Trägervereins für das Syrische Waisenhaus, seit 1890 – und das bis 1948! Wegen dieser Aufgabe legte er 1907 sein Amt an der Trinitatiskirche nieder. Mit den Nationalsozialisten hat er sich wahrscheinlich nicht gemein gemacht, obwohl nicht auszuschließen ist, dass er mit der NS-freundlichen Gemeinde der Reformationskirche in Marienburg Kontakt hatte. Immerhin wohnte er im gleichen Stadtteil, nur ca. 1 km von der Kirche entfernt. Im Jubiläumsband der Reformationskirche von 2005 werden die zwölf Jahre des Dritten Reiches offen und ausführlich dargestellt. In einem Auskunftsbogen hat Schneller tatsächlich mal als Konfession „gottgläubig“ angegeben, die Bezeichnung für die dem Nationalsozialismus nahestehenden Christen. Doch hatte er sich lange vor 1933 schon publizistisch antijudaistisch und antisemitisch geäußert. Der Kölner Stadtteil Marienburg ist heute noch ein Reichenviertel. Bei seiner Gründung Ende des 19. Jahrhunderts war er eine Domäne der evangelischen reichen Bürger Kölns.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete der Schneller-Verein mehrere Heime im Rheinland, z.B. ein Lehrlingsheim in Köln-Dellbrück. Ernst, der sich m.W. nie öffentlich von der Nazi-Ideologie distanziert hatte, war maßgeblich daran beteiligt. Ein Kinderheim, das im bergischen Nümbrecht, wurde erst 1993 geschlossen. Anfang der 1960er-Jahre ging Ernst wieder in den Nahen Osten, zu der neuen Schneller-Schule in Amman. Parallel zur Gründung der neuen orientalischen Schneller-Schulen (ca. zehn Jahre vorher war schon die Schneller-Schule in Khirbet Kanafar in der libanesischen Bekaa-Ebene eröffnet worden) konzentrierte sich die Schneller-Arbeit auf das Rheinland: In Köln, zuerst in Marienburg und nach dem Krieg in Dellbrück, saß ja der Vorstand des Trägervereins. Von hier aus wurden die rheinischen Heime betrieben und die neuen Schulen für den Orient geplant.
Im „Schneller-Magazin“ 1/2018 hat Dr. Uwe Gräbe einen Artikel zum Syrischen Waisenhaus im Dritten Reich veröffentlicht. In Heft 2/2018 folgten engagierte Leserbriefe. Auf einige der Briefschreiber, denen es offensichtlich schwerfällt, sich von einer rein positiven Identifikation mit dem Syrischen Waisenhaus zu lösen, reagierte ich mit einer Stellungnahme auf meiner Internetseite (1), in der ich das Anliegen von Dr. Gräbe unterstütze. Auf meiner Internetseite und in der „Neue(n) Rheinische(n) Zeitung“ waren meine Beiträge erschienen, in denen ich auf Ludwig Schnellers antisemitische Schriften verweise. (Meines Wissens werden sie hier zum ersten Mal vollständig erwähnt.) In einem dieser Beiträge rege ich auch eine Untersuchung von Ideologie und Pädagogik der rheinischen Schneller-Heime nach dem Krieg an.
Hervorzuheben ist, dass Dr. Gräbe das Syrische Waisenhaus im Dritten Reich nicht nur thematisiert hat. Sondern er bietet auch offizielle Unterstützung an, wenn in einer wissenschaftlichen Arbeit dieses Thema aufgearbeitet würde. Doch auch jetzt schon kann man sich meiner Meinung nach ziemlich gründlich informieren, wenn man z.B. aufmerksam bei Roland Löffler liest; seine Lektüre lehrt schon viel. Und tatsächlich verläuft die Diskussion jetzt so, dass man sich überlegt, ob eine weitere „Aufarbeitung der Nazi-Zeit in den Schneller-Schulen“ (Schneller-Magazin 3/2018, S. 28) wirklich noch zu wesentlich neuen Erkenntnissen führen würde. Ich hoffe, die Apologeten setzen sich nicht durch. Das war schon einmal versucht worden, als ich noch das Anliegen vertrat, für Ludwig Schneller solle ein Denkmal errichtet werden, dann aber mich davon abwandte, nachdem ich seine antisemitischen Schriften entdeckt hatte.
