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Aktueller Online-Flyer vom 23. Dezember 2024  

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Kultur und Wissen
Auswege aus dem „Fliegenglas“ der Post-Corona-Krise? Wie die spätestens seit der Panik-Pandemie etablierte Herrschaft der Unvernunft durch ein ganzheitliches Projekt der Bildung, Selbstermächtigung und Selbstorganisation überwunden werden kann.
Plädoyer für eine neue Aufklärung - Teil 1: Die Wissenschaft nach Corona: Eine – wegbrechende? – Säule der Moderne
Essay von Bernd Schoepe

Der Rechtsstaat und die Wissenschaften sind als das entscheidende Duo anzusehen, durch das sich die Moderne epochenspezifisch insgesamt kennzeichnen lässt. Die Bedeutung dieses Duos hat der Lausanner Wissenschaftsphilosoph Michael Esfeld aus Anlass globaler Verwerfungen und immenser, teils nicht wiedergutzumachender Schäden, die auf das Konto der Corona-Politik gehen, hervorgehoben: „Beide sind der Versuch durch den Einsatz von Vernunft die Ausübung von Macht zu begrenzen. In der Wissenschaft muss man Beweise vorlegen, der Rechtsstaat hält die verschiedenen Gewalten durch checks and balances in Schach.“ (1) Spätestens mit Corona sei das Konzept von „Wissenschaft als Methode, um Wahrheit über die Welt herauszufinden“ durch das Paradigma „Wissenschaft als politisches Programm, das man zur Steuerung der Gesellschaft einsetzen kann“ (2) abgelöst worden. Esfeld erläutert, was es mit dieser Steuerung auf sich hat: „Man beruft sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, aus denen sich angeblich politische Handlungsanweisungen ergeben, die über den Grundrechten stehen. Wissenschaftliche Erkenntnisse haben so nicht mehr den Status von Hypothesen, die man einer kritischen Prüfung durch Argument und Experiment unterzieht. Stattdessen erhalten sie den Status quasi-religiöser Wahrheiten, die man nicht in Frage stellen darf und die sogleich politisch umgesetzt werden sollen.“ (3)

    „Was ist dein Ziel in der Philosophie? – Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen.“ (Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, § 309)

    „Verwirrende Lehre zu verwirrtem Handel waltet über die Welt.“ (Johann Wolfgang von Goethe, Brief an Wilhelm von Humboldt vom 17. März 1832)

    „Wirkliche Demokratie (…) kann es nur geben, wo die Machtzentralisierung gebrochen ist und an ihre Stelle die (…) Diffusion der Macht in viele Machtzentren getreten ist. Gegen das Machtmonopol eines zentral organisierten Staatsapparats ist nicht nur der Einzelne, sondern auch die aus Einzelnen bestehende Gruppe fast immer ohnmächtig, und die Ohnmacht des Bürgers, selbst bei Wahrung aller seiner bürgerlichen Rechte, steht in einem grundsätzlichen Gegensatz zur Demokratie in all ihren Formen.“ (Hannah Arendt, Nationalstaat und Demokratie (1963), Einleitungsreferat zu einer Diskussion mit dem Publizisten Eugen Kogon, Radiogespräch im WDR, 11.7.1963)

Vorboten dieser Entwicklung hin zu einer Verzahnung der sich logisch widersprüchlich zueinander verhaltenden Systeme von Wissenschaft und Politik, tauchten allerdings bereits deutlich früher am Horizont auf. Schon bei diesen ging es darum, eine, wie Esfeld schreibt, „neue Normalität zu schaffen“. (4)

Eine zentrale Ursache für die Beschleunigung des Ablöseprozesses der Wissenschaft von der Wahrheit lässt sich relativ genau zurückdatieren: In den Jahren 1998/99 begann man die europäische Wissenschafts- und Bildungslandschaft durch PISA und BOLOGNA radikal umzukrempeln. Die sog. „Reformen zur Vereinheitlichung von Studiengängen und – Abschlüssen (…) und Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums (…)“ mit dem Ziel der „Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit (Employability) auf dem Arbeitsmarkt“ (5), wurden am Souverän vorbei im Hauruck-Verfahren implementiert. In der Folge machte der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann sie zur Vorlage seiner „Theorie der Unbildung“. Die darin zum Ausdruck kommende Kritik an den „Reformen“ fasste er in einem Interview mit der „WirtschaftsWoche“ 2014 so zusammen:

Mir geht es nicht um Unbildung in dem Sinne, dass man zu wenig gelesen hat oder vieles nicht weiß. Wir wissen alle immer zu wenig. Es gab immer mehr in den Archiven und Bibliotheken, als man als einzelner wissen kann. Mir geht es um die Begriffsverwechslung, die darin besteht, dass man uns bestimmte Einrichtungen und Entwicklungen als Bildung verkaufen will, obwohl es sich dabei um Dinge handelt, die die Idee der Bildung sabotieren und zerstören. (…) Mich hat die Hörigkeit gegenüber der PISA-Ideologie wütend gemacht, die Ausrichtung des gesamten Bildungssystems in Deutschland und Österreich an einem höchst fragwürdigen Test. Der zweite Grund (…) ist die so genannte Bologna-Reform der Universitäten. Dazu kommt noch die Kompetenzorientierung in den Studien- und Lehrplänen, die ich sehr kritisch sehe. Keiner weiß genau, was diese Kompetenzen bedeuten. Sie sind höchst fragwürdig, völlig schwammig, ideologisch aufgeladen und beliebig.“ (6)

Ein anderer bekannter Bildungskritiker, Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, resümiert die BOLOGNA- „Reformen“ ähnlich vernichtend. Nida-Rümelin, bis 2020 Lehrstuhlinhaber für Philosophie und politische Theorie an der Universität München, setzt die Entwicklung in den Kontext der humanistischen Bildungsidee „von der klassischen Antike bis hin zu der These Kants, dass Universitäten nicht Ausbildungsstätten, sondern der Wahrheitssuche verpflichtet sein sollen“. Aus neoliberaler Sicht soll Bildung den Marktimperativen gehorchen, geht es im Bildungssektor vor allem um die Bereitstellung möglichst flexiblem Humankapitals und die Erhöhung der Employability (Beschäftigungsfähigkeit).Nida-Rümelin schließt daraus, dass diese Reformen einen „Rückschritt zur mittelalterlichen Universität“ (7) bedeuten.

Zwar kann mit Blick auf die jüngste Vergangenheit und insbesondere in Bezug auf das, was sich während der Corona- „Pandemie“ in bestimmten Wissenschaften wie z.B. der Virologie, wissenschaftspolitisch herausgehobenen Instituten und Think Tanks in der Community of Researchers abspielte, von einer „Zeitenwende“ gesprochen werden. Diese Abläufe lassen sich durchaus auf einen gemeinsamen Nenner bringen, nämlich den, dass Wissenschaft nunmehr vorgibt, was moralisch ist bzw. als moralisch geboten zu gelten hat (z.B. geimpft zu sein). Doch diese „Zeitenwende“ hat sich nicht einfach über Nacht ereignet. Sie ist von längerer Hand vorbereitet worden. Und sie wird auch von anderen Gehalten bestimmt als von jenen, die die Politik öffentlich für sie reklamiert. Bei der „Zeitenwende“, die als von außen dramatisch hereinbrechende Zäsur dargestellt wird, welche durch einen vermeintlich äußerst bedrohlichen und unberechenbaren Aggressor – sei es ein unbekanntes Virus, sei es ein fremder und wichtiger Staat wie Russland – verursacht, ja provoziert worden sei, handelt es sich um einen Fake, eine Täuschung. Die Täuschung erfolgt aus Motiven heraus, die in puncto Corona-Politik vor allem der Rechtfertigung wissenschaftlich-rational nicht gedeckter Maßnahmen, einer Forcierung anti-demokratischer und anti-freiheitlicher Tendenzen (z.B. der Etablierung totalitärer Verhaltenskontrollen) und der Abwälzung und Vertuschung eigener Verantwortlichkeit für eben solches Tun dienen sollen.

