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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Krieg und Frieden
Kapitalismus, Kolonialismus, Rassismus
Das kriegerische Arsenal der Neuzeit
Von Günter Rexilius

Seit dem 24. Februar 2022 befindet sich Deutschland im Kriegszustand. Bomben, Granaten und Gewehrgeschosse bleiben den in der Mitte Europas Lebenden vorerst zwar erspart, aber der deutsche Staat hat sich zur Kriegspartei erklärt, gleich dreifach: Seine Regierungsvertreter liefern Waffen und Geld für Waffen an die Ukraine, sie haben Russland als Reaktion auf sein militärisches Eingreifen in sein Nachbarland, gemeinsam mit der EU und den USA, einen Wirtschaftskrieg erklärt, und sie beteiligen sich, unisono mit der überwiegenden Zahl aller Print- und elektronischen Medien, am zeitgleich begonnenen Propagandakrieg. Diese Kriege sind weder unvorhersehbare noch singuläre Ereignisse, als die sie in der öffentlichen Meinung – Politik, Medien – überwiegend gehandelt werden.

Auch wenn das herrschende Meinungsbild einen „Zivilisationsbruch“ anprangert, unterscheiden sich das kriegerische Grauen im Osten und die bellizistischen Reaktionen, die es hervorgerufen hat, nur durch Nuancen von dem, was an vielen anderen Orten längst alltäglich geworden ist. Wer in die Vergangenheit blickt, bilanziert nüchtern: Friedliches Zusammenleben füllt weder die Geschichtsbücher noch herrscht es auf einem der Kontinente vor, die den Globus bedecken. Das so friedlich anmutende Leben der letzten Jahrzehnte war und ist weder in Deutschland noch in Europa mehr als eine reale Fiktion: Eine andere, eine unfriedliche Welt ist unser Zuhause, nicht erst seit Februar 2022. Die etwas Älteren erinnern sich an Vietnam und Korea, die Mittelalten immerhin noch an Irak und an Libyen, die Jüngeren, wenn sie nur ein wenig am Weltgeschehen interessiert sind, wissen um Syrien und Yemen, um Gaza und Kurdistan und Afghanistan. (1) Erst als die NATO im Jahre 1999 mit deutscher Unterstützung jugoslawische Städte bombardierte, rückte die kriegerische Gefahr der sinnlichen Wahrnehmung und dem gedanklichen Aufmerken auch in Mitteleuropa bedenklich nahe.

Raketen und Drohnen, mehr noch die vor ihnen fliehenden Menschen, drängen eine beängstigende Gewissheit ins Bewusstsein: Der Krieg steht seit langem auch vor der Tür zu Europa, hinter der seine Protagonisten seit langem ihr tödliches Handwerk betreiben. Die Gefahr nimmt zu, dass sie sich öffnet und die Kriegsmaschinerie auch die scheinbar so kriegsferne mitteleuropäische Normalität in einem Szenario enden lässt, dessen Drehbuch jahrhundertealt ist, an dem immer weiter geschrieben wird und das sich kurz und knapp zusammenfassen lässt: Kriege als Mittel zur Durchsetzung profit- und machtgetriebener Interessen und Ansprüche sind eine elementare Eigenschaft des kapitalistischen, des in seiner modernen Variante neoliberalen (2) Systems, seiner gegen Menschen und gegen ihre natürlichen Lebensgrundlagen gerichteten inneren Logik. (3)

Das bellizistisches Narrativ

Diese Behauptung ist nicht unstrittig, vielmehr wird die unbezweifelbare, weil faktische kriegerische Kontinuität gerne mit Denkfiguren erklärt, die schon in der und seit der griechischen Antike bei Philosophen, Historikern oder Anthropologen in zahlreichen Varianten nachzuweisen versuchen, dass Kriege notwendig oder normal oder schlicht ein Existenzmodul der menschlichen Gattung sind. Zu der beliebten These, dass Menschen nun mal „von Natur aus“ aggressiv oder einander feindselig gesinnt seien, gibt es immerhin eine historisch einleuchtende Alternative, die sich auf die Tatsache stützt, dass wir Menschen auf dem Globus immer noch existieren: Wären die frühen Vorfahren des Homo sapiens nicht überwiegend kooperativ gewesen, hätten sie nicht, trotz der seelischen Dynamik eignender aggressiver Triebkräfte,  mit kollektiven Anstrengungen ihr Überleben und also die Weiterentwicklung der Spezies gesichert, dann hätten sie sich wahrscheinlich gegenseitig ausgerottet. Mindestens bis zur neolithischen Revolution (4) schlug das Pendel der psychischen und sozialen Ambivalenzen hinreichend stark zur Seite des produktiven und genussvollen Miteinanders aus, das ihre gemeinsamen Lebensgrundlagen sicherte und der Gattung Mensch eine Zukunft ermöglichte. Diese Annahme lässt sich nicht, so wenig wie die von den bösen Menschen, verifizieren, aber sie folgt einem wissenschaftstheoretischen Sparsamkeitsprinzip (5): Jede andere Hypothese über menschliche Verhaltensweisen und Umgangsformen in grauer Vorzeit benötigt komplexe Zusatzannahmen. Dominanz und Durchsetzung friedlichen Zusammenlebens war für unsere Urahnen einfach fraglos, weil sie dem Über- und Weiterleben dienten, sie waren wirkmächtiger als Stammesfehden um erlegtes Wild oder um Plätze zum sicheren Überwintern.

Irgendwann aber hat das überwiegend friedliche Miteinander offensichtlich sein Ende gefunden, hat das Kriegerische zwischen Menschen seinen Anfang genommen. Wo keine historischen Belege zu finden sind, hilft eine intuitive Metapher, die sich von philanthropischer Warte der Menschheitsgeschichte nähert, von Jean-Jacques Rousseau in die folgenden Worte gekleidet: „Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen ‚Dies gehört mir‘ und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wieviel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: ‚Hütet euch, dem Betrüger Glauben zu schenken; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört‘.“ (6) Wer diese Erzählung, einige der aufschlussreichsten aller in den letzten Jahrhunderten formulierten Sätze, ernst nimmt, hat den Schlüssel zum Verständnis auch gegenwärtiger Zustände in der Hand bzw. im Kopf. Der Zaunbauer, dessen Tat, wie Rousseau beschreibt, von Anfang an zerstörerische Folgen hatte, steht als Symbol für das, was Besitz- und die ihnen innig verbundenen Machtverhältnisse zwischen Menschen anrichten. Diese Annahme enthält keine neuen oder überraschenden Einsichten, sondern benennt kompakt, was für das Anthropozän zum entscheidenden Antriebsmechanismus geworden ist und seine Konkretisierung als Kapitalozän rechtfertigt: Die Privatisierung des von allen Menschen gemeinsam produzierten gesellschaftlichen Reichtums wurde zum destruktiven Gegenentwurf einer friedlichen Verbundenheit von Menschen. Er setzte sich überall dort durch, wo einzelne Personen oder Gruppen sich nicht nur Güter, Landschaften und auch Mitmenschen aneigneten, sondern über ein ihr Eigentum schützendes Gewaltinstrumentarium verfügen konnten. (7) Die Erfindung des Privateigentums ist die Erfindung des Krieges, so lautet die anthropologische Botschaft. Ihre global erfolgreichste Resonanz erfuhr sie mit Beginn der Neuzeit auf dem europäischen Kontinent.

DAS GEWÖHNLICHE KRIEGSHANDWERK

Aufklärung, Kolonialismus und rassistische Kontinuität


Das Besitzenwollen als Wurzelwerk menschlichen Zusammenlebens hat sich auf der anthropologischen Zeitschiene zum Fundament für die zentrifugale Wucht jener Machtmechanismen und ihrer Betreiber verdichtet, zu deren explizitem Handwerk Kriege - und ihre offensive extrapunitive Verschleierung – gehören. In den so genannten zivilisierten Gesellschaften war über die Jahrtausende hinweg das private Eigentum eine tragende Basis ihrer sozial-politischen Strukturen, bis im 16. Jahrhundert der akkumulierte Besitz in Europa zur Grundlage des kontinentalen ökonomischen, kulturellen und wissenschaftlichen Aufschwungs wurde. Dessen vielleicht wichtigster historischer Beitrag ist das heliozentrische Weltbild, das wortwörtlich den Horizont öffnete, ergänzt durch ein eurozentrisches Menschenbild, das zu einer wichtigen Triebkraft für die weltweiten Invasionen in den folgenden Jahrhunderten wurde. Die Kanonensalven zur Verabschiedung von Christoph Columbus kündigten eine historisch unvergleichliche und umfassende Aneignung der globalen Weiten an, deren Rechtfertigung das aufgeklärte Selbstverständnis lieferte. In welche Gegenden oder bei welchen Völkern er und die ihm nachfolgenden Eroberer auch landeten, sie sahen sich selbst als in jeder Hinsicht überlegen. Für sie waren die Menschen in Süd- und Mittelamerika, in Ozeanien, in Afrika und in Asien nicht nur primitiv, sondern minderwertig. Da sie nicht als gleichberechtigte zivilisierte Menschen galten, war es problemlos, ihre materiellen und ideellen Werte anzueignen und anzuhäufen, auf alles zuzugreifen, was den unkultivierten Völkern irgendwo und überall gehörte. Aus dem unerschütterlichen Glauben an ihre Überlegenheit leiteten die europäischen Eindringlinge ihr Recht ab, die von anderen Völkern seit Jahrtausenden bewohnten Gebiete zu vereinnahmen, (8) gewissermaßen als natürliche Gunst, sprich: naturrechtlich.

