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Kultur und Wissen
Linker Liedersommer, Naturfreundehaus Rahnenhof, 21.-23. Juni 2019, Impressionen aus dem Workshop mit Guy Dawson, Liverpool
"Die Macht der irischen Musik im Kampf gegen die englische Herrschaft"
Von Markus Heizmann, Bündnis gegen den imperialistischen Krieg, Basel
Wenn von „der Macht der Musik“ die Rede ist, fällt uns dazu unwillkürlich die Risala zur Musik der Ihwan as Safa ein. (1) In diesem Werk beschreiben die Autoren die unmittelbare Wirkung der Musik auf die psychische und physische Befindlichkeit des Menschen. Schon um das Jahr 600 herum war also bekannt, dass Musik sehr viel mehr ist als nur eine Form der Unterhaltung. Guy Dawson, der in Deutschland lebende Musiker aus Liverpool, hatte am linken Liedersommer, der erstmals im Naturfreundehaus Rahnenhof stattfand, nicht nur mehrere Auftritte, sondern er gestaltete auch einen Workshop zum Thema „Die Macht der irischen Musik im Kampf gegen die englische Herrschaft“. (2)
Guy Dawson bei seinem Workshop beim Linken Liedersommer 2019 (Foto: Markus Heizmann / Arbeiterfotografie)
In diesem Workshop gab Guy Dawson erstmal einen kurzen Abriss über die irische Geschichte. Natürlich ist diese Geschichte zu komplex und zu vielfältig um sie in einem zweistündigen Workshop ausführen zu können. Gleichwohl schaffte es Guy, den TeilnehmerInnen das Wesentliche zu vermitteln: Die Grausamkeit der britischen Besatzungsmacht und den lang anhaltenden Widerstand des irischen Volkes dagegen.
Schnell wurde klar, dass dieser Widerstand von Beginn an musikalisch begleitet wurde. Dieses Phänomen beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich auf den irischen Widerstand gegen die koloniale Macht Großbritanniens: Der Kampf der schwarzen Bevölkerung in Südafrika wurde, wie es zum Beispiel der Film „Amandla! A Revolution in Four Part Harmony“ sehr schön zeigt von vielfältiger Musik begleitet. (3) Auch Peter Martin legt in seinem Werk „Das rebellische Eigentum: Vom Kampf der Afroamerikaner gegen ihre Versklavung“ (4) dar, dass Musik, vor allem Trommelmusik, bei den Aufständen der versklavten Menschen in Amerika eine grosse Rolle spielte.
Wie Guy Dawson in seinem Workshop darlegte, ging diese Mobilisierung mittels Musik in Irland so weit, dass sich die Besatzungsmacht genötigt sah, nicht nur bestimmte Lieder, sondern gleich auch diverse Instrumente, zum Beispiel die dem Dudelsack ähnliche Uilleann Pipes (5) zu verbieten. Diese Verbote sind natürlich gescheitert, weil sie nicht durchsetzbar sind. Sie zeigen jedoch deutlich, die Mobilisierungskraft der Musik und dass „die Angst der Tyrannen vor den Liedern“ , wie dies der palästinensische Dichter Mahmoud Darwish nennt, in der Tat berechtigt ist. Nahezu jeder Märtyrer der irischen Revolution gegen die Briten werde mit einem Song geehrt, erläuterte Guy Dawson, und er gab davon auch einige Beispiele zum Besten, erwähnt sei hier das berührende „I wish I was back home in Derry“, ein Lied, welches für den IRA Mann Bobby Sands geschrieben wurde, und der später im Hungerstreik im englischen Gefängnis starb, bzw. ermordet wurde. (6) Das Liedgut Irlands ist geprägt vom Widerstand gegen die Besatzung – seien es melodiöse, fast melancholische Songs wie „The Foggy Dew“, das bekannte „The Auld Triangle“ oder auch Lieder in einer etwas härteren Gangart, wie „Arthur McBride“ oder „Go On Home British Soldiers Go On Home“. immer werden die Umstände der Besatzung, das Leiden des Volkes unter dieser Besatzung und der Widerstand dagegen in den Liedtexten thematisiert.