Durch die Herausgabe und Auswertung der RKI-Protokolle kann als bewiesen gelten, dass das Pandemiemanagement von Anfang an nicht von den Analysen, Befunden und Urteilen der Wissenschaften, sondern von den Absichten, Interessen und Zielen der Politik bestimmt wurde. Nachdem schon vor Corona die Politik viel an Legitimation und Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte, ging man seit 2020 im großen Stil dazu über, die Wissenschaften als Legitimationsquelle vorzuschieben und zu missbrauchen. Auf der Seite der Wissenschaften stieß man dabei auf eine erschreckend hohe Bereitschaft, wissenschaftsethische Fragen einfach zur Seite zu schieben oder ganz zu unterdrücken. Teils fügsam, dem Druck der Politik nachgebend, teils in Komplizenschaft oder sogar vorauseilendem Gehorsam übernahmen Wissenschaftler die Rolle von Alibibeschaffern, hinter denen sich die Politiker verstecken konnten, um sich selbst möglichst unangreifbar zu machen. Mittels Rudolf-Koch- und Paul-Ehrlich-Instituts-, Leopoldina- und ähnlichen Experten und Expertisen wurde eine Art Potemkinsches Dorf errichtet, das der Exekutive – vom Standpunkt der Wissenschaftlichkeit aus betrachtet – evidenzfreies, nicht nur wissenschaftsfernes, sondern teilweise sogar wissenschaftswidriges Handeln in der „Pandemie“ ermöglichte.

Ein Beispiel szientistischer Lobbypolitik: Der Soziologe Heinz Bude

Umgekehrt dienten sich Teile der Wissenschaft offensiv der Politik an. Nehmen wir als Beispiel aus meinem Fach, der Soziologie, den emeritierten Kasseler Professor Heinz Bude. Bude, ein offenbar fest im Sattel der szientistischen Wissenschaftslobby sitzender, bestens mit politischen Entscheidungsträgern vernetzter Repräsentant seiner Zunft, ist offenbar noch dazu narzisstisch genug veranlagt, um die wahren Ziele der wissenschaftlichen Politikberatung zynisch-offen auszuplaudern. So bei einer Diskussionsveranstaltung der Universität Graz im Januar 2024 mit dem Titel: „Gesellschaft im Ausnahmezustand – Was lernen wir aus der Coronakrise?“. Die Lehren, die Bude – so könnte man polemisch seine Beiträge zusammenfassen – aus der Corona- Krise zieht, lauten, dass wir die Menschen beim nächsten Ausnahmezustand mit Hilfe der Wissenschaften noch besser täuschen, und – wenn das allein nicht hilft – noch effizienteren Zwang auf sie ausüben sollten.

Es sei, so Bude, der als einziger Soziologe der COVID-Task-Force des Bundes angehörte, darum gegangen in der Bevölkerung „Folgebereitschaft herzustellen“ und dafür ein „Modell zu finden, das so ein bisschen wissenschaftsähnlich ist. Das war diese Formel ‚Flatten the curve“, wenn ihr schön diszipliniert seid, könnt ihr die Kurve verändern“. Bude sieht viele (!) „singuläre Krisen“ auf uns zukommen, „bei denen man auf individuelles Verhalten zugreifen muss“. Sie hätten „den Charakter von Kriegen, Pandemien und Extremwetterereignissen“ und seien „absehbar“. „Auch Europa“, erläutert er im selben Plauderton, „wird in mittlerer Sicht wieder Kriege haben.“ Dann „wird (...) man Zwang ausüben müssen auf Leute, die sagen: ‚Ich hab’ aber andere Informationen.“ Und zwar legitimen Zwang (...) Und muss man dann nicht hinterrücks ganz furchtbare Dinge wie Angstkommunikation, also sozialpsychologische Dinge benutzen, um solche Arten von Folgebereitschaften zur Veränderung von individuellem Verhalten vorzunehmen?“ (8)

Der Soziologe Bude war es auch, der im Zusammenhang mit den Ungeimpften Madagaskar ins Spiel brachte, die Insel, auf die Nationalsozialisten, vornehmlich leitende Beamte des Reichsaußenministeriums, die europäischen Juden 1940 deportieren wollten, bevor das NS-Regime sich dann ein Jahr später doch zur sog. „Endlösung der Judenfrage“, d.h. zu ihrer systematischen, fabrikmäßig-industriellen Ermordung entschloss. Der Soziologe, der auch schon beim Corona-Panikpapier des Bundesinnenministeriums mitgewirkt hatte, im O-Ton Ende 2021: „Ich würde es jetzt jedem politisch empfehlen: Klare Kante, klare Richtung. Impfgegner müssen fühlbar Nachteile haben. Und im Grunde, in gewisser Weise, kann man sich nicht länger mit denen beschäftigen. Das ist so. Die kann man nicht nach Madagaskar verfrachten, was soll man machen, (…) die müssen irgendwelche Nachteile dafür zu ertragen haben.“ (9)

Warum ist die Frage nach dem Zusammenhang des politischen Handelns mit der Aufklärung während der Corona-Krise so wichtig?

Festzuhalten ist: Obwohl der Bevölkerung die ganze Zeit gesagt wurde, dass die Politik nur der Wissenschaft folge, fand in Wahrheit fortgesetzt das genaue Gegenteil davon statt. Doch damit nicht genug: Der eigentliche Skandal ist, dass dieses Vorgehen noch immer ungeahndet bleibt. Seit den Entschwärzungen, die der Multipolar-Herausgeber Paul Schreyer vor Gericht erst herausklagen musste und nun, nachdem der zweite große Datensatz der Protokolle, die in die Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Lauterbach fallen, dank eines RKI-Whistleblowers am 23. Juli 2024 durch die freien Journalisten Aya Velàzquez, Bastian Barucker und dem Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Stefan Homburg an die Öffentlichkeit gelangte, ist offenkundig geworden, dass z.B. die Entscheidungen über Testungen, Inzidenzgrenzwerte, Maskenpflicht, Impfstoff-Surveillance, Kinder- und Booster-Impfungen, die 2-und 3-G-Regeln (trotz fehlendem Fremdschutz der „Impfungen“), Lockdowns – insbesondere die Schulschließungen, die sich verheerend auf Kinder und Jugendliche ausgewirkt haben – in Wirklichkeit einen tiefen Rückfall in überwunden geglaubte vor-, ja gegenaufklärerische Praxis bedeuteten.

Schlimme und schlimmste Folgen eines evidenzfreien Handelns der Exekutive wurden dafür offenbar bewusst in Kauf genommen. Immer klarer zeichnet sich das Bild ab, dass die Lockdowns ohne die Lügen der Regierungen keine Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden hätten. Auch die von den Politikern für die Begründung der Impfpflicht herangezogene Behauptung, Covid-19 sei eine „Pandemie der Ungeimpften“ wird von den RKI-Protokollen als „fachlich nicht korrekt“ dementiert.

Mit diesem Rückfall in die Gegenaufklärung muss sich rationale Politik beschäftigen. Denn demokratische Politik ist darauf angewiesen, rational zu sein. Nicht nur weil es dem Selbstbild von Demokratien entspricht, rationale politische Lösungen zu Wege zu bringen. Sondern auch, weil in der Demokratie Begründungen für politische Entscheidungen eingefordert und diese Begründungen jeweils zum Gegenstand öffentlicher Debatten gemacht werden können müssen. Zudem bleibt von demokratischer Politik nichts übrig, wenn sie die Gemeinwohlbindung verliert oder über Bord wirft. Der politische Kompromiss, den diese verlangt, muss in Anlehnung an Kant als ein „Meisterstück der Vernunft“ angesehen werden.

Mehr noch: Die Analyse der Ursachen dieser Regression wäre, jedenfalls dann, wenn noch Schlimmeres in Zukunft verhindert werden soll, von der Politik eigentlich in das Zentrum aller Bemühungen um eine Aufarbeitung des Corona-Syndroms zu stellen.

Corona hinterlässt – dies belegt die Durchsicht der RKI-Files schwarz auf weiß in Hinblick auf nahezu alle möglichen Fragen des Pandemiemanagements – den Eindruck, dass die Vernunft selbst seit Anfang 2020 von der Politik in Quarantäne genommen wurde.

„Vernunft in Quarantäne“, so lautet folgerichtig auch der Titel der gesammelten Aufsätze des Bremer Sozialwissenschaftlers Rudolph Bauer zum „Lockdown als Zivilisationsbruch und Politikversagen.“ (10)

Insgesamt muss man feststellen, dass die Gegenwart inzwischen als ein obskures Gebilde erscheint, „das nicht mehr mit dem menschlichen Fortschritt als solchem verbunden ist“, so die Philosophin Elena Louisa Lange (11).

Für die Beschreibung unserer Gegenwart als „Ära der Gegenaufklärung“ spricht in herausgehobener Weise der Beitrag, den die Wissenschaften während der Pandemie zur technokratischen Steuerung der Bevölkerung leisteten. Es vollzog sich ein Bruch mit dem modernen Wissenschaftsverständnis, wie es sich auf der Grundlage des Rationalismus, ausgehend von den Prämissen, Überzeugungen und Prinzipien des aufklärerisch-emanzipatorischen Geistes entwickelt hat, eines Geistes, der sich auch ethisch davon leiten ließ. Denn die Leistung des aufklärerischen Wissenschaftsverständnisses bestand nicht zuletzt darin, Vernunft und Logik auch zur Grundlage der Moralität und der ethischen Urteile gemacht zu haben. Damit soll im Szientismus aber Schluss sein. Dort heiligt der – moralische – Zweck (wieder) die Mittel.

