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Aktueller Online-Flyer vom 27. Dezember 2024  

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Literatur
Andrea Komlosy: Zeitenwende. Corona, Big Data und die kybernetische Zukunft
Kniefall vor den Strukturen – Anmerkungen zu einer gescheiten, aber politisch blutleeren Betrachtung der Corona-Krise
Rezension von Michael Wolf

Selbst als nicht politisch interessierter Mensch sieht man sich gegenwärtig mit zwei Ereignissen konfrontiert, mit der Corona-Krise und mit dem Ukraine-Krieg, die zu ignorieren schier unmöglich ist. Dies mag, so man es individuell und subjektiv betrachtet, vielerlei Umständen geschuldet sein, dürfte aber als »fait social« (Durkheim) hauptsächlich darauf zurückzuführen sein, daß sowohl die schwerwiegenden ökonomischen, politischen und sozialen Folgewirkungen der beiden Ereignisse als auch deren hypertrophe Darstellung in den inzwischen zur Schmierenpresse verkommenen obrigkeitshörigen Mainstreammedien einen Zwangscharakter aufweisen, der von den Menschen auf der Ebene ihres Handelns, Denkens und Fühlens erfahren wird, wenn auch mit graduell unterschiedlicher Geltung und Ausprägung – es sei denn, man lebte von der Welt abgeschieden in einer Eremitage. Für etliche fach- und sachkundige Beobachter des zeitgenössischen Geschehens gehen die in Rede stehenden Ereignisse zudem mit dem zwanglosen Zwang der appellativen Aufforderung einher, sprich der selbstauferlegten professionsbedingten Verpflichtung, die Ereignisse auch öffentlich, das heißt schreibend kommentieren zu müssen. Dies dürfte auf Andrea Komlosy, Verfasserin des hier zu besprechenden Buches, ebenso zutreffen wie auf den Rezensenten des Buches. Allerdings sollte diese Übereinstimmung nicht dazu verleiten, eine unter Umständen für eine Rezension bedeutsame Differenz zu übersehen, die mit der Frage nach dem Warum des Schreibens beziehungsweise nach dem Warum des Lesens des Buches verbunden ist. Damit soll nicht das in der Literaturwissenschaft viel diskutierte Verhältnis von Autor, Text und Leser thematisch sein. Vielmehr geht es um die anscheinend triviale Frage, welche Erwartungshaltung der Titel eines Buches bei einem potentiellen Leser hervorzurufen vermag. Es wird hierauf noch zurückzukommen sein.

Komlosys Buchtitel »Zeitenwende. Corona, Big Data und die kybernetische Zukunft« suggeriert, es bestünde zwischen der Corona-Krise, dem Sammeln, Auswerten und Weiterleiten von unermeßlichen Datenmengen und der Heraufkunft und Verbreitung der auf dem kybernetischen Prinzip der Selbststeuerung basierenden digitalen Technologien ein Zusammenhang von historischer Bedeutung, der den Übergang von einer Epoche zu einer anderen markiert und insofern als »Zeitenwende« zu charakterisieren sei. Komlosy tritt mit dem Anspruch auf, anhand der Corona-Krise ein Stück historisch eingebettete Gegenwartsanalyse leisten zu wollen. Einen solchen zeitdiagnostischen Anspruch zu erheben, entbehrt nicht einer gewissen Kühnheit, und zwar sowohl aus einem methodologischen als auch aus einem sachlich-inhaltlichen Grund. Der methodologische Grund besteht darin, wie etwa Norbert Elias überzeugend dargelegt hat, daß gesellschaftliche Strukturwandlungen erst dann scharf umrissen für einen Beobachter hervortreten, wenn dieser Wandlungsprozeß gewissermaßen ›von außen‹, das heißt mit einiger Distanz betrachtet werden kann. Dies ist jedoch nicht gegeben, solange der Beobachter eines sozialen Prozesses in diesen selbst verstrickt ist, ihm mithin die nötige zeitliche und damit auch soziale Distanz fehlt. Komlosy weiß um dieses Problem, was sie allerdings nicht davon abhält, ihre Kompetenz als in den Epochenbruch involvierte Zeitdiagnostikerin unter Beweis stellen zu wollen. Indem Komlosy von der Existenz einer »Zeitenwende« spricht oder, mit den Worten Hans Blumenbergs, von der »Realität einer Epochenwende«, belastet sie sich dem Nachweis dafür, daß »eine Unumkehrbarkeit [des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses; M.W.] hergestellt ist«. Damit wird der sachlich-inhaltliche Grund thematisch, der sich als Frage danach formulieren läßt, ab welchem Zeitpunkt man legitimerweise behaupten ›darf‹, daß tatsächlich ein kybernetisches Zeitalter angebrochen ist. Für eine philosophisch informierte Geschichtsschreibung wäre jedenfalls die Akzeptanz und Übernahme des Begriffs ›kybernetisches Zeitalter‹ allein aufgrund seines verbreiteten Gebrauchs kein überzeugendes Kriterium dafür, daß wir bereits im kybernetischen Zeitalter leben. Gefordert wäre vielmehr eine Untersuchung, die dingfest macht, worin die Differenz der Zeit vor und nach der »Epochenschwelle« (Blumenberg) besteht, die folglich wissenschaftlich gediegen nur ex post geleistet werden kann, da die Hegelsche Eule der Minerva bekanntlich erst in der Dämmerung zu ihrem Flug ansetzt.

