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Globales
Zwei-Drittel-Mehrheit gegen Intervention der Bundeswehr im Ausland
Außenpolitik als Friedenspolitik definieren
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
Die überwältigende Mehrheit der europäischen Bevölkerung steht für eine gewaltfreie Richtung der Außenpolitik Europas. Die einzigen europäischen Alt-Regierungschefs, die sich von einer friedlichen außenpolitischen Richtung ausgeschlossen haben, sind die alten Kriegsherren der letzten Jahrzehnte: Jacques Chirac, Gerhard Schröder und Tony Blair. Ihre seltsame Haltung zur Anwendung militärischer Gewalt hat allerdings dazu geführt, dass sie das Vertrauen ihrer Bevölkerung verloren haben. Die Geschichte wird einmal über diese ehemaligen Regierungschefs richten. Die deutsche Bevölkerung ist unter der friedfertigsten Europas: Zwei Drittel sind gegen jeden Krieg, gegen die Intervention der Bundeswehr im Ausland. So war es im Golf-Krieg und so ist es auch danach gegen den US-Krieg in Zentralasien. Dies allein, nämlich die gewaltfreie Haltung Deutschlands, ist die einzig angemessene Lehre aus Afghanistan und aus der grausamen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die muss von allen Regierungschefs und Außenpolitikern mit Mut, Entschlossenheit, Überzeugungs- und Tatkraft wahrgenommen und ausgestaltet werden.
Nicht wie eine Gruppe Banditen agieren
Nach dem 11.9.2001 hat der amerikanische Präsident George W. Bush seinen illegitimen fanatischen Kreuzzug "gegen den Terror" begonnen. In Europa mehrten sich die Gegenstimmen, Stimmen, die von Anfang an zur Vernunft aufriefen, wie Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund (SWF3-Fernsehen 16.9.2001, 18.45 Uhr) und alle moralischen Instanzen, die sich gegen militärische Gegenschläge aussprachen: Die Stellungnahmen der damaligen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (ZDF, 20.9.2001), des russischen Präsident Wladimir Putin, der am 17.09.2001 in Berlin eintraf, wie die vom Außenminister Belgiens. Zu diesen relevanten besonnenen europäischen Stimmen gehörte auch die Stellungnahme von Papst Johannes-Paul II und die von Michael Gorbatschow. Der damalige russische Präsident Wladimir Putin mahnte den Westen, nicht wie eine Gruppe von Banditen zu agieren, und der Papst rief den US- Präsidenten George W. Bush auf, nicht zurückzuschlagen, sondern sich der Sache der Gerechtigkeit und des Friedens mit vollem Engagement zu widmen (CNN, 16.09.2001). Michael Gorbatschow, Friedensnobelpreisträger, mahnte, sich nicht mit den Terroristen auf dieselbe Stufe zu stellen (ZDF-Talk-Show Berlin-Mitte, 20.09.2001). Am 19.09.2001 wurde bekannt gegeben (Phoenix 19.09.2001), der russische Präsident Wladimir Putin weigere sich, an Vergeltungsschlägen teilzunehmen oder sie zu unterstützen. Deshalb sprach der damalige russische Außenminister Igor Ivanow in Washington nicht von Solidarität mit den USA, sondern von internationaler Kooperation zur Bekämpfung des Terrorismus. Dabei weist er den Vereinten Nationen eine Führungsrolle zu.
Ausdruck „Krieg“ unpassend für Kampf gegen den Terrorismus
Vom damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac hörte man wenigstens vernünftigere Töne als die vom deutschen Kanzler Gerhard Schröder. Weder die Worte "uneingeschränkte Solidarität" noch "Solidarität" kamen Chirac über die Lippen. Im Gespräch mit Präsident Bush korrigierte der französische Präsident öffentlich den Ausdruck Krieg als unpassend im Kampf gegen den Terrorismus (CNN und ARD, 19.9.01).
US-Angriffskrieg gegen Afghanistan lange geplant mit 9/11 als Vorwand
Nicht das Attentat in New York am 11.09.2001 hat den Weltfrieden gefährdet, sondern die vorher lang geplanten und dann angekündigten militärischen Reaktionen der Bush-Regierung darauf, die deshalb weltweit größte Sorge und hektische diplomatische Aktivitäten wie noch nie zuvor auslösten. Der Frieden in der Welt wurde dann durch den unkontrollierten US-amerikanischen Kriegsaktionismus rund um den Globus im höchsten Maße gefährdet. Der US-Angriffskrieg in Zentralasien gegen Afghanistan war eine lange geplante irrsinnige und perfide US-Intervention. 9/11 war nur der Vorwand dazu.
