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Globales
Lange Zeit sah es finster aus in der Welt. Doch jetzt wendet sich gerade vieles zum Guten
Lauter Gute Nachrichten!
Von Hermann Ploppa
Es gibt tatsächlich nicht viel zu lachen im täglichen Leben. Kriege stehen ins Haus. Umwelt- und Klimakatastrophen. Hinter jedem Baum lauert ein Verbrecher. Oder? So vernehmen wir es tagtäglich in den Mainstream-Medien. Und so vernehmen wir es genauso auch in den alternativen Medien. Oftmals wird das kommerzielle Interesse kaum verschleiert. Da heißt es zum Beispiel immer wieder: Ihr Geld ist bald nichts mehr wert! Wie können Sie ihr mühsam Erspartes retten? Geben Sie uns Ihr Geld. Wir wollen nur Ihr Bestes – nämlich Ihr Geld. Oder wenn ein bekannter Buchversand in seinem farbigen Hochglanzkatalog zuerst ein Buch anpreist, in dem es heißt: Deutschlands Straßen sind nicht mehr sicher. Dunkle Männer aus fremden Kontinenten vergewaltigen unsere Frauen! Daneben findet sich sodann das attraktive Angebot einer Selbstverteidigungswaffe, zum Beispiel Pfefferspray für die Damentasche. Das Prinzip der künstlich aufgeblasenen Gefahrenpotentiale in Verbindung mit lukrativen Anschlussgeschäften macht Schule. Angst verkauft sich verdummbeutelt gut.
Aber nicht nur das. Wir alle sind süchtig nach Horrornachrichten. Ich nehme mich da selber nicht aus. Aber ich wache immer mal wieder auf aus diesem Horrortrip und frage mich: habe ich noch alle Tassen im Schrank? Jetzt aber mal raus in die Natur und Blumenduft schnuppern. Unsere so genannten sozialen Medien sind tatsächlich in dieser Art programmiert: wenn wir Horrornachrichten konsumieren, dann versorgen uns die sozialen Medien automatisch mit noch mehr Horrornachrichten. Ich habe schon einige Portale auf Telegram gerade wieder rausgeschmissen. Diese asozialen Medien nutzen unsere Ängste und Sorgen eiskalt aus, um mit Horrornachrichten hohe Klickzahlen zu generieren. Die Zusammenballung von Horror auf unseren Handys hat technische und kommerzielle Ursachen. Bedrohung erregt naturgemäß mehr Aufmerksamkeit als die Anzeichen zur Entwarnung. Die Wissenschaft hat dafür bereits den Begriff „Doomscrolling“ in Umlauf gebracht <1>. Und die Mächtigen in diesem unseren Lande machen sich den Horror als vortreffliches Herrschaftsinstrument zu eigen. Aber eben auch all jene Medien, in denen auch ich schreibe. Aber sich im Horror zu baden und die Mächtigen anbellen bringt leider irgendwann gar nichts mehr. Wen will man denn auf diese Weise noch zum konstruktiven Handeln bringen? Ist das Gefühl von Ohnmacht denn so beflügelnd? Diese angstgetriebene Duldungsstarre nützt nur jenen Elementen, die sich mit unserer Angst dumm und dämlich verdienen.
Der Hammer ist: während wir noch politisch impotent den Mond anbellen, tut sich auf diesem Erdenrund gerade dermaßen viel Positives und Ermutigendes, dass man es nicht verschweigen soll. Wer wirklich etwas zum Positiven verändern will, sollte aufhören, immer nur das Negative zu sehen. Klingt banal, ist es aber nicht. Wir hier in Mitteleuropa sollten da nichts verpassen.
Frieden im Mittleren Osten!
