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Kommentar
Wer den Krieg beenden will, muss wissen, warum er begann
Das Elend deutscher Intelligenz
Von Ulrich Gellermann
Daniela Dahn legt mit dem Rowohlt-Verlag ein Buch unter dem Titel „Im Krieg verlieren auch die Sieger“ zum Ukraine-Krieg vor und weckt Hoffnungen auf eine wohl formulierte und alternative Analyse zu einem Krieg, an dem die Deutschen über Waffenlieferungen, eine ziemlich geschlossene Medienkampagne gegen Russland und eine konsequent antirussische Außenpolitik in gefährlicher Art beteiligt sind. Von Frau Dahn, die zum intellektuellen Inventar des deutschen Pazifismus gehört und gemeinsam mit anderen in einem Offenen Brief an Kanzler Scholz einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert hat, war eine fundierte Analyse des Ukraine-Kriegs zu erwarten. Und auf den Seiten 24/25 trägt sie sorgfältig alle Fakten zusammen, wenn sie sich gegen die Propaganda-Vokabel vom „unprovozierten Krieg“ wendet.
Gründe für den Krieg Russlands auf ukrainischem Boden
Sie erinnert an den Krieg gegen Serbien, der einen Verbündeten Russlands treffen sollte, an die Gipfelerklärung der NATO zum Beitritt der Ukraine, die einseitige Kündigung von Abrüstungskontrollverträgen durch den Westen, die Nichteinhaltung des Minsker-Abkommens durch die Ukraine und die Drohung der Ukraine mit Atomwaffen. Nahezu alle Gründe für den Krieg Russlands auf ukrainischem Boden werden von Daniela Dahn angeführt und der redliche Beobachter freut sich.
Keine Provokation rechtfertigt ein Verbrechen
Doch nach der Aufzählung aller Gründe für den Krieg kommt dann ein verheerendes Fazit: „Keine Provokation rechtfertigt ein Verbrechen“, schreibt Dahn und meint den russischen Krieg. Das Wort „Provokation“ – für die Einkreisung Russlands durch die NATO, für die Einrichtung von US-Biowaffen-Laboren auf ukrainischem Boden und Selenskys Drohung mit der atomaren Wiederbewaffnung der Ukraine – muss man Verharmlosung nennen.
Vorbeugende Selbstverteidigung
Was bitte sollen die Russen noch alles an Veränderungen des strategischen Gleichgewichtes hinnehmen? Sollen sie warten, bis die NATO ihnen die Tür eintritt? Sollen sie sich ohne Gegenwehr an die Wand drücken lassen? Für Pazifisten ist ein Krieg grundsätzlich falsch. Was aber ist mit vorbeugender Selbstverteidigung? Eine Frage, die Pazifisten nicht erwägen wollen, weil sie ihre Prinzipien berührt. Die gesellschaftliche Realität entwickelt sich aber nicht aus rechtlichen Prinzipien.
Schweigen über tausende Tote im Donbas
Einmal kommt im Buch das Wort „Donbas“ vor: In einem Selensky-Zitat über den künftigen Status der Donbas-Republiken. Dass die Kiewer Regierung dort seit Jahren einen Krieg gegen die Autonomie der Republiken führt, wird bei Dahn ausgeblendet. Dieses Schweigen über tausende zivile Tote im Donbas ist in den Norm-Medien seit Jahren üblich.
„Selbstgleichschaltung“ der großen Medien?
Ob die Autorin unter dem von ihr gefundenen Begriff der „Selbstgleichschaltung der großen Medien“ auch das übliche Verschweigen des Mordes an den russischsprachigen Ukrainern im Donbas begreift? So als ob die Massenmedien sich „von selbst“ das Schweigen verordnet hätten, als gäbe es keine politischen Interessen, als gäbe es keine Medienfront der NATO und der ihr angeschlossenen Bundesregierung.
Verteidigung der Ungeimpften
„Gehören Überlegungen zu Corona-Maßnahmen in ein Kapitel, dass sich (. . .) mit Frieden beschäftigt?“ fragt Danela Dahn in einem Abschnitt, der zur Verteidigung der „Ungeimpften“ gedacht ist. Und erneut, wie schon bei Dahns Einordnung des Ukrainekrieges, mengt ihre Arbeit durchaus Richtiges mit echten Blindstellen.
