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Aktueller Online-Flyer vom 22. November 2024  

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Globales
Die Vereinigung Schweiz Cuba feierte 50jähriges Bestehen
Die Blockade gegen Kuba muss weg!
Natalie Benelli – interviewt von Peter Betscher

Am 12.08.2023 feierte die Vereinigung Schweiz-Cuba (VSC) in der Rothus-Halle in Solothurn ihr 50jähriges Bestehen mit Buchpräsentationen, Vorträgen, Filmvorführung, Diskussionen und einer Noche Cubana mit der Musikgruppe RAKACHAN. Peter Betscher hat ein Interview mit der Sozialwissenschaftlerin und Vertreterin der Vereinigung Schweiz-Cuba Dr. Natalie Benelli geführt. Sie betont: "Zuerst muss immer wieder laut gesagt werden, dass die Blockade tötet: Menschen in Kuba sterben, weil Spitäler und Kliniken keinen Zugang zu grundlegenden chirurgischen Geräten haben."


Podiumsdiskussion Medien- und Wirtschaftskrieg gegen Kuba - von links nach rechts: Dania Diaz, Tobias Kriele, Jorge Jerez Belisario, Margareta Stroot (Moderatorin), Guy Mettan, Dr. Natalie Benelli (Foto: Sami Wanitsch)


Dr. Natalie Benelli (Foto: Kubanische Botschaft in der Schweiz)


Eine andere Welt ist möglich. Vielen Dank, Kuba, für dein Beispiel (Foto: Peter Betscher)


Angelika Becker, Netzwerk Cuba und Petra Wegener, Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. (Foto: Peter Betscher)


Podiumsdiskussion Medien- und Wirtschaftskrieg gegen Kuba - von links nach rechts: Dania Diaz, Tobias Kriele, Jorge Jerez Belisario, Margareta Stroot (Moderatorin), Guy Mettan, Dr. Natalie Benelli (Foto: Peter Betscher)


Die Vereinigung Schweiz-Cuba (VSC) feierte am 12. August 2023 in Solothurn das 50jährige Bestehen. Kannst Du kurz einige wichtige Solidaritätsaktionen aus diesem langen Zeitraum aufzählen und beschreiben?

Ich beginne mit einem kurzen historischen Überblick. Am 1. Januar 1959 triumphierte Kubas revolutionäre Bewegung über die US-gestützte Diktatur von Fulgencio Battista. Damit begann für die Kubanerinnen und Kubaner die Hoffnung auf ein würdiges Leben für alle. Bis 1959 kontrollierten US-Konzerne den Grossteil der Infrastruktur und der Wirtschaft der Insel, deren Ressourcen und Arbeitskräfte sie ausbeuteten. Armut und Analphabetismus waren weit verbreitet und besonders auf dem Land fehlten Schulen und Gesundheitsversorgung. Mit dem Triumph der Revolution wurde das Land an die Bauern und ihre Familien verteilt, Schulen gebaut und der Analphabetismus mittels einer groß angelegten Alphabetisierungskampagne innert kürzester Zeit beendet. Im ganzen Land wurden Spitäler und Gesundheitszentren gebaut, die medizinische Behandlung ist bis heute für die Bevölkerung kostenlos. Kubas nationale Unabhängigkeit und Selbstbestimmung wurden von den sich aufeinander folgenden US-Regierungen vom ersten Tag an als Bedrohung ihrer Hegemonieansprüche betrachtet und massiv bekämpft. Nach dem Scheitern des Angriffs durch Exilkubaner und US-Söldner in der Schweinebucht im Jahr 1961 verhängte die US-Regierung gegen Kuba die bis heute längste Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die je gegen ein Land erhoben wurde. Dazu kamen zahlreiche Terroranschläge gegen kubanische Einrichtungen, mehr als 638 geplante und versuchte Attentate auf Fidel Castro sowie eine massive von den US-Behörden und anderen westlichen Regierungen finanzierte Medienpropaganda.