Inkas und Indianer und andere Störenfriede der Inbesitznahmen auf anderen Kontinenten wurden mitsamt ihrem kulturellen Reichtum ausgemerzt, der materielle wurde ihnen gestohlen, Überlebende gewaltsam gefügig gemacht. Enteignung und Ausrottung der Unterworfenen folgten dem Leitbild der universellen Dominanz europäischer Zivilisation, die viele Menschen und Völker, nicht zuletzt Indigene in Asien und Südamerika, bis heute erleben. Sie sind ein stabiler Bestandteil des Okkupationsgebarens ihrer Peiniger geworden, eine sprudelnde Quelle für Profit und Wohlstand, und sie haben sich bis in die Gegenwart hinein immer raffiniertere und schwerer durchschaubare Nuancen aufgefaltet, von Handelsabkommen, die Lieferanten begehrter Ressourcen strangulieren, über karitative Verschleierung der Folgen von Raub und Ausbeutung bis hin zu billigst- oder nicht-entlohnten Sklavenarbeitern. (9)

Ideologischer Kern der gewaltbasierten Überwältigungsmechanismen und ihrer desaströsen Folgen für viele Menschen war eine latent-zweifellose, teilweise aber auch explizit benannte, vorgeblich wissenschaftlich – vor allem eugenisch - begründete rassistische Grundhaltung. Ihre Rechtfertigung leiteten die weißen Invasoren nicht zuletzt aus dem Selbstverständnis des Christentums ab, den einzig wahren Gott auf Erden zu vertreten, zu dem alle Heiden und sonstigen Nichtgläubigen bekehrt, also missioniert werden müssen. Dieser rassistische Nukleus war für Columbus so fraglos, wie er es für die heutigen weltweit marodierenden Eroberer ist, er zieht seine Spuren durch das europäische – und nordamerikanische – Dasein als unverzichtbarer Lebensfaden. Den Eroberten und Beraubten wurden und werden Identität, Geschichte und Würde genommen, ein Prozess der Ent-Menschlichung auf der Basis des europäischen Hochmuts ist. Das rassistische Narrativ fand im Kolonialismus des vorletzten und letzten Jahrhunderts eine seiner brutalsten Ausdrucksformen, kulminierend in einem erbarmungslosen Menschenraub, mit dem die Herrenmenschen Millionen afrikanischer Einwohner als Sklaven vor allem nach Süd- und Nordamerika und in die Karibik deportierten.

Mit den Erfolgen ihrer Eroberungen verbanden die Europäer – und später die Nordamerikaner - das ideell anmaßende und praktisch zerstörerische Credo, ihr Wissen, ihre Methoden und ihre Handlungsansätze seien für alle Menschen verbindlich. Ihren universalistischen Anspruch zwangen sie der Weltgeschichte fortan mehr und mehr auf, ein Trend, der sich ungebremst fortsetzt. Die gewaltgesättigte Übermacht europäischer Konquistadoren und ihrer Erben hat die Welt nicht reicher, sondern unermesslich und unwiederbringlich ärmer und trostloser gemacht (10). Nachhaltig beschädigt hat sie die globale Gewissheit, dass europäische Gestaltungskraft nur ein kleiner Teil ist, neben vielen anderen Teilen, die nicht weniger wichtig, einflussreich, schaffensfroh für das Leben und Überleben der menschlichen Gattung sind: In welche Bereiche der Welt die Gedanken oder Füße immer uns tragen, wir stoßen auf einen unendlichen Reichtum an Ideen, Vorstellungen, Phantasien und ihre praktische, konstruktive, kreative, vielgestaltige Umsetzung.

Die humanistische Grundidee, dass jeder Mensch, jedes Land, jedes Volk, jede menschliche Gemeinschaft ihre eigene Geschichte, ihre eigene Kultur, ihr historisch gewachsenes Selbstbewusstsein und mithin ein Anrecht auf gleichberechtigte Existenz hat, fiel dem europäischen Wüten im Rest der Welt zum Opfer. Die neoliberale Subjektwerdung des Marktes, der jede Nuance des menschlichen Lebens als Warenform massenkonform zurichtet, jede menschliche Regung okkupiert und warenförmig wieder ausspuckt, perfektioniert diese ruinöse europäische Lebensart doppelt: Sie vollendet, was mit dem Zaunbauer begann und mit der Fahrt der „Santa Maria“ sich menschen- und naturfressend beschleunigte, und zugleich verbirgt sie ihr rabiates Wirken in warenästhetischen Modulen und hinter euphemistischen verbalen Schleiern wie Freiheit und anderen so genannten Werten, die den humanistische Kern der Aufklärung bilden, den sie zugleich raubend und mordend ad absurdum führt. (11) 

Der vom liberalen Weltbild legitimierte Zugriff mit allen verfügbaren Mitteln auf das Eigentum anderer und die private Aneignung der von anderen produzierten Güter sind im bürgerlichen Staats- und Gemeinwesen seither nicht mehr grundsätzlich hinterfragt worden. Selbst nachdenkliche Menschen nehmen den kolonialistisch-rassistischen Unterbau zumeist als Normalzustand ihres Lebens bedenkenlos hin. Das reibungslose Zusammenspiel von willkürlicher Gewalt gegen Menschen und Missachtung ihrer gleichwertigen Lebensberechtigung hat über die Jahrhunderte hinweg dazu geführt, dass die meisten Europäer und Nordamerikaner die geraubte und durch Ausbeutung erzwungene Substanz ihres Wohlstands und dessen, was sie als Fortschritt erleben, als Gemisch aus eigenen Leistungen und einer nun mal vorhandenen Grundsubstanz betrachten. Der gewöhnliche Rassismus gehört zu den Fundamenten des nord-westlichen Alltags, der ihn tragenden Gewohnheiten, er ist im Laufe der Jahrhunderte in die sozial-anthropologische Grundausstattung eingewachsen, in die soziale und die psychische und die kognitive, zu befürchten ist aber: auch in die biologisch-genetische. In der Gewalt ökonomischer oder militärischer Besitzergreifungsmanöver der selbsternannten Zivilisationsretter manifestiert sich Rassismus als die folgenschwerste Seuche, die sich auf dem Globus je ausgebreitet hat. Heute wissen wir, dass sie, auf verbalen Lafetten wie Humanität, Menschenrechte, Demokratie und Freiheit nach westlicher Definition transportiert und nicht zuletzt mit Gewalt missionarisch verbreitet.

Der kriegerische Takt des Kapitalismus

Rassismus und Kriege bilden das janusköpfige Porträt Europas. Die Geschichte der letzten fünfhundert Jahre befördert eine so triviale wie provozierende Gewissheit, an der historisch und aktuell kein gedanklicher Umweg, keine argumentative Ausflucht, kein abwiegelndes „Ja – Aber“ vorbeiführt: Anhäufung von Privateigentum, das sich als Kapital grenzenlos vermehren soll, und Frieden sind ein antagonistischer, ein unaufhebbarer Widerspruch. Im Lebensentwurf nach Gusto des europäischen und nordamerikanischen politisch-ökonomischen Kalküls, auf dessen praktische Umsetzung die Strategien von Ausbeutung und Ausraubung abzielen, gibt es keinen Spielraum für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen. Seine Kalkulatoren haben die Welt eingeteilt in die Minderheiten, die den eigenen erbeuteten Frieden schätzen und schützen, und in die Mehrheit, gegen die dieser friedlose Frieden mit allen verfügbaren und immer wirksameren Formen der Gewalt durchgesetzt wird. Krieg ist dem europäischen Leben implantiert, Zerstörungsszenarien und Beutezüge im Rest der Welt sind seine Fundamente, maß- und grenzenlose Übergriffe, Morden als Herrenrecht, also alles, was barbarisch genannt werden kann. Der nicht hinterfragte Anspruch auf alles, was der Globus an Reichtümern hergibt, richtet sich gegen jeden und alle, deren Kaperung Profite verspricht und die über begehrte Ressourcen verfügen, aber nicht bereit sind, sie zu Konditionen, die ihnen aufoktroyiert werden, herzugeben. Wie und mit welchem Methodeninventar seine kapitalistische Systematik sich in den letzten beiden Jahrhunderten durchgesetzt hat, gerinnt im Begriff „Schock-Strategie“, deren Substanz, Struktur und Auswirkungen Naomi Klein überzeugend nachgewiesen hat. (12) In diesem profit- und machtgetriebenen strategischen Konzept konzentriert sich, was im Zusammenspiel von Wissenschaft, Staat und Militär, besonders drastisch in den letzten vier Jahrzehnten, zu einer dramatischen Verbindung geworden ist, die ob der militärischen Überlegenheit der USA Totalschäden in Mittel- und Südamerika, (13) in Nordafrika, im Nahen Osten und seit 1989 auch in Osteuropa angerichtet hat: Sie dient dazu – vom Ökonomen Milton Friedman und seinen Chicagoer Kompagnons konstruiert –, gesellschaftliche Strukturen, ihre Geschichte und ihre kulturelle Basis zu zerstören, ihrer profitablen Wert-Sachen habhaft zu werden, mit dem Ziel, sie dem Waren-Markt auszuliefern. Ihre Kollateralschäden sind millionenfaches unsägliches Leiden und qualvolles Sterben der einheimischen Bevölkerungen, wie zahlreiche Beispiele seit Ende des 2. Weltkrieges zeigen, von Vietnam bis Irak, von Libyen bis Afghanistan, von Chile bis Venezuela. (14)

