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Kultur und Wissen
Sich mit bestehender Gesellschaft nicht arrangieren, sondern eine menschliche Spur finden
„Die Zeit ist aus den Fugen“ (Shakespeare)
Von Rudolf Hänsel
Angesichts der radikalen gesellschaftlichen Veränderungen, die Jung und Alt am Lebensnerv berühren, laufen wir Gefahr, unseren Lebensmut zu verlieren und uns im Labyrinth von Zukunftsängsten zu verlaufen. Diesen teils unbewussten Prozess können wir stoppen, wenn wir uns mit anderen Menschen zusammensetzen und im gemeinsamen Gespräch versuchen, die politisch gewollten Veränderungen zu verstehen, anstatt sich mit ihnen zu arrangieren.
Leider versuchen viele Kollegen der Psychologie, verunsicherte Ratsuchende mit der bestehenden Gesellschaft auszusöhnen, anstatt auch das soziale und kulturelle Problem (Politik und Religion) in den therapeutischen Prozess mit einzubeziehen. Wir erfahren dann, dass unsere individuellen Probleme nicht nur in unserer persönlichen Geschichte wurzeln, sondern genauso sehr in einer inhumanen Kultur und Gesellschaft. Gemeinsam können wir notwendige gesellschafts- und kulturverändernde Maßnahmen diskutieren und versuchen, eine menschliche Spur zu finden.
Die Welt ist so, wie wir sie eingerichtet oder – geduldet haben
Wenn wir in einer Welt leben, in der Krieg und Verbrechen an der Tagesordnung sind, sind wir mitschuldig, denn die Welt ist so, wie wir sie eingerichtet oder – in Bezug auf bereits bestehende Verhältnisse – geduldet haben. Keiner kann sich der Verantwortung entziehen. Wir sind immer mitschuldig, selbst dann, wenn wir Opfer sind. Wir empören uns nicht gegen tausendfaches Unrecht – auch in unserer nächsten Nähe –, verteidigen nicht die Schwachen und helfen nicht den Hilflosen. Und indem wir nicht gegen die Gewalttätigkeit kämpfen, billigen wir sie.
Aber der Mensch kann sich ändern: Soziale Gefühle und gemeinschaftliche Verbundenheit spielen in seiner Welt eine ebenso große Rolle wie der Wille zur Macht und der Eigennutz. Der Mensch ist der Hingabe und Selbstaufopferung fähig. Seine Natur ist friedlich: Ein Großteil der Menschheit liebt es, seiner Arbeit nachzugehen, den Acker zu bestellen und mit den Nachbarn in Freundschaft zu leben. Die neuere Forschung hat das bestätigt (1).
Der russische Anarchist, Politikwissenschaftler, Humangeograph und Philosoph Fürst Peter Kropotkin (1842-1921) beobachtete sowohl die Natur als auch die Naturwesen und bezog seine Erkenntnisse auf den Menschen. Im Buch „Die gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ schreibt Kropotkin, dass im Tierreich nicht nur der „struggle for life“ (Sozialdarwinismus), sondern auch das Prinzip der „Gegenseitigen Hilfe“ wirksam ist und dass diejenigen Lebewesen, die dieses Prinzip umsetzen, länger überleben (2).
Die naturwissenschaftliche Tiefenpsychologie basiert auf diesen Erkenntnissen. Demnach ist der Mensch ein naturgegeben soziales, auf die Gemeinschaft seiner Mitmenschen ausgerichtetes Wesen. Auch hat er eine natürliche Neigung zum Guten und zum Gemeinschaftsleben. Vor diesem Menschen müssen wir keine Angst haben. Er möchte in Freiheit und Frieden leben, ohne Gewalt und Krieg – so wie wir alle (3).
Es ist die Machtgier derer, die innerhalb der Völker als Obrigkeit fungieren und durch ihre soziale Stellung vom Geist der Gewalt durchdrungen sind, die uns stets zu kriegerischen Auseinandersetzungen treibt, in denen die Völker zugunsten ihrer Herren und Ausbeuter verbluten.
Eine menschliche Spur finden
Wenn der Mensch die Angst vor den harmlosen Mitmenschen aufgibt, schließt er sich gerne mit ihnen zusammen. Das Gemeinschaftsgefühl oder Streben nach sozialer Kooperation ist nämlich ein menschlicher Grundtrieb. So sehen es Peter Kropotkin und Alfred Adler (1870-1937), der Begründer der Individualpsychologe. Adler versteht darunter:
„Mit den Augen eines anderen sehen, mit den Ohren eines anderen hören, mit dem Herzen eines anderen fühlen.“ (4)
Wenn sich Menschen in Freiheit und ohne Vorsitzenden zu einer Gruppe zusammenschließen, können sie das erlernen. Sie erfahren dabei, dass auch die anderen Probleme haben, die von den eigenen nicht gänzlich verschieden sind und dass sie zur Geltung kommen können, wenn sie den anderen gegenüber Verantwortung übernehmen.