Der andauernde Krieg gegen das sozialistische Kuba bildet den Hintergrund unserer fünfzigjährigen Solidaritätsarbeit. Von 2001 bis 2014 war der Kampf für die Befreiung von "Los Cinco" zentral. 1998 übergab die kubanische Regierung einer offiziellen Delegation des FBI in Havanna Beweise über von den USA aus gegen Kuba geplante Terrorakte. Statt gegen die Autoren der geplanten Anschläge vorzugehen, verhafteten die US-Behörden fünf Kubaner, die Informationen über die geplanten Terrorakte zusammengetragen hatten. 2001 informierte die VSC zum ersten Mal unter dem Titel "Freiheit für die politischen Gefangenen! - Weltweite Kampagne zur Freilassung der in den USA inhaftierten 5 Kubanern" über Los Cinco. Bis zur Befreiung aller Fünf am 17. Dezember 2014 organisierte die VSC zahlreiche Konferenzen und Kundgebungen zum Thema. Seither nehmen wir das Datum des 17. jeden Monat zum Anlass, um öffentlich das sofortige Ende der illegalen und kriminellen US-Blockade gegen Kuba und ihre extraterritoriale Anwendung in der Schweiz zu fordern. Eng damit verbunden ist die Aufklärung der Bevölkerung über die Realität der Blockade und ihre negativen Auswirkungen auf die Lebensrealität der kubanischen Bevölkerung.

Ihr habt Grußbotschaften aus den unterschiedlichsten Ländern erhalten und einige Botschafts- und Organisationsvertreter waren persönlich anwesend. Wer zählte alles zu Euren Gratulanten?


Die Vorsitzenden der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, des Netzwerks Cuba Deutschland und der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft reisten nach Solothurn, um ihre Glückwünsche persönlich zu überbringen. Aus der Schweiz überbrachten der Co-Präsident der Partei der Arbeit und der Präsident des Schweizerischen Korea-Komitees Glückwünsche. Die offiziellen Vertretungen der Volksrepublik China, der Demokratischen Volksrepublik Korea und der Bolivarischen Republik Venezuela in der Schweiz entsandten Delegationen. Diese Länder unterhalten enge freundschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen zu Kuba. Sie gehören zu den Ländern, die von den USA mit völkerrechtswidrigen einseitigen Zwangsmassnahmen belegt werden. Zudem waren natürlich die kubanische Botschafterin in der Schweiz, Ihre Exzellenz Mayra Ruiz, mit einer Delegation sowie ein Vertreter der kubanischen Mission an der UNO in Genf anwesend.

Der Tessiner Arzt Dr. Franco Cavalli hat in seinem mehrsprachig gehaltenen Referat eindrucksvoll die Stärken des kubanischen Gesundheitssystems unter den schwierigen Bedingungen der Blockade herausgearbeitet. Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass Medikamente auf Kuba im Moment knapp seien. Woran liegt das?


Die Blockade behindert Kubas Zugang zu den internationalen Märkten und Finanzsystemen. Gemäss dem US-Sanktionsregime dürfen Güter, die einen 10% oder höheren Anteil an Bestandteilen, die Made in USA sind, nicht an Kuba verkauft werden. Unternehmen, die diese Regelung missachten, können von den USA mit Bussen in Millionenhöhe bestraft werden. Angesichts dieser Realität hat Kuba eine inzwischen hochentwickelte Pharmaindustrie aufgebaut, dank der ein Grossteil der benötigten Medikamente in Kuba selber hergestellt werden können - mit großem Erfolg. Kuba hat während der Covid-19-Pandemie eigene Impfstoffe entwickelt und produziert. Kuba hat auch andere Medikamente erfolgreich entwickelt, wie zum Beispiel Heberprot-P, das Amputationen von Gliedmassen bei Diabetespatientinnen und -patienten verhindert. Aber auch für die Herstellung eigener Medikamente benötigt Kuba Rohstoffe und Geräte aus dem Ausland. Der Zugang zu diesen wird durch die Blockade verhindert oder ist nur zu überhöhten Preisen möglich. Zum Beispiel war es für Kuba unmöglich, auf dem internationalen Markt Spritzen zur Verabreichung seiner Covid-19-Impfstoffe zu kaufen. Befreundete Länder wie China, Russland, Venezuela und andere spielen eine wichtige Rolle bei der Beschaffung der notwendigen medizinischen Güter und anderer Güter des täglichen Bedarfs.