Europa und seine nordamerikanische Dependance sind zu Gravitationszentren globaler Gewalt geworden. Das kapitalistisch-neoliberale System der letzten Jahrzehnte vervollkommnet die in jeder Hinsicht gegen den Rest der Weltbevölkerung übergriffige, rabiate kolonialistische Verfügung über das Eigentum anderer des 18. Und 19. Jahrhunderts hat, es ist systematischer und effektiver geworden, sein Prinzip hat sich verfestigt: Der monströse Antriebsapparat der Ausbeutung von Menschen und der Erbeutung von Ressourcen und Landschaften bedient sich ungezügelter Willkür und kriegerischer Gewalt, die ein typisches, ein definitives Merkmal der kapitalistischen Agenda waren und sind. Ihr Konzept ist so banal wie brisant: Was ich brauche oder haben will, mir aber nicht gehört, nehme ich mir notfalls mit Gewalt und nach meinen eigenen Regeln, seien es Bodenschätze oder Schätze der Meere, Fische, Ländereien, Sklaven, neuerdings sogar den unverzichtbaren Lebens- und Überlebensquell, das Wasser. Das ist die eindimensionale, aber wirkmächtige liberal-ökonomische Logik hinter den kolonistischen, kapitalistischen, imperialistischen Kriegen, der die politische wie ein Schatten folgt, bis ins Heute  und Morgen: Die aktuellen Entscheidungen über Aufrüstung und weltweite Interventionen nicht nur der NATO und der USA, sondern auch der deutschen Regierung, um „unsere Werte und Interessen“ überall und jederzeit zu verteidigen, folgen dem jahrhundertealten Glaubensbekenntnis zur Sicherung des eigenen Wohlstand mit Schwertern, Büchsen und neuerdings Drohnen, wie viel Blut immer an ihm kleben, auf wie vielen Leichen immer er stehen möge.

Déjà-vu nach 1945

Nachdem die Alliierten den deutschen Faschismus zumindest militärisch besiegt hatten, schien die Geschichte einige Momente lang den Atem anzuhalten und sich auf ihre Anfänge zu besinnen. Die Nürnberger Prozesse setzten humane Maßstäbe, die Gründung der UNO deutete Möglichkeiten einer friedlichen Welt an, und nicht zuletzt hatte der faschistische Vernichtungsapparat das kolonialistisch-kapitalistische Gewaltmuster in einer Weise auf die Spitze getrieben, die selbst einige seiner hartgesottenen Vertreter grübeln ließ. Es schwebten Ideen von Veränderung durch die Trümmerberge, von einer anderen Gesellschaft, in der ein friedliches Zusammenleben von gerechtem und gleichberechtigtem Miteinander getragen werden sollte. Sie wurden schnell und konsequent durch vermeintliche Vorzüge verdrängt, die eine Fortführung kapitalistischer ökonomischer und demokratisch verpackter Strukturen versprach, deren Funktionsweise sich weiterhin nur vordergründig als friedlich, ihrem Wesen nach immer wie als kriegerisch erwies. Waren bis zum Ende des 2. Weltkrieges einige europäische Staaten und der nordamerikanische Kontinent durch koloniale Ausplünderung und auf ihnen basierende rasante Entwicklungen der Produktivkräfte reich und mächtig geworden, definierten sich nach 1945 die Vereinigten Staaten von Amerika als einziger Hegemon, dem alle anderen Staaten mehr oder weniger bedingungslos zu folgen hatten, von Großbritannien und mit Abstrichen Frankreich abgesehen, die als Partner akzeptiert wurden, nicht zuletzt wegen der Atomwaffen in ihrem Besitz. Die Bomben, die auf Nagasaki und Hiroshima fielen, sind nach wie vor ein Menetekel, dessen Drohpotenzial über der Weltgeschichte schwebt, häufiger durch atomwaffenaffine Gedankenspiele aufgefrischt, ergänzt durch Hunderte militärische Niederlassungen und Stützpunkte der USA, die den Globus als einschüchterndes Netz überziehen. Machtpolitisch und militärisch demonstrative Übergriffe auf widerspenstige Staaten und Personen in den vergangenen Jahrzehnten warnen jeden und alle: Folgen sie dem hegemonialen Weltbild der Vereinigten Staaten und seinen ökonomischen, politischen und ideologischen Zumutungen nicht, überrollen Kriege sie oder sie werden mit wirtschaftlichen Sanktionen und Embargos drangsaliert. Lediglich der Ostblock, die Sowjetunion und die Länder des Realen Sozialismus, erwiesen sich fünfundvierzig Jahre lang als unüberwindliches Bollwerk, das mit antikommunistischer Propaganda, klandestinen Methodeninventaren und politischen und ökonomischen Repressalien aufgeweicht werden sollte. Dieser äußere Druck und implosive innere Widersprüche hatten Anfang der neunziger Jahre schließlich den von kapitalistischen Protagonisten herbeigesehnten Erfolg.

Das Ende des Kalten Krieges zwischen den politischen „Blöcken“ in den Jahren 1989 bis 1991 schien die Träume global agierender Konzerne und ihrer politisch-militärischen Schutzmächte von einer durchkapitalisierten, den Gesetzen von Profitakkumulation und Marktdynamik unterworfenen Welt, Wirklichkeit werden zu lassen, so dass allen Ernstes von einem „Ende der Geschichte“ gesprochen wurde. (15) Die invasive Machtentfaltung des „american way of life“ entfesselte die neoliberale Herrschaft der Märkte. Hinter dem Bestreben nach unbestrittener Übermacht der USA und ihrer Rolle als „Weltpolizist“ oder als globale Ordnungsmacht, scheinen ihre essenziellen Triebkräfte klarer denn je auf: Militärisch gestützte geopolitische Strategien zur Durchsetzung hegemonialer Ansprüche dienen, wie verschleiert sie durch vorgeblich humane oder andere „edle“ Motive sein mögen, ihren und den  ökonomischen, also profitheischenden Interessen und Zielen (16) ihrer Adepten in Europa, in Asien, in Südamerika usw. Marktbeherrschende Infiltration, kapitalistisch-neoliberale Inbesitznahme von Menschen und natürlichen Lebensräumen waren und sind die Triebkräfte für politische und ökonomische Finessen der Vergangenheit wie der Gegenwart. (17) Ihre Bedeutung als Basismodule der kapitalistischen Megamaschine sorgt dafür, dass die Geschichte 1991 keineswegs endete, sondern neuen neo-liberalen Schwung aufgenommen hat. Auf allen Kontinenten verschärft der offensichtliche Siegeszug der kapitalistischen Produktions- und Zerstörungslogik nicht nur tendenziell, sondern, wie von Tag zu Tag deutlicher wird, faktisch den endlosen Krieg gegen menschliches Leben auf der Erde.

In Deutschland schien die Idee einer demokratischen Zukunft der Missachtung der Mehrheit der Menschen und ihrer Ausbeutung entschlossen entgegen treten zu wollen und zu können, so jedenfalls ihr Versprechen. Von der sozialistischen Idee im Ahlener Programm der CDU des Jahres 1947 zum Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands 1956 war es allerdings nur ein kurzer, aber demonstrativ-nachwirkenden Schritt. Immerhin sollte das Modell einer „sozialen Demokratie“, verbunden mit „sozialer Marktwirtschaft“, den gesellschaftlich Abgehängten, Ausgegrenzten, Unterdrückten und Ausgebeuteten nach 1945 Zuversicht geben. Was zunächst für prekär lebende Menschen hoffnungsvoll klang, stellte sich für die meisten von ihnen als Irreführung heraus, denn die ökonomische Dynamik, die schon immer zu ihren Lasten ging, erwies sich als marktkonform, aber als sozialer Betrug. Mit Euphemismen wie „Konzertierte Aktion“ und „Sozialpartnerschaft“ versuchte das politische Establishment, die systemischen Ungerechtigkeiten zu verschleiern, bis die Privatisierungen aller Bereiche der öffentlichen Für- und Vorsorge – Gesundheit, Wohnen, Verkehr, Kommunikation - und schließlich die Agenda 2010 das Unsoziale und Ungerechte als Quelle von entgrenzter Profitgenerierung lapidar quasi zur Staatsräson erklärten.