Ein weiteres Charakteristikum dieser Rebellion Songs ist, dass kaum ein Lied so bleibt wie es ursprünglich vorgetragen oder geschrieben wurde. Strophen werden hinzugefügt, weggelassen oder verändert, je nachdem wie dies den Bedürfnissen der Zeit (oder des jeweiligen Interpreten) entspricht. Diese Lieder, meist Traditionals, sind also ein Gebrauchsgut im wahrsten Sinn des Wortes. Ihren Ursprung haben viele dieser Songs im alten keltischen Liedgut, vieles wird auch in irischer (gaelischer) Sprache gesungen statt in englisch, welches ja die Sprache der Unterdrücker ist.
Anlässlich des Osteraufstandes 1916 schrieben die irischen Freiheitskämpfer, bzw. deren „provisorische Regierung “ eine Art Grundlagenpapier nieder. In Guy Dawsons Workshop wurde dieses Papier verlesen: (7)
Es fällt auf, dass die irischen Revolutionäre, unter ihnen auch der Marxist James Connolly, „die Existenzberechtigung der irischen Republik unter den Schutz des allerhöchsten Gottes“ stellen. Ob dies nun dem Zeitgeist oder der schon damals mehrheitlich katholischen Bevölkerung Irlands oder einer wirklichen Überzeugung geschuldet war, muss offen bleiben.
Es dauerte nach dieser Deklaration noch über 20 Jahre, bis die irische Republik wirklich gegründet wurde. Erst 1937 entstand unter der Regierung von Eamon de Valera der Staat Irland durch die Annahme einer neuen irischen Verfassung in einem Referendum.
Irland ist heute Mitglied der EU, Mitglied der UNO und Mitglied von diversen anderen internationalen Organisationen. Irland ist nicht Mitglied der NATO und offiziell neutral. Während der sehr angeregten Diskussion im Workshop wurde klar, dass Irland ebenso wenig neutral ist wie die Schweiz oder Österreich. All diese Länder politisieren in einer Scheinneutralität, welche sich außenpolitisch streng nach dem transatlantischen Militarismus ausrichtet. Sei es durch den Mitvollzug von Embargos, sei es durch Waffendeals oder sei es – wie im Fall Irlands – dass es ein „neutraler Staat“ zulässt, dass die Kampfjets der USA im Shanon Airport (einem zivilen Flughafen!) betankt werden. (8) Der Widerstand gegen diese Betankungen ist lebendig, breite Teile der Bevölkerung tragen diesen Widerstand mit. Gleichwohl gestattet die irische Regierung dem US Imperium weiterhin die Zwischenlandungen der Todesjets. Auch dieser Widerstand hat übrigens seinen Soundtrack. (9)
Dies jedoch sind Diskussionen und Inhalte, die weit über das Thema des Workshops hinausgehen. Dass Guy Dawson als Leiter des Workshops zuließ, dass diese Debatten teilweise sehr ausufernd, aber auch sehr lebendig und interessant wurden, ist ihm – ebenso wie seine musikalische Kompetenz – hoch anzurechnen.
Den TeilnehmerInnen des Workshops wurde klar, dass die Macht der irischen Musik im Kampf gegen die englische Herrschaft eine große Rolle gespielt hat und noch immer spielt. Dies gilt genau so für andere soziale und revolutionäre Kämpfe. Erinnert sei an revolutionäre Sänger wie Victor Jara, Mikis Theodorakis, Joe Hill, an Bands wie Grup Yorum, Banda Basotti oder früher Ton Steine Scherben, um nur einige zu nennen. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie singen und musizieren mit der Stimme des Volkes, sie sind die Stimme des Volkes, sie sind die Stimme der Revolution und sie beweisen, dass die Revolution musikalisch ist.
Als TeilnehmerInnen des Workshops bleibt uns zum Schluss noch ein Dankeswort an die Organisation (Freidenker, Jenny Marx Gesellschaft, Arbeiterfotografie, Neue Rheinische Zeitung / NRhZ) und an Guy Dawson zu richten: An diesem Workshop wurde, auch anhand von praktischen Beispielen und perfekt vorgetragenen Songs aufgezeigt, dass die Musik innerhalb des Kampfes für Gerechtigkeit, Einheit und Frieden eine wesentliche Macht ist.
Hier die Songs. die von Guy Dawson während des Workshops vorgestellt wurden:
The Foggy Dew (Trad.)