Am 10. März dieses Jahres wurde die Welt mit einem diplomatischen Paukenschlag geweckt. In der chinesischen Hauptstadt Beijing schlossen die Außenminister des Iran und Saudi-Arabiens per Handschlag einen Vertrag <2>. Die beiden Länder, die sich lange Zeit spinnefeind waren und jederzeit bereit waren zum Waffengang, wollen jetzt nicht nur ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufbauen <3>. Sie wollen in der Wirtschaft und in Sicherheitsfragen in Zukunft eng zusammenarbeiten. Vermittelt hatte diesen sensationellen Friedensschluss die Regierung der Volksrepublik China. Natürlich geschieht das seitens Chinas nicht ganz uneigennützig. Die Chinesen wissen ganz genau, dass ihre eigene Exportwirtschaft so schnell wächst, dass rechtzeitig neue Märkte für chinesische Exporte geschaffen werden müssen. Seit 2015 wird nun das neue Handelsnetz der Seidenstraße immer feinmaschiger und erstreckt sich in letzter Konsequenz von Shanghai bis nach Duisburg. Und China hat Geld in rauen Massen zur Verfügung. So ist es den Chinesen offensichtlich gelungen, dem Iran und Saudi-Arabien eine Zukunftsvision einer großen friedlichen Wirtschaftszone schmackhaft zu machen. Eine „Win-Win-Situation“ sozusagen. Damit ist jetzt die Volksrepublik China der große Landschaftsarchitekt im Mittleren Osten geworden.
Das war nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Denn das Königtum Saudi-Arabien ist im Prinzip eine Kreation der amerikanischen und englischen Geheimdienste. Die suchten in den 1920er Jahren nach einer „Ordnungsmacht“ auf der Arabischen Halbinsel, die ihnen bei der Ausbeutung des Öls vor Ort als Komplize zur Seite steht <4>. So wurde die Saud-Dynastie auserwählt als zukünftiger Herrscher. Und mit ihnen kam die wahhabitische Konfession zur Macht über die arabische Halbinsel. Die Iraner auf der anderen Seite sind keine Araber. Sie verstehen sich als Arier. Sie haben die Araber ihr Überlegenheitsgefühl immer wieder spüren lassen. Zudem gehören die meisten Iraner der islamischen Konfession der Shia an. Als der von den USA installierte Schah von Persien von schiitischen Geistlichen gestürzt wurde, beauftragte die US-Regierung den damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein damit, die iranisch-schiitische Revolution militärisch zu vernichten. Was kläglich misslang. Als die iranischen Truppen weit in irakisches Gebiet eingedrungen waren, bekamen es die wahhabitischen Saudis mit der Angst zu tun. Sie hatten damals, Anfang der 1980er Jahre, kaum nennenswerte eigene militärische Potentiale und wären eine leichte Beute der Iraner geworden. Doch da kam der amerikanische CIA-Chef nach Riad und bot militärische Hilfe gegen die Iraner an. Im Gegenzug sollten die Saudis ihr Öl auf dem Weltmarkt zu Dumpingpreisen verkaufen, um auf diese Weise den Ölexporteur Sowjetunion platt zu machen <5>. Was auch gelang, wie wir wissen. Seit jenen Jahren bildete Saudi-Arabien eine geheime strategische Allianz mit Israel – gegen den Iran.