Militärische Mittel gegen Terror sinnlos
Europa muss sich immer darauf besinnen, was es kann, wenn es will und was es keineswegs darf. Kein einziges europäisches Interesse ist mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Kein Terrorismus ist mit militärischen Mitteln zu bekämpfen. Terror und Gewalt bieten keine Möglichkeit, Krisen und Konflikte auf unserer Welt zu lösen! Es gibt kein Verbrechen, das eine völkerrechtswidrige militärische Aktion rechtfertigen könnte. Dafür ist ausschließliche Norm die Charta der Vereinten Nationen. Hoch gebildete professionelle Militärs haben deutlich die Sinnlosigkeit militärischer Mittel gegen Terror klargemacht.
Afghanistan geschunden von Terror und westlichen Kriegsverbrechen
"Ein Desaster in gewaltigen Dimensionen lässt der Krieg am Hindukusch zurück: Unzählige Todesopfer, Verletzte und Verstümmelte, schwere Zerstörungen, eine traumatisierte Bevölkerung, eine zerrüttete Gesellschaft – das ist das Ergebnis eines verheerendes zwanzigjährigen Krieges, an dem sich Deutschland in einer führenden Position beteiligt hat. Die Niederlage des Westens breitet sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit unübersehbar aus. Afghanistan taumelt, geschunden von Terror und westlichen Kriegsverbrechen, am Abgrund. Und nicht nur Afghanistan. Der Abzug aus dem Land ist mehr als einfach ein verlorener Krieg; er könnte sich als ein historischer Einschnitt erweisen. Die westlichen Militärinterventionen haben auch andernorts ganze Regionen ins Elend gestürzt, sie sind de facto gescheitert: In Mali weiten sich nach acht Jahren Krieg Aufstände und dschihadistischer Terror zum Flächenbrand im gesamten Sahel aus. Frankreich hat das Ende seines Kampfeinsatzes angekündigt. Oder Libyen, dort herrscht nach dem Waffenstillstand von Herbst lediglich die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Die Ära der klassischen Interventionskriege, Afghanistan startete, hat Katastrophen, aber nicht die gewünschten Erfolge gebracht. Sie hat ihren Zenit wohl überschritten. Der Abzug aus Afghanistan steht allerdings auch für eine rasante Wende hin zum bewaffneten Großmachtkonflikt. Die Entscheidung der USA, Truppen heimzuholen, erzielt eine neue Front zu schaffen, den alles fordernden Kampf gegen China, das im Begriff ist, die Stellung einer Weltmacht wiederzuerlangen – eine Stellung, die es innehatte, bis die westlichen Kolonialmächte es vor gut 200 Jahren brutal zu unterjochen begannen. Auch die Bundeswehr hat angefangen, ihre Rüstung von Interventionskriegen à la Afghanistan auf Großmachtkonflikte umzustellen; auch die deutschen Soldaten kehren von Hindukusch heim, um an andere Einsatzorte aufzubrechen, nach Osteuropa – gegen Russland – sowie in Kürze nach Ostasien und ins Südchinesische Meer. Der Frontenwechsel hat auch für Deutschland begonnen. Er kennt keine Atempause; nach dem Krieg ist vor dem Krieg freilich vor einem Krieg von ganz anderem Kaliber." („Abzug aus Afghanistan hinterlässt Trümmer – Am Abgrund“ von Jörg Kronauer, junge Welt, 01.07.2021)
NATO ist passé - atomwaffenfreie Zone für ganz Europa
Jetzt ist die Zeit gekommen, die Außenpolitik Europas als Friedenspolitik zu definieren. Die NATO ist passé und mit ihr irgendeine unbedeutende Nachahmung, die als unberechtigte Ursache für weitere Vergeudung, als unberechenbares Instrument für weitere Kriege und Elend auf keinen Fall geschaffen werden darf. Die schon alarmierende Lage erreicht eine weitere Stufe im Wahn der US-Regierung, die strategische Balance in Europa zu brechen. Diese Eskalation erfordert dringender denn je die Rückkehr zur Normalität, und zwar eine atomwaffenfreie Zone für ganz Europa.
Von den Falken US-Amerikas und Europas emanzipieren: NATO auflösen
Solange die NATO als Instrument für Kriegsplanung benutzt werden könnte, liegt es im Interesse aller Beteiligten und der Weltgemeinschaft, die NATO aufzulösen, ein Entschluss, der seit dem Ende des Kalten Krieges unausweichlich und der seit den jüngsten NATO-Aggressionen gegen den Frieden in den letzten Jahrzehnten heute mehr denn je erforderlich ist. Hier ist großer Bedarf an klärenden Debatten in den Medien, die bisher unterblieben, aus welchem Grund auch immer, und unter friedfertigen verantwortungsbewussten Außenpolitikern. Darin wird sich eine ehrenhafte reale Emanzipation von den Falken US-Amerikas und Europas zeigen.