Dem Friedensgebot, nach dem 2. Weltkrieg noch bei vielen Menschen ein selbstverständlicher Lebenswunsch, bereiteten der Neustart der militärischen Aufrüstung durch die Bundeswehr und schließlich der Beitritt zur NATO ein abruptes Ende. Sie trugen zur Eskalation des Ost-West-Konflikts entscheidend bei, wesentlich gestützt auf Tausende alter Nazis, die in allen gesellschaftlichen Bereichen den deutschen Nachkriegsstaat nachhaltig prägten.  George C. Marshall erfand den nach ihm benannten Plan als strategischen Schritt zur ökonomischen Besetzung des deutschen Nachkriegsstaates, dessen Integration in die politische Agenda der USA und die Einübung in deren antikommunistische politische Programmatik zu Leitlinien der deutschen Politik wurden. Zwischen 1948 und 1952 begann die Bundesrepublik Deutschland zu werden, was sie heute ist: ein stabiles neo-kapitalistisches, neo-koloniales und neo-liberales Zentrum des kapitalistischen „Werte“-Westens, das nur für kurze Zeit unter sozialdemokratischer Regie in friedliche Unwucht zu geraten schien: (18) Extensive Ausbeutung weltweit, Land- und Wasserraub, militärische Sicherung von Rohstoffquellen, gewaltbereiter Schutz des europäischen Wohlstandsäquators bleiben seine Grundlagen. Die rassistische Matrix dieses ökonomischen und politischen Instrumentariums wird nicht nur im Verborgenen gepflegt, sondern bleibt ein tragender Pfeiler des deutschen Agierens auf allen Kontinenten, bestätigt durch das – seit 2015 von Jahr zu Jahr unmenschlicher werdende – mörderische, maßgeblich unter deutschem Einfluss stehende Flüchtlingsabwehrregime an den europäischen Außengrenzen, unterstrichen durch den demonstrativen Kontrast der Fürsorge, die ukrainischen Flüchtenden im Jahre 2022 zugute kommt – wenn sie denn der weißen Rasse angehören. Das Kriegerische in all seinen monströsen Gestalten bestimmt weltweit, auch in Deutschland, wieder den gelebten Alltag.

GEGENBEWEGUNGEN

Widerstand und systemische Gewalt


Im Laufe der Jahrhunderte, vor allem in den letzten dreihundert Jahren, haben Menschen sich nicht nur in Europa, sondern weltweit gegen Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Vertreibung und Knechtschaft, gegen Entwürdigung und Versklavung, gewehrt. Die Feuer der europäischen Revolutionen, vom Fanal der Französischen Revolution von 1789 angesteckt, waren auf andere Kontinente übergesprungen, hatten vielen Menschen Hoffnungen gegeben. Mitte des 19. Jahrhunderts entstand, als Reaktion auf unerträgliche und oft ins Elend führende Arbeitsbedingungen in Manufakturen und Fabriken, in Europa eine Arbeiterbewegung, der die ökonomischen und gesellschafts-politischen Analysen von Karl Marx, Friedrich Engels und ihren Mitstreitern wichtige Impulse gaben. Im Jahre 1917 wurde die Oktoberrevolution zur historischen Zäsur, die ausgebeutete und unterdrückte Menschen weltweit zum Aufbruch in eine bessere Zukunft ermutigte. Mit der Gründung der Sowjetunion und den Volksdemokratien entstanden im Osten Europas und auf anderen Kontinenten Experimentierfelder für alternative, nicht-kapitalistische Gesellschaftsmodelle. In Süd- und Mittelamerika begannen Menschen später ihre Vorstellungen von einem repressionsfreien Leben zu äußern und zu verwirklichen: Befreiungstheologie, von Bischöfen wie Oscar Romero begründet, und Befreiungspädagogik, wie sie etwa Paolo Freire in brasilianischen Slums umsetzte, Ché Guevara und seine Mitkämpfer, und politische Wissenschaftler und Aktivisten wie Eduardo Galeano, der „die offenen Adern Lateinamerikas“ anprangerte, die Salvador Allende in Chile beispielhaft zu schließen versuchte, waren Vorstöße, dem kapitalistischen System ein Ende zu bereiten. In Asien erreichte die chinesische Revolution dieses Ziel auf eine den dortigen historischen, kulturellen und ökonomischen Bedingungen entsprechende Weise. (19) In den Gesellschaftsentwürfen von Sozialismus oder Kommunismus klangen die kollektiven Überlebensstrategien unserer mammutjagenden Urahnen an: Utopien einer Gesellschaft der Gleichen und Freien folgten den Idealen eines produktiven und konsumtiven Zuschnitts des gesellschaftlichen Lebens, für den gegenseitiger Respekt und kollektive Produktion der Lebensgrundlagen zu tragenden Säulen wurden, als Basis friedlichen Zusammenlebens. Es sollte keine Herrschaftsverhältnisse und keine Machtbefugnisse geben, die zu Lasten anderer gehen, und nicht zuletzt gleichberechtigte Entwicklungschancen für alle Menschen, als Vision von einer friedlichen Welt, die Kriege nur noch vom Hörensagen kennt.

Die historischen Tatsachen sind beredt: Revolutionäre Hoffnungen auf oder Ansätze zur Verwirklichung gerechter und friedlicher Gesellschaften wurden überwiegend mit allen verfügbaren Mitteln gewaltsam niedergeschlagen, sie endeten überwiegend in Geschoßhagel, Mordanschlägen und Sabotage, als Fortsetzung des kriegerischen Konzepts der politisch und ökonomisch Mächtigen. Sobald Menschen nicht nur Ideen entwickeln, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, sondern beginnen, sie in die Praxis umsetzen, sich von materieller, sozialer und seelischer Okkupation zu befreien, finden sie sich in einem oft gnadenlosen Vernichtungsszenario wieder. Dem Aufbegehren von Unterdrückten und Entrechteten, die sich zu Subjekten ihrer eigenen Geschichte machen, indem sie gegen den kapitalistischen Moloch kämpfen, wird mit manifesten – militärischen, polizeilichen - wie mit latenten, also geheimdienstlichen und anderen Überwachungs- und Bespitzelungsmechanismen, nicht nur ein blutiges und oft tödliches Ende gesetzt, (20) sondern ihre Ausbeutung, ihr Elend, ihre Hoffnungslosigkeit werden noch einmal drastisch verschärft: (21) Gesteigerte Unterdrückung und existenzielle Knebelung geraten zum lähmenden Schockzustand für seine Opfer und zugleich zum fruchtbaren Nährboden für die ökonomischen und politischen Profiteure eines Systems, dessen Substanz Knechtschaft und Unrecht und Barbarei sind. (22)

Dieses historisch unterlegte Erfahrungswissen trugen im Nachkriegsdeutschland die Ostermärsche seit den sechziger Jahren und die europaweite Studentenrevolte nach 1968 in die gesellschaftlichen Debatten. Sie haben nicht nur den unredlichen Gemeinplatz von den demokratischen Werten kritisiert, sondern der politisch-ökonomischen Kumpanei einen Spiegel vorgehalten und ihre Widersprüche nachgewiesen, ihre Akteure haben das Scheitern der pseudo-demokratischen Legenden von Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit politisch-dynamisch und historisch aufgezeigt. Die staatlichen Reaktionen auf sie kulminierten in Deutschland in den Berufsverboten, die mit der Notwendigkeit begründet wurden, die „Freiheitlich-demokratische Grundordnung“ mit einem Radikalenerlass zu verteidigen, der konsequent gegen offensive Aufklärung über das kapitalistische Ausbeutungssystem und seine Abschaffung gerichtet war. Seine (23) Absurdität bestand darin, ausgerechnet jene aufrechten Demokraten - Studierende, Intellektuelle, Angestellte und Arbeiter - aus dem gesellschaftlichen Verkehr zu ziehen und teilweise existenziell zu ruinieren, die demokratische Maximen des Grundgesetzes konsequent einlösen wollten: Soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit für alle Menschen, Aufklärung über die ökonomische und politische Fragmentierung verfassungsmäßiger Rechte in der Bundesrepublik Deutschland - und Frieden überall, auch in Vietnam, Kuba und Chile. Der tiefere Sinn des Radikalenerlasses war nicht nur für seine Opfer unbezweifelbar: (24) Staatlicher Schutz für ein politisch-ökonomisches System, dessen Selbstdefinition schon Anfang der siebziger Jahre in seiner Substanz brüchig und das in seiner politischen Methodik gewalttätig und kriegerisch war, gegen friedliches Aufbegehren und hartnäckige Kämpfe für soziale Gerechtigkeit.

Der letzte Widerstandsraum der deutschen Geschichte entstand in den Jahren 1989 und 1990. Als der Anfang vom Ende der DDR sich abzeichnete, die Mauern zwischen den beiden deutschen Staaten diplomatisch und praktisch eingerissen waren, wurde ein atmosphärisches Knistern der Erneuerung hör- und spürbar. Viele DDR-Bürgerrechtler hatten mit Kritik am realen Sozialismus nicht gespart, sie aber konstruktiv gewendet, und nun stellten sie ihre Ideen einer Gesellschaft, in der sich die Vorzüge des westdeutschen und des ostdeutschen Gesellschaftssystems fruchtbar verbinden sollten, zur Diskussion. Die „Runden Tische“ wurden zu sprudelnden Quellen von Visionen einer besseren, einer gerechten, friedlichen, freiheitlichen Gesellschaft, in der die Entfaltung der Persönlichkeit jedes einzelnen Menschen sich nicht am Konsum möglichst vieler warenförmiger Angebote, sondern an seiner Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum in allen seinen Facetten orientiert. Eine neue Verfassung sollte diese Teilhabe garantieren, die friedliche Koexistenz der beiden Staaten zur Basis einer allmählichen kooperativen Annäherung werden. Das Ausloten möglicher Vorzüge der jeweiligen Konzepte des menschlichen Zusammenlebens und ihrer Verbindung sollte in ein von der Idee her nicht neues, aber praktisch gewordenen Modell freier, gleicher und geschwisterlicher Beziehungen münden, durchaus im Sinne der Utopien der Französischen Revolution. Wie eine Sternschnuppe blitzte die Hoffnung eines verwirklichten Menschheitstraumes auf – und endete in der Annexion des einen Staates durch den anderen, in der Einebnung seiner Errungenschaften und der Demütigung vieler Menschen, die in ihm gelebt, gearbeitet, ihn produktiv mitgestaltet hatten, und nun nicht nur ihrer existenziellen Grundlagen und ihrer Zukunft beraubt wurden. Der kapitalistische Moloch verschlang, was ihm nicht dienlich oder nicht profitabel war, er zerstörte nicht nur Fabrikgebäude und Maschinen, sondern Biografien, Seelen – und Träume: Nur einen Wimpernschlag lang hatten sie eine Chance, wirklich zu werden, (25) bevor sie im Sog der kapitalistischen Wirklichkeit verschwanden, der so viel Ringen um Gerechtigkeit und Friedfertigkeit nur lästig ist. Und dennoch: Ihre Anliegen, wie die aller anderen revolutionären Widerstandsversuche gegen die kapitalistische Logik des zerstörerischen Zugriffs auf alles Lebendige, sind in der Welt und empfehlen sich als Schnittstellen für Versuche, eine friedliche Welt zu schaffen.