Nun hat sich aber einiges grundlegend verändert. Zum Einen sind die USA durch ihre Fracking-Industrie kaum noch abhängig von Ölimporten aus dem Mittleren Osten <6>. Saudi-Arabien musste sich notgedrungen nach anderen Abnehmern umsehen. Und so begab es sich denn, dass Saudi-Arabien einen Öl-Liefervertrag für die Dauer von fünfzig Jahren mit der Volksrepublik China abschloss. Und das Sahnehäubchen ist dabei noch, dass diese Lieferungen in der chinesischen Landeswährung Renminbi abgewickelt werden. Das tut den Amerikanern weh. Denn die drucken andauernd Dollars, für die es keinerlei Deckung in der realen Welt gibt. Eine gewisse Erdung erhielt der Dollar nur noch dadurch, dass Ölgeschäfte bislang grundsätzlich in Dollars abgeschlossen wurden. Das ist jetzt vorbei. Und das ist auch eine vollkommen ungenierte Backpfeife für die arrogante US-Regierung. Denn im Präsidentschaftswahlkampf sagte Kandidat Joe Biden, wenn er an die Regierung käme, würde er Saudi-Arabien als das behandeln was es schon immer sei: ein „Paria-Staat“ <7>. Okay, sagt sich Prinz Salman von Saudi-Arabien. So machen wir das. Als Opa Biden in der saudischen Hauptstadt angetüffelt kam, bekam er statt eines Handschlags einen „Fist-Bump“, also den Ersatz für den Handschlag in Corona-Zeiten. Und Sleepy Joe erhielt von den Saudis nichts als leere Worthülsen. Naja, Prinz Salman und seine prinzlichen Berater sind natürlich auch keine Waisenknaben. Der saudische Top-Journalist Jamal Ahmad Khashoggi wurde im Jahre 2018 vermutlich in der saudischen Botschaft in Istanbul ermordet. Solche Praktiken sind den US-Amerikanern sicher nicht ganz unvertraut. Sie haben ja auch immer weggeschaut, wenn in Riad wieder ein Delinquent auf dem Marktplatz geköpft wurde. Aber Khashoggi war eben mit US-amerikanischen Netzwerken eng verbandelt. Deshalb machten die Amerikaner hier eine Ausnahme und regten sich künstlich auf, bis hin zu der unsäglich arroganten und dummen Bemerkung über Saudi-Arabien als „Paria-Staat“. Saudi-Arabien ist allerdings in letzter Zeit komplexer geworden. Prinz Salman hat die Zeichen der Zeit erkannt und bemüht sich um Modernisierung und Effizienz. Ich würde sein Herrschaftssystem vergleichen mit der Zeit des aufgeklärten Absolutismus in Europa.
Jedenfalls haben die Saudis keine Lust mehr, sich von der westlichen Wertegemeinschaft belehren und bevormunden zu lassen. Die Saudis konkurrieren heute nicht mehr gegen die Russen. Vielmehr sprechen sie sich ab, wenn sie Fördermengen ihres Öls festlegen. Und dann freuen sich die neuen Freunde Putin und Salman wie nach einem gelungenen Aufschlag beim Beach Volley Ball <8>. Man kann getrost sagen, dass die USA, einstmals als unberechenbare Straßenschläger im Mittleren Osten gefürchtet, in dieser Region rein gar nichts mehr zu melden haben. Und das beliebte cäsarische Prinzip des Teile-und-Herrsche funktioniert nicht mehr. Die Blockbildung mit Saudi-Arabien, Israel, Vereinigten Arabischen Emiraten auf der einen Seite, und auf der anderen Seite Iran, Türkei und Katar, wird jetzt aufgelöst. Und damit finden auch die Stellvertreterkriege ein Ende. Denn:
Der Krieg im Jemen ist vorbei!
Mit der Versöhnung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran werden eine Reihe von Koalitionen mal eben hinfällig. Die USA hatten tüchtig daran gearbeitet, dauerhaft eine Konfrontation zwischen Sunniten und Schiiten zu schmieden. Im Jemen, das strategisch bedeutend am südlichen Ende des Roten Meeres liegt, tobte ein Bürgerkrieg auf Sparflamme zwischen schiitischen und sunnitischen Milizen. Die USA wollten aber nicht, dass der Jemen von Schiiten regiert wird. Also wurde ab 2015 eine internationale Koalition gegen die schiitischen Huthi-Rebellen geschmiedet. Im Hintergrund als Antreiber, Geldgeber und Rüstungslieferanten agierten die USA, Frankreich und Großbritannien. Die Schmutzarbeit vor Ort besorgten Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und etliche weitere sunnitische Staaten. Mit Bombenangriffen und schwerer Artillerie wurde der Bürgerkrieg in einen massiven Stellvertreterkrieg hochgepusht. Das Leiden der Zivilbevölkerung nahm unvorstellbare Größenordnungen an. Versorgungswege wurden gekappt. Geldströme der staatlichen Stellen im Jemen gesperrt. Zwei Drittel der Jemeniten waren zuletzt vom Hungertod unmittelbar bedroht.