PISA und BOLOGNA als Verursacher der szientistischen Misere

Um zu verstehen, wie Politik und Wissenschaften, aber auch die Justiz und die Medien als sog. vierte Gewalt, sich so in den Dienst einer Entwicklung stellen konnten, die als Gegenaufklärung bezeichnet werden muss, erscheint es geboten, die Umstrukturierungen im Bereich der Bildung und Ausbildung, die vor knapp 30 Jahren mit großem Aplomb ins Werk gesetzt wurden, in ihrer Tragweite genauer unter die Lupe zu nehmen. Meine These lautet, dass mit den PISA- und BOLOGNA-„Reformen“ die Weichen für jene wissenschaftlichen Fehlentwicklungen in Richtung Szientismus gestellt wurden, mit denen wir heute massiv konfrontiert werden.

PISA und BOLOGNA bedeuten zum einen, dass die Bildung an Substanz verloren hat, d.h. sinnentleert wurde: Die PISA-Testungen in den Schulen („Teaching to the test“) und die Modularisierung und Verschulung der Studiengänge an den Unis hatten denselben Effekt: Es ging nicht mehr um das, was Lernen immer auch im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung heißt, sondern darum, Schüler und Studenten beizubringen, sich möglichst flexibel an die Erfordernisse der Wirtschaft anzupassen.

Durch das Vorgehen der „Reformer“ wurde systematisch das reflexive Denken untergraben, bzw. dessen Status demontiert. Zuvor war er von diesen Institutionen noch, wenn auch oft nur halbherzig, geschützt und nach innen und außen hochgehalten wurden. Der Wert des reflexiven Denkens nahm zugunsten einer Hochschulorganisation ab, in der das Sammeln von „Kreditpunkten“ erfolgs-und abschlussrelevant wurde. Bildungserlebnisse sind hierzu nicht erforderlich, eher sogar hinderlich, denn sie „verwirren“ Studierende nur. Führen sie doch in der Regel dazu, dass das habituelle Denken, d.h. das gewohnheitsmäßige Glauben, Meinen und Für-Wahr-Halten, welches bislang unhinterfragt blieb, so starke und so nachhaltige Erschütterungen erfährt, dass das intellektuelle System auf einer höheren Stufe neu organisiert werden muss. In der Folge davon werden weitere Gewissheiten in Frage gestellt, wodurch solch kritisch fragenden Subjekte schnell „unbequem“ für ihre Umgebung werden können.

Wie Wissenschaftler in der „Kölner Erklärung – Zum Selbstverständnis der Universitäten“ (2009) feststellten, erleben die Hochschulen „im Zuge des BOLOGNA-Prozesses“ eine Fixierung auf „funktional-operatives Wissen“. Sie beklagen, dass die Verwaltungen und „wissenschaftsexterne Partikularinteressen“, die über den gestärkten Einfluss der Verwaltungen gegenüber der Hochschulautonomie ungehinderte Zugriffsmöglichkeiten auf die Wissenschaft gewonnen haben, ihnen das Recht genommen hätten „Gestaltungen innerhalb der Wissenschafts-Institutionen zu legitimieren, zu bewirken und zu verantworten.“ (12)

Mit anderen Worten wurde durch Methoden der soft governance ein gesellschaftlich hochrelevantes Feld gewissermaßen prototypisch auf den Kopf gestellt, um dadurch einen möglichst vollständigen Mentalitäts- und Einstellungswechsel bei Lehrenden und Lernenden zu erreichen. Von Anfang an war es ein Teil der übergeordneten Strategie, dass dieses Change-Management bei erfolgreichem Vollzug auch auf andere Bereiche ausgeweitet werden soll, was dann dementsprechend z.B. im Gesundheitssektor auch geschah. Dort begann man ebenfalls ohne Not und nach gleichem Drehbuch – indem man Krisen künstlich herbeirief – die alten Strukturen zu zerstören, um aus der Gesundheit bzw. Krankheit eine Ware und ein lukratives Geschäft zu machen.

An den Hochschulen schufen Stellenbefristungen und die Erhöhung der Lehrdeputate ein akademisches Prekariat, durch das seitdem – nicht allein – die Freiheit der Wissenschaft akut gefährdet ist ¬¬– denn wer wagt es schon unter diesen Bedingungen aus der Reihe zu tanzen? Sie haben auch zu einem Auseinanderdriften von Forschung und Lehre geführt, die sich sehr negativ auf die Rationalität auswirkt. Denn Rationalität bildet sich am Ort der Universität aus einer dialektischen Einheit aus Reproduktion (Lehre) und Transformation (Forschung), ihre Trennung kommt einer Amputation der Vernunft selber gleich. Findet diese Amputation ausgerechnet an den Hochschulen, d.h. in ihrer gesellschaftlichen Domäne statt, die ja besonders der Pflege und Produktion von Rationalität verpflichtet ist, kann das Ergebnis nur ausgesprochen negativ ausfallen. Darüber hinaus wurde die sich daraus entwickelnde Krise der Wissenschaft auch noch durch die Einführung wettbewerblicher Elemente und Strukturen wie Hochschul-Ranking, Exzellenz-Initiativen (Maßnahmen, mit denen Bildung für die Massen von Bildung für einen kleinen-elitären Kreis wenig demokratieaffin wieder geschieden wurde) und durch pausenlose Evaluationen von allem und jedem, insbesondere aber von den Lehrenden durch die Lernenden gepusht.

Nur scheinbar paradoxerweise hat gerade die Subsumtion der Wissenschaft unter die betriebswirtschaftlich-wettbewerbliche Logik nicht zu einer gesteigerten Dynamik der der Wissenschaft inhärenten innovativen Kräfte und Potenziale geführt, da Wissenschaftler ein Großteil ihrer Arbeitszeit im Zuge der Implementierung von Monitoring, Evaluationsstandards und Controlling durch überbordende Dokumentations- und Berichtspflichten Bürotätigkeiten widmen müssen.

Die Kölner Erklärung resümierte, dass die ökonomistischen Umstrukturierungen lediglich Partikularinteressen dienen würden, mit der Folge, dass diese Partikularinteressen Bildung, Wissenschaft und Forschung insgesamt immer stärker in der Hand hätten. Dies zeige sich auch an einer zunehmenden Beschädigung und Deformierung der wissenschaftlichen Professionslogik und an einem roll-back der Bedeutung der Wissenschaftsethik. Die Erklärung schließt mit den Sätzen:

„Bildung dagegen dient immer dem gesellschaftlichen Allgemeinwohl. Die Universität realisiert diese Aufgabe nur in Freiheit. Sie darf weder von den Verwaltenden, noch von den Lehrenden und Studierenden als Dienstleistungsbetrieb verstanden werden. Freie Forschung ohne Drittmittelhatz und Verwertbarkeitsdoktrin ist die Voraussetzung für Erkenntniszuwachs und Innovation! Umfassend gebildete Studierende sind in jedem Beruf erfolgreich und werden zu verantwortungsbewussten Gestaltern von Kultur und Gesellschaft.“ (13)

Dieser Abschnitt konnte hoffentlich deutlich machen, dass Parallelen zwischen der Bedeutungsverschiebung, die Bildung in Richtung Anpassungsleistung bzw. als Beitrag zur Schaffung des „flexiblen Menschen“ (Richard Sennett) durch das PISA- und BOLOGNA-„Reformwerk“ erfahren hat und der Rolle, die der Szientismus in der Corona-Maßnahmenpolitik gespielt hat, nicht nur vorhanden, sondern dass diese Parallelen auch so frappierend sind, dass man geneigt ist, nicht beim Vergleich stehenzubleiben, sondern zwischen beiden auch eine zeitliche Kausalität anzunehmen.

Doch schauen wir uns die Ursachen für diese Bedeutungsverschiebung bzw. Bedeutungsänderung auch noch einmal auf der noch etwas abstrakteren Ebene der EU- Binnenmarkt-Politik bezüglich der Anstrengungen an, die auf zwischenstaatlichem Gebiet unternommen worden sind, um einen vereinheitlichten gemeinsamen Bildungsraums zu schaffen.

Die administrativen und politischen Hintergründe, die zu diesem beklagenswerten Zustand im Bildungssystem geführt haben, weisen nämlich bekanntlich ja weit über Deutschland und die rein deutschen Verhältnisse hinaus.