Das abschließende Zitat Peter Kropotkins drückt aus, was man einem Psychologen und jedem anderen humanistisch gesinnten Menschen als Leitbild und Lebensmotto wünscht:
„Ein Mensch, dem die Fähigkeit, sich mit seiner Umgebung zu identifizieren anerzogen ist, ein Mensch, der sich selbst seines Herzens, seines Willens bewusst ist, stellt seine Fähigkeiten frei in den Dienst der anderen, ohne in dieser oder in einer anderen Welt dafür eine Belohnung zu erwarten. Vor allem besitzt er die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu begreifen, sie mitzuerleben. Dies genügt. Er teilt mit den Anderen Freud und Leid. Er hilft ihnen, die schweren Zeiten ihres Lebens zu ertragen. Er fühlt seine Kräfte und verbraucht großmütig seine Fähigkeiten, andere zu lieben, andere zu begeistern, in ihnen den Glauben an eine bessere Zukunft zu wecken und sie zum Kampf für diese Zukunft hinzureißen. Welches Schicksal ihn auch erreicht, er nimmt es nicht als Leid, sondern als Erfüllung seines Lebens, das er nicht gegen ein pflichtloses Vegetieren eintauschen möchte, er zieht eventuell Gefahren einem kampf- und inhaltslosen Leben vor.“ (5)
Fussnoten:
(1) Kropotkin, P. (1908), Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt. Leipzig
(2) A. a. O.
(3) Rattner, J. (1990). Klassiker der Tiefenpsychologie. München
(4) Adler, A. (1928). Kurze Bemerkungen über Vernunft, Intelligenz und Schwachsinn. In: Internationale Zeitschrift für Individualpsychologie. Nr. 6, S. 267-272, S. 267
(5) Zit. nach: Grasenack, M. (Hrsg.). (2005). Die libertäre Psychotherapie von Friedrich Liebling. Lich / Hessen, S. 45
English version:
Not to come to terms with existing society, but to find a human trace
"Time is out of joint" (Shakespeare)
By Dr. Rudolf Hänsel
In the face of radical social changes that touch the lifeblood of young and old, we run the risk of losing our courage to face life and getting lost in the labyrinth of fears for the future. We can stop this partly unconscious process if we sit down with other people and try in common conversation to understand the politically intended changes instead of coming to terms with them.
Unfortunately, many colleagues in psychology try to reconcile insecure people seeking advice with the existing society instead of also including the social and cultural problem (politics and religion) in the therapeutic process. We then learn that our individual problems are not only rooted in our personal history, but just as much in an inhumane culture and society. Together we can discuss necessary societal and cultural changes and try to find a humane track.
The world is the way we have set it up or - tolerated it.
If we live in a world where war and crime are the order of the day, we are complicit, because the world is the way we have set it up or – in relation to pre-existing conditions – tolerated it. No one can escape responsibility. We are always complicit, even when we are victims. We do not outrage against a thousandfold injustice – even in our immediate vicinity –, do not defend the weak and do not help the helpless. And by not fighting against violence, we condone it.
But man can change: social feelings and communal bonds play just as great a role in his world as the will to power and self-interest. Man is capable of devotion and self-sacrifice. His nature is peaceful: a large part of humanity loves to go about his work, cultivate the field and live in friendship with his neighbours. Recent research has confirmed this (1).
The Russian anarchist, political scientist, human geographer and philosopher Prince Peter Kropotkin (1842-1921) observed both nature and natural beings and related his findings to human beings. In the book "Mutual Aid in the Animal and Human World", Kropotkin writes that in the animal kingdom not only the "struggle for life" (Social Darwinism) but also the principle of "Mutual Aid" is effective and that those living beings who implement this principle survive longer (2).
Scientific depth psychology is based on these findings. According to this, man is a naturally social being, oriented towards the community of his fellow human beings. He also has a natural inclination towards goodness and community life. We do not have to be afraid of this human being. He wants to live in freedom and peace, without violence and war – just like all of us (3).
It is the lust for power of those who function as authorities within the peoples and who, through their social position, are imbued with the spirit of violence, that always drives us to warlike conflicts in which peoples bleed to death for the benefit of their masters and exploiters.