Großbritannien und die USA: Morden, Vergiften, Lügen, Nötigen, Schmieren und Erpressen
Großbritannien und die USA sind nicht die Richter der Welt. Sie stehen nicht über dem Recht, auch wenn sie vielleicht zur Zeit über die Macht verfügen, sich so zu geben und diejenigen Machthaber, die sich ihnen in den Weg stellen, ermorden zu lassen, deren Völker zu erniedrigen und in Abhängigkeit zu bringen. Dabei ist ihnen jedes Mittel Recht, nicht nur das Morden und Vergiften, sondern auch das Fabrizieren von Lügen, das Schmieren, Nötigen und Erpressen von Regierungen, wie es im Vorspiel zu ihrer letzten Aggression gegen den Irak geschah. Die Alarmglocken läuteten stark als neulich ein britischer Zerstörer unerlaubt in russischem Gewässer vor der Halbinsel Krim eindrang und durch Warnschüsse und Splittersprengbomben von einem Patrouillenboot zur Umkehr erzwungen wurde (23.06.2021). Dahinter sind bestimmte Kreise des Militärindustriekomplexes, die mit einer Entspannung der Weltverhältnisse nicht einverstanden sind, weil nur Konfrontation und Krieg ihre Geschäfte begünstigen. Hier müssen Außenpolitiker und Redaktionen den Hebel ansetzen.
Rückkehr zu einer vernünftigen Normalität in der Außenpolitik
Die deutsche Position einer Außenpolitik der Nichteinmischung, des Dialogs und der Abrüstung gegenüber dem beobachtbaren Irrsinn von Militärmanövern und Plänen eines nuklearen oder konventionellen Erstschlages ist längst fällig und würde von der gesamten europäischen Bevölkerung unterstützt: Es wäre die ersehnte Rückkehr zu einer vernünftigen Normalität in der Außenpolitik, wobei der gesunde Menschenverstand nicht länger überrumpelt werden darf.
Verfasst am 08.07.2021
Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.
Online-Flyer Nr. 774 vom 21.07.2021
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Zwei-Drittel-Mehrheit gegen Intervention der Bundeswehr im Ausland
Außenpolitik als Friedenspolitik definieren
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
Die überwältigende Mehrheit der europäischen Bevölkerung steht für eine gewaltfreie Richtung der Außenpolitik Europas. Die einzigen europäischen Alt-Regierungschefs, die sich von einer friedlichen außenpolitischen Richtung ausgeschlossen haben, sind die alten Kriegsherren der letzten Jahrzehnte: Jacques Chirac, Gerhard Schröder und Tony Blair. Ihre seltsame Haltung zur Anwendung militärischer Gewalt hat allerdings dazu geführt, dass sie das Vertrauen ihrer Bevölkerung verloren haben. Die Geschichte wird einmal über diese ehemaligen Regierungschefs richten. Die deutsche Bevölkerung ist unter der friedfertigsten Europas: Zwei Drittel sind gegen jeden Krieg, gegen die Intervention der Bundeswehr im Ausland. So war es im Golf-Krieg und so ist es auch danach gegen den US-Krieg in Zentralasien. Dies allein, nämlich die gewaltfreie Haltung Deutschlands, ist die einzig angemessene Lehre aus Afghanistan und aus der grausamen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die muss von allen Regierungschefs und Außenpolitikern mit Mut, Entschlossenheit, Überzeugungs- und Tatkraft wahrgenommen und ausgestaltet werden.