Die in den ersten Phasen des Europäischen Vereinigungsprozesses vorherrschende föderative Auffassung bzw. weitgehende Ausklammerung von Schul-, -Hochschulpolitik und Bildungsangelegenheiten wich nach 1989 immer stärker der Ambition, die EU „zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“. Die Folge davon war eine gegenüber nationalen Kulturbeständen- und ihren historisch gewachsenen Traditionen ignorant und rücksichtslos betriebene, nach den Spielregeln der Disruption (siehe die Inszenierungen zum „PISA-Schock“) durchgedrückte, die kulturelle und geistige Vielfalt Europas – die vielleicht größte Stärke dieses Kontinents! – homogenisierende und einebnende Implementierung bildungstechnokratischer Top-Down-Steuerung. An den gewachsenen Strukturen relativer Autonomie der Hochschulen vorbei konnte der Bildungssektor rasch und präzedenzlos zentralisiert werden, ohne dabei irgendwo auf größere Widerstände zu stoßen. Das hat fraglos die Resistenz von Bildung und Wissenschaft gegenüber fremdbestimmter Nutzung und politischer oder ökonomischer Zurichtung und Instrumentalisierung stark geschwächt.

Die Autonomie der Wissenschaften, die bis auf die Renaissance mit den ersten Universitätsgründungen zurückreicht, galt auch und speziell als typisches Merkmal der sozialstaatlich eingehegten und teilweise sogar durch Demokratisierungsprozesse („Wir wollen mehr Demokratie wagen“, Bundeskanzler Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung am 28. Oktober 1969) gestützten und flankierten, auf Wohlfahrt und Konsens ausgerichteten kapitalistischen Nachkriegsordnung im westlichen Europa. In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bevölkerten viele kritische Wissenschaftler die Universitäten, darunter zahlreiche Marxisten unterschiedlicher Provenienz, die meist ohne Probleme zu Professoren berufen wurden. West-Europa folgte in den Jahren bis ca.1980 nicht ausschließlich der zunehmend konzerngesteuerten ökonomischen Logik, so wie dies heute der Fall ist und tolerierte ex cathedra geäußerte Systemkritik. Insofern kann es nicht erstaunen, dass die par ordre der neoliberalen Doktrin geschleifte Bildungsautonomie im Rahmen einer Demontage-Politik der vormals „sozialpartnerschaftlich“ verfassten Wohlfahrts- und Konsensgesellschaft immens negative Folgen für das Gemeinwesen zeitigte und – durch Corona und Kriegsvorbereitungen zuletzt in noch gesteigertem Maße – weiter zeitigt. Inzwischen hat die Hegemonie des Neoliberalismus, der in Gestalt eines „Extremismus der Mitte“ seine hässliche Fratze aufgrund deutlich gestiegener Krisensymptome kaum noch verbergen kann, mit Hilfe der (a-)sozialen digitalen Netzwerke nicht nur die Diskursfreiheit teils beschädigt, teils schon einkassiert, sondern darüber hinaus den gesellschaftlichen Zusammenhalt weitgehend zerstört. (14)

Die Ökonomisierung der Bildung ebnete der Gegenaufklärung den Weg

Mit dem PISA-und BOLOGNA-Prozess hob man die seit dem Ende der 1950er Jahre intensivierten Bemühungen darum, in Folge des Sputnik-Schocks die Universitäten „wirtschaftsfreundlich“ umzubauen, auf eine neue Stufe. Wesentliche Vorarbeiten zur Ökonomisierung des Bildungswesens sind aber bereits deutlich früher im Rahmen von OECD (Organization for Economic Cooperation and Development) – Initiativen und Programmen in Angriff genommen worden:

„Mit großer Selbstverständlichkeit bekannte sich die OECD schon im Jahre 1961 bei einer großen Konferenz zu internationalen Bildungsfragen in Washington dazu, dass das Schul- und Bildungswesen die Aufgabe habe, ‚Menschen für die Wirtschaft vorzubereiten wie Sachgüter und Maschinen. Das Erziehungswesen’, so die einschlägige OECD- Stellungnahme, steht nun gleichwertig neben Stahlwerken, Kunstdüngerfabriken und Autobahnen’.“ (15)

Was dann PISA und BOLOGNA anging, so hat die Politik unter diesen Namen die „Homogenisierung des europäischen Bildungsraumes“ in Form einer konzertiert übernational betriebenen Angleichung sog. Bildungsstandards durch eine strenge Ausrichtung am szientistischen Modell von Wissenschaft verfolgt. Die zarten Pflänzlein universitärer Selbstbestimmung und lebendiger Gremiendemokratie wurden beseitigt, indem diese Homogenisierung den Hochschulen disziplinübergreifend verordnet wurde. Dadurch versetzte man insbesondere den Geistes- und Sozialwissenschaften einen schweren Schlag. Diese leiden seitdem an ihren beträchtlichen Bedeutungs- und Ansehensverluste . So ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass während der Corona-Zeit sozialwissenschaftliche Expertise überhaupt nicht nachgefragt wurde. Den MINT-Fächern wurde auch das Krisenmanagement fastausschließlich überlassen.

Seit PISA und BOLOGNA promotet die Politik den Szientismus als das Paradeparadigma für Wissenschaft nach Kräften. Es wurden und werden weiterhin große Synergien mit der Wirtschaft in Aussicht gestellt. Durch wissenschaftlich angestoßene Innovationen im Rahmen der sog. Public-Private-Partnership (PPP) sollen steigende Konzernrenditen erwirtschaftet, die Kosten der privaten Unternehmen für Forschung und Produktentwicklung aber durch Drittmittelforschungen möglichst geringgehalten und an den Staat, d.h. die Steuerzahler ausgesourct werden. Diese „Reformen“ wurden betrieben, weil die szientistische Wissenschaft mit ihrem Hang zum Zählen, Messen, Rechnen, Optimieren sich als besonders anschlussfähig erwies, um die mit der Digitalisierung einhergehenden Entgrenzungen in dem Bereich der Kapitalisierung von Wissen sowie bei innovativen wissenschaftlichen Verfahren und Produkten, insbesondere im boomenden Bioengineering-Bereich, voranzutreiben, z.B. über die Ausweitung des Patentrechts). Das Design der Global Governance passt sehr gut dazu: Denn die Agenden und Entscheidungen der Global Governance zeichnen sich dadurch aus, dass sie als faktenbasiert (auf dem Niveau des Szientismus) und scheinbar mustergültig rational dargestellt werden. Für alle Probleme sollen technisch orientierte Lösungen angeboten werden. Damit wird suggeriert, es gäbe für alle Probleme technische Lösungen, ein „Solutionismus“ genannter Glaube, der in einer technophilen Gesellschaft natürlich viel Zustimmung findet.

Global Governance überzeugt der marxistischen Theoretikerin Tove Soiland zufolge im kulturellen Mainstream daher mit dem (Selbst-)Verständnis:

„Ideologien sind ihnen (den Globalisten, Anm. B.S.), vermeintlich, fremd. Stattdessen konzentrieren sie sich auf Messdaten, Kurven und Kennziffern, die einer Eigenlogik gehorchen, in die nur Fachpersonen Einblick haben und die scheinbar von sich aus zu Handlungsempfehlungen führen. Diesen,“

so folgert Soiland daraus,

„egal wie einschneidend sie sind, zu widersprechen, wäre irrational.“ (16)

Dies stellt die Begründungs-und Rechtfertigungsfolie für die Expertokratie dar, die wir heute allenthalben erleben müssen, und die in der Corona-Zeit noch einmal gesteigert zu besichtigen war.

Die von der Global Governance und ihren Experten reklamierte Rationalität ist aber eine reduktionistische und basiert auf einer unreflektierten Technikgläubigkeit, z.B. indem negative Technikfolgen ausgeblendet werden. Unter deren Dach wird unter Einsatz unglaublich hoher finanzieller Mittel, die die Forschungsetats wichtiger Industriestaaten bei weitem übersteigen, mit Hochdruck daran gearbeitet, dystopisch anmutende Szenarien in die Realität umzusetzen. Im Szientismus will man nicht „verstehen“, man will verändern, verbessern: „(Trans-)Human Enhancement“ ist das Gebot der Stunde.

Historisch knüpft diese Entwicklung, wie Julia Weiss kürzlich gezeigt hat (17), an das mechanistische Wissenschaftsverständnis an, das sich ab dem 16. Jahrhundert entwickelte und als die Keimzelle für den heutigen Szientismus angesehen werden muss. Wie Weiss hervorhebt, besteht „in diesem Weltbild alles aus toter, unbeseelter Materie (...) Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war die Maschine zur leitenden Metapher in Wissenschaft und Gesellschaft geworden.“ Zur Haupttätigkeit des Wissenschaftlers wurde das Zergliedern, Sezieren der toten Materie. Die Menschheit machte sich, unter der sie führenden Hand des Wissenschaftlers, vollends zum „‚maître et possesseur de la nature’, Herr und Besitzer der Natur“. (18) Diese Vorstellung begegnet uns jetzt im Transhumanismus – auf die Spitze getrieben – wieder. Der Transhumanismus schickt sich an, die inzwischen kybernetisch funktionierende Maschinenwelt, mit dem menschlichen Bewusstsein kurzzuschließen, das nennt er Singularität. Die Transhumanisten glauben, die Natur sei ein Auslaufmodell, denn durch die Singularität geht die Evolution ihrer Meinung nach aus dem Bereich der Biologie in den der biotechnischen Überschneidung über.