Zu Komlosys Kühnheit gehört, sich beim Aufbau ihres zeitdiagnostischen Interpretationsangebots zum ›Nachweis‹ der von ihr behaupteten Zeiten-, sprich Epochenwende dezidiert auf eine theoretische Herangehensweise festzulegen, die den Verlauf von Geschichte nicht von dem gehäuften Auftreten von Ereignissen und von Zufälligkeiten bestimmt sieht, sondern diesen zurückführt auf dessen Einbettung in einen gesellschaftlichen Strukturzusammenhang, der die Handlungen der gesellschaftlichen Akteure sowohl ermöglicht als auch beschränkt und der der von ihm selbst hervorgebrachten Regelhaftigkeit unterliegt. Damit sympathisiert Komlosy, wenn auch unausgesprochen, mit an Marx anknüpfenden Theorieansätzen, die den Anspruch erheben, die Entwicklung von Gesellschaften als Formenfolge zu periodisieren und zu erklären.

Zur Umsetzung ihres Vorhabens, das Corona-Geschehen in einen »größeren, längerfristigen Transformationsprozess« zu verorten, hat Komlosy, sieht man von den das Buch einleitenden und abschließenden Bemerkungen einmal ab, ihre Analyse in zwei Abschnitte unterteilt, von denen der erste Abschnitt der Ausarbeitung des theoretischen Gerüstes vorbehalten ist, während im zweiten Abschnitt eine Deutung des Corona-Geschehens auf der Grundlage des zuvor unterbreiteten konzeptionellen Bezugsrahmens vorgenommen wird.

Im ersten Abschnitt befaßt Komlosy sich mit den langfristigen Trends in der Entwicklung von Gesellschaften, die »zyklischen Auf- und Ab-Bewegungen« folgen und deswegen von Komlosy, wohl in Anlehnung an Nikolai D. Kondratieff, als »lange Wellen« bezeichnet werden. Hierbei unterscheidet Komlosy dreierlei Arten von »langen Wellen« beziehungsweise Zyklen: die langen Wellen der Ökonomie (Konjunkturzyklen), die langen Wellen der Geopolitik (Hegemonialzyklen) und die langen Wellen der Produktionsprinzipien (Evolutionszyklen). Im Zuge ihrer informierten und verständlich gehaltenen Rekapitulation der wissenschaftlichen Debatte um die theoretische und empirische Tragfähigkeit des Konzepts der Konjunktur- und Hegemonialzyklen zeigt Komlosy zudem plausibel auf, wie die Konjunkturzyklen (deren Dauer betragen etwa 50 Jahre und lassen sich in die Phasen ›Prosperität‹, ›Rezession‹, ›Depression‹ und ›Erneuerung‹ unterteilen) mit den etwa doppelt so lange währenden Hegemonialzyklen (mit den Phasen ›Aufstieg‹, ›Sieg‹, ›Reife‹ und ›Niedergang‹) interagieren, so daß im Falle des Zusammentreffens einer Abstiegsphase im Konjunkturzyklus mit einer Abstiegsphase im Hegemonialzyklus die Bedingungen für das Auftreten von politisch-ökonomischen und militärischen Auseinandersetzungen um die hegemoniale Nachfolge und die Neuordnung des Verhältnisses von Zentrum und Peripherien gegeben seien.