Doch den chinesischen Diplomaten ist es jetzt gelungen, die saudischen Prinzen davon zu überzeugen, den Krieg sofort zu beenden <9>. Die Saudis unterhielten eine jemenitische Marionettenregierung, die ihr Dasein schon die ganze Zeit nur in saudischen Luxushotels herumlungerte. Die hat Salman jetzt buchstäblich in die Wüste geschickt. Alle Blockaden sind beendet. Lebensmittel gelangen endlich wieder an die Menschen im Land. Gelder für Behördenmitarbeiter werden wieder ausgezahlt. Gefangene werden unter Aufsicht der UNO ausgetauscht. Hier sind in allerkürzester Zeit Fakten geschaffen worden <10>.
Und auch der schmutzige Krieg gegen Syrien geht so langsam zu Ende. Schon sind erste vorsichtige Kontakte zwischen der saudischen und der syrischen Regierung angebahnt worden. Unter russischer und chinesischer Vermittlung könnte ein Friedensschluss bald Wirklichkeit werden. Es zeichnet sich eine neue Weltordnung ab. In dieser Weltordnung wird nicht mehr eine Weltmacht alleine nach Gutdünken schalten und walten. Stattdessen werden sich eine Reihe mittelgroßer Mächte miteinander arrangieren, so wie ich es in meiner letzten Tagesdosis skizziert habe <11>. Keine Macht ist im Augenblick stark genug, um sich über den Willen der anderen Mächte hinwegsetzen zu können. Willkommen in einer Neuauflage der so genannten Westfälischen Ordnung! Diese war nach dem Dreißigjährigen Krieg vereinbart worden und galt als Garant für das Ausbleiben richtig vernichtender großer Kriege.
Natürlich schweigt sich unsere Mainstreampresse über diesen fundamentalen Wandel vollständig aus. Aber auch in den alternativen Medien scheint man weiterhin mehrheitlich auf Doomscrolling als Geschäftsmodell zu setzen. Es wäre natürlich idiotisch zu leugnen, wie viel Schreckliches es auf der Welt gibt. Aber wer sich nicht bemüht, die zarten Pflanzen in der Trümmerlandschaft zu sehen, der will es wohl nicht besser haben. Alle Leute, die keine Horror-Junkies sind, können jetzt aufatmen und sich am großen Wandel auf dieser Welt beteiligen.
Fußnoten:
<1> https://www.galileo.tv/life/doomscrolling-schlechte-nachrichten-bad-news-social-media-accounts/
<2> https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/den-westen-duepiert-china-gelingt-allianz-zwischen-iran-und-saudi-arabien-li.326836
<3> https://www.tagesschau.de/ausland/asien/saudi-arabien-iran-121.html
<4> John Loftus/Mark Aarons: The Secret War against Jews – How Western Espionage betrayed the Jewish People. New York 1997.
<5> Hermann Ploppa: Der Griff nach Eurasien – Die Hintergründe des ewigen Krieges gegen Russland. Marburg 2019.
<6> https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2018/entwicklungen-in-der-us-energiepolitik-von-der-neuen-unabhaengigkeit-der-usa-und
<7> https://www.youtube.com/watch?v=xj69hcP85W4
<8> https://www.youtube.com/watch?v=vrw4DJJ2Qb0
<9> https://theintercept.com/2023/04/07/yemen-war-ceasefire-china-saudi-arabia-iran/
<10> https://press.un.org/en/2023/sc15258.doc.htm
<11> https://apolut.net/zeitenwende-wessen-zeitenwende-von-hermann-ploppa/
Erstveröffentlichung am 22. April 2023 bei apolut
Online-Flyer Nr. 810 vom 26.04.2023
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Lange Zeit sah es finster aus in der Welt. Doch jetzt wendet sich gerade vieles zum Guten
Lauter Gute Nachrichten!