Mit Beginn der PISA und BOLOGNA-„Reformen“ übten Politik und Verwaltung auf EU- Ebene nicht nur einen verstärkten Druck auf die universitären Wissenschaften und die Schulen aus; das New Public Managements zog auch immer mehr Macht und Verfügungsgewalt an sich, um in die Wissenschaften und Bildungseinrichtungen hineinzuregieren und sie mit ihrer wissenschaftsfremden Logik (in der Wissenschaft geht es um die Erkenntnis von unvorhersehbar Neuem, in der Bürokratie um die Verwaltung von Gegebenem und Bekanntem) zu überziehen und zu kolonialisieren. Dem Ziel Wissenschaft und Bildung rein nach ökonomischen Kennziffern und Gesichtspunkten zu homogenisieren, wurde alles andere untergeordnet. Dafür schuf man eine länderübergreifende Synchronisierung der Studiengänge und -abschlüsse, in der Hoffnung die Ausbildung besser auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zuschneiden zu können. Hinzu kommt, seit etwa zehn Jahren verstärkt auch in Deutschland, die Inbesitznahme des akademischen Sektors durch die Gender-, Queer- und Wokeness-Ideologie, die für eine zunehmende Gängelung wissenschaftlich unangepasster und politisch unbeugsamer freier Geister verantwortlich ist. Sie geht inzwischen bis zur Säuberung der Hochschulen von Kritikern im Dienst einer pseudo-progressiven Agenda. Jedenfalls hat sie bereits ein beängstigendes Maß an konformistischen Haltungen (19), insbesondere in den akademisch geprägten Milieus, erzeugt.

Was durch den Ökonomisierungsprozess mehr und mehr aus dem Blick geriet – und geraten sollte – und was die Vereinheitlichungsagenda dagegen tatsächlich geschaffen hat, beschreibt Herbert Ludwig im „Fassadenkratzer“: Man baute einen Strohmann von Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit auf, und mit diesem Phantom wurde fortan ganz im Sinne der neoliberalen Agenda gearbeitet. Von einem Strohmann muss die Rede sein, weil – so Ludwig – es

„(...) ‚die Wissenschaft‘ nicht gibt, sondern (nur) unterschiedliche wissenschaftliche Forschungsrichtungen und vielfach widerstreitende Auffassungen. Es gibt daher auch keine ‚Institutionen der Wissenschaft‘, sondern unterschiedliche ‚wissenschaftliche Institutionen‘. Was es heute gibt, ist eine herrschende wissenschaftliche Richtung, die sich aber nicht im freien wissenschaftlichen Wettbewerb herausgebildet hat, sondern dadurch, dass sie durch die Macht des Staates und die Finanzen der Wirtschaft korrumpiert und zur beherrschenden wissenschaftlichen Macht erhoben worden ist.“ (20)

Wobei die „herrschende wissenschaftliche Richtung“, von welcher in dem Zitat die Rede ist, wohlgemerkt gerade diejenige ist, die in der Corona-Krise mit „der Wissenschaft“ in eins gesetzt wurde. Bei näherer Betrachtung entpuppt sie sich als das szientistische Konzept von Wissenschaft.

Was ist Szientismus?

Was aber ist nun genau unter „Szientismus“ zu verstehen? Der Wissenschaftsphilosoph Esfeld übersetzt den Begriff des Szientismus mit den Worten: „Wissenschaft als politisches Programm“. Weiter definiert er:

„Szientismus ist die Idee, dass der Gegenstandsbereich der Wissenschaft unbegrenzt ist und auch alle Aspekte unserer Existenz umfasst.“ (21)

Etwas für die Wissenschaft per se Unverfügbares, wie die Autonomie der Lebenspraxis auf Basis individuell zu erlangender Mündigkeit, gibt es nicht mehr, wenn die Wissenschaft alle Aspekte unserer Existenz umgreift und mit Macht in unser aller Leben eindringt bzw. für dieses Leben sich allgemein zuständig erklärt. In dieser Perspektive ist der Szientismus als das Endstadium der Verwissenschaftlichung einer restlos „entzauberten“ (Max Weber) und „total verwalteten“ (Theodor W. Adorno) Welt anzusehen. An die Stelle des durch die Lebenspraxen auszuhandelnden Abgleich und Ausgleich unterschiedlicher Interessen im politischen Raum – wobei der Prozess gleichwohl immer durch Kompromissbildung auf ein Drittes, nämlich auf das Gemeinwohl hin orientiert ist, der dank dieser Vermittlung dem sensus communis Ausdruck gibt (22) – tritt das, was von Esfeld u.a. als Anspruch eines Gemischs aus Wissenschaft, Ökonomie, Politik und Medien kritisch in den Blick genommen wird: Mensch und Gesellschaft sollen umfassend gesteuert werden, indem diese ihnen sagen, was richtig, gut und vernünftig für sie sei.

Zu den Grenzen der wissenschaftlichen Einflusssphäre, die nicht länger anerkannt, sondern überwunden werden sollen, bemerkt Esfeld:

„Wissenschaft gibt vor, was moralisch geboten ist. Diese Idee führt (…) zu dem politischen Programm, die Gesellschaft gemäß wissenschaftlichen Vorgaben zu steuern.“ (23)

Bestimmen die wissenschaftlichen Vorgaben das, was als das „allgemein Gute“ definiert wird, d.h. bekommen sie prinzipiell bei politischen Entscheidungen das Primat eingeräumt, folgt daraus, dass die Umsetzung dieser wissenschaftlichen Vorgaben „über die Würde und die Rechte der einzelnen Menschen und ihrer sozialen Gemeinschaften wie der Familien gestellt“ (24) werden. So geschehen in der Corona-„Pandemie“, wo es aufgrund angeblich wissenschaftlicher Faktenlage z.B. engsten Familienangehörigen untersagt war, ihre Angehörigen im Krankenhaus oder Pflegeheim zu besuchen, von Sterbenden dort Abschied zu nehmen und Sonder-Einsatzkommandos der Polizei wegen Verstößen gegen Abstands- und Hygieneregeln sogar Kindergeburtstage stürmten.

Just dieser szientistische Expansionismus, den der Soziologe Klaus Kraemer in seiner Entgegnung auf Heinz Bude als „Extradisziplinarität“ (25) bezeichnet hat, dürfte der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot vor Augen gestanden haben, als sie bezüglich der Rolle, die die Wissenschaften als Schlüsselakteur in der Corona-Krise spielten, feststellte, dass

„Logik und Proportion, also Verhältnismäßigkeit, (…) in den letzten zwei Jahren in einer Welt, die sich für aufgeklärt und vernünftig hält, weitgehend außer Kraft gesetzt worden (…) sind – und diese Außerkraftsetzung ist dann auch noch mit einem wissenschaftlichen Imperativ begründet worden. Da ist man schnell bei dem berühmten Heidegger-Zitat: ‚Die Wissenschaft denkt nicht‘. Nein, Denken, das hat die Wissenschaft nicht getan. Das ist auch nicht ihre originäre Aufgabe. Genau deshalb dürfen wissenschaftliche Erkenntnisse nicht als unverrückbare Wahrheiten gelesen werden, sondern immer nur als zu interpretierende Möglichkeiten, als Grundlage für politische Schlussfolgerungen und Entscheidungen.“ (26)

Welchen „Erfolg“ Methoden und Techniken des Szientismus haben, konnte gut bei den Modellierungen der Gesamtsterblichkeit in sog. Beispielszenarien durch das SARS-CoV- 2-Virus im Kontext der Diskussion um die non-pharmaceutical interventions (NPIs) festgestellt werden. National wie international entfalteten mathematische Modelle des Infektionsgeschehens in der Corona- „Pandemie“ nämlich eine enorme politische Wirkung. Gerade zu Beginn der Corona-Zeit heizten dramatische Prognosen die Panik- Stimmung an. Dabei versagte dieser Mathematizismus und seine computergenerierten Modelle – der Mathematizismus ist ein typisches Merkmal des Szientismus – kläglich. Das geleakte Kommunikationspapier aus dem Innenministerium des Frühjahrs 2020 ging als Worst-Case-Szenario aufgrund falscher exponentieller Annahmen von exakt 1.159.441 (!) Todesfällen durch Covid-19 in Deutschland aus.