Nicht wie eine Gruppe Banditen agieren
Nach dem 11.9.2001 hat der amerikanische Präsident George W. Bush seinen illegitimen fanatischen Kreuzzug "gegen den Terror" begonnen. In Europa mehrten sich die Gegenstimmen, Stimmen, die von Anfang an zur Vernunft aufriefen, wie Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund (SWF3-Fernsehen 16.9.2001, 18.45 Uhr) und alle moralischen Instanzen, die sich gegen militärische Gegenschläge aussprachen: Die Stellungnahmen der damaligen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (ZDF, 20.9.2001), des russischen Präsident Wladimir Putin, der am 17.09.2001 in Berlin eintraf, wie die vom Außenminister Belgiens. Zu diesen relevanten besonnenen europäischen Stimmen gehörte auch die Stellungnahme von Papst Johannes-Paul II und die von Michael Gorbatschow. Der damalige russische Präsident Wladimir Putin mahnte den Westen, nicht wie eine Gruppe von Banditen zu agieren, und der Papst rief den US- Präsidenten George W. Bush auf, nicht zurückzuschlagen, sondern sich der Sache der Gerechtigkeit und des Friedens mit vollem Engagement zu widmen (CNN, 16.09.2001). Michael Gorbatschow, Friedensnobelpreisträger, mahnte, sich nicht mit den Terroristen auf dieselbe Stufe zu stellen (ZDF-Talk-Show Berlin-Mitte, 20.09.2001). Am 19.09.2001 wurde bekannt gegeben (Phoenix 19.09.2001), der russische Präsident Wladimir Putin weigere sich, an Vergeltungsschlägen teilzunehmen oder sie zu unterstützen. Deshalb sprach der damalige russische Außenminister Igor Ivanow in Washington nicht von Solidarität mit den USA, sondern von internationaler Kooperation zur Bekämpfung des Terrorismus. Dabei weist er den Vereinten Nationen eine Führungsrolle zu.
Ausdruck „Krieg“ unpassend für Kampf gegen den Terrorismus
Vom damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac hörte man wenigstens vernünftigere Töne als die vom deutschen Kanzler Gerhard Schröder. Weder die Worte "uneingeschränkte Solidarität" noch "Solidarität" kamen Chirac über die Lippen. Im Gespräch mit Präsident Bush korrigierte der französische Präsident öffentlich den Ausdruck Krieg als unpassend im Kampf gegen den Terrorismus (CNN und ARD, 19.9.01).
US-Angriffskrieg gegen Afghanistan lange geplant mit 9/11 als Vorwand
Nicht das Attentat in New York am 11.09.2001 hat den Weltfrieden gefährdet, sondern die vorher lang geplanten und dann angekündigten militärischen Reaktionen der Bush-Regierung darauf, die deshalb weltweit größte Sorge und hektische diplomatische Aktivitäten wie noch nie zuvor auslösten. Der Frieden in der Welt wurde dann durch den unkontrollierten US-amerikanischen Kriegsaktionismus rund um den Globus im höchsten Maße gefährdet. Der US-Angriffskrieg in Zentralasien gegen Afghanistan war eine lange geplante irrsinnige und perfide US-Intervention. 9/11 war nur der Vorwand dazu.
Militärische Mittel gegen Terror sinnlos
Europa muss sich immer darauf besinnen, was es kann, wenn es will und was es keineswegs darf. Kein einziges europäisches Interesse ist mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Kein Terrorismus ist mit militärischen Mitteln zu bekämpfen. Terror und Gewalt bieten keine Möglichkeit, Krisen und Konflikte auf unserer Welt zu lösen! Es gibt kein Verbrechen, das eine völkerrechtswidrige militärische Aktion rechtfertigen könnte. Dafür ist ausschließliche Norm die Charta der Vereinten Nationen. Hoch gebildete professionelle Militärs haben deutlich die Sinnlosigkeit militärischer Mittel gegen Terror klargemacht.
Afghanistan geschunden von Terror und westlichen Kriegsverbrechen
"Ein Desaster in gewaltigen Dimensionen lässt der Krieg am Hindukusch zurück: Unzählige Todesopfer, Verletzte und Verstümmelte, schwere Zerstörungen, eine traumatisierte Bevölkerung, eine zerrüttete Gesellschaft – das ist das Ergebnis eines verheerendes zwanzigjährigen Krieges, an dem sich Deutschland in einer führenden Position beteiligt hat. Die Niederlage des Westens breitet sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit unübersehbar aus. Afghanistan taumelt, geschunden von Terror und westlichen Kriegsverbrechen, am Abgrund. Und nicht nur Afghanistan. Der Abzug aus dem Land ist mehr als einfach ein verlorener Krieg; er könnte sich als ein historischer Einschnitt erweisen. Die westlichen Militärinterventionen haben auch andernorts ganze Regionen ins Elend gestürzt, sie sind de facto gescheitert: In Mali weiten sich nach acht Jahren Krieg Aufstände und dschihadistischer Terror zum Flächenbrand im gesamten Sahel aus. Frankreich