The Auld Triangle (Dominic Behan)
Missing You (Christy Moore)
Arthur McBride (Trad.)
I wish I was back home in Derry (Christy Moore)
Take Me back to Mayo (Mick Flavin)
This is a Rebel Song (Sinead O'Connor)
The Rhytm of time (Bobby Sands)
Fußnoten:
1 Dr. Detlev Quintern und Dr. Kamal Ramahi gehen in ihrem Werk „ Qarmaten und Ihwan as Safa“ näher auf diese Thematik ein. (Tup Verlag, Hamburg 2016)
2 https://www.linker-liedersommer-waldeck.de
3 https://www.youtube.com/watch?v=IbR8JSWMJns
(Trailer, letzter Zugriff Juni 2019)
4 Peter Martin: Das rebellische Eigentum, Junius Verlag
5 Uilleann Pipes(von ir. uilleann (ir. pioban-Uilleann) „Ellbogen“ und engl. pipes „Pfeifen“) ist der Name für den irischen Dudelsack. Die Namensgebung ist darin begründet, dass die Uilleann Pipes nicht mit dem Mund, sondern über einen mit dem Ellenbogen betätigten Blasebalg mit Luft versorgt werden. Ein irischer Freund des Autors erklärte das so: „Irische Musiker brauchen ihren Mund um zu reden oder um zu trinken, es ist Zeitverschwendung, damit in einen Dudelsack zu blasen, deswegen haben wir die Elbow Pipes erfunden“.
6 Zur Geschichte der IRA siehe The I.R.A. Tim Pat Coogan, Harper und Collins Verlag, 2000
7 Der vollständige Text der Deklaration in englisch findet sich hier: https://www.tripsavvy.com/theproclamation-of-the-irish-republic-1542953 (Zugriff Juni 2019)
8 Siehe dazu https://www.pana.ie/ (Zugriff Juni 2019)
9 https://www.afri.ie/tag/pitstop-ploughshares/ (Zugriff Juni 2019)
Siehe auch:
Der 8. Linke Liedersommer steht bevor
Das Lied, das Milliardären gefährlich werden wird
Ernesto Schwarz – interviewt von Anneliese Fikentscher
NrhZ 710 vom 19.06.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26013
Online-Flyer Nr. 711 vom 26.06.2019
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Kultur und Wissen
Linker Liedersommer, Naturfreundehaus Rahnenhof, 21.-23. Juni 2019, Impressionen aus dem Workshop mit Guy Dawson, Liverpool
"Die Macht der irischen Musik im Kampf gegen die englische Herrschaft"
Von Markus Heizmann, Bündnis gegen den imperialistischen Krieg, Basel
Wenn von „der Macht der Musik“ die Rede ist, fällt uns dazu unwillkürlich die Risala zur Musik der Ihwan as Safa ein. (1) In diesem Werk beschreiben die Autoren die unmittelbare Wirkung der Musik auf die psychische und physische Befindlichkeit des Menschen. Schon um das Jahr 600 herum war also bekannt, dass Musik sehr viel mehr ist als nur eine Form der Unterhaltung. Guy Dawson, der in Deutschland lebende Musiker aus Liverpool, hatte am linken Liedersommer, der erstmals im Naturfreundehaus Rahnenhof stattfand, nicht nur mehrere Auftritte, sondern er gestaltete auch einen Workshop zum Thema „Die Macht der irischen Musik im Kampf gegen die englische Herrschaft“. (2)
Guy Dawson bei seinem Workshop beim Linken Liedersommer 2019 (Foto: Markus Heizmann / Arbeiterfotografie)
In diesem Workshop gab Guy Dawson erstmal einen kurzen Abriss über die irische Geschichte. Natürlich ist diese Geschichte zu komplex und zu vielfältig um sie in einem zweistündigen Workshop ausführen zu können. Gleichwohl schaffte es Guy, den TeilnehmerInnen das Wesentliche zu vermitteln: Die Grausamkeit der britischen Besatzungsmacht und den lang anhaltenden Widerstand des irischen Volkes dagegen.