Kriterien für eine Pandemie willkürlich verändert
Wie kann der sonst sorgsam recherchierenden Autorin der Begriff „Pandemie“ in den Computer gerutscht sein? Ist ihr wirklich entgangen, dass die WHO 2009 die Kriterien für eine Pandemie willkürlich verändert hat? Dass die Organisation die Kriterien des Schweregrades und der Mortalität gestrichen hat?
Behauptung, die Verteidiger der Grundrechte seien rechts
Auch über die tausende Menschen, die auf den Straßen gegen das Corona-Regime demonstrierten, verliert die Autorin keinen Satz. Und während sie zur Diskriminierung der „Ungeimpften“ passende Worte findet, fällt ihr zur ungeheuerlichen Behauptung von Massenmedien und Politik, die Verteidiger der Grundrechte seien zumeist „rechts“ nichts und gar nichts ein.
Autorin ist nicht korrumpiert
Wer Daniela Dahn kennt, der weiß: Diese Autorin ist nicht korrumpiert. Sie würde weder für Geld noch für eine Dauereinladung ins Kanzleramt ihre Meinung formieren lassen. Eine Einschätzung, die auch für viele andere Intellektuelle gelten mag.
Angst vor der Einsamkeit
Aber auch Intellektuelle, die sich zumeist allein und über relativ einsames Schreiben äußern, würden gern dazugehören. Wer zum Corona-Regime und zum Krieg in der Ukraine eine vom Mainstream abweichende Meinung hat, der ist sehr schnell besonders einsam. Diese Sorte grundsätzlicher Ausgrenzung ist schwer zu ertragen. Aus dieser Angst vor der Einsamkeit resultiert das Elend der Gleichförmigkeit der aktuellen Debatte.
Wer den Krieg beenden will, muss wissen, warum er begann
Im Vorwort des Buches weht poetische Luft: „Wer den Frieden gewinnen will, dem muss der Alltag groß sein, und das Große alltäglich“. Dem muss nüchtern entgegengehalten werden: Wer den Krieg beenden will, muss wissen. warum er begann. Wer das nicht weiß, der gewinnt weder den Frieden noch Erkenntnisse.
Erstveröffentlichung am 25. Oktober 2022 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer
Online-Flyer Nr. 800 vom 02.11.2022
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Wer den Krieg beenden will, muss wissen, warum er begann
Das Elend deutscher Intelligenz
Von Ulrich Gellermann
Daniela Dahn legt mit dem Rowohlt-Verlag ein Buch unter dem Titel „Im Krieg verlieren auch die Sieger“ zum Ukraine-Krieg vor und weckt Hoffnungen auf eine wohl formulierte und alternative Analyse zu einem Krieg, an dem die Deutschen über Waffenlieferungen, eine ziemlich geschlossene Medienkampagne gegen Russland und eine konsequent antirussische Außenpolitik in gefährlicher Art beteiligt sind. Von Frau Dahn, die zum intellektuellen Inventar des deutschen Pazifismus gehört und gemeinsam mit anderen in einem Offenen Brief an Kanzler Scholz einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert hat, war eine fundierte Analyse des Ukraine-Kriegs zu erwarten. Und auf den Seiten 24/25 trägt sie sorgfältig alle Fakten zusammen, wenn sie sich gegen die Propaganda-Vokabel vom „unprovozierten Krieg“ wendet.
Gründe für den Krieg Russlands auf ukrainischem Boden
Sie erinnert an den Krieg gegen Serbien, der einen Verbündeten Russlands treffen sollte, an die Gipfelerklärung der NATO zum Beitritt der Ukraine, die einseitige Kündigung von Abrüstungskontrollverträgen durch den Westen, die Nichteinhaltung des Minsker-Abkommens durch die Ukraine und die Drohung der Ukraine mit Atomwaffen. Nahezu alle Gründe für den Krieg Russlands auf ukrainischem Boden werden von Daniela Dahn angeführt und der redliche Beobachter freut sich.
Keine Provokation rechtfertigt ein Verbrechen
Doch nach der Aufzählung aller Gründe für den Krieg kommt dann ein verheerendes Fazit: „Keine Provokation rechtfertigt ein Verbrechen“, schreibt Dahn und meint den russischen Krieg. Das Wort „Provokation“ – für die Einkreisung Russlands durch die NATO, für die Einrichtung von US-Biowaffen-Laboren auf ukrainischem Boden und Selenskys Drohung mit der atomaren Wiederbewaffnung der Ukraine – muss man Verharmlosung nennen.