Bei der Entwicklung ihres theoretischen Gerüstes nimmt Komlosy im Hinblick auf die Konjunkturzyklen vornehmlich Bezug auf Kondratieff und Joseph A. Schumpeter und, hinsichtlich der Hegemonialzyklen, insbesondere auf Immanuel Wallerstein, André Gunder Frank und Giovanni Arrighi, allesamt exponierte Vertreter der Konjunktur- beziehungsweise Hegemonialzyklenanalyse. In puncto Evolutionszyklenkonzept rekurriert Komlosy auf die Arbeiten aus dem Umfeld vom Leonid Grinin vom Eurasian Center for Big History and System Forecasting, in denen die Auffassung vertreten wird, daß im Verlauf der Menschheitsgeschichte es zu drei radikalen Veränderungen, sprich Revolutionen im Bereich der Produktivkraftentwicklung gekommen sei, mit denen jeweils eine neue Stufe im geschichtlichen Prozeß des gesellschaftlichen Naturverhältnisses erklommen wurde. Hierbei handele es sich um die Neolithische Revolution, sprich den Übergang von der Jäger- und Sammlergesellschaft zur Agrargesellschaft, die Industrielle Revolution, also den Übergang von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft, und schließlich um die Kybernetische Revolution, also den Übergang von der Industriegesellschaft zu der sich selbststeuernden digitalen Gesellschaft, in der hauptsächlich die sogenannten MANBRIC-Technologien (Medizintechnologie, Additivtechnologie, Nano-, Bio-, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie kognitive Systeme) die Triebkräfte der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklung darstellen.

Den argumentativen Kulminationspunkt erreicht Komlosys Zeitdiagnose in der Aussage, daß wir es gegenwärtig mit dem Anbruch eines neuen, nämlich dem 6. Kondratieff-Zyklus zu tun haben, bei dem die MANBRIC-Technologien eine Führungsrolle übernommen haben und für die das SARS-CoV-2 genannte Corona-Virus als »Triebkraft und Katalysator« wirke. Plausibilisiert wird dieser Zusammenhang von Komlosy im zweiten Abschnitt ihres Buches, indem sie ihr Augenmerk richtet auf die staatlicherseits autoritär verfügten politisch-administrativen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Lock- und Shutdown, Social Distancing, Contact Tracing, Quarantäne, Impfzwang) und deren Folgewirkungen (wie etwa die Entfaltung des Online-Handels und der Online-Dienste und -Kommunikation, die beschäftigungsrelevante Ausweitung des Home Office und des Crowd Working oder die Zunahme des digitalen Fitneß- und Gesundheitsmanagements).

Es liegt in der Natur der Sache, daß die Corona-Pandemie als historisches wie politisches Ereignis ersten Ranges unzählige wissenschaftliche und publizistische Veröffentlichungen hervorgebracht hat, mit denen versucht wurde, das Corona-Geschehen in seiner ökonomischen, politischen und sozialen Bedeutung zu vermessen. Komlosys Buch läßt sich auch in den Korpus dieser Versuche einordnen. Allerdings sticht Komlosys Arbeit aus diesem riesigen Korpus hervor, und zwar insofern, als deren Vermessung einerseits aus wirtschafts- und nicht seuchenhistorischer Sicht erfolgt und andererseits aus einer struktur- und nicht handlungstheoretischen Perspektive. Das macht Komlosys Buch zu einer inspirierenden Lektüre, die jedem empfohlen sei, dem daran gelegen ist, ein Verständnis für größere historisch-politische Zusammenhänge zu erlangen. Ob deshalb die Lektüre des Buches auch ein Muß ist für jeden, der wie der Rezensent eine spezifische, durch den Buchtitel hervorgerufene Erwartungshaltung hegt und demzufolge wissen will, wie sich der politisch herbeigeführte und mit dem Auftreten des Corona-Virus begründete Ausnahmezustand erklären läßt, ist eine andere, vom Rezensenten jedoch zu verneinende Frage. Insofern enttäuscht Komlosys Buch – zumindest des Rezensenten Erwartungshaltung.