Der Corona-Chef-Berater der britischen Regierung, Neil Ferguson, der sich nicht an die strengen Corona-Regeln hielt, für die er selbst die szientistische Begründung gegeben hatte, und der deshalb Anfang Mai 2020 von seinem Amt zurücktreten musste, veröffentlichte eine Computer-Simulation, die über 500.000 Corona-Tote in Großbritannien und 2,2 Millionen in den USA im ersten Jahr der sog. Pandemie voraussagte. Wie der Arzt und Kritiker der Corona-Politik Gunter Frank bereits am 18.5.2020 schrieb, erwies

„sich dieses Modell als hysterische Überschätzung. Selbst die vielen Coronatoten in Großbritannien (ich möchte stets anfügen, dass diese Coronatoten (…) sehr wahrscheinlich auch die hohe Anzahl der Verstorbenen beinhalten, die unnötig intubiert wurden), werden bei weitem nicht die vorderen Ränge der jährlichen Todesursachenstatistik einnehmen, mit oder ohne Lockdown.“ (27)

Szientismus als Ersatzreligion

Ein weiteres wichtiges Kennzeichen des Szientismus und seines Weltbildes ist der Wissenschaftskult, der ersatzreligiöse Züge trägt. Im Mittelpunkt dieses Kultes steht

„der Glaube daran, dass uns die Wissenschaft eine im gewissen Sinne ‚bessere‘, ‚höhere‘ oder sogar ‚absolute‘ Wahrheit über die Welt liefert.“ (28) Auf die Corona-Zeit bezogen kann, wie unlängst der Public-Health-Experte Matthias Schrappe bemerkt hat, festgestellt werden, dass „einige Wissenschaften –in diesem Fall die Virologie – noch immer die Funktion des letztinstanzlichen Welterklärers einnehmen. Sie haben sich geradezu zur Religion aufgeschwungen“. (29)

Die Vorstellung, die ganze Wissenschaft zu repräsentieren und für die ganze Wissenschaft zu sprechen, den die durchökonomisierten, „gekauften“ Wissenschaften (30) heute nicht nur machtvoll, sondern mit missionarischem Anspruch und teilweise in aggressiver, den Bürger entmündigenden Diktion erheben – was als solches schon nicht wissenschaftsaffin ist – dieser ominöse Anspruch wurde drei Jahre vor Corona bereits durch ein Public-Relations – Groß-Event, den sog. „March of Science“, an die mediale Öffentlichkeit ausgesandt. Der Bildungsphilosoph Matthias Burchardt hat diesen „March of Science“, der „in den Nato-Demokratien am 22.4.2017 Angehörige von Universitäten und Hochschulen, (…) vorneweg die große Prominenz von Nobelpreisträgern und Verbandsspitzen (…), auf die Straße geschickt“ hat, „um für Wissenschaft und gegen die bösen ‚alternativen Fakten‘ zu demonstrieren“, und seine propagandistische Botschaft, mit den folgenden Worten kommentiert:

„Was auf den ersten Blick als Bekenntnis zur Freiheit der Wissenschaft und zur Idee einer Wahrheit unabhängig von Ideologien und Interessen erscheint, ist nichts anderes als ein letzter akademischer Totentanz. Wo waren die Marschierer und Empörten als im Namen von Bologna, Drittmittelsteuerung, unternehmerischer Hochschule und Exzellenz die Universitäten und Hochschulen abgewickelt wurden?

Als der Anspruch auf Erkenntnis und Bildung zu ‚junk-science‘ und Bulimie-Lernen herabgestuft wurden? Als die Hochschulräte die Managertypen zu Rektoren und Präsidenten machten? Als die zarten Pflänzchen der Hochschuldemokratie ausgerissen wurden und das Führerprinzip als Anglizismus im Leadership seine Auferstehung feierte? Als eine Generation von Nachwuchswissenschaftlerinnen prekarisiert und auf befristeten und geteilten Stellen verheizt wurde? Als Geheimverträge mit Pharmaunternehmen geschlossen wurden? Als Forschung sich zur Vorbereitung und Ausführung von Kriegen angedient hat? Als Kennziffern die Urteilskraft ersetzten?“ (31)

Fassen wir zusammen: Der Szientismus muss als jene (Schrumpf-) Form von Wissenschaft aufgefasst werden, die von den Steuerungstechniken spätkapitalistischer, korporatistisch verfasster Governance und ihren ökonomischen Verwertungsimperativen voll erfasst und einem gegenüber der Strukturlogik wissenschaftlichen Handelns blind am Laufen gehaltenen technokratischen Regime rigide unterworfen worden ist. Zunehmend beraubt der Szientismus die Wissenschaften ihres aufklärerischen und kritischen Geistes. Das führt dazu, dass heute bereits die eigentlichen wissenschaftlichen Antriebsfedern, nämlich der menschliche Erkenntnisdrang, der methodische Zweifel und die sachhaltige, unabhängig und ohne Ansehen von Personen, Institutionen, gesellschaftlichen und ideologischen Positionen geübte Kritik, in Nischen des Wissenschaftsbetriebes verdrängt wurden.

Nicht für Wissenschaftlichkeit als solche, sondern für ihr aus ökonomischem und politischem Kalkül modelliertes Zerr-und Abziehbild, wird stattdessen die Forderung „Follow the Science!“ seit spätestens 2017 propagandistisch promotet und als eine Art Soma der Technokraten und Transhumanisten unter die Leute gebracht. In jenem Jahr wurde sie erstmals in großem Stil und in bunten, bewegten Bildern kampagnenhaft, als geschickt umgesetzte PR-Idee und massenmediale Inszenierung als so genannter March for Science gelabelt. Die anhand dieses paradoxen Ereignisses – wahre Wissenschaften und Wissenschaftler können niemals im Gleichschritt marschieren! – von Burchardt benannten Eigenschaften des Szientismus gehören in ein eigenes, wichtiges Unterkapitel jener Vorgeschichte, die rekonstruiert werden muss, wenn man den Ursprüngen der Corona-Plandemie auf die Spur kommen will. Denn die Covid19-Krise, in der auserwählte Akteure der in Szientismus umgemodelten Wissenschaften – man denke dabei an die offiziellen Regierungsberater Anthony Fauci in den USA und Christian Drosten bei uns – in massenmedial aufbereiteten Formaten und mit prophetenartigem Framing (Drosten als Kassandra der Pandemie) die Bühne betraten, um dauerhaft als Päpste der  Wissenschaft – Virologie schien kurzerhand mit Wissenschaft gleichgesetzt worden zu sein – die Scheinwerferkegel des öffentlichen Interesses besetzt zu halten – fiel nicht vom Himmel, sondern bedurfte einer langjährigen Vorbereitung durch neoliberale Change-Agenten.

Der Aufstieg des Szientismus im Kontext der Machtzentralisierung durch die von Großkonzernen gesteuerte Global Governance

Doch die Beobachtungen und Befunde zum Szientismus bleiben episodisch, wenn sie nicht auf das eigentliche Oberthema hin befragt und in dessen Horizont interpretiert werden. Das Oberthema wird m.E. in dem Zitat von Hannah Arendt, das ich meinem Essay vorangestellt habe, deutlich : Es geht um die Konzentrations-und Zentralisierungsprozesse von Macht, die für Arendt per se konstitutiv für moderne politische Herrschaft sind. Diese Einordnung gibt der Darstellung nämlich über Wissenschaftskritik hinaus – sie dürfte immer nur eine Angelegenheit von Wenigen sein – erst ihre besondere Brisanz. Handelt es sich, angesichts der „Desorientierung der Welt“ (Alain Badiou), von der insbesondere unser derzeitiges Post-Corona-Interregnum Bände spricht, bei der  vernunftgeleiteten Kritik um den Versuch, wirklich „das Ganze“, wie Adorno gesagt hat, „im Blick zu behalten“, so muss die Krise der Wissenschaften – und mit ihr die Krise der Demokratie – im Fokus der Verschiebungen und Veränderungen der Machtgewichte- und der globalen Macht-Tektonik gedeutet werden.