Von Hermann Ploppa
Es gibt tatsächlich nicht viel zu lachen im täglichen Leben. Kriege stehen ins Haus. Umwelt- und Klimakatastrophen. Hinter jedem Baum lauert ein Verbrecher. Oder? So vernehmen wir es tagtäglich in den Mainstream-Medien. Und so vernehmen wir es genauso auch in den alternativen Medien. Oftmals wird das kommerzielle Interesse kaum verschleiert. Da heißt es zum Beispiel immer wieder: Ihr Geld ist bald nichts mehr wert! Wie können Sie ihr mühsam Erspartes retten? Geben Sie uns Ihr Geld. Wir wollen nur Ihr Bestes – nämlich Ihr Geld. Oder wenn ein bekannter Buchversand in seinem farbigen Hochglanzkatalog zuerst ein Buch anpreist, in dem es heißt: Deutschlands Straßen sind nicht mehr sicher. Dunkle Männer aus fremden Kontinenten vergewaltigen unsere Frauen! Daneben findet sich sodann das attraktive Angebot einer Selbstverteidigungswaffe, zum Beispiel Pfefferspray für die Damentasche. Das Prinzip der künstlich aufgeblasenen Gefahrenpotentiale in Verbindung mit lukrativen Anschlussgeschäften macht Schule. Angst verkauft sich verdummbeutelt gut.
Aber nicht nur das. Wir alle sind süchtig nach Horrornachrichten. Ich nehme mich da selber nicht aus. Aber ich wache immer mal wieder auf aus diesem Horrortrip und frage mich: habe ich noch alle Tassen im Schrank? Jetzt aber mal raus in die Natur und Blumenduft schnuppern. Unsere so genannten sozialen Medien sind tatsächlich in dieser Art programmiert: wenn wir Horrornachrichten konsumieren, dann versorgen uns die sozialen Medien automatisch mit noch mehr Horrornachrichten. Ich habe schon einige Portale auf Telegram gerade wieder rausgeschmissen. Diese asozialen Medien nutzen unsere Ängste und Sorgen eiskalt aus, um mit Horrornachrichten hohe Klickzahlen zu generieren. Die Zusammenballung von Horror auf unseren Handys hat technische und kommerzielle Ursachen. Bedrohung erregt naturgemäß mehr Aufmerksamkeit als die Anzeichen zur Entwarnung. Die Wissenschaft hat dafür bereits den Begriff „Doomscrolling“ in Umlauf gebracht <1>. Und die Mächtigen in diesem unseren Lande machen sich den Horror als vortreffliches Herrschaftsinstrument zu eigen. Aber eben auch all jene Medien, in denen auch ich schreibe. Aber sich im Horror zu baden und die Mächtigen anbellen bringt leider irgendwann gar nichts mehr. Wen will man denn auf diese Weise noch zum konstruktiven Handeln bringen? Ist das Gefühl von Ohnmacht denn so beflügelnd? Diese angstgetriebene Duldungsstarre nützt nur jenen Elementen, die sich mit unserer Angst dumm und dämlich verdienen.
Der Hammer ist: während wir noch politisch impotent den Mond anbellen, tut sich auf diesem Erdenrund gerade dermaßen viel Positives und Ermutigendes, dass man es nicht verschweigen soll. Wer wirklich etwas zum Positiven verändern will, sollte aufhören, immer nur das Negative zu sehen. Klingt banal, ist es aber nicht. Wir hier in Mitteleuropa sollten da nichts verpassen.
Frieden im Mittleren Osten!