Das dahinterstehende Problem ist hinreichend bekannt und wird, beispielsweise in der Soziologie, unter dem Rubrum ›System vs. Akteur‹ beziehungsweise ›Handlung vs. Struktur‹ und als ›Mikro-Makro-Problem‹ diskutiert. Zur Rechtfertigung ihrer strukturtheoretischen Herangehensweise bemüht Komlosy Marx, der angemerkt hat, daß Menschen ihre eigene Geschichte zwar machten, aber unter nicht frei gewählten, sondern gegebenen Umständen, der aber auch notierte, daß Geschichte nichts anderes ausdrücke als das zielorientierte Handeln von Menschen, wenn auch vermittels nicht-intendierter Folgewirkungen. Wird, so wie von Komlosy, der Verlauf der geschichtlichen Entwicklung als Resultat der vorgefundenen und gegebenen Umstände dargestellt, dann wird, trotz gelegentlicher exkulpatorischer Concessio, letztlich die Frage nach der Verantwortlichkeit für den geschichtlichen Verlauf eskamotiert.

Da Strukturen aber ebensowenig handeln wie Systeme, diesen also kein Subjektcharakter zukommt, mithin individuelle oder kollektive Akteure und deren Handlungen (oder Unterlassungen) notwendige Bedingung der Möglichkeit sind, den Lauf der Geschichte in Gang zu halten (oder zu verhindern), wäre selbstredend die Frage zu stellen, welche Akteure sich identifizieren lassen, denen ein Interesse und wenn ja welches an dem Auftreten von SARS-CoV-2 zukommt oder sich zumindest begründet zuschreiben läßt. Eine solche Frage beantworten zu wollen, heißt angesichts der derzeitigen massenmedial betriebenen Diffamierung Andersdenkender (als ›Corona-Leugner‹ oder neuerdings als ›Putin-Versteher‹), sich dem Risiko des reputationsschädigenden Vorwurfs auszusetzen, verschwörungstheoretischem Denken nicht abhold zu sein. Der Rezensent kann sich leider des Eindrucks nicht erwehren, daß die Autorin aus genau eben diesem Grund es vermeidet, Roß und Reiter der »Zeitenwende« zu benennen und sich statt dessen hinter dem inhaltsleeren Argument versteckt, daß in einer komplexen Weltgesellschaft »sich eine Elite niemals sicher sein [kann; M.W.], dass ihr Entwicklungsziel realisiert wird«. Stimmt! – weil niemand sich hinsichtlich dessen, was in der Zukunft sich ereignet, völlig sicher sein kann, selbst nicht in Gesellschaften mit überschaubaren »menschlichen Interdependenzketten« (Elias) und, wie ein jeder weiß, noch nicht einmal im Alltagsleben. Aber es ist von immenser Bedeutung, ob individuelle oder kollektive Akteure über schier unermeßliche Ressourcen verfügen (Geld, Macht, Einfluß, Netzwerke etc.), die diesen Möglichkeiten eröffnen, ihre Interessen als legitim zu artikulieren und mit Beharrsamkeit durchzusetzen, nämlich genau dann, wenn sich ein window of opportunity öffnet wie zum Beispiel das Auftreten von SARS-CoV-2. Leider verkennt Komlosy die Funktion eines Gelegenheitsfensters als »Ausgang«, besteht doch die Funktion eines Fensters gerade darin, ein Eingang zu sein, durch den man in einen sozialen Raum zum Zwecke der Besitznahme eindringen kann, so daß dieser sich zu einem sozial umkämpften Terrain entwickelt. Strategisch operierende Akteure wissen dies in ihrem Handlungskalkül durchaus zu berücksichtigen, was diese unter anderem motiviert, Planspiele (die auch bei Komlosy Erwähnung finden) zu organisieren, um gewappnet zu sein für die Öffnung des Fensters, den Eintritt der günstigen Gelegenheit, auf den im Hinblick auf die eigenen Partikularinteressen (allerdings philanthropisch verbrämt als Gemeinwohlinteressen) schon im Vorfeld positiv eingestimmt wird durch vielfältige Formen der Beeinflussung der Wahrnehmung ›der‹ Wirklichkeit von Schlüsselpersonen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien.