Schnell wurde klar, dass dieser Widerstand von Beginn an musikalisch begleitet wurde. Dieses Phänomen beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich auf den irischen Widerstand gegen die koloniale Macht Großbritanniens: Der Kampf der schwarzen Bevölkerung in Südafrika wurde, wie es zum Beispiel der Film „Amandla! A Revolution in Four Part Harmony“ sehr schön zeigt von vielfältiger Musik begleitet. (3) Auch Peter Martin legt in seinem Werk „Das rebellische Eigentum: Vom Kampf der Afroamerikaner gegen ihre Versklavung“ (4) dar, dass Musik, vor allem Trommelmusik, bei den Aufständen der versklavten Menschen in Amerika eine grosse Rolle spielte.
Wie Guy Dawson in seinem Workshop darlegte, ging diese Mobilisierung mittels Musik in Irland so weit, dass sich die Besatzungsmacht genötigt sah, nicht nur bestimmte Lieder, sondern gleich auch diverse Instrumente, zum Beispiel die dem Dudelsack ähnliche Uilleann Pipes (5) zu verbieten. Diese Verbote sind natürlich gescheitert, weil sie nicht durchsetzbar sind. Sie zeigen jedoch deutlich, die Mobilisierungskraft der Musik und dass „die Angst der Tyrannen vor den Liedern“ , wie dies der palästinensische Dichter Mahmoud Darwish nennt, in der Tat berechtigt ist. Nahezu jeder Märtyrer der irischen Revolution gegen die Briten werde mit einem Song geehrt, erläuterte Guy Dawson, und er gab davon auch einige Beispiele zum Besten, erwähnt sei hier das berührende „I wish I was back home in Derry“, ein Lied, welches für den IRA Mann Bobby Sands geschrieben wurde, und der später im Hungerstreik im englischen Gefängnis starb, bzw. ermordet wurde. (6) Das Liedgut Irlands ist geprägt vom Widerstand gegen die Besatzung – seien es melodiöse, fast melancholische Songs wie „The Foggy Dew“, das bekannte „The Auld Triangle“ oder auch Lieder in einer etwas härteren Gangart, wie „Arthur McBride“ oder „Go On Home British Soldiers Go On Home“. immer werden die Umstände der Besatzung, das Leiden des Volkes unter dieser Besatzung und der Widerstand dagegen in den Liedtexten thematisiert.
Ein weiteres Charakteristikum dieser Rebellion Songs ist, dass kaum ein Lied so bleibt wie es ursprünglich vorgetragen oder geschrieben wurde. Strophen werden hinzugefügt, weggelassen oder verändert, je nachdem wie dies den Bedürfnissen der Zeit (oder des jeweiligen Interpreten) entspricht. Diese Lieder, meist Traditionals, sind also ein Gebrauchsgut im wahrsten Sinn des Wortes. Ihren Ursprung haben viele dieser Songs im alten keltischen Liedgut, vieles wird auch in irischer (gaelischer) Sprache gesungen statt in englisch, welches ja die Sprache der Unterdrücker ist.
Anlässlich des Osteraufstandes 1916 schrieben die irischen Freiheitskämpfer, bzw. deren „provisorische Regierung “ eine Art Grundlagenpapier nieder. In Guy Dawsons Workshop wurde dieses Papier verlesen: (7)
- Die provisorische Regierung der IRISCHEN REPUBLIK wendet sich an die Bürger von Irland.
IRISCHE MÄNNER UND FRAUEN: Im Namen Gottes und der verstorbenen Generationen, von welchen unser Land seine alte Tradition der nationalen Einheit erhält, eben dieses Irland, ruft durch uns seine Kinder zur Flagge und zum Freiheitskampf auf.
Nachdem die Irisch Republikanische Bruderschaft ihre Gefolgschaft organisiert und geschult hat, mit Hilfe ihrer geheimen revolutionären Organisation, und mit ihrer offiziellen militärischen Organisation, den Irischen Freiwilligen und der Irischen Bürgerwehr, nachdem sie also standhaft auf den richtigen Moment gewartet hat um nach außen zu treten, ergreift sie nun die Gelegenheit und schlägt, unterstützt von ihren Kindern im amerikanischen Exil, und von mutigen Verbündeten in Europa, doch in erster Linie auf ihrer eigenen Stärke beruhend, voller Siegesbewusstsein zu.