Finding a human trail
When humans give up their fear of harmless fellow human beings, they gladly join forces with them. The sense of community or striving for social cooperation is, after all, a basic human instinct. This is how Peter Kropotkin and Alfred Adler (1870-1937), the founder of individual psychology, see it. Adler understands this to mean:
"Seeing with another's eyes, hearing with another's ears, feeling with another's heart." (4)
When people join together in a group in freedom and without a chairperson, they can learn this. They learn that others also have problems that are not entirely different from their own and that they can come to the fore if they take responsibility for the others.
Peter Kropotkin's concluding quote expresses what one wishes a psychologist and every other humanistically minded person as a guiding principle and motto in life:
"A person to whom the ability to identify with his surroundings is inbred, a person who is himself conscious of his heart, of his will, places his abilities freely at the service of others, without expecting any reward for them in this or any other world. Above all, he has the ability to understand the feelings of others, to experience them. This is enough. He shares joys and sorrows with others. He helps them to bear the difficult times of their lives. He feels his strength and generously uses up his abilities to love others, to inspire others, to awaken in them the belief in a better future and to inspire them to fight for this future. Whatever fate reaches him, he takes it not as suffering but as the fulfilment of his life, which he does not wish to exchange for a dutiful vegetation; he may prefer dangers to a life devoid of struggle and content." (5)
Footnotes:
(1) Kropotkin, P. (1908), Mutual aid in the animal and human world. Leipzig
(2) Op. cit.
(3) Rattner, J. (1990). Classics of depth psychology. Munich
(4) Adler, A. (1928). Brief remarks on reason, intelligence and imbecility. In: International Journal of Individual Psychology. No. 6, pp. 267-272, p. 267.
(5) Cited in: Grasenack, M. (ed.). (2005). The libertarian psychotherapy of Friedrich Liebling. Lich / Hesse, p. 45
Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Schwerpunkte: Klinische-, Pädagogische- und Medien-Psychologie). Als Pensionär arbeitete er viele Jahre als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zum Gemeinsinn und Frieden.
Dr. Rudolf Lothar Hänsel is a teacher (retired headmaster), doctor of education (Dr. paed.) and graduate psychologist (specialising in clinical, educational and media psychology). As a retiree, he worked for many years as a psychotherapist in his own practice. In his books and educational-psychological articles, he calls for a conscious ethical-moral education in values and an education for public spirit and peace.
Online-Flyer Nr. 789 vom 20.04.2022
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Kultur und Wissen
Sich mit bestehender Gesellschaft nicht arrangieren, sondern eine menschliche Spur finden
„Die Zeit ist aus den Fugen“ (Shakespeare)
Von Rudolf Hänsel
Angesichts der radikalen gesellschaftlichen Veränderungen, die Jung und Alt am Lebensnerv berühren, laufen wir Gefahr, unseren Lebensmut zu verlieren und uns im Labyrinth von Zukunftsängsten zu verlaufen. Diesen teils unbewussten Prozess können wir stoppen, wenn wir uns mit anderen Menschen zusammensetzen und im gemeinsamen Gespräch versuchen, die politisch gewollten Veränderungen zu verstehen, anstatt sich mit ihnen zu arrangieren.
Leider versuchen viele Kollegen der Psychologie, verunsicherte Ratsuchende mit der bestehenden Gesellschaft auszusöhnen, anstatt auch das soziale und kulturelle Problem (Politik und Religion) in den therapeutischen Prozess mit einzubeziehen. Wir erfahren dann, dass unsere individuellen Probleme nicht nur in unserer persönlichen Geschichte wurzeln, sondern genauso sehr in einer inhumanen Kultur und Gesellschaft. Gemeinsam können wir notwendige gesellschafts- und kulturverändernde Maßnahmen diskutieren und versuchen, eine menschliche Spur zu finden.
Die Welt ist so, wie wir sie eingerichtet oder – geduldet haben
Wenn wir in einer Welt leben, in der Krieg und Verbrechen an der Tagesordnung sind, sind wir mitschuldig, denn die Welt ist so, wie wir sie eingerichtet oder – in Bezug auf bereits bestehende Verhältnisse – geduldet haben. Keiner kann sich der Verantwortung entziehen. Wir sind immer mitschuldig, selbst dann, wenn wir Opfer sind. Wir empören uns nicht gegen tausendfaches Unrecht – auch in unserer nächsten Nähe –, verteidigen nicht die Schwachen und helfen nicht den Hilflosen. Und indem wir nicht gegen die Gewalttätigkeit kämpfen, billigen wir sie.