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war sicherlich die Vorführung des Films „Die Kraft der Schwachen“ von Tobias Kriele. Der Hauptdarsteller des Films Jorge Jerez Belisario war mit seiner Journalistenkollegin Dania Diaz an der abschließenden Podiumsdiskussion beteiligt? Beide berichteten über das System von NGOs und Regierungen, die gezielt Falschmeldungen u?ber Kuba verbreiten, aber auch davon, wie sich Kuba dagegen wehrt.


Die Medienpropaganda gegen Kuba begann bereits währen des revolutionären Kampfes vor 1959. Mit zahlreichen Falschmeldungen zum angeblichen Tod von Fidel Castro sollte der Kampfgeist der Revolutionäre geschwächt werden. Diese Versuche scheiterten damals unter anderem dank Radio Rebelde, dem von Ernesto Che Guevara begründeten Sender der Guerilla. 1960 startete die CIA als Vorbereitung auf die Invasion in der Schweinebucht den Sender Radio Swan, der von einer Insel vor der Küste Honduras aus Falschmeldungen verbreitete, um die revolutionären Truppen zu verwirren - auch das erfolglos. 1985 startete die US-Regierung unter Ronald Reagan den staatlichen Propagandakanal Radio Martí. Seit 1990 gibt es auch Fernsehkanal und inzwischen eine massive Präsenz im Internet. Radio und TV Martí werden mit jährlich rund 800 Millionen Dollar aus dem Staatshaushalt der USA finanziert. Generell beteiligen sich alle westlichen Konzernmedien an der Propaganda gegen Kuba. Während der Covid-Pandemie gab es Berichte in Schweizer Medien, die Kubas internationale Ärztebrigaden als moderne Sklaverei bezeichneten. Diese Art von Berichterstattung hörte auch nicht auf, nachdem die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 28. Januar 2021 einer Beschwerde verschiedener Gruppen und Einzelpersonen der Solidaritätsbewegung mit Kuba recht gegeben hatte.

Jorge Jerez Belisario untersucht in seiner Masterarbeit eine neue, subtilere Art von Medienpropaganda gegen Kuba. Diese kommt sozusagen von "Innen", also aus Kuba selber, wird aber von aussen finanziert. Dabei geht es vor allem darum, die kubanische Jugend über Webseiten zu beeinflusse, die als "alternativ" bezeichnet werden. Sie greifen das kubanische Modell nicht direkt an, sind attraktiv im Auftreten und arbeiten mit prominenten Fachleuten aus den Bereichen Kommunikation, Kultur und Sozialwissenschaften zusammen. Zwei Beispiele sind El Toque und El Estornudo. Über sie berichtet Jorge in seinem Blog in der Juli-September 2023 Ausgabe der Zeitschrift Cuba Libre. El Toque erhielt im untersuchten Zeitraum 200.000 Dollar von europäischen Botschaften in Havanna,  so z. Bsp. vom Norwegischen People's Aid, einer dem norwegischen Außenministerium unterstellen NGO. Die Untersuchung der Geldflüsse ergab, dass El Toque und El Estornudo von einem unübersichtlichen Geflecht aus NGOs, Stiftungen und Berufsverbänden von Journalistinnen und Journalisten finanziert werden, die in Großbritannien, Schweden und anderen europäischen Ländern ansässig sind. Dazu gehören das National Democratic Institute, das International Center for Journalists, das Institute for War and Peace Reporting des Vereinigten Königreichs, die Open Society Foundation, die schwedische Menschenrechtsstiftung und der Gabriel Garcia Marquez Foundation for Latin American Journalism. So wurde in den letzten Jahren im Internet ein System von fremdfinanzierten Publikationen aufgebaut, das darauf abzielt, Schlüsselbereiche der kubanischen Gesellschaft zu beeinflussen und innerhalb von Institutionen als trojanische Pferde für US-Interessen zu agieren. Oncuba, CiberCuba, ADB Cuba, Cubanos por el Mundo, Cubita Now, Cubanet, Periodismo de Barrio, El Toque, El Estornudo und YucaByte haben etwas gemeinsam: Ihre Direktoren leben im Ausland, meist in den USA. Ihre Kommunikationsstrategie setzt auf die Delegitimation des kubanischen Gesellschaftsmodells.