Was meines Wissens bisher noch nicht systematisch erforscht worden ist, sind die Schneller-Heime nach dem Krieg im Rheinland. Immerhin hat das Heim in Nümbrecht im Bergischen Land bis 1993 bestanden, also noch fast ein halbes Jahrhundert nach Ende des Krieges sowie 30 bzw. 40 Jahre lang gleichzeitig mit den neuen Schneller-Schulen im Orient.
Fußnote:
1 Juni 2018: Nachtrag zum Syrischen Waisenhaus im "Dritten Reich"
http://www.udo-w-hombach.de/#Nachtrag201806
Foto im Kopf des Artikels:
An der Seitenwand des Haupteingangs zum Gemeindehaus Köln-Marienburg: das Nazi-Symbol ist nur halbherzig entfernt (Foto: Udo W. Hombach)
Literaturhinweis:
Udo W. Hombach: Zwischen Köln, Berlin und Jerusalem. Der Mosaikschmuck am Schneller-Altar – Hintergründe im Rheinland, in: Rheinische Heimatpflege 2/2015, S. 123-132
Siehe auch:
Eine unerwünschte Recherche
Ein Denkmal für Ludwig Schneller in Köln?
Von Udo W. Hombach
NRhZ 560 vom 04.05.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22765
Erzählt mir doch keine Märchen! – eine Schneller-Saga aus der Voreifel
Heimelig hinter Schloss und Riegel
Von Udo W. Hombach
NRhZ 567 vom 22.06.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22898
Zu Geografie und Geschichte des Schneller-Projekts
Nördlich der Mainlinie liegt nur noch Berlin
Von Udo W. Hombach
NRhZ 575 vom 17.08.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23053
Online-Flyer Nr. 679 vom 24.10.2018
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Köln – Jerusalem:
Das Syrische Waisenhaus in der Zeit des Nationalsozialismus – Lohnt sich weitere Aufklärung?
Von Udo W. Hombach
"Die Brüder Ernst und Hermann Schneller gehörten zu den ersten Deutschen in Palästina, die 1934 Parteigenossen wurden. Sie führten das Syrische Waisenhaus [in Jerusalem], in dessen Werkstätten die örtlichen NS-Druckschriften entstanden", schreibt Udo W. Hombach. Er hat sich bereits mehrfach mit der Schneller-Familie und den "Syrischen Waisenhäusern" befasst – ausgehend von den Mosaiken am Schneller-Altar in Jerusalem. In Anbetracht von antisemitischen Äußerungen ist er der Frage nachgegangen, ob es gerechtfertigt ist, Ludwig Schneller (1858-1953, Sohn des Gründers des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem, Johann Ludwig Schneller) in Köln ein Denkmal zu errichten. Jetzt stellt er die Frage, ob sich eine weitere Aufklärung der Rolle der Syrischen Waisenhäuser in der Zeit des Nationalsozialismus und darüber hinaus lohnt.
Heute kann man sich kaum vorstellen, dass während der 1930er-Jahre in Haifa, Jerusalem oder Tel Aviv die damals gültige Reichsfahne mit dem Hakenkreuz gehisst wurde. Seit dem 19. Jh. waren viele Deutsche nach Palästina ausgewandert, nicht nur Juden, sondern vor allem preußisch-protestantische Christen und Pietisten aus Baden-Württemberg. Aus Österreich kamen deutschsprachige Katholiken. Vor allem die evangelischen Deutschen waren an einer Einwanderung interessiert, um den Protestantismus, die jüngste der christlichen Konfessionen, auch im „Heiligen Land“ zu etablieren. Dabei arbeiteten sie zunächst mit der englisch-anglikanischen Kirche zusammen.
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde im Rahmen der NSDAP auch die „Auslandsorganisation“ geschaffen. Viele Deutsche im Ausland sahen sich durch die „Bewegung“ in ihrem Deutsch(national)-Sein bestärkt. Und so gab es ab 1934 auch Ortsgruppen der NSDAP in Palästina. Die Briten, die im Auftrag des Völkerbundes das Mandat zur Verwaltung Palästinas hatten, ließen die Deutschen gewähren. Erst bei Kriegsbeginn – England und Deutschland waren nun Gegner – wurden deutsche Einrichtungen restriktiv behandelt.