Am 10. März dieses Jahres wurde die Welt mit einem diplomatischen Paukenschlag geweckt. In der chinesischen Hauptstadt Beijing schlossen die Außenminister des Iran und Saudi-Arabiens per Handschlag einen Vertrag <2>. Die beiden Länder, die sich lange Zeit spinnefeind waren und jederzeit bereit waren zum Waffengang, wollen jetzt nicht nur ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufbauen <3>. Sie wollen in der Wirtschaft und in Sicherheitsfragen in Zukunft eng zusammenarbeiten. Vermittelt hatte diesen sensationellen Friedensschluss die Regierung der Volksrepublik China. Natürlich geschieht das seitens Chinas nicht ganz uneigennützig. Die Chinesen wissen ganz genau, dass ihre eigene Exportwirtschaft so schnell wächst, dass rechtzeitig neue Märkte für chinesische Exporte geschaffen werden müssen. Seit 2015 wird nun das neue Handelsnetz der Seidenstraße immer feinmaschiger und erstreckt sich in letzter Konsequenz von Shanghai bis nach Duisburg. Und China hat Geld in rauen Massen zur Verfügung. So ist es den Chinesen offensichtlich gelungen, dem Iran und Saudi-Arabien eine Zukunftsvision einer großen friedlichen Wirtschaftszone schmackhaft zu machen. Eine „Win-Win-Situation“ sozusagen. Damit ist jetzt die Volksrepublik China der große Landschaftsarchitekt im Mittleren Osten geworden.
Das war nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Denn das Königtum Saudi-Arabien ist im Prinzip eine Kreation der amerikanischen und englischen Geheimdienste. Die suchten in den 1920er Jahren nach einer „Ordnungsmacht“ auf der Arabischen Halbinsel, die ihnen bei der Ausbeutung des Öls vor Ort als Komplize zur Seite steht <4>. So wurde die Saud-Dynastie auserwählt als zukünftiger Herrscher. Und mit ihnen kam die wahhabitische Konfession zur Macht über die arabische Halbinsel. Die Iraner auf der anderen Seite sind keine Araber. Sie verstehen sich als Arier. Sie haben die Araber ihr Überlegenheitsgefühl immer wieder spüren lassen. Zudem gehören die meisten Iraner der islamischen Konfession der Shia an. Als der von den USA installierte Schah von Persien von schiitischen Geistlichen gestürzt wurde, beauftragte die US-Regierung den damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein damit, die iranisch-schiitische Revolution militärisch zu vernichten. Was kläglich misslang. Als die iranischen Truppen weit in irakisches Gebiet eingedrungen waren, bekamen es die wahhabitischen Saudis mit der Angst zu tun. Sie hatten damals, Anfang der 1980er Jahre, kaum nennenswerte eigene militärische Potentiale und wären eine leichte Beute der Iraner geworden. Doch da kam der amerikanische CIA-Chef nach Riad und bot militärische Hilfe gegen die Iraner an. Im Gegenzug sollten die Saudis ihr Öl auf dem Weltmarkt zu Dumpingpreisen verkaufen, um auf diese Weise den Ölexporteur Sowjetunion platt zu machen <5>. Was auch gelang, wie wir wissen. Seit jenen Jahren bildete Saudi-Arabien eine geheime strategische Allianz mit Israel – gegen den Iran.