Ein Hauptziel der Kuba-Solidarität bleibt die Aufhebung der völkerrechtswidrigen Blockade gegen Kuba. Wir erleben Jahr für Jahr dasselbe Schauspiel in der UN-Vollversammlung. Die Blockade wird von den allermeisten Mitgliedsstaaten verurteilt. Für die Blockade stimmen nur die USA, Israel und einige wenige Länder enthalten sich der Stimme. Du hast selbst einige Ausführungen bei der Podiumsdiskussion gemacht, was gegen die Blockade unternommen werden kann.

Zuerst muss immer wieder laut gesagt werden, dass die Blockade tötet: Menschen in Kuba sterben, weil Spitäler und Kliniken keinen Zugang zu grundlegenden chirurgischen Geräten oder auch nur Spritzen haben. Die Kindersterblichkeit ist im Jahr 2022 auf 7,5 pro 1000 Lebendgeburten gestiegen, weil die nötige Gesundheitsversorgung für Mütter und ihre Neugeborenen nicht garantiert werden kann. Kinderherzspezialisten müssen ein Kind aus einer Gruppe von Kindern, die eine Herzoperation benötigen, "auswählen", weil das Spital nur eine künstliche Herzklappe übrig hat! Das entspricht der Absicht des US-amerikanischen Helms-Burton-Gesetzes. Die US hat explizit erklärt, das Ziel der Blockade sei, der kubanischen Bevölkerung die Lebensgrundlage zu entziehen, damit sie sich gegen ihre Regierung auflehnt. Aber die Menschen in Kuba sind zum Glück gut informiert. Trotzdem ist die Mangellage real und sie wird schlimmer. Es gibt viele Möglichkeiten, wie sich Menschen in der Schweiz und in Deutschland dem Kampf gegen die Blockade anschließen können: Durch die Lancierung von Postkartenkampagnen, das Aufhängen von Plakaten mit Informationen über die Blockade, das Organisieren von Vorträgen, um die Wahrheit über Kubas Errungenschaften und die Auswirkungen der brutalen Blockade zu erzählen und mehr Menschen für die Kampagne zu gewinnen. Wir müssen als Organisation wachsen und viel mehr Menschen außerhalb der Solidaritätsbewegung erreichen. Das gelingt nur, wenn wir mit möglichst vielen Menschen sprechen, sie informieren und organisieren, und zwar Tag für Tag. Und wir müssen Unternehmen und ihre Verbände für die Kampagne gewinnen, die ein Interesse daran haben, mit Kuba Handel zu treiben. Nur durch Organisation gewinnen wir an der nötigen Stärke, damit unsere Regierung die weit verbreitete Forderung erkennt, jetzt zu handeln und die Blockade zu beenden. Interessierte, die sich an der Kampagne beteiligen möchten, dürfen sich gerne melden unter unblockcuba2021@gmail.com

Auf der Konferenz wurde auf ein Tribunal gegen die Blockade im November in Brüssel aufmerksam gemacht. Was ist geplant und bezieht sich die Veranstaltung nur auf die Blockade gegen Kuba oder werden auch andere von Sanktionen betroffene Länder bei diesem Tribunal berücksichtigt?

Das Internationale Tribunal gegen die Blockade findet am 16. und 17. November 2023 in Brüssel statt. Es wird neben den Solidaritätsbewegungen in den USA und Europa auch von verschiedenen Vereinigungen besorgter Juristinnen und Juristen einberufen. Die US-Blockade gegen Kuba verstößt gegen das Völkerrecht und verletzt die Menschenrechte der Kubanerinnen und Kubaner, indem sie Kuba an der Umsetzung der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030, die 2015 von allen 193 UNO-Mitgliedstaaten angenommen wurde. Das Tribunal wird sich diesen Themen sowie der illegalen extraterritorialen Anwendung der Blockade widmen, die die nationale Souveränität, den freien Handel und im Falle der Schweiz das Prinzip der Neutralität verletzt.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.



Die Organisation MediCuba-Suisse unterstützt neben anderen Projekten die Herstellung von Medikamenten vor Ort und mit der Kampagne „Cuba por vida“ den Kauf von dringend benötigten pharmazeutischen Produkten, Krankenhausbedarf und Instrumenten. Informationen und Spendenadresse findet sich auf der Seite www.medicuba.ch




Online-Flyer Nr. 817  vom 23.08.2023

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