Wir verkünden hiermit den Besitzanspruch des irischen Volkes auf Irland und auf die uneingeschränkte Kontrolle über die Geschicke Irlands auf Souveränität und deren Unantastbarkeit. Die lange Vorenthaltung dieses Rechts durch ein fremdes Volk und eine fremde Regierung hat all diese Rechte nicht ausgelöscht noch kann es jemals ausgelöscht werden, außer durch die Vernichtung des irischen Volkes. Das irische Volk hat in jeder Generation sein Recht auf nationale Freiheit und Souveränität bekräftigt: Allein in den letzten 300 Jahren hat es dies sechs mal mit Waffen geltend gemacht. Auf dieses fundamentale Recht bestehend und dies vor den Augen der Welt nochmals mit Waffengewalt bekräftigend, erklären wir hiermit die Republik Irland zu einem souveränen, unabhängigen Staat und opfern unser Leben und das unserer Waffenbrüder für dessen Freiheit, Wohlstand und seiner Entfaltung unter den Nationen.
Die Irische Republik beansprucht hiermit, die ihr zustehende Loyalität jedes einzelnen Iren und jeder einzelnen Irin. Die Republik bürgt für religiöse und bürgerliche Freiheit, gleiche Rechte und gleiche Möglichkeiten für alle seine Bürger und erklärt ihre Absicht, nach Glück und Wachstum der ganzen Nation und aller ihrer Teile zu streben, alle Kinder der Nation auf gleiche Weise zu umsorgen, unbeeindruckt von all den Unterschieden, welche durch eine fremde Regierung sorgfältig gepflegt wurden, Unterschiede, welche in der Vergangenheit eine Minderheit von der Mehrheit getrennt hatten.
Bis unsere Streitkräfte einen günstigen Moment für das Installieren einer dauerhaften Nationalregierung erkämpft haben, welche das ganze Volk Irlands repräsentiert, und mit dem Wahlrecht aller Männer und Frauen gewählt wird, wird die hiermit konstituierte, vorläufige Regierung die zivilen und militärischen Angelegenheiten der Republik treuhänderisch für das Volk verwalten.
Wir stellen die Existenzberechtigung der irischen Republik unter den Schutz des allerhöchsten Gottes, dessen Segen wir über unsere Streitkräfte erbitten, und wir beten, dass niemand, der diesem Ziele dient, es durch Feigheit, Unmenschlichkeit oder Plünderung entehrt. In dieser höchsten Stunde muss die irische Nation sich durch ihren Mut ihre Disziplin und mit der Bereitschaft ihrer Kinder sich für das Gemeinwohl aufopfern, sich des großen Schicksals, zu dem es berufen wurde, würdig erweisen.
Unterzeichnet im Namen der Provisorischen Regierung,
Thomas J. Clarke,
Sean Mac Diarmada, Thomas MacDonagh,
P. H. Pearse, Éamonn Ceannt,
James Connolly, Joseph Plunkett.
Es fällt auf, dass die irischen Revolutionäre, unter ihnen auch der Marxist James Connolly, „die Existenzberechtigung der irischen Republik unter den Schutz des allerhöchsten Gottes“ stellen. Ob dies nun dem Zeitgeist oder der schon damals mehrheitlich katholischen Bevölkerung Irlands oder einer wirklichen Überzeugung geschuldet war, muss offen bleiben.
Es dauerte nach dieser Deklaration noch über 20 Jahre, bis die irische Republik wirklich gegründet wurde. Erst 1937 entstand unter der Regierung von Eamon de Valera der Staat Irland durch die Annahme einer neuen irischen Verfassung in einem Referendum.
Irland ist heute Mitglied der EU, Mitglied der UNO und Mitglied von diversen anderen internationalen Organisationen. Irland ist nicht Mitglied der NATO und offiziell neutral. Während der sehr angeregten Diskussion im Workshop wurde klar, dass Irland ebenso wenig neutral ist wie die Schweiz oder Österreich. All diese Länder politisieren in einer Scheinneutralität, welche sich außenpolitisch streng nach dem transatlantischen Militarismus ausrichtet. Sei es durch den Mitvollzug von Embargos, sei es durch Waffendeals oder sei es – wie im Fall Irlands – dass es ein „neutraler Staat“ zulässt, dass die Kampfjets der USA im Shanon Airport (einem zivilen Flughafen!) betankt werden. (8) Der Widerstand gegen diese Betankungen ist lebendig, breite Teile der Bevölkerung tragen diesen Widerstand mit. Gleichwohl gestattet die irische Regierung dem US Imperium weiterhin die Zwischenlandungen der Todesjets. Auch dieser Widerstand hat übrigens seinen Soundtrack. (9)
Dies jedoch sind Diskussionen und Inhalte, die weit über das Thema des Workshops hinausgehen. Dass Guy Dawson als Leiter des Workshops zuließ, dass diese Debatten teilweise sehr ausufernd, aber auch sehr lebendig und interessant wurden, ist ihm – ebenso wie seine musikalische Kompetenz – hoch anzurechnen.