Demokratie – falsche Hoffnungen

Losgelöst vom rassistisch-kolonialistischen und kriegerischen Fundament ihres Daseins hat sich in der seelischen Dynamik und im ideologischen Begriffsraum der BewohnerInnen des nord-westlichen Teils der Erde die Überzeugung niedergelassen, in einem gewaltarmen Quasi-Paradies zu leben. Seine historischen Wurzeln schlug dieses Selbst-Bewusstsein im 18. Jahrhundert, als die nach ökonomischer Entfaltung drängenden Bürger den autokratischen und despotischen adeligen Herrschaftsmodus durch ein demokratisches politisches System zu ersetzen begannen. Es schien zum Gegenentwurf der leidvollen Lebenswirklichkeit eines großen Teils der Menschen werden zu können. Die hoffnungsvollen Demokraten nahmen die Errungenschaften der Französischen Revolution ernst: Ein von allen Bürgern gewähltes Parlament sollte die Geschicke eines Landes oder einer Nation bestimmen und leiten. Abgesehen davon, dass zunächst die meisten Bürger ihre  Vorstellungen eher phraseologisch  mit „Liberté, Egalité, Fraternité“ verbanden, an demokratischen Prozessen nur ein recht bescheidener Anteil der Bevölkerung teilnehmen konnte und Frauen noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts warten mussten, um dem Wahlvolk angehören zu dürfen, galt das demokratische Gemeinwesen als ein demonstratives Vorzeigemodell, als „beste Staatsform“  für das angeblich gleichberechtigte und damit friedliche Zusammenleben von Menschen. (26)

Stutzig macht an dieser scheinbar über jeden Zweifel erhabenen Überzeugung, dass vor allem in den Staaten, in denen der menschen- und naturfressende Kapitalismus zur ökonomischen Basis für das gesellschaftliche Funktionieren wurde, die Demokratie als alternativlos gilt. Für diesen bemerkenswerten Widerspruch gibt es eine überzeugende und noch dazu einfache Erklärung, die ihre Bestätigung seit den ersten demokratischen Wahlen an irgendeinem beliebigen Ort und an irgendeinem Tag danach erfährt: Das demokratische System des menschlichen Zusammenlebens hat Ausbeutung und gesellschaftliche Spaltungen in kleine reiche und mächtige Gruppen und eine mehr oder weniger arme und einflusslose große Mehrheit nicht nur nicht abgeschafft, sondern eine verfassungsrechtliche Basis für sie geschaffen: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet“, teilt das deutsche Grundgesetzt mit. Es kommt einem Sakrileg gleich festzustellen, dass die demokratische Verfassung das Übel von Friedlosigkeit und ungleicher Verteilung von Gütern und Lebenschancen, also die Grundlagen des kannibalischen Kapitalismus, zementiert. Das private Eigentum wird unantastbar, zu einem grundgesetzlich geschützten Wert. In der Verfassung steht zwar auch der Grundsatz, dass „Eigentum verpflichtet“, aber es ist nicht bekannt, dass ihm jemals wirkliche gemeinwohlorientierte Verpflichtungen gefolgt wären. Parlamentarische bzw. repräsentative Demokratie hatte und hat vor allem eine Aufgabe: Die Besitztümer und ihre Besitzer zu schützen, die häufig ohne eigenes Zutun in den Besitz des Reichtums ihrer Vorfahren gelangt sind, und damit die demokratischen Grundgedanken auszuhebeln.

Das ist der Charme, den die demokratischen Spielregeln für jene haben, die in der Gesellschaft irgendwie und irgendwo im Oben gelandet sind, oder für jene, die hoffen, dorthin gelangen zu können: Materielles oder Vermögen an Bildung erleichtern den Zugang zu repräsentativen Räumen und zur Beteiligung an parlamentarischen Verfahren, wie die Zusammensetzung der Parlamente hier und dort und überall belegt. Die „Würde des Menschen“ und der humanistisch überzeugende demokratische Anspruch, dass „alle Menschen vor dem Gesetz gleich“ sind, bilden zur Unantastbarkeit des Privateigentums einen diametralen Kontrast: Die Mehrheit der Menschen wird von dieser mehrheitsfernen Art Demokratie ausgegrenzt und teilweise geknechtet, in lebenslange existenzielle Defizite gezwungen. Mit ausgeklügelten Regularien und mit einem schier unerschöpflichen Floskelspeicher verbal verpackt, schützen schein-demokratische Funktionscluster die Eigentums- als Basis kapitalistischer Produktionsverhältnisse und die ihnen immanente gesellschaftliche Klassenspaltung. Es geht im demokratischen Setting nicht um Millionen armer Kinder und verelendeter Rentner, nicht um Millionen prekär lebender Menschen, nicht um im Mittelmeer ertrinkende und in Stacheldrahtzäunen verendende Flüchtende: Ihre Würde, ihren Frieden, ihre Freiheit, ihre Gerechtigkeit – ihr Leben meint die real existierende demokratische Verfassung nur pro forma. Gewinner dieses politisch-ökonomischen Zusammenwirkens sind immer die machtvollen Besitzenden, wie der große Rest immer verliert, das ist seine innere Logik, der herbe Kontrast zum angeblichen demokratischen Konsens. (27) 

Entstanden ist ein skurriles Demokratie-Theater, das seine szenische Reife mit dem Entstehen einer Klasse von Berufspolitikern einerseits und der mit ihr perfekt harmonierenden Dominanz von Kapitalvertretern bzw. ihrer Lobbyisten bei politischen und gesetzgeberischen Entscheidungen andererseits erreicht hat. Demokratie hat sich als Volks-Herrschaft längst selbst abgeschafft, sie ist zur Fassade geworden, zu einem Selbstbedienungsladen für alle möglichen politischen und ökonomischen Abgreifer verkommen, zum selbst-legitimierten Garantieversprechen für diejenigen, die wie selbstverständlich zu jedem Mittel greifen, um ihre Profite und ihre Macht zu verteidigen. Die Tatsache, dass zwischen der demokratischen Idee, ein Zuhause für das Zusammenleben der Freien und Gleichen zu schaffen, und ihrer Menschwerdung eine demokratieferne gesellschaftliche Wirklichkeit liegt, wird hinter eingeschliffenen Ablenkungsritualen verborgen. Für sie bürgen zuallererst Medien, die sich selbst als „vierte Gewalt“ verorten, die ihren politisch-ethischen Auftrag der Kontrolle demokratischer Institutionen und Verfahren allerdings längst ihrer Rolle als Sprachrohr der Reichen und Mächtigen geopfert haben, nicht als „Lügenpresse“, denn ihre Macher lügen nicht: Sie verbreiten, was jene als öffentlichkeitswirksam kolportiert wissen möchten, denen kein Euro, keine Atlantikbrücke und kein Presseball zu lieb und zu teuer sind, um die Kollaboration von Medienvertretern sicherzustellen. Medial wird eine Wahrheit multipliziert, die den herrschenden Machtverhältnissen dienlich ist, statt der eigentlichen Aufgabe einer „freien Presse“ gerecht zu werden: Deren Wirken als gewalttätig, übergriffig und ausbeuterisch aufzudecken, über es aufzuklären und es zu delegitimieren. Die Mehrzahl der etablierten Medien trägt aktiv zum Aufwirbeln einer propagandistischen Fata Morgana bei, die der Legitimation schein-demokratischer Verhältnisse in ihrem Ist-Zustand dient, nicht zuletzt indem sie gegen NPD oder AfD oder andere rechtslastige Organisationen als faschistische Bedrohungen eine „demokratische Einheitsfront“ beschwören, die als trickreicher Schutzmechanismus des politisch-ökonomischen Kartells funktioniert, den schon Max Horkheimers zeitloser, weil die kapitalistische Quintessenz treffender Satz benennt: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“, galt nicht nur angesichts der von den Nazis verübten Gräuel, sondern benennt die Wahrheit eines Systems, in dem das Kapital sich vom politischen Establishment bestens bedienen lässt. Eine desolate demokratische Verfasstheit ist ein wirksames Schwungrad (28) für den Antrieb faschistischer Generatoren, also Personen oder Organisationen, die sich der Köpfe und Seelen derjenigen bemächtigen, die das kapitalistische System ausgrenzt, ausnutzt und demütigt und mit – oft exzessiven - Gewaltszenarien überzieht: Eine Gefahr geht nur dann vom Rechtsradikalismus – und letztlich vom Faschismus - aus, wenn Demokratie und Kapitalismus als seine Erzeuger ihm das Leben schenken und fürsorgliche Eltern sind. (29) Sie ist längst real, heute würde Max Horkheimer vielleicht schreiben: „Wer nicht vom Scheitern der demokratischen Versprechen spricht, sollte vom Faschismus schweigen“. Und von Gewalt und Krieg, die ihn antreiben, die von der demokratischen Fassade nur verdeckt, hinter ihr aber immer bedrohlicher werden.