Nun hat sich aber einiges grundlegend verändert. Zum Einen sind die USA durch ihre Fracking-Industrie kaum noch abhängig von Ölimporten aus dem Mittleren Osten <6>. Saudi-Arabien musste sich notgedrungen nach anderen Abnehmern umsehen. Und so begab es sich denn, dass Saudi-Arabien einen Öl-Liefervertrag für die Dauer von fünfzig Jahren mit der Volksrepublik China abschloss. Und das Sahnehäubchen ist dabei noch, dass diese Lieferungen in der chinesischen Landeswährung Renminbi abgewickelt werden. Das tut den Amerikanern weh. Denn die drucken andauernd Dollars, für die es keinerlei Deckung in der realen Welt gibt. Eine gewisse Erdung erhielt der Dollar nur noch dadurch, dass Ölgeschäfte bislang grundsätzlich in Dollars abgeschlossen wurden. Das ist jetzt vorbei. Und das ist auch eine vollkommen ungenierte Backpfeife für die arrogante US-Regierung. Denn im Präsidentschaftswahlkampf sagte Kandidat Joe Biden, wenn er an die Regierung käme, würde er Saudi-Arabien als das behandeln was es schon immer sei: ein „Paria-Staat“ <7>. Okay, sagt sich Prinz Salman von Saudi-Arabien. So machen wir das. Als Opa Biden in der saudischen Hauptstadt angetüffelt kam, bekam er statt eines Handschlags einen „Fist-Bump“, also den Ersatz für den Handschlag in Corona-Zeiten. Und Sleepy Joe erhielt von den Saudis nichts als leere Worthülsen. Naja, Prinz Salman und seine prinzlichen Berater sind natürlich auch keine Waisenknaben. Der saudische Top-Journalist Jamal Ahmad Khashoggi wurde im Jahre 2018 vermutlich in der saudischen Botschaft in Istanbul ermordet. Solche Praktiken sind den US-Amerikanern sicher nicht ganz unvertraut. Sie haben ja auch immer weggeschaut, wenn in Riad wieder ein Delinquent auf dem Marktplatz geköpft wurde. Aber Khashoggi war eben mit US-amerikanischen Netzwerken eng verbandelt. Deshalb machten die Amerikaner hier eine Ausnahme und regten sich künstlich auf, bis hin zu der unsäglich arroganten und dummen Bemerkung über Saudi-Arabien als „Paria-Staat“. Saudi-Arabien ist allerdings in letzter Zeit komplexer geworden. Prinz Salman hat die Zeichen der Zeit erkannt und bemüht sich um Modernisierung und Effizienz. Ich würde sein Herrschaftssystem vergleichen mit der Zeit des aufgeklärten Absolutismus in Europa.
Jedenfalls haben die Saudis keine Lust mehr, sich von der westlichen Wertegemeinschaft belehren und bevormunden zu lassen. Die Saudis konkurrieren heute nicht mehr gegen die Russen. Vielmehr sprechen sie sich ab, wenn sie Fördermengen ihres Öls festlegen. Und dann freuen sich die neuen Freunde Putin und Salman wie nach einem gelungenen Aufschlag beim Beach Volley Ball <8>. Man kann getrost sagen, dass die USA, einstmals als unberechenbare Straßenschläger im Mittleren Osten gefürchtet, in dieser Region rein gar nichts mehr zu melden haben. Und das beliebte cäsarische Prinzip des Teile-und-Herrsche funktioniert nicht mehr. Die Blockbildung mit Saudi-Arabien, Israel, Vereinigten Arabischen Emiraten auf der einen Seite, und auf der anderen Seite Iran, Türkei und Katar, wird jetzt aufgelöst. Und damit finden auch die Stellvertreterkriege ein Ende. Denn:
Der Krieg im Jemen ist vorbei!
Mit der Versöhnung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran werden eine Reihe von Koalitionen mal eben hinfällig. Die USA hatten tüchtig daran gearbeitet, dauerhaft eine Konfrontation zwischen Sunniten und Schiiten zu schmieden. Im Jemen, das strategisch bedeutend am südlichen Ende des Roten Meeres liegt, tobte ein Bürgerkrieg auf Sparflamme zwischen schiitischen und sunnitischen Milizen. Die USA wollten aber nicht, dass der Jemen von Schiiten regiert wird. Also wurde ab 2015 eine internationale Koalition gegen die schiitischen Huthi-Rebellen geschmiedet. Im Hintergrund als Antreiber, Geldgeber und Rüstungslieferanten agierten die USA, Frankreich und Großbritannien. Die Schmutzarbeit vor Ort besorgten Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und etliche weitere sunnitische Staaten. Mit Bombenangriffen und schwerer Artillerie wurde der Bürgerkrieg in einen massiven Stellvertreterkrieg hochgepusht. Das Leiden der Zivilbevölkerung nahm unvorstellbare Größenordnungen an. Versorgungswege wurden gekappt. Geldströme der staatlichen Stellen im Jemen gesperrt. Zwei Drittel der Jemeniten waren zuletzt vom Hungertod unmittelbar bedroht.