Die Brüder Ernst und Hermann Schneller gehörten zu den ersten Deutschen in Palästina, die 1934 Parteigenossen wurden. Sie führten das Syrische Waisenhaus, in dessen Werkstätten die örtlichen NS-Druckschriften entstanden. Wieso gab es überhaupt ein „Syrisches Waisenhaus“ in Jerusalem? Die Ländergrenzen zwischen dem Mittelmeer und Persien waren von den westlichen Sieger- und Kolonialmächten Frankreich und England am Ende des Ersten Weltkriegs selbstherrlich bestimmt worden. In der Folge entstanden der heutige Libanon sowie Syrien, Irak, Jordanien und Palästina. Dieses „Land der Philister“ war seit der Antike eine Provinz gewesen, deren Grenzen zu Syrien hin fließend waren.
In den 1850er-Jahren war der Großvater der Brüder Ernst und Hermann, Johann Ludwig Schneller, als Jugendarbeiter und Missionar nach Jerusalem gegangen. Als es im (heutigen) Libanon zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Christen, Drusen und Mohammedanern kam, wurden viele Kinder zu Waisen. J. L. Schneller und seine Frau holten neun Jungen in ihr Haus in Jerusalem. Das war 1860 die Geburt des Syrischen Waisenhauses, das bis zum Ersten Weltkrieg zur wahrscheinlich bedeutendsten pädagogischen Einrichtung im Vorderen Orient expandierte: für Hunderte von Kindern und Jugendlichen, vor allem aus armen arabischen Familien, aber auch für einige jüdische Kinder und mehrfach armenische Waisen, die der Verfolgung auf dem Gebiet der heutigen Türkei, die ja schon 1896 begonnen hatte, entkommen waren.
Strenge Heimerziehung und christliche Grundsätze bestimmten den Alltag der Zöglinge. Der Schulbetrieb orientierte sich an anspruchsvollen deutschen Lehrplänen. Und für die Schulabgänger gab es mehrere Handwerksbetriebe, die zu der Einrichtung gehörten, in denen sie eine solide Berufsausbildung bekommen konnten. Die Absolventen des Syrischen Waisenhauses wurden zu einer wirksamen zivilisatorischen Bereicherung der Bevölkerung Palästinas.
Der Onkel der beiden Brüder, Ludwig Schneller, war 1884 als Pfarrer nach Bethlehem gegangen, nahm aber 1889 eine Pfarrstelle an der Trinitatiskirche in Köln an. 1904 ließ er sich in Köln-Marienburg nieder; sein Haus wird heute noch Schneller- oder Palästina-Haus genannt. Wieso Letzteres? Ludwig Schneller war auch Vorsitzender des Vorstands des internationalen Trägervereins für das Syrische Waisenhaus, seit 1890 – und das bis 1948! Wegen dieser Aufgabe legte er 1907 sein Amt an der Trinitatiskirche nieder. Mit den Nationalsozialisten hat er sich wahrscheinlich nicht gemein gemacht, obwohl nicht auszuschließen ist, dass er mit der NS-freundlichen Gemeinde der Reformationskirche in Marienburg Kontakt hatte. Immerhin wohnte er im gleichen Stadtteil, nur ca. 1 km von der Kirche entfernt. Im Jubiläumsband der Reformationskirche von 2005 werden die zwölf Jahre des Dritten Reiches offen und ausführlich dargestellt. In einem Auskunftsbogen hat Schneller tatsächlich mal als Konfession „gottgläubig“ angegeben, die Bezeichnung für die dem Nationalsozialismus nahestehenden Christen. Doch hatte er sich lange vor 1933 schon publizistisch antijudaistisch und antisemitisch geäußert. Der Kölner Stadtteil Marienburg ist heute noch ein Reichenviertel. Bei seiner Gründung Ende des 19. Jahrhunderts war er eine Domäne der evangelischen reichen Bürger Kölns.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete der Schneller-Verein mehrere Heime im Rheinland, z.B. ein Lehrlingsheim in Köln-Dellbrück. Ernst, der sich m.W. nie öffentlich von der Nazi-Ideologie distanziert hatte, war maßgeblich daran beteiligt. Ein Kinderheim, das im bergischen Nümbrecht, wurde erst 1993 geschlossen. Anfang der 1960er-Jahre ging Ernst wieder in den Nahen Osten, zu der neuen Schneller-Schule in Amman. Parallel zur Gründung der neuen orientalischen Schneller-Schulen (ca. zehn Jahre vorher war schon die Schneller-Schule in Khirbet Kanafar in der libanesischen Bekaa-Ebene eröffnet worden) konzentrierte sich die Schneller-Arbeit auf das Rheinland: In Köln, zuerst in Marienburg und nach dem Krieg in Dellbrück, saß ja der Vorstand des Trägervereins. Von hier aus wurden die rheinischen Heime betrieben und die neuen Schulen für den Orient geplant.