Es irritiert, daß dies alles Komlosy bekannt ist, verweist sie einerseits doch selbst darauf mit Hinweis auf Paul Schreyers »Chronik einer angekündigten Krise«, hält diesem aber anderseits zugleich vor, es wäre ein »voreiliger Schluß«, es, wie Schreyer, für möglich zu halten, daß die ergriffenen Corona-Maßnahmen »eine direkte Umsetzung« der Planspiele in die Wirklichkeit seien. Dem Rezensenten scheint dies indes ein voreiliger Schluß Komlosys zu sein. Zumindest legen dies die Quellen nahe, die nicht nur Schreyer, sondern etwa auch Thomas Röper in seinem Buch »Inside Corona« benennen, so man denn gewillt ist, sich der Mühe zu unterziehen, den Quellenhinweisen nachzugehen.

In summa kann festgehalten werden: Andrea Komlosy ist mit ihrem Buch eine bemerkens- und lesenswerte Analyse der Gegenwart gelungen, der allerdings angesichts des in den MANBRIC-Technologien sich äußernden Drangs nach einer grenzenlosen Optimierung des Menschen etwas Gewichtiges fehlt: der moralisch-politische Stachel der Empörung darüber, daß der technische Fortschritt, wenn er kapitalistisch-bürgerlich daherkommt, das Ziel zunichte zu machen droht, »das er verwirklichen soll – die Idee des Menschen« (Horkheimer), Aufklärung also im Begriff ist, in Barbarei umzuschlagen, mithin im wahrsten Sinne des Wortes in Ent-Menschlichung. Wenn der Befund zutrifft, und jedem erkenntniswilligen Nachdenklichem sei empfohlen, dies unvoreingenommen und gewissenhaft zu prüfen, daß wir in Verhältnissen leben, in denen der Mensch de facto nichts zählt, sondern die Sache, Profit und Macht, alles ist; in denen der Mensch der Biosicherheit untergeordnet werden soll; in denen der Mensch aufs »nackte Leben« (Agamben) reduziert wird; in denen der Mensch nicht durch ›vollkommnere Maschinen‹, sondern durch den ›neuen‹, ›verbesserten‹ Menschen ersetzt werden soll; in denen mithin der ›neue Mensch‹ als ein totalitäres Gesellschaftsprojekt auf der politischen Tagesordnung steht: dann läßt sich mit Günther Anders sans phrase formulieren: »Wir sind die Angegriffenen, die Menschheit als Ganze ist angegriffen und hat sich zu verteidigen.« Aber dies geschieht nicht auf dem Wege vornehmer akademischer Zurückhaltung, sondern erfordert nicht nur, aber auch eines ›eingreifenden Schreibens‹, um Bertold Brecht zu paraphrasieren, eines Schreibens also, das in der Absicht, auf politisch-gesellschaftliche Verhältnisse und Abläufe Einfluß zu nehmen, deutlich Position bezieht, klare Kante zeigt.


Prof. i.R. Dr.rer.pol. Michael Wolf, Sozialwissenschaftler; Hochschule Koblenz, Fachbereich Sozialwissenschaften; Kontakt: wolf.koblenz@web.de


Andrea Komlosy: Zeitenwende. Corona, Big Data und die kybernetische Zukunft



Verlag Promedia, Wien 2022, 288 Seiten. Print: ISBN 978-3-85371-505-5, 23 Euro / E-Book: ISBN 978-3-85371-901-5, 19,99 Euro

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