Doch den chinesischen Diplomaten ist es jetzt gelungen, die saudischen Prinzen davon zu überzeugen, den Krieg sofort zu beenden <9>. Die Saudis unterhielten eine jemenitische Marionettenregierung, die ihr Dasein schon die ganze Zeit nur in saudischen Luxushotels herumlungerte. Die hat Salman jetzt buchstäblich in die Wüste geschickt. Alle Blockaden sind beendet. Lebensmittel gelangen endlich wieder an die Menschen im Land. Gelder für Behördenmitarbeiter werden wieder ausgezahlt. Gefangene werden unter Aufsicht der UNO ausgetauscht. Hier sind in allerkürzester Zeit Fakten geschaffen worden <10>.
Und auch der schmutzige Krieg gegen Syrien geht so langsam zu Ende. Schon sind erste vorsichtige Kontakte zwischen der saudischen und der syrischen Regierung angebahnt worden. Unter russischer und chinesischer Vermittlung könnte ein Friedensschluss bald Wirklichkeit werden. Es zeichnet sich eine neue Weltordnung ab. In dieser Weltordnung wird nicht mehr eine Weltmacht alleine nach Gutdünken schalten und walten. Stattdessen werden sich eine Reihe mittelgroßer Mächte miteinander arrangieren, so wie ich es in meiner letzten Tagesdosis skizziert habe <11>. Keine Macht ist im Augenblick stark genug, um sich über den Willen der anderen Mächte hinwegsetzen zu können. Willkommen in einer Neuauflage der so genannten Westfälischen Ordnung! Diese war nach dem Dreißigjährigen Krieg vereinbart worden und galt als Garant für das Ausbleiben richtig vernichtender großer Kriege.
Natürlich schweigt sich unsere Mainstreampresse über diesen fundamentalen Wandel vollständig aus. Aber auch in den alternativen Medien scheint man weiterhin mehrheitlich auf Doomscrolling als Geschäftsmodell zu setzen. Es wäre natürlich idiotisch zu leugnen, wie viel Schreckliches es auf der Welt gibt. Aber wer sich nicht bemüht, die zarten Pflanzen in der Trümmerlandschaft zu sehen, der will es wohl nicht besser haben. Alle Leute, die keine Horror-Junkies sind, können jetzt aufatmen und sich am großen Wandel auf dieser Welt beteiligen.
Fußnoten:
<1> https://www.galileo.tv/life/doomscrolling-schlechte-nachrichten-bad-news-social-media-accounts/
<2> https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/den-westen-duepiert-china-gelingt-allianz-zwischen-iran-und-saudi-arabien-li.326836
<3> https://www.tagesschau.de/ausland/asien/saudi-arabien-iran-121.html
<4> John Loftus/Mark Aarons: The Secret War against Jews – How Western Espionage betrayed the Jewish People. New York 1997.
<5> Hermann Ploppa: Der Griff nach Eurasien – Die Hintergründe des ewigen Krieges gegen Russland. Marburg 2019.
<6> https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2018/entwicklungen-in-der-us-energiepolitik-von-der-neuen-unabhaengigkeit-der-usa-und
<7> https://www.youtube.com/watch?v=xj69hcP85W4
<8> https://www.youtube.com/watch?v=vrw4DJJ2Qb0
<9> https://theintercept.com/2023/04/07/yemen-war-ceasefire-china-saudi-arabia-iran/
<10> https://press.un.org/en/2023/sc15258.doc.htm
<11> https://apolut.net/zeitenwende-wessen-zeitenwende-von-hermann-ploppa/
Erstveröffentlichung am 22. April 2023 bei apolut
Online-Flyer Nr. 810 vom 26.04.2023
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