Für das, was Arendt hellsichtig am Horizont als „Herrschaft des Niemand“ – d.h. „als das Böse, das von Niemandem mehr begangen wird“ – heraufziehen sah, hat der Wirtschaftsjournalist und Blog-Autor Norbert Häring, in „Endspiel des Kapitalismus“ (2022) eine materialreich dokumentierte, aktuelle Analyse vorgelegt. Laut Häring befinden wir uns in der Situation, dass

„die soziale Mega-Maschine des Kapitalismus in einem schlechten Zustand (...) ist. Der Zusammenbruch ist absehbar, wenn nichts Radikales geschieht. Die Aufgabe, die sich die globale Machtelite mit Schwerpunkt im Silicon Valley gestellt hat, besteht im (...) Übergang von der Mega-Maschine zu einer ‚Schönen neuen Welt“, in der ihre Macht und Privilegien bewahrt und festgeschrieben sind.“ (32)

„Digitaler Neofeudalismus“ ist für diese „Schöne neue Welt“ eine zwar nicht besonders freundlich klingende, wohl aber treffende Bezeichnung: Treibende Kraft hinter der Global Governance-Agenda sind die Big-Tech-Monopolisten, die Entrepreneure und Anführer des „digitalen Überwachungskapitalismus“, über deren Pläne und das dahinterstehende Denken und Handeln die Harvard-Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff 2019 ihr gleichnamiges, als epochal zu bezeichnendes Werk geschrieben hat (33).

Deutlich werden diese Einflüsse und Kräfte anhand der Entscheidungs- und Umsetzungsprozeduren und -mechanismen, durch die nationale Regierungen an die Leine der Global Governance gelegt und internationale Organisationen, allen voran die UNO, aber auch NGOs, Interessenverbände, einflussreiche Lobbyorganisationen, Medien, Kirchen, religiöse bzw. weltanschauliche Gruppen, für die Belange und Ziele dieser technologiegestützten informellen Weltregierung gekapert werden. Darin wird auch die Rolle der Wissenschaften immer stärker an die „Endspiel“-Bedingungen eines zunehmend autoritär (re-)agierenden Korporatismus angepasst und erfährt eine Umdefinition. Die aus dieser Umdefinition sich ergebenden Probleme werden vom Literaturwissenschaftler Peter Stohschneider so beschrieben:

„Wissenschaftsgläubigkeit (...) gebrauche ich als Ausdruck für einen Mangel an wissenschaftlicher Selbstdistanz. Szientokratisch schließlich wäre ein politischer Machtanspruch des Szientismus. Als Herrschaftsmodell würde er autoritär.“ (34)

Was bedeutet es in Alternativen zu denken und Auswege aus der Krise aufzuzeigen?

Da ich das Urteil der Philosophin und Publizistin Elena Louisa Lange: „Wir leben in einer Zeit der Gegen-Aufklärung, die mit der Idee des menschlichen Fortschritt gebrochen hat“ und Esfelds Aussage: „Die Corona-Politik ist der bisherige Höhepunkt eines neuen Szientismus, der mit dem Machtanspruch auftritt, die Gesellschaft entsprechend zu steuern“ für zutreffend und wichtig erachte, fiel mir zur Behandlung des dritten Teils meiner Überlegungen zum Versagen der Lehre(r) in der Covid-19-Krise (35) der Entschluss leicht, meine Kritik weiter gespannt im Rahmen der philosophischen Aufklärung, genauer im Kontext einer Vergegenwärtigung ihrer besonderen Leistungen, Errungenschaften und der bis heute nachwirkenden Potenziale und noch immer nicht eingelösten Versprechen, die mit dieser großartigen Bewegung zum „Geschichtszeichen“ (Immanuel Kant) wurden, darzustellen.

Durch dieses Vorgehen kann vermieden werden, dass die Kritik zu einseitig oder gar ausschließlich negativ ausfällt. Verständlicherweise lässt Kritik, die in massiver Art und Weise geäußert wird, ihre Empfänger oft frustriert zurück. Sie ist wohl auf Dauer auch nur Menschen mit einem extrem starken Nervenkostüm zumutbar. Wird man immer nur mit negativer Kritik konfrontiert, gehen Hoffnung und Zuversicht verloren und das ohnehin weit verbreitete Gefühl von Machtlosigkeit nimmt noch weiter zu.

Dadurch breiten sich Ohnmachtsgefühle immer lähmender aus und drohen sich zu verselbständigen. Und zwar so, dass diese Gefühle sich schließlich gegen die Lebens- und Antriebsimpulse der Menschen selbst richten, was bis zur Selbstaufgabe führen kann.

Gerade dieser Tage, wo nach Johann Wolfgang von Goethe „verwirrende Lehre zu verwirrtem Handel“ (...) über die Welt waltet“ (36) erscheint es daher geboten an Ludwig Wittgensteins berühmten Satz zu erinnern, dass es „Ziel der Philosophie“ sei, „der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas (zu) zeigen“ (37). Jedenfalls liegt meinem eigenen Versuch, der Aufklärung eine neue Bresche durch das verworrene Dickicht unserer Zeit zu schlagen, die Intention zugrunde, solche Auswege bei aller Kritik immer mit zu
bedenken und den Leser nach Möglichkeit explizit auf diese hinzuweisen. So können Alternativentwürfe -und Lösungen helfen, die festgefahrenen politischen Verhältnisse aufzubrechen und ihre ansonsten sterilen und auf der Stelle tretenden Auseinandersetzungen mit unorthodoxen, originellen Ideen neu zu befruchten. Neue Chancen und Wege können ohnehin nur dank der zu lobenden und keineswegs – so wie es heute leider an der Tagesordnung ist – zu verteufelnden Fähigkeit zum Quer- und gegen den Strich-Denken entstehen! In einer lebendigen Demokratie wäre die Fähigkeit zum Querdenken kein Anlass zur Stigmatisierung, sondern eine Tugend.

Besonders muss es darum gehen, die menschliche Einbildungskraft für die politischen Prozesse wieder zu stärken. Denn die Einbildungskraft ist das Vermögen, das für notwendige Veränderungsprozesse von ähnlicher Bedeutung ist wie der Sauerstoff fürs Atmen und für den menschlichen Stoffwechsel (38). Dank der Einbildungskraft wird es den Menschen erst möglich, über den Tag hinauszudenken und mit Zuversicht in eine offene Zukunft hinein zu handeln; ist unsere Spezies nicht wie die Tiere an die Gegenwart als dem „Pflock des Augenblicks“ (Friedrich Nietzsche) gekettet. Zur Bedeutung der Einbildungskraft hat Hannah Arendt bemerkt, dass „die bewußte Leugnung der Tatsache – die Fähigkeit zu lügen – und das Vermögen, die Wirklichkeit zu verändern – die Fähigkeit zu handeln – (...) zusammenhängen; sie verdanken ihr Dasein derselben Quelle: der Einbildungskraft“ und dann mit der ihr eigenen Emphase hinzugefügt:

„Es steht uns frei, die Welt zu verändern und in ihr etwas Neues anzufangen. Ohne die geistige Freiheit, das Wirkliche zu akzeptieren oder zu verwerfen, ja oder nein zu sagen – nicht nur zu Aussagen oder Vorschlägen, um unsere Zustimmung oder Ablehnung zu bekunden, sondern zu Dingen, wie sie sich jenseits von Zustimmung oder Ablehnung unseren Sinnes-und Erkenntnisorganen darbieten – ohne diese geistige Freiheit wäre Handeln unmöglich. Handeln aber ist das eigentliche Werk der Politik.“ (39)

Wie Norbert Häring im Vorwort zur Taschenbuch-Ausgabe seines Endspiel-Buchs bemerkt hat, wird es

„ohne dass eine Mehrheit vom Glauben an das System und die Alternativlosigkeit des Kapitalismus abfällt, keinen grundlegenden Wandel geben.“ (40)

Der Verlust des Glaubens ans herrschende System und der Gewinn an Einbildungskraft sollten folglich als zwei Seiten derselben Medaille betrachtet werden.

Das wiederum heißt, dass über die Fragen nach den Alternativen zum herrschenden System verstärkt und wieder con passione zu debattieren wäre!

Der schon genannte französische Philosoph Alain Badiou schrieb 2016:

„Der spektakuläre subjektive Sieg des globalisierten Kapitalismus hat dazu geführt, dass innerhalb von kurzer Zeit, von 1975 bis heute, die starke Idee, dass es allen Schwierigkeiten zum Trotz immer eine andere Möglichkeit gibt, aufgegeben beziehungsweise fast völlig entkräftet wurde. Noch in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts trieb sie weltweit Millionen von Menschen auf die Straße.“

Heute, so Badiou weiter, werde jedes vom Kapitalismus wegführende Denken „kriminalisiert“. Denn

„(...) das Ziel der Verfechter kapitalistischer Globalisierung ist mitnichten ein ethisches (…). Ihr Ziel ist es, den Boden für die Idee einer globalen, weltweiten, systemischen Alternative zum Kapitalismus für immer zu verderben. Aus zwei mach eins. Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob in einer Frage zwei Ideen im Widerstreit stehen oder es nur eine einzige gibt. Diese Alleinstellung ist für den subjektiven Sieg des Kapitalismus entscheidend“ (41)

so der Philosoph. Dies erklärt im Übrigen auch, warum wir es gesellschaftlich heute massiv mit dem Phänomen des Cancel Culture-Meinungsdiktats zu tun haben.

