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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Inland
Außen- und Sicherheitspolitik und Bundeshaushalt mit ungerechtfertigter Verteilung
Stillstand in der Außenpolitik Deutschlands
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Das so genannte „Triell“ im ARD- und ZDF-Fernsehen am Sonntag, dem 12.09.2021 mit den drei Bundeskanzlerkandidaten der Parteien CDU/CSU (Union), Bündnis90/DieGrünen und SPD war schwer erträglich. Bei dem Schlagabtausch im Vierkampf mit den drei Parteien der Opposition AfD, FDP und DIE LINKE am nächsten Tag bekam noch einmal ein Vertreter der Union einen Auftritt in der Person des Generalsekretärs der bayrischen Landespartei CSU. Eine Frechheit! Die wichtigen Themen wie Außen- und Sicherheitspolitik und ungerechte Verteilung im Bundeshaushalt wurden von Moderatoren überhaupt nicht angesprochen. Die Milliarden Euros, die für Militär und Rüstung verschwendet werden, waren den Moderatoren keine Frage wert, trotz der gestiegenen Schulden Deutschlands, die gegen den Vertrag von Maastricht verstoßen. Auch die weitere Steigerung der Rüstungsausgaben, wie sie in der Vergangenheit proklamiert wurde, blieb ausgeblendet.


#whatisthedifference / wo ist der unterschied (Montage von Rudolph Bauer)

Das trägt dazu bei, dass sich viele Wähler enttäuscht von der Politik abwenden und erst gar nicht wählen gehen. Dennoch stellt sich natürlich die Frage, welcher Kandidat sich am besten profiliert. Bei seinem Auftritt in den Fernsehsendungen „Triell“ und „Klartext“ wirkte Armin Laschet zuverlässiger und konsistent glaubwürdiger als sein Kontrahent Olaf Scholz, der eher als Technokrat und Partei-Funktionär erscheint. Laschet hat die staatsmännische Erfahrung und Kompetenz als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Daher seine Selbstsicherheit, um konkret und sachlich die gestellten Frage anzugehen. Er hat vor, den sozialen Katholizismus voranzutreiben. Auf dieser Basis sollte die wünschenswerte Perspektive einer Allianz von Christdemokraten mit der Partei DIE LINKE entstehen, wie sie schon in anderen Ländern zustande kam. Die christliche Linke innerhalb der christdemokratischen Union würde den reaktionären rückständigen Teil der Partei isolieren, um die soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen und den Frieden zu garantieren durch eine Sicherheitsordnung mit Russland vom Atlantik bis Wladiwostok. Zudem verspricht das gemäßigte Naturell von Armin Laschet einen Staatsmann, der Krisen gut besonnen managen und bewältigen kann.

Nebensächliche Rolle der Grünen

Dagegen kontrastiert die Kanzlerkandidatin Baerbock. Ihre einstudierte Art, Eindruck zu schinden, ohne große Kompetenz zu zeigen, wurde noch einmal für jeden deutlich sichtbar. Die Grünen verlieren zudem ständig an Popularität, weil sie als dritte Partei neben den zwei großen Volksparteien eine nebensächliche Rolle spielen. Die Wähler entscheiden hinsichtlich Kanzlerschaft zwischen CDU und SPD. Es geht um dieses Duell. Die Präferenzen der Wähler wechseln, offensichtlich jedoch meistens zu Lasten von Frau Baerbock.

Außenpolitisch nichts Neues

Hinsichtlich zukünftiger deutscher Außenpolitik ist Armin-Laschet offenbar keinen Deut besser als Angela Merkel: Mit dieser CDU wiederholt sich der Militärinterventionismus der Bundeswehr mit neuen Desastern und neuen Flüchtlingswellen.

Und Laschets Kontrahent Scholz? Er bietet außenpolitisch auch nichts neues an. Keine Erneuerung in der Außenpolitik, aber auch Stillstand in den großen anderen Politikfeldern! Fassungslos muss die deutsche Wählerschaft zur Kenntnis nehmen, dass er weiterhin keinerlei Zusammenhang zwischen seinem Versagen bei den Finanzskandalen und auch bei den aktuellen Durchsuchungen in seinem Ministerium zugeben wollte. Er hat sich dafür nicht einmal entschuldigt. Darüber hinaus erhält Olaf Scholz Spenden von derselben Bank, die in einem dieser Finanzskandale verwickelt ist. Das ist bereits Schock genug, um sich von ihm abzuwenden. Ihm haftet der peinliche Geruch von Korruption an.

Die SPD scheint an Führungspersonal arm dran zu sein, ihre Mitglieder haben jede Menge fähig erscheinende Top-Leute verheizt, so dass es jetzt richtig mau für die SPD aussieht, aus ihrem Tief herauszukommen. Und auch programmatisch kommt der Eindruck von Stillstand auf. Völlig treffend bemerkte deshalb Armin Laschet vor dem Triell: "In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen die Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite." Darüber, welche Seite das war, sollte einmal Klarheit hergestellt werden.