Aber der Mensch kann sich ändern: Soziale Gefühle und gemeinschaftliche Verbundenheit spielen in seiner Welt eine ebenso große Rolle wie der Wille zur Macht und der Eigennutz. Der Mensch ist der Hingabe und Selbstaufopferung fähig. Seine Natur ist friedlich: Ein Großteil der Menschheit liebt es, seiner Arbeit nachzugehen, den Acker zu bestellen und mit den Nachbarn in Freundschaft zu leben. Die neuere Forschung hat das bestätigt (1).
Der russische Anarchist, Politikwissenschaftler, Humangeograph und Philosoph Fürst Peter Kropotkin (1842-1921) beobachtete sowohl die Natur als auch die Naturwesen und bezog seine Erkenntnisse auf den Menschen. Im Buch „Die gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ schreibt Kropotkin, dass im Tierreich nicht nur der „struggle for life“ (Sozialdarwinismus), sondern auch das Prinzip der „Gegenseitigen Hilfe“ wirksam ist und dass diejenigen Lebewesen, die dieses Prinzip umsetzen, länger überleben (2).
Die naturwissenschaftliche Tiefenpsychologie basiert auf diesen Erkenntnissen. Demnach ist der Mensch ein naturgegeben soziales, auf die Gemeinschaft seiner Mitmenschen ausgerichtetes Wesen. Auch hat er eine natürliche Neigung zum Guten und zum Gemeinschaftsleben. Vor diesem Menschen müssen wir keine Angst haben. Er möchte in Freiheit und Frieden leben, ohne Gewalt und Krieg – so wie wir alle (3).
Es ist die Machtgier derer, die innerhalb der Völker als Obrigkeit fungieren und durch ihre soziale Stellung vom Geist der Gewalt durchdrungen sind, die uns stets zu kriegerischen Auseinandersetzungen treibt, in denen die Völker zugunsten ihrer Herren und Ausbeuter verbluten.
Eine menschliche Spur finden
Wenn der Mensch die Angst vor den harmlosen Mitmenschen aufgibt, schließt er sich gerne mit ihnen zusammen. Das Gemeinschaftsgefühl oder Streben nach sozialer Kooperation ist nämlich ein menschlicher Grundtrieb. So sehen es Peter Kropotkin und Alfred Adler (1870-1937), der Begründer der Individualpsychologe. Adler versteht darunter:
„Mit den Augen eines anderen sehen, mit den Ohren eines anderen hören, mit dem Herzen eines anderen fühlen.“ (4)
Wenn sich Menschen in Freiheit und ohne Vorsitzenden zu einer Gruppe zusammenschließen, können sie das erlernen. Sie erfahren dabei, dass auch die anderen Probleme haben, die von den eigenen nicht gänzlich verschieden sind und dass sie zur Geltung kommen können, wenn sie den anderen gegenüber Verantwortung übernehmen.
Das abschließende Zitat Peter Kropotkins drückt aus, was man einem Psychologen und jedem anderen humanistisch gesinnten Menschen als Leitbild und Lebensmotto wünscht:
„Ein Mensch, dem die Fähigkeit, sich mit seiner Umgebung zu identifizieren anerzogen ist, ein Mensch, der sich selbst seines Herzens, seines Willens bewusst ist, stellt seine Fähigkeiten frei in den Dienst der anderen, ohne in dieser oder in einer anderen Welt dafür eine Belohnung zu erwarten. Vor allem besitzt er die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu begreifen, sie mitzuerleben. Dies genügt. Er teilt mit den Anderen Freud und Leid. Er hilft ihnen, die schweren Zeiten ihres Lebens zu ertragen. Er fühlt seine Kräfte und verbraucht großmütig seine Fähigkeiten, andere zu lieben, andere zu begeistern, in ihnen den Glauben an eine bessere Zukunft zu wecken und sie zum Kampf für diese Zukunft hinzureißen. Welches Schicksal ihn auch erreicht, er nimmt es nicht als Leid, sondern als Erfüllung seines Lebens, das er nicht gegen ein pflichtloses Vegetieren eintauschen möchte, er zieht eventuell Gefahren einem kampf- und inhaltslosen Leben vor.“ (5)
Fussnoten:
(1) Kropotkin, P. (1908), Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt. Leipzig
(2) A. a. O.
(3) Rattner, J. (1990). Klassiker der Tiefenpsychologie. München
(4) Adler, A. (1928). Kurze Bemerkungen über Vernunft, Intelligenz und Schwachsinn. In: Internationale Zeitschrift für Individualpsychologie. Nr. 6, S. 267-272, S. 267
(5) Zit. nach: Grasenack, M. (Hrsg.). (2005). Die libertäre Psychotherapie von Friedrich Liebling. Lich / Hessen, S. 45
English version:
Not to come to terms with existing society, but to find a human trace
"Time is out of joint" (Shakespeare)
By Dr. Rudolf Hänsel
In the face of radical social changes that touch the lifeblood of young and old, we run the risk of losing our courage to face life and getting lost in the labyrinth of fears for the future. We can stop this partly unconscious process if we sit down with other people and try in common conversation to understand the politically intended changes instead of coming to terms with them.