In dieses Sinn-Vakuum sind neue soziale Bewegungen und alternative Medien gestoßen. Mittlerweile hat sich das In-Alternativen-Denken auf den Internet-Seiten und Plattformen neuer, kritischer Medien schon länger einen prominenten und – wie man so schön heute sagt – „umstrittenen“ Platz erobert – so als ob man abweichendes Denken kurioserweise vorab mit einer Trigger-Warnung versehen müsste.

Schon seit geraumer Zeit verwandeln sich die Rinnsale dort in einen Fluss, der immer neue, kleinere und größere Zuflüsse erhält und so, sich immer mehr verbreiternd, in Richtung Mainstream strömt. Die ihm im Wege stehenden Hindernisse werden durch die anschwellenden Wassermassen und die sich Bahn brechende Kraft der Bewegung, erst unterspült, dann gelockert und schließlich fortgerissen.

Komplementär dazu kann beobachtet werden, wie gleichzeitig die Anzahl und Stärke sozialer Protest- und Bürgerrechtsbewegungen überall auf der Welt zugenommen haben. Der niederländische Politikwissenschaftler Kees van der Pijl beschreibt in seinem sehr lesenswerten Buch „Die belagerte Welt“ (2021) unter der Überschrift „Ein neues ‚1848’?“ diese Entwicklung:

„Die Menschen, die im digitalen Kapitalismus (...) vorübergehend oder dauerhaft aufgrund des globalen Arbeitskräfteüberschusses überflüssig werden, bleiben nicht passiv und warten ab, was als nächstes passiert. Sie reagieren aktiv, durch alle Arten von Widerstand und durch Migration aus den armen Teilen der Welt in die reicheren, vom Land in die Städte. Seit den 1980ern lebt die Mehrheit der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten, und auch dort sind Unruhen endemisch geworden. (...) Auch die Grenzen zwischen Streiks, Demonstrationen und Straßenunruhen mit Brandstiftung und Plünderungen sind fließend geworden. Ein Bericht der RAND Corporation von 1997 spricht von einer ‚Urbanisierung der Aufstände’. (...) die Finanzkrise hat den sozialen Kampf auf globaler Ebene nur beschleunigt. Gleich im Jahr 2018 kam es in mehr als 20 Ländern zu schweren Unruhen, weil die Menschen ihre täglichen Einkäufe nicht mehr bezahlen konnten. (...) Nach 2011 gab es weltweit einen starken Anstieg der Streiks. (...) Auch die Zahl der regierungsfeindlichen Demonstrationen nahm nach 2010 rapide zu (...) und brach den Rekord von 1968/69. Für Brzezinski waren die Aufstände des ‚arabischen Frühlings’ (...) Anlass für die Warnung (...), der globale Bevölkerungsüberschuss in Verbindung mit der Informationsrevolution kündige ein neues 1848 an, das Revolutionsjahr in Europa, in dem auch das Kommunistische Manifest erschien, (...) die akuteste Gefahr einer solchen Explosion bestehe in der EU (...). Vor allem Frankreich schien auf eine revolutionäre Krise zuzusteuern – bis die ‚Pandemie’ ausgerufen wurde.“ (42)

Van der Pijl vertritt die Ansicht, dass das Corona-Narrativ von den Eliten dazu geschaffen und benutzt wurde, die Unruhen, die er als Folge der weltweit sich verschärfenden kapitalistischen Überproduktionskrise sieht, zu beenden. Das Ziel konnte aber nicht erreicht werden, da die Proteste gegen die „Pandemie“-Maßnahmen unterschätzt wurden und der Politik es letztlich nicht gelang, diese Proteste erfolgreich genug einzudämmen.

Hunderttausend gingen allein in Deutschland im August 2020 bei der großen Querdenker-Demo in Berlin auf die Straße. Ein Jahr später wurde die Demo kurzfristig verboten, es kamen trotzdem Tausende, unter denen viele Opfer brutaler Polizeigewalt wurden. Doch der Widerstand friedlicher Demonstranten ließ sich dadurch nicht brechen. Die sog. Montagsspaziergänge, die monatelang gegen die Impfpflicht im Winter und Frühjahr 2021/22 dezentral und gleichzeitig an Hunderten von Orten in der Republik stattfanden, und die bis zu 400.000 Menschen bundesweit auf die Straße brachte, forderte die Polizei über die Grenzen ihrer Einsatz-und Belastungsfähigkeit hinaus, so dass die Politik für den Fall einer Bundestagsentscheidung pro Impfpflicht vorgewarnt war. (43)

Statt dass die Situation allgemein durch die Formierung von Massen-Gehorsam und - Gefolgschaft gegenüber der so genannten „neuen Normalität“ beruhigt werden konnten, schlugen die Proteste gegen die global gesteuerte Corona-Politik in zahlreichen Ländern ein neues Kapitel im Kampf gegen einen sich (noch) „smart“ gebenden Staatsautoritarismus mit totalitaristischen Tendenzen auf. Einen Kampf, den man als demokratisch-populistisch im besten Sinne bezeichnen kann (im Sinne von populistisch gleich für das Volk), da er von der gesellschaftlichen Basis seinen Ausgang nahm und dadurch weder parteipolitisch instrumentalisierbar noch leicht vereinnahmt werden kann.

Die Proteste sind seither nicht mehr verebbt. Daran ist – neben der nichts Gutes verheißenden Tatsache, dass die Eliten ihre Arbeit an der gesellschaftlichen Spaltung fortsetzen – abzulesen, dass sich im Bewusstsein der Protest-Akteure die Erkenntnis manifestiert hat, dass nach Corona die totalitaristische Bedrohung keineswegs vorüber ist. Vielmehr wird die Corona-Plandemie nun als Blaupause für die geplanten kommenden Angriffe auf die Gesellschaft und die Grundrechte der Bürger verstanden.

Wie die Corona-Krise eine Neubesinnung auf das aufklärerische Denken notwendig macht

Für das 21.Jahrhundert stellen die Ereignisse rund um die Freisetzung des SARS-CoV-2- Virus mit der darauf erfolgten weltweiten Ausrufung eines Gesundheitsnotstandes (nach einer verwässerten Pandemie-Definition der WHO von 2009) gewiss die bislang größte Herausforderung für die Aufklärung und das aufklärerische Denken dar. In einem beispiellosen Großexperiment wurde ein im Labor künstlich geschaffenes Corona-Virus, das womöglich gefährlicher sein sollte (oder eingeschätzt wurde) als es war, dafür benutzt, biopolitische Verhaltensänderungen, d.h. totalitäre Tendenzen in der Gesellschaft durchzusetzen, indem man die Bevölkerung an Überwachung (Tracing- Apps, 2-und 3G-Zugangsberechtigungen, digitalen Impfausweis, Maskenpflicht als Gehorsamsübung, Social Distancing als das „New Normal“ sozial angemessenen Verhaltens) gewöhnte.

So einschneidend tief, wie kein anderes historisches Ereignis seit Ende des Zweiten Weltkrieges, hat das Corona-Virus (genauer: die Angst vor der Gefahr durch dieses Virus) sich als Grenzerfahrung subkutan in die Seelen der Menschen eingegraben. Dies geschah durch die radikale Infragestellung der Normalität und unserer Normalitätserwartungen und – in Folge davon – durch die zahlreichen Angriffe und Erschütterungen, denen unsere stabilitäts- und identitätsgebenden Routinen durch das Pandemie-Regime unter den Bedingungen eines veritablen, permanenten Dauer-Stress- Feuerwerkes über mehrere Jahre hinweg ausgesetzt waren. Erschütterungen, z.B. in Form von Maßnahmen zur angeblichen Gefahrenabwehr, die den Grundrechteschutz der Bürger aushebelten, und von denen lange nicht klar war, wieweit der Staat mit seinen Maßnahmen (Impfpflicht) gehen würde. In Gestalt von Traumatisierungen und Angststörungen, die sich dem Unbewussten und teilweise auch dem Über-Ich dauerhaft eingeschrieben haben, hält dieser Zustand unvermindert an. Durch die vorsätzlich inszenierte Panik und die dadurch hervorgerufenen und geschürten Ängste, lässt das Geschehene sich auch nach Beendigung des Notstandes weiterhin nur schwer rational verarbeiten.

Hinzu kommen die negativen Auswirkungen der mRNA-Gentherapie. Sie erschweren die rationale Auseinandersetzung mit dem Corona-Komplex. Denn die Gefährdung durch die „Impfung“ wird von jenen