Nutzlose vergeudete Zeit des Kalten Krieges, auch wegen Willly Brandt

Da ist die Ostpolitik von Willy Brandt. Sie wurde zum Mythos verklärt, wegen ein paar kleinen Erleichterungen in den Beziehungen der beiden deutschen Staaten. Allerdings wiegt sehr schwer, dass Willy Brandt entgegen deutschem Interesse den Status Quo akzeptierte und ihn nicht änderte, obwohl er es hätte tun können, hätte er sich entschlossen, die Bundesrepublik aus der gefährlichen US-geführten NATO herauszunehmen. Er tat es nicht, und es gibt zu denken, warum er das nicht tat. Gefangen im Kalten Krieg blieb Willy Brandt unfähig oder unwillig, den deutschen Kurs unabhängig und souverän zu steuern. Heute weiß man, dass er sich von US-CIA-Kreisen bestechen ließ. (Film von Joachim Schröder: "Germany made in USA - Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten", Phönix 1.10.2009) Mit ihm ging die SPD den irrsinnigen Weg weiter einer nutzlosen vergeudeten Zeit des Kalten Krieges mit der NATO-Last, die diese traditionelle Partei immer noch tragen will. So ist die SPD-Führung bisher nicht in der Lage, die zum Himmel schreiende Aggressivität der USA wahrzunehmen, eine nie dagewesene selbstgerechte Brutalität, das Resultat der vor aller Augen der Welt gescheiterten US-Außenpolitik. Nicht einmal nach dem NATO-Debakel und größten Niederlage des Westens in Afghanistan ist die SPD fähig und bereit, die richtige Lehre daraus zu ziehen. Gewiss, Willy Brandt konnte sich nicht von der US-geführten NATO lösen. Und heute?

Abschreckungsbeispiel Hemut Schmidt mit seinem Verhalten zu Mogadischu-Affaire und „Nachrüstung“

Dann kommt im SPD-Wahlkampf auch gerne der Name Helmut Schmidt, doch ist er eigentlich ein Abschreckungsbeispiel: SPD-Kanzler Schmidt war bereit, bei der Mogadischu-Entführung einer Lufthansa-Maschine im Oktober 1977 alle Geiseln zu opfern, denn bockig und arrogant, wie er auftrat, wollte er nicht mit den Entführern, den Palästinensern, sprechen. Er verdiente deshalb die härteste Kritik, gerade auch von der Lufthansa-Flugbegleiterin auf jenem dramatischen Flug, Gabriele Dillmann.

Zudem war Helmut Schmidt der Kanzler der Rüstung, der die Installation von US-amerikanischen Atomraketen auf deutschem Boden billigte. Daher die Massenbewegungen, die die Mit-Gründerin der Grünen, Petra Kelly, mobilisieren konnte, weil sich die deutsche Bevölkerung gegen die Atomraketenrüstung, jene „Nachrüstung“, entschlossen manifestierte.

Militärische Gewaltanwendung im politischen Bereich abschaffen

Militärische Gewaltanwendung im politischen Bereich muss abgeschafft werden. Selbst die US-Einrichtung „Center for Defense Information“ in Washington erkennt an: „Militärische Macht soll nur noch benutzt werden um direkte, unmittelbare und bedeutende Bedrohungen des physischen Überlebens eines Landes abzuwehren. Nationale Interessen lassen sich nicht mehr mit militärischer Macht garantieren.“ (Frankfurter Rundschau, 21.2.1991). Nukleare Waffen sind keineswegs Verteidigungsmittel, denn ihr Einsatz bedeutet Auslöschung und totale Vernichtung allen Lebens.

Krieg – ein Menschheitsverbrechen; kategorische Vorschrift für den Frieden fehlt im Grundgesetz

Krieg muss als Menschheitsverbrechen anerkannt und verurteilt werden. "Der Politiker muss sich hinsichtlich der Folgen seiner Handlungsweise und nicht nur hinsichtlich seiner guten Vorhaben verantworten …, was eine Frage nach den Mitteln stellt, die nutzbar und legitim sein müssen. Der Politker wird im Bezug zu seiner ethischen Verantwortung handeln, das heißt, wissend, dass ihm die Folgen angefochten werden können. Im Bereich der internationalen Politik werden die größten Irrtümer begangen, von großer Tragweite für die Zukunft. Die Toleranz könnte kaum weiter dort bestehen, wo nicht ein tiefer Respekt für die höchsten Werte besteht. Die Anerkennung der Würde des Menschen ist die erste Verfassungsvorschrift in Deutschland. Aber nicht alle hohen Werte sind durch eine verfassungsmäßige Anerkennung geschützt. Es fehlt eine kategorische Vorschrift für den Frieden." („Der Kurs heißt Frieden“, Helmut Schmidt, 1979) Helmut Schmidt und seine SPD haben jedoch bis heute - nach über vierzig Jahren - diesen Worten keine Taten folgen lassen!

Bleibt nur: DIE LINKE

Gerade weil die zukünftige deutsche Außenpolitik existentielle Sicherheitsfragen betrifft, aber bei allen Kanzlerbewerbern unklar bleiben, sind alle drei „Kandidaten“ für das Bundeskanzleramt absolut untauglich. Es bleibt nur, aus Protest am 26. September DIE LINKE zu wählen, die einzige Partei Deutschlands, die grundgesetzmäßig für den Frieden, für die erforderliche Abrüstung und für soziale Gerechtigkeit kämpft und einen grundsätzlichen Wechsel verspricht.


Verfasst am 19.09.2021 unter Bezugnahme auf Sendungen ARD und ZDF: Triell am 12.9.2021 und ZDF-Sendung Maybrit Illner am 16.9.2021: „Erste Wahl nach Merkel – letzte Ausfahrt Richtung Zukunft?“


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.



Siehe auch:


Reaktionen von Bundestagsabgeordneten auf den Wahlprüfstein von Mitgliedern der Kampagne "NATO raus – raus aus der NATO"
Ernüchternd: im Bundestag vertretene Parteien kaum wählbar
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 777 vom 22.09.2021
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27644

Kommentar vom Hochblauen
Westliche "Werte"-Arroganz
Von Evelyn Hecht-Galinski
NRhZ 777 vom 22.09.2021
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27642

Eine kleine Stichelei
Auf Titanic-Kurs
Von Harry Popow
NRhZ 777 vom 22.09.2021
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27653

Online-Flyer Nr. 777  vom 22.09.2021

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