Vorbeugende Selbstverteidigung
Was bitte sollen die Russen noch alles an Veränderungen des strategischen Gleichgewichtes hinnehmen? Sollen sie warten, bis die NATO ihnen die Tür eintritt? Sollen sie sich ohne Gegenwehr an die Wand drücken lassen? Für Pazifisten ist ein Krieg grundsätzlich falsch. Was aber ist mit vorbeugender Selbstverteidigung? Eine Frage, die Pazifisten nicht erwägen wollen, weil sie ihre Prinzipien berührt. Die gesellschaftliche Realität entwickelt sich aber nicht aus rechtlichen Prinzipien.
Schweigen über tausende Tote im Donbas
Einmal kommt im Buch das Wort „Donbas“ vor: In einem Selensky-Zitat über den künftigen Status der Donbas-Republiken. Dass die Kiewer Regierung dort seit Jahren einen Krieg gegen die Autonomie der Republiken führt, wird bei Dahn ausgeblendet. Dieses Schweigen über tausende zivile Tote im Donbas ist in den Norm-Medien seit Jahren üblich.
„Selbstgleichschaltung“ der großen Medien?
Ob die Autorin unter dem von ihr gefundenen Begriff der „Selbstgleichschaltung der großen Medien“ auch das übliche Verschweigen des Mordes an den russischsprachigen Ukrainern im Donbas begreift? So als ob die Massenmedien sich „von selbst“ das Schweigen verordnet hätten, als gäbe es keine politischen Interessen, als gäbe es keine Medienfront der NATO und der ihr angeschlossenen Bundesregierung.
Verteidigung der Ungeimpften
„Gehören Überlegungen zu Corona-Maßnahmen in ein Kapitel, dass sich (. . .) mit Frieden beschäftigt?“ fragt Danela Dahn in einem Abschnitt, der zur Verteidigung der „Ungeimpften“ gedacht ist. Und erneut, wie schon bei Dahns Einordnung des Ukrainekrieges, mengt ihre Arbeit durchaus Richtiges mit echten Blindstellen.
Kriterien für eine Pandemie willkürlich verändert
Wie kann der sonst sorgsam recherchierenden Autorin der Begriff „Pandemie“ in den Computer gerutscht sein? Ist ihr wirklich entgangen, dass die WHO 2009 die Kriterien für eine Pandemie willkürlich verändert hat? Dass die Organisation die Kriterien des Schweregrades und der Mortalität gestrichen hat?
Behauptung, die Verteidiger der Grundrechte seien rechts
Auch über die tausende Menschen, die auf den Straßen gegen das Corona-Regime demonstrierten, verliert die Autorin keinen Satz. Und während sie zur Diskriminierung der „Ungeimpften“ passende Worte findet, fällt ihr zur ungeheuerlichen Behauptung von Massenmedien und Politik, die Verteidiger der Grundrechte seien zumeist „rechts“ nichts und gar nichts ein.
Autorin ist nicht korrumpiert
Wer Daniela Dahn kennt, der weiß: Diese Autorin ist nicht korrumpiert. Sie würde weder für Geld noch für eine Dauereinladung ins Kanzleramt ihre Meinung formieren lassen. Eine Einschätzung, die auch für viele andere Intellektuelle gelten mag.
Angst vor der Einsamkeit
Aber auch Intellektuelle, die sich zumeist allein und über relativ einsames Schreiben äußern, würden gern dazugehören. Wer zum Corona-Regime und zum Krieg in der Ukraine eine vom Mainstream abweichende Meinung hat, der ist sehr schnell besonders einsam. Diese Sorte grundsätzlicher Ausgrenzung ist schwer zu ertragen. Aus dieser Angst vor der Einsamkeit resultiert das Elend der Gleichförmigkeit der aktuellen Debatte.
Wer den Krieg beenden will, muss wissen, warum er begann
Im Vorwort des Buches weht poetische Luft: „Wer den Frieden gewinnen will, dem muss der Alltag groß sein, und das Große alltäglich“. Dem muss nüchtern entgegengehalten werden: Wer den Krieg beenden will, muss wissen. warum er begann. Wer das nicht weiß, der gewinnt weder den Frieden noch Erkenntnisse.
Erstveröffentlichung am 25. Oktober 2022 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer
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