Unfortunately, many colleagues in psychology try to reconcile insecure people seeking advice with the existing society instead of also including the social and cultural problem (politics and religion) in the therapeutic process. We then learn that our individual problems are not only rooted in our personal history, but just as much in an inhumane culture and society. Together we can discuss necessary societal and cultural changes and try to find a humane track.
The world is the way we have set it up or - tolerated it.
If we live in a world where war and crime are the order of the day, we are complicit, because the world is the way we have set it up or – in relation to pre-existing conditions – tolerated it. No one can escape responsibility. We are always complicit, even when we are victims. We do not outrage against a thousandfold injustice – even in our immediate vicinity –, do not defend the weak and do not help the helpless. And by not fighting against violence, we condone it.
But man can change: social feelings and communal bonds play just as great a role in his world as the will to power and self-interest. Man is capable of devotion and self-sacrifice. His nature is peaceful: a large part of humanity loves to go about his work, cultivate the field and live in friendship with his neighbours. Recent research has confirmed this (1).
The Russian anarchist, political scientist, human geographer and philosopher Prince Peter Kropotkin (1842-1921) observed both nature and natural beings and related his findings to human beings. In the book "Mutual Aid in the Animal and Human World", Kropotkin writes that in the animal kingdom not only the "struggle for life" (Social Darwinism) but also the principle of "Mutual Aid" is effective and that those living beings who implement this principle survive longer (2).
Scientific depth psychology is based on these findings. According to this, man is a naturally social being, oriented towards the community of his fellow human beings. He also has a natural inclination towards goodness and community life. We do not have to be afraid of this human being. He wants to live in freedom and peace, without violence and war – just like all of us (3).
It is the lust for power of those who function as authorities within the peoples and who, through their social position, are imbued with the spirit of violence, that always drives us to warlike conflicts in which peoples bleed to death for the benefit of their masters and exploiters.
Finding a human trail
When humans give up their fear of harmless fellow human beings, they gladly join forces with them. The sense of community or striving for social cooperation is, after all, a basic human instinct. This is how Peter Kropotkin and Alfred Adler (1870-1937), the founder of individual psychology, see it. Adler understands this to mean:
"Seeing with another's eyes, hearing with another's ears, feeling with another's heart." (4)
When people join together in a group in freedom and without a chairperson, they can learn this. They learn that others also have problems that are not entirely different from their own and that they can come to the fore if they take responsibility for the others.
Peter Kropotkin's concluding quote expresses what one wishes a psychologist and every other humanistically minded person as a guiding principle and motto in life:
"A person to whom the ability to identify with his surroundings is inbred, a person who is himself conscious of his heart, of his will, places his abilities freely at the service of others, without expecting any reward for them in this or any other world. Above all, he has the ability to understand the feelings of others, to experience them. This is enough. He shares joys and sorrows with others. He helps them to bear the difficult times of their lives. He feels his strength and generously uses up his abilities to love others, to inspire others, to awaken in them the belief in a better future and to inspire them to fight for this future. Whatever fate reaches him, he takes it not as suffering but as the fulfilment of his life, which he does not wish to exchange for a dutiful vegetation; he may prefer dangers to a life devoid of struggle and content." (5)
Footnotes:
(1) Kropotkin, P. (1908), Mutual aid in the animal and human world. Leipzig
(2) Op. cit.
(3) Rattner, J. (1990). Classics of depth psychology. Munich
(4) Adler, A. (1928). Brief remarks on reason, intelligence and imbecility. In: International Journal of Individual Psychology. No. 6, pp. 267-272, p. 267.
(5) Cited in: Grasenack, M. (ed.). (2005). The libertarian psychotherapy of Friedrich Liebling. Lich / Hesse, p. 45
Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Schwerpunkte: Klinische-, Pädagogische- und Medien-Psychologie). Als Pensionär arbeitete er viele Jahre als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zum Gemeinsinn und Frieden.
Dr. Rudolf Lothar Hänsel is a teacher (retired headmaster), doctor of education (Dr. paed.) and graduate psychologist (specialising in clinical, educational and media psychology). As a retiree, he worked for many years as a psychotherapist in his own practice. In his books and educational-psychological articles, he calls for a conscious ethical-moral education in values and an education for public spirit and peace.
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