Im „Schneller-Magazin“ 1/2018 hat Dr. Uwe Gräbe einen Artikel zum Syrischen Waisenhaus im Dritten Reich veröffentlicht. In Heft 2/2018 folgten engagierte Leserbriefe. Auf einige der Briefschreiber, denen es offensichtlich schwerfällt, sich von einer rein positiven Identifikation mit dem Syrischen Waisenhaus zu lösen, reagierte ich mit einer Stellungnahme auf meiner Internetseite (1), in der ich das Anliegen von Dr. Gräbe unterstütze. Auf meiner Internetseite und in der „Neue(n) Rheinische(n) Zeitung“ waren meine Beiträge erschienen, in denen ich auf Ludwig Schnellers antisemitische Schriften verweise. (Meines Wissens werden sie hier zum ersten Mal vollständig erwähnt.) In einem dieser Beiträge rege ich auch eine Untersuchung von Ideologie und Pädagogik der rheinischen Schneller-Heime nach dem Krieg an.
Hervorzuheben ist, dass Dr. Gräbe das Syrische Waisenhaus im Dritten Reich nicht nur thematisiert hat. Sondern er bietet auch offizielle Unterstützung an, wenn in einer wissenschaftlichen Arbeit dieses Thema aufgearbeitet würde. Doch auch jetzt schon kann man sich meiner Meinung nach ziemlich gründlich informieren, wenn man z.B. aufmerksam bei Roland Löffler liest; seine Lektüre lehrt schon viel. Und tatsächlich verläuft die Diskussion jetzt so, dass man sich überlegt, ob eine weitere „Aufarbeitung der Nazi-Zeit in den Schneller-Schulen“ (Schneller-Magazin 3/2018, S. 28) wirklich noch zu wesentlich neuen Erkenntnissen führen würde. Ich hoffe, die Apologeten setzen sich nicht durch. Das war schon einmal versucht worden, als ich noch das Anliegen vertrat, für Ludwig Schneller solle ein Denkmal errichtet werden, dann aber mich davon abwandte, nachdem ich seine antisemitischen Schriften entdeckt hatte.
Was meines Wissens bisher noch nicht systematisch erforscht worden ist, sind die Schneller-Heime nach dem Krieg im Rheinland. Immerhin hat das Heim in Nümbrecht im Bergischen Land bis 1993 bestanden, also noch fast ein halbes Jahrhundert nach Ende des Krieges sowie 30 bzw. 40 Jahre lang gleichzeitig mit den neuen Schneller-Schulen im Orient.
Fußnote:
1 Juni 2018: Nachtrag zum Syrischen Waisenhaus im "Dritten Reich"
http://www.udo-w-hombach.de/#Nachtrag201806
Foto im Kopf des Artikels:
An der Seitenwand des Haupteingangs zum Gemeindehaus Köln-Marienburg: das Nazi-Symbol ist nur halbherzig entfernt (Foto: Udo W. Hombach)
Literaturhinweis:
Udo W. Hombach: Zwischen Köln, Berlin und Jerusalem. Der Mosaikschmuck am Schneller-Altar – Hintergründe im Rheinland, in: Rheinische Heimatpflege 2/2015, S. 123-132
Siehe auch:
Eine unerwünschte Recherche
Ein Denkmal für Ludwig Schneller in Köln?
Von Udo W. Hombach
NRhZ 560 vom 04.05.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22765
Erzählt mir doch keine Märchen! – eine Schneller-Saga aus der Voreifel
Heimelig hinter Schloss und Riegel
Von Udo W. Hombach
NRhZ 567 vom 22.06.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22898
Zu Geografie und Geschichte des Schneller-Projekts
Nördlich der Mainlinie liegt nur noch Berlin
Von Udo W. Hombach
NRhZ 575 vom 17.08.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23053
Online-Flyer Nr. 679 vom 24.10.2018
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