WAS TUN?

Es gibt kein friedliches Leben im kriegerischen


Trotz oder gerade wegen der von Kriegen geprägten Geschichte wollen die meisten Menschen in Frieden leben. Friedfertige Beziehungen, in denen die materiellen und kulturellen Güter so gerecht verteilt sind, dass alle vergleichbare Entwicklungs- und Lebenschancen haben, und Konflikte ohne Gewalt gelöst werden und in gegenseitigem Respekt, ermöglichen jedem ein würdevolles Leben. Was banal und zweifellos klingt, erweist sich als komplex, schwerfällig, geradezu unmöglich. Obwohl Friedenswünsche und kriegerische Wirklichkeit so gar nicht zusammenpassen, gelingt es Minderheiten, für die Kriegslust oder Gewaltphantasien existenzsichernd sind, offensichtlich immer wieder, ihre Absichten gegen friedliebende Mehrheiten durchzusetzen. Weil Menschen, die gewaltfrei leben wollen und die Fülle der bereichernden Erfahrungen mit anderen zu schätzen wissen, unfriedlichen Ansinnen gegenüber abwehrend sind, (30) versuchen profit- und machtgetriebene Bellizisten mit großem Aufwand, über Verweise auf angebliche Sachzwänge und Verschiebung der Verantwortung für ihr eigenes Handeln auf „böse Andere“, die Vielen zu nötigen, ihre Friedfertigkeit abzulegen und sich auf ein aggressives Gegeneinander einzulassen. Friedenwünschende Menschen müssen sich mühsam Gehör verschaffen und werden doch nicht gehört, vielmehr setzen militante Minoritäten, die anderen Krieg und Gewalt aufzwingen, wenn ihre suggestiven Einflussnahmen ohne den gewünschten Erfolg bleiben, ihre Zielsetzungen und ihre Interessen letztlich auch mit Mitteln der autoritären Machtfülle und der offensiven Meinungsmanipulation durch. Das so bescheidene wie überzeugende Friedens-Anliegen wird diffamiert, propagandistisch überrollt und als Ausdruck der Kollaboration mit irgendwelchen Feinden verdächtigt. (31) An der unausweichlichen Einsicht in diese Quintessenz europäischer Geschichte, dass dem bürgerlich-kapitalistisch-neoliberalen Zusammenspiel von Politik, Ökonomie und Krieg die Vorstellung eines friedlichen Universums so fremd ist, wie seinen Opfern ein sorgenfreies Morgen, kann sich niemand, der eine friedliche Welt schaffen will, vorbeimogeln. 

Die kürzeste und prägnanteste Antwort auf die Frage nach Gegenwehr kann nur lauten: Den Kapitalismus abschaffen. Obwohl dieses Vorhaben, über die Jahrhunderte gesehen, der Arbeit des Sisyphos ähnelt, die nie den gewünschten Erfolg haben wird, gibt es zu ihm keine Alternative. Wenn auf der Erde menschliches Leben eine Heimstatt haben soll, das alle Einzelnen gemeinsam gestalten, gerecht für jeden und ohne dass jemand ausgebeutet oder unterdrückt wird, muss das kapitalistisch-neoliberale System mit all seiner Grausamkeit und Verlogenheit verschwinden, muss es praktisch überwunden werden, einschließlich seiner demokratischen Schutzmechanismen. Es genügt nicht, über Frieden und die Gründe für Unfrieden zu reden, es reicht nicht aus, über den bösen Kapitalismus zu räsonieren, es ist zu wenig, ihm seine kriegerischen Ausfälle vorzuwerfen und friedliche Umkehr von ihm zu verlangen, denn seine Fresslust auf alles Verwertbare ist nicht kollateral, sondern zentral. Wer sich nicht von der Illusion lösen kann, unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen und -bedingungen wäre Frieden zu schaffen, landet in einer kriegerischen Sackgasse: Der Krieg in der Ukraine wird irgendwann und hoffentlich schnellstmöglich beendet sein, aber die von kapitalistischem Wachstums- und von einem demokratischen Selbstbeweihräucherungsphantasma angetriebenen Bellizisten machen mit jedem Tag deutlicher, dass sie rufen werden „der Krieg ist vorbei, es lebe der Krieg“, die Parole derer, deren Existenzbasis Raubgut und Leichen sind, euphemistisch als freier Handel und Kollateralschäden verbal verpackt.

Die deutsche politisch-ökonomische Klasse reiht sich nahtlos ein: Ein Staat, in dem Atomwaffen lagern, dessen politisch Verantwortliche die atomare Teilhabe beanspruchen und amerikanische Einsatzzentren für Drohnen und andere kriegerische Interventionen dulden, den Atomwaffenverbotsvertrag nicht unterzeichnen, die eine den Klimakollaps beschleunigende Klimapolitik forcieren und für die soziale Entwürdigung der Mehrheit der Bevölkerung zur politischen Agenda gehört, wird die friedlichen Bedürfnisse der meisten Menschen weiterhin einer kriegerischen Strategie opfern. Frieden, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Abrüstung aber gehören zusammen, es wird keine Teillösungen geben, die in einer gerechten, friedlichen und lebenswerten Welt für alle Menschen münden. Die NATO und die EU, also die Kohorte der Verbündeten, gehören diesem Ausraubungs- und Zerstörungsbund gegen Menschen und Natur nicht nur an, sie eskalieren gewaltsame Übergriffe auf profitversprechende Gegenden und Völker. Ihr Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit – frei nach Immanuel Kant –, führt in ein Armageddon, das sich am Horizont abzeichnet, das den Planeten Erde höchstwahrscheinlich von der Spezies befreien würde, die nicht aufhört, ihn zu demolieren. Mit der Entsorgung der Vernunft beginnt die Menschheit sich selbst abzuschaffen. Ob der Klimakollaps oder die Atomwaffen oder beide in inniger Verbindung ihr ein Ende bereiten, spielt dann keine Rolle mehr.

Denken und Handeln

Die Sehnsucht nach Frieden hat Anfang des Jahres 2022 einen herben Dämpfer erhalten.  Sie wird nur eine Chance auf Erfüllung bekommen, wenn die eigene Verstrickung in die jahrhundertelange schrankenlose Vernichtung von menschlichen und natürlichen Existenzräumen in das kollektive Bewusstsein dringt. Der Aufbruch in eine friedliche Welt kann nur erfolgreich sein, wenn die in ihrer Wohlstandsblase im nord-westlichen Teil des Globus Eingekapselten empathische Nähe zu ihren gepeinigten Mitmenschen herstellen, wenn sie verstehen, dass diese Blase, in der es sich bislang so angenehm lebte und die auch zukünftig ein wohlgeordnetes Zuhause zu sein versprach, platzen muss. Ausdauer und Unbeirrbarkeit bei Friedensbemühungen zu entwickeln heißt, sich den Verwachsungen zwischen der Normalität von Kriegen und der eigenen Lebenswirklichkeit zu stellen, sich auf bewusstes, zielgerichtetes, aber auch selbstkritisches Denken und Handeln einzulassen. Den Zugang zur Wahrheit über den neoliberalen Kapitalismus öffnen heißt für alle Menschen, die in Ländern oder Staaten leben, die seit Jahrhunderten für zahllose Menschheitsverbrechen verantwortlich sind, sich einzugestehen, zu den Hehlern der kapitalistischen Beutezüge zu gehören. Auch wenn die meisten Menschen sich an ihr geraubtes Hab und Gut gewöhnt haben, auch wenn der Zusammenhang zwischen neoliberaler Durchseuchung ihrer Lebensverhältnisse und politischen – einschließlich kriegerischer - Ereignisse ihre gedanklichen Räume oder empathischen Fühler erst gar nicht erreicht, verhindern sie ein friedliches Zusammenleben, das nicht elitär und letztlich rassistisch, sondern dauerhaft und universell ist. Solange die Notwendigkeit eines radikalen Eingriffs in das eigene Erkennen und Handeln das bewusste Sein der friedliebenden Menschen nicht erreicht, begreifen sie ihr eigenes Drama, vor allem aber das ihrer Kinder und Enkel, nicht wirklich: Bedrohlich nahe über ihren Köpfen schwebt an dünnen Fäden ein Damoklesschwert, geschmiedet aus Klimazerstörung und Atomwaffenarsenalen.