hat das Ende seines Kampfeinsatzes angekündigt. Oder Libyen, dort herrscht nach dem Waffenstillstand von Herbst lediglich die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Die Ära der klassischen Interventionskriege, Afghanistan startete, hat Katastrophen, aber nicht die gewünschten Erfolge gebracht. Sie hat ihren Zenit wohl überschritten. Der Abzug aus Afghanistan steht allerdings auch für eine rasante Wende hin zum bewaffneten Großmachtkonflikt. Die Entscheidung der USA, Truppen heimzuholen, erzielt eine neue Front zu schaffen, den alles fordernden Kampf gegen China, das im Begriff ist, die Stellung einer Weltmacht wiederzuerlangen – eine Stellung, die es innehatte, bis die westlichen Kolonialmächte es vor gut 200 Jahren brutal zu unterjochen begannen. Auch die Bundeswehr hat angefangen, ihre Rüstung von Interventionskriegen à la Afghanistan auf Großmachtkonflikte umzustellen; auch die deutschen Soldaten kehren von Hindukusch heim, um an andere Einsatzorte aufzubrechen, nach Osteuropa – gegen Russland – sowie in Kürze nach Ostasien und ins Südchinesische Meer. Der Frontenwechsel hat auch für Deutschland begonnen. Er kennt keine Atempause; nach dem Krieg ist vor dem Krieg freilich vor einem Krieg von ganz anderem Kaliber." („Abzug aus Afghanistan hinterlässt Trümmer – Am Abgrund“ von Jörg Kronauer, junge Welt, 01.07.2021)
NATO ist passé - atomwaffenfreie Zone für ganz Europa
Jetzt ist die Zeit gekommen, die Außenpolitik Europas als Friedenspolitik zu definieren. Die NATO ist passé und mit ihr irgendeine unbedeutende Nachahmung, die als unberechtigte Ursache für weitere Vergeudung, als unberechenbares Instrument für weitere Kriege und Elend auf keinen Fall geschaffen werden darf. Die schon alarmierende Lage erreicht eine weitere Stufe im Wahn der US-Regierung, die strategische Balance in Europa zu brechen. Diese Eskalation erfordert dringender denn je die Rückkehr zur Normalität, und zwar eine atomwaffenfreie Zone für ganz Europa.
Von den Falken US-Amerikas und Europas emanzipieren: NATO auflösen
Solange die NATO als Instrument für Kriegsplanung benutzt werden könnte, liegt es im Interesse aller Beteiligten und der Weltgemeinschaft, die NATO aufzulösen, ein Entschluss, der seit dem Ende des Kalten Krieges unausweichlich und der seit den jüngsten NATO-Aggressionen gegen den Frieden in den letzten Jahrzehnten heute mehr denn je erforderlich ist. Hier ist großer Bedarf an klärenden Debatten in den Medien, die bisher unterblieben, aus welchem Grund auch immer, und unter friedfertigen verantwortungsbewussten Außenpolitikern. Darin wird sich eine ehrenhafte reale Emanzipation von den Falken US-Amerikas und Europas zeigen.
Großbritannien und die USA: Morden, Vergiften, Lügen, Nötigen, Schmieren und Erpressen
Großbritannien und die USA sind nicht die Richter der Welt. Sie stehen nicht über dem Recht, auch wenn sie vielleicht zur Zeit über die Macht verfügen, sich so zu geben und diejenigen Machthaber, die sich ihnen in den Weg stellen, ermorden zu lassen, deren Völker zu erniedrigen und in Abhängigkeit zu bringen. Dabei ist ihnen jedes Mittel Recht, nicht nur das Morden und Vergiften, sondern auch das Fabrizieren von Lügen, das Schmieren, Nötigen und Erpressen von Regierungen, wie es im Vorspiel zu ihrer letzten Aggression gegen den Irak geschah. Die Alarmglocken läuteten stark als neulich ein britischer Zerstörer unerlaubt in russischem Gewässer vor der Halbinsel Krim eindrang und durch Warnschüsse und Splittersprengbomben von einem Patrouillenboot zur Umkehr erzwungen wurde (23.06.2021). Dahinter sind bestimmte Kreise des Militärindustriekomplexes, die mit einer Entspannung der Weltverhältnisse nicht einverstanden sind, weil nur Konfrontation und Krieg ihre Geschäfte begünstigen. Hier müssen Außenpolitiker und Redaktionen den Hebel ansetzen.
Rückkehr zu einer vernünftigen Normalität in der Außenpolitik
Die deutsche Position einer Außenpolitik der Nichteinmischung, des Dialogs und der Abrüstung gegenüber dem beobachtbaren Irrsinn von Militärmanövern und Plänen eines nuklearen oder konventionellen Erstschlages ist längst fällig und würde von der gesamten europäischen Bevölkerung unterstützt: Es wäre die ersehnte Rückkehr zu einer vernünftigen Normalität in der Außenpolitik, wobei der gesunde Menschenverstand nicht länger überrumpelt werden darf.
Verfasst am 08.07.2021
Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.
Online-Flyer Nr. 774 vom 21.07.2021
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