Den TeilnehmerInnen des Workshops wurde klar, dass die Macht der irischen Musik im Kampf gegen die englische Herrschaft eine große Rolle gespielt hat und noch immer spielt. Dies gilt genau so für andere soziale und revolutionäre Kämpfe. Erinnert sei an revolutionäre Sänger wie Victor Jara, Mikis Theodorakis, Joe Hill, an Bands wie Grup Yorum, Banda Basotti oder früher Ton Steine Scherben, um nur einige zu nennen. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie singen und musizieren mit der Stimme des Volkes, sie sind die Stimme des Volkes, sie sind die Stimme der Revolution und sie beweisen, dass die Revolution musikalisch ist.
Als TeilnehmerInnen des Workshops bleibt uns zum Schluss noch ein Dankeswort an die Organisation (Freidenker, Jenny Marx Gesellschaft, Arbeiterfotografie, Neue Rheinische Zeitung / NRhZ) und an Guy Dawson zu richten: An diesem Workshop wurde, auch anhand von praktischen Beispielen und perfekt vorgetragenen Songs aufgezeigt, dass die Musik innerhalb des Kampfes für Gerechtigkeit, Einheit und Frieden eine wesentliche Macht ist.
Hier die Songs. die von Guy Dawson während des Workshops vorgestellt wurden:
The Foggy Dew (Trad.)
The Auld Triangle (Dominic Behan)
Missing You (Christy Moore)
Arthur McBride (Trad.)
I wish I was back home in Derry (Christy Moore)
Take Me back to Mayo (Mick Flavin)
This is a Rebel Song (Sinead O'Connor)
The Rhytm of time (Bobby Sands)
Fußnoten:
1 Dr. Detlev Quintern und Dr. Kamal Ramahi gehen in ihrem Werk „ Qarmaten und Ihwan as Safa“ näher auf diese Thematik ein. (Tup Verlag, Hamburg 2016)
2 https://www.linker-liedersommer-waldeck.de
3 https://www.youtube.com/watch?v=IbR8JSWMJns
(Trailer, letzter Zugriff Juni 2019)
4 Peter Martin: Das rebellische Eigentum, Junius Verlag
5 Uilleann Pipes(von ir. uilleann (ir. pioban-Uilleann) „Ellbogen“ und engl. pipes „Pfeifen“) ist der Name für den irischen Dudelsack. Die Namensgebung ist darin begründet, dass die Uilleann Pipes nicht mit dem Mund, sondern über einen mit dem Ellenbogen betätigten Blasebalg mit Luft versorgt werden. Ein irischer Freund des Autors erklärte das so: „Irische Musiker brauchen ihren Mund um zu reden oder um zu trinken, es ist Zeitverschwendung, damit in einen Dudelsack zu blasen, deswegen haben wir die Elbow Pipes erfunden“.
6 Zur Geschichte der IRA siehe The I.R.A. Tim Pat Coogan, Harper und Collins Verlag, 2000
7 Der vollständige Text der Deklaration in englisch findet sich hier: https://www.tripsavvy.com/theproclamation-of-the-irish-republic-1542953 (Zugriff Juni 2019)
8 Siehe dazu https://www.pana.ie/ (Zugriff Juni 2019)
9 https://www.afri.ie/tag/pitstop-ploughshares/ (Zugriff Juni 2019)
Siehe auch:
Der 8. Linke Liedersommer steht bevor
Das Lied, das Milliardären gefährlich werden wird
Ernesto Schwarz – interviewt von Anneliese Fikentscher
NrhZ 710 vom 19.06.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26013
Online-Flyer Nr. 711 vom 26.06.2019
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