Die Möglichkeiten einer gesellschaftlichen Friedenslogik ergeben sich aus der Entschlossenheit, den Ursachen und Bedingungen kriegerischer Exzesse auf den Grund zu gehen, die rechtfertigende Begründungszusammenhänge als falsch oder irreführend zu entlarven, indem Hintergründe und Antriebe, die in den Kriegsszenarien der letzten fünfhundert Jahre wie in den aktuellen als systematisches Kalkül aufscheinen, aufgedeckt werden: Wo haben diese Kriege ihre Wurzeln? Wie konnten sie entstehen? Wer ist für sie verantwortlich? Es sind Streit-Fragen, wie die extrem konfrontativen Diskurse Ukraine-Krieg zeigen, auf die viele Antworten weniger rational geschärft als emotional aufgeladen sind. Frieden aber benötig Verstand, also das Zuhause der Vernunft, das keiner politischen Korrektheit, keinen manipulierten Deutungsmustern von Wirklichkeit und keiner missverstandenen Loyalität weichen darf. Innehalten, einen differenzierten Überblick zu gewinnen versuchen und der aktuellen Aufgeregtheit mit wachsamer Resilienz und unvoreingenommener Empathie für jeden Menschen begegnen, der, wo immer auf der Welt, Opfer irgendwelcher Kriegsszenarien geworden ist, verhindern das Eindringen bellizistischer Konnotationen in das eigene Bewusstsein.

HOFFNUNGEN

Friedenspolitische Hoffnungen


Die Gewissheit, dass kapitalistische Gewaltlogik und friedliche Lebensumstände sich gegenseitig ausschließen, verlangt nach konsequentem Widerstand gegen bellizistische Kontinuität. Welche Ziele könnte er haben? Eine erste, dem menschlichen Leben immanente Antwort auf diese Frage, schlägt den Bogen zum Anfang der Menschheitsgeschichte zurück: Die Bedürfnisse der meisten Menschen nach gerechtem und friedlichem Miteinander werden befriedigt sein, wenn die vertikalen Beziehungen des Unten und Oben, der Beherrschung und der Unterordnung, des Profits und der Ausbeutung, des Reichtums und der Armut, des Besitzens und der Besitzlosigkeit, wieder zu horizontalen des kollektiven Produzierens und Genießens gemacht worden sind. Diese gattungsgeschichtliche Grundannahme müsste für Friedensbewegungen ein Mantra werden. In ihr verbirgt ein untrügliches Wissen, ohne das jedes Streben nach einer friedlichen Welt ein irrlichterndes Vorhaben wird: Die private Aneignung dessen, was allen Menschen gehört, muss abgeschafft werden. Keine Begründung kann überzeugender sein als die Tatsache, dass sie alle auf diesem Planeten geboren wurden und damit schlicht durch ihre Existenz ein unbestreitbares Anrecht nicht nur auf ein rudimentäres Leben, sondern auf alles haben, was die Erde den Menschen bietet. Eine bedürfnisgerechte, für jeden Einzelnen gleichberechtigte Teilhabe an Grund und Boden und an seinen Reichtümern und an kollektiv produzierten Gütern war und ist der rote Faden, der alle Utopien, alle Visionen einer friedlichen Welt, verbindet. Er belebt den revolutionären Entwurf, der Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit zu seinem Motto gemacht hat, als dialektische Aufhebung der Enteignung von Produktions- oder Schaffensprozessen, der geschaffenen Produkte, der Beziehungen zu den Mitmenschen und zum eigenen Dasein – die Überwindung der Entfremdung, wie Marx sagt, der warenförmigen Besetzung des Alltags, wie es Henri Lefebvre formuliert, der Ablösung des Habens durch das – von der Warenform befreite - Sein, wie Erich Fromm sich ausdrückt.

Die Idee, Gerechtigkeit und friedliches Zusammenleben in einer demokratischen Staats- und Lebensform zu verankern, so lautet die zweite Antwort, ist faktisch gescheitert aber sie enthält eine lebendige Dialektik, die Hoffnungen auf eine friedliche Welt, ein gerechtes Leben, ein respektvolles Miteinander machen könnte. Werden die systemischen Widersprüche auf eine in ihnen schon angelegte Lösung hin zugespitzt, zeichnet sich eine Zukunftsvision am globalen Horizont ab, der Befreiungsimpulse innewohnen: Aus den Resten der sozialen Demokratie, die ihre Existenzberechtigung verloren hat, könnte ein demokratischer Sozialismus werden. Seine Basis wären horizontale, also gerechte, friedliche, geschwisterliche Beziehungen zwischen allen Menschen, von ihnen gemeinsam geformt, bedürfnisgerecht für jeden Einzelnen. Aktiv gestaltet würden sie nicht von Repräsentanten, die in erstarrten folkloristischen Ritualen gewählt worden sind, die de facto nur sich selbst repräsentieren, wie exemplarisch aus der hundertjährigen Geschichte der deutschen Republik zu lesen ist. Stattdessen könnten Räte als Vertreter von Gruppenmeinungen und -interessen gewählt werden, für die Politik kein Beruf, sondern ein Dienst im Auftrag ihrer Wähler sein würde, denen sie direkt verantwortlich und rechenschaftspflichtig wären und von denen sie abberufen werden könnten, wenn sie sich als ungeeignet erweisen. Ob diese reizvolle Vorstellung oder eine andere oder verschiedene Projekte nebeneinander ausprobiert werden - sozialistisch gewendet, hat die Demokratie eine Überlebenschance. (32) Von den Menschen, für die sie ein „Prinzip Hoffnung“ darstellt, wissen es nur noch zu wenige – aber die Zuversicht lebt, dass es mehr werden.

Kämpferische Impulse

Die Geschichte hat die Gegenwart eingeholt und zeigt, dass die Allgegenwärtigkeit des Krieges nur räumliche, keine zeitlichen Abstände kennt. Als Karl Kraus vor einhundert Jahren „Die letzten Tage der Menschheit“ kommen sah, hatte er das Grauen des ersten Weltkriegs vor Augen, das sinnlose Töten, das unsägliche Leiden – viel Hoffnung, aus diesem Fiasko im Interesse einiger profitierender mächtiger Herrschaften könnten Lehren für die Zukunft erwachsen, hatte er nicht. Als Stéphane Hessel vor zehn Jahren seinen Mitmenschen zurief, „Empört euch!“ über den blindwütigen Finanzkapitalismus, wehrt euch gegen seine Auswüchse, griffen Aktivisten in einigen Ländern seinen Zorn auf und gründeten Widerstandsbewegungen.

Kraus und Hessel entlarvten mit ihren zielsicher gesetzten verbalen Attacken viele monströse Facetten des gesellschaftlichen Geschehens und gaben Macht, Geld und Skrupellosigkeit hinter ihm Namen, aber sie gingen dem eigentlichen Übel, dem kapitalistischen Produktions- und Herrschaftssystem, nicht auf den Grund, sie legten den systemischen Kern eines Kriegs- und Ausbeutungsmusters nicht frei, das nicht erst seit 1914 oder seit 2022, sondern seit hunderten Jahren auf dem Globus wütet. Aber beide ließen keine Zweifel an der Quintessenz ihrer Überlegungen: Nur wenn viele Menschen sich gegen seine Protagonisten entschlossen empören und zur Wehr setzen, werden sie verhindern, dass wir alle tatsächlich beginnen können, die letzten Tage der Menschheit zu zählen. Ungebrochener Durchblick und unbeugsamer Widerstand werden nötig sein, so die Botschaften der beiden Kämpfer für eine friedliche Welt, um die Zukunft für die Spezies Mensch zu retten, vor einem andauernden Krieg gegen sie und gegen die Natur, der für das menschliche Leben auf ihm eine akute Bedrohung darstellt. (33) Sie zu hören ist dringlicher denn je.


Fußnoten:

1 Ein Überblick: https://archive.org/details/us-bombing-list

2 Des Kaisers neue Kleider und doch mehr: Etwa seit 1990 haben die Chicago-Boys unter Milton Friedman und Friedrich August von Hayek an der Chicagoer Universität ein ökonomisches Konzept entwickelt, das unter dem Motto „Freiheit und Wohlstand für alle“ die „Schock-Strategie“ – s. Fußnote 12 - begründete, mit der weltweit eine militärisch gestützte und politisch gerechtfertigte epochale Umverteilung des globalen Reichtums von unten nach oben durchgesetzt wurde. Sie hinterlässt nach wie vor eine Spur der Verwüstung von natürlichen Lebensgrundlagen und der Vernichtung von Menschenleben hinterlässt.

3 Zu dieser kriegerischen Logik gehören etwa Profitmaximierung, Ressourcensicherung, Marktbeherrschung.

4 Die wundervolle Schilderung von Lewis Mumford in „Mythos der Maschine“ mag die friedfertigen Phantasien beflügeln: "Wo immer der Wechsel der Jahreszeiten durch Feste und Zeremonien gefeiert wird; wo die Lebensstadien durch Familien- und Gemeinschaftsrituale unterstrichen werden; wo Essen, Trinken und sexuelles Spiel den Mittelpunkt des Lebens bilden; wo Arbeit, selbst Schwerarbeit, selten von Rhythmus, Gesang, menschlicher Kameradschaft und ästhetischem Genuss getrennt sind; wo vitale Aktivität ebenso als Lohn der Arbeit betrachtet wird wie das Produkt; wo weder Macht noch Profit Vorrang vor dem Leben haben; wo Familie, Nachbarn, Freunde alles Teile einer sichtbaren, fühlbaren, unmittelbaren Gemeinschaft sind; wo ein jeder, Mann oder Frau, Aufgaben erfüllen kann, für die auch jeder andere geeignet ist - überall dort bestehen noch wesentliche Elemente der neolithischen Kultur weiter" (1978, S. 187).

5 Occams’s Razor, Einzelheiten bei Wikipedia.

6 Rousseau, Jean-Jacques, Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité parmi les hommes (Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen), 1755. Noch eindringlichere, differenziertere und geradezu poetische Worte zu diesem Evolutions-Bruch finden sich beim Römer Ovid, dem der Europäer Rousseau seine Einsicht verdankt: Metamorphosen I, S. 125f, 135ff.

7 Übersehen werden sollte nicht, dass Zäune auch dem Schutz etwa vor wilden Tieren dienen können – was an ihrer primären Rolle und Aufgabe als Schutz des Eigentums vor den Übergriffen anderer Menschen, auf die Rousseau abhebt, nichts ändert.

8 Eine der poetischsten und zugleich realistischsten Schilderungen indianischer Kultur, des Widerstandes und der Ausrottung – hier der Sioux und ihres Häuptlings Sitting Bull – bis auf wenige Reste: Brown, Dee, Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses. Hamburg 1972.

9 Zwar lässt auch in den Ländern des Nordens und Westens – teilweise exzessive - systematische Ausbeutung den größten Teil der Menschen verarmen und viele verelenden, günstigenfalls karitativ sozial abgefedert, das Ausmaß täglicher Repression, Ausgrenzung und Verfolgung ist jedoch vergleichsweise gemäßigt, von existenzieller Rechtlosigkeit bleiben sie weitgehend verschont.

10 Nur ein kleines Beispiel, das beliebig zu ergänzen wäre: Die Irakkriege der USA und NATO haben einen unvorstellbaren Reichtum an Kunst und Kultur der Menschheit dem Erdboden gleich gemacht.

11 Adorno & Horkheimer haben in ihrem Buch Dialektik der Aufklärung (1946), das an Aktualität nichts verloren hat, gezeigt, dass die Aufklärung den Keim der Gegenaufklärung schon immer in sich trug.

12 Es bleibt erstaunlich, dass dieses Buch nicht längst zur „Bibel“ der Kapitalismuskritik geworden ist: Naomi Klein, Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus. Hamburg 2021.

13 Galeano, Eduardo, Die offenen Adern Lateinamerikas. Die Geschichte eines Kontinents. Wuppertal 1972.

14 Ein relativ vollständiger Überblick:
https://archive.org/details/us-bombing-list

15 Fukuyama, Francis, Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir? München 1992; in seinem neuen Buch, Der Liberalismus
und seine Feinde, bekräftigt er seine These dadurch, dass er den Liberalismus als Modell für die menschliche Zukunft reklamiert.

16 Kein demokratiefeindlicher Renegat, sondern der Sozialdemokrat Egon Bahr hat keinen Zweifel daran gelassen, dass, so sinngemäß, nicht Werte, sondern immer Interessen die Politik bestimmen.

17 Naomi Klein, Thomas Piketty, die “Chicago Boys” liefern die Fakten.

18 Es war ein fader Schein, der Bogen von der Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914 und zur Beendigung der Räterepublik mithilfe von Noske und Ebert bis zur Agenda 2010 und den verfassungsfxierten 100 Milliarden für Aufrüstung und Krieg ist nicht durchbrochen worden.

19 Von den unzähligen revolutionären Widerstandsbewegungen können hier nur einige genannt werden, ihre Zahl ist schwer übersehbar.

20 Noch einmal: Naomi Klein liefert in ihren Analysen der „Schock-Strategie“ zahlreiche Belege.

21 Die historischen Erzählungen über den realen Sozialismus sind vielfältig. Als jemand, der in der jungen DDR sozialistischen Enthusiasmus bei vielen Menschen erlebt hat, später in Westdeutschland mit Kommunistenhass und Verfolgung sozialistischer Ansätze konfrontiert wurde und die ungezählten offenen und latenten Interventionen mit dem Ziel, den sozialistischen Versuchen den Boden zu entziehen, zur Kenntnis nahm, weiß ich, das die realsozialistischen Ansätze systematisch unterwandert und sabotiert worden sind – auch wenn sie selbst mit massiven inneren Widersprüchen zu kämpfen hatten.

22 Die Ausstellung „Critical Care“ im Wiener Architekturzentrum im Jahre 2019 zeigte – aktuell als Wanderausstellung unterwegs - weltweite Projekte sozialistischer Widerstandsräume, Acosta et al. befassen sich in „Revolutionäre Alternativen“ (München 2018) mit solchen Projekten, die in der Friedensbewegung bzw. in der kapitalismuskritischen Diskussion zu wenig beachtet werden.

23 Es lohnt und ist für ein Verständnis der Nachkriegsgeschichte wichtig, den Schlussbericht des 3. Russel-Tribunal, das sich 1978 mit den Berufsverboten befasste, zur Kenntnis zu nehmen, weil ihr Ausmaß und ihre Folgen kaum bekannt sind. Die im Rotbuch-Verlag erschienen Dokumentation ist antiquarisch noch verfügbar. Willy Brandt hat den Radikalenerlass später bedauert, er habe keine Vorstellungen von den Folgen für viele Menschen gehabt – zu ihrer Rehabilitation und Entschädigung hat er nicht beigetragen.

24 Es gibt eine ARD-Doku, die auf arte und auf 3sat lief, „Jagd auf Verfassungsfeinde – der Radikalenerlass und seine Opfer“, die in der Mediathek abrufbar ist: Sie setzt diesen Terror gegen politisch unliebsame Menschen in Deutschland treffend und informativ in Ton und Bild.

25 Dahn, Daniela, Der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute. Die Einheit – eine Abrechnung. Reinbek 2019. Die Autorin spart keinen gesellschaftlichen Bereich und kein individuelles Schicksal aus. Der Schock-Strategie westdeutscher Politiker und ökonomischer Raubritter widerstand kaum ein Nagel in einer ostdeutschen Wand.

26 Die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) und die Online-Plattform „debatingeurope“ begründen diese Meinung in aller Ausführlichkeit.

27 Piketty, Thomas, Das Kapital im 21. Jahrhundert. München 2021. Auf mehr als tausend Buchseiten liefert der Autor empirische Belege. Der einzige Mangel seiner akribischen Analysen – und seiner weltweiten Mitstreiter – besteht darin, dass sie das Triviale an ihren Ergebnissen, die schon immer dienstbare Rolle der Vertreter demokratischer Institutionen und Machtverhältnisse für die Akkumulation von Reichtum für Wenige, also für die Umverteilung von unten nach oben, zu wenig als Systemeigenschaft herausarbeiten.

28 …aber beileibe nicht das einzige, ökonomische und andere gesellschaftliche Krisen und nicht zuletzt eine übermächtige Finanzoligarchie sind in ihrer faschistoiden Wirkung nicht zu vernachlässigen.

29 Günter Rexilius, Die Populismus-Falle. NRhZ, Nr. 630, 27.09.2017. Ders. (unter Pseudonym Autorenkollektiv K), Vom Faschismus redet, wer über Kapitalismus nicht schweigt (Déjà-vu 2017). NRhZ Nr. 643, 17.01.2018).

30 Gegenwärtig erleben wir ein diffuses Gemisch aus autoritärer, scheindemokratisch legitimierter Selbstermächtigung der politischen Entscheider, einem geradezu penetranten Werben um das Mitmachen der großen Mehrheit bei den längst entschiedenen bellizistischen Machenschaften und demonstrativer Gleichgültigkeit ihrer Gegenwehr und der Folgen für sie.

31 In den letzten Jahrzehnten ist die Taktik immer beliebter geworden, nachdenkliche und kritische Kommentare zu politischen und ökonomischen Entscheidungen als „Verschwörungstheorien“ zu diffamieren.

32 Was heißt das eigentlich, sozialistisch? Die Idee ist so einfach wie faszinierend, sie greift das kollektive Leben unserer eingangs beschrieben Urahnen genau auf wie die neolithischen Bilder gemeinsamen Arbeitens und Genießen und die Hoffnungen der Pariser Commune: Friedliches Zusammenleben, gerechte und würdevolle Lebensbedingungen für alle Menschen, Gemeineigentum als Grundlage des Wohlergehens aller, Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum für jeden Menschen. Man kann es auch mit Karl Marx sagen: „In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft ist nach der versklavenden Unterordnung des Individuums unter die Arbeitsteilung und damit auch der Gegensatz zwischen geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden; nachdem die Arbeit nicht nur ein Mittel des Lebens geworden ist, sondern das Hauptbedürfnis des Lebens; Nachdem auch die Produktivkräfte mit der umfassenden Entwicklung des Einzelnen zugenommen haben und alle Quellen des kooperativen Reichtums stärker fließen, kann nur dann der enge Horizont des bürgerlichen Rechts in seiner Gesamtheit überschritten und die Gesellschaft in seine Banner eingeschrieben werden : Von jedem nach seinen Fähigkeiten, zu jedem nach seinen Bedürfnissen!“ Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, S. 21.

33 Für eine umfassende Analyse der herrschenden Zustände wären vielleicht zehn umfangreiche Bände notwendig. Dieses Memorandum ist geprägt von dem Bemühen, ihre ideellen Hintergründe und praktischen Auswirkungen so kompakt darzustellen, dass sie, trotz sicherlich vieler Lücken, begreifbar werden.

Online-Flyer Nr. 806  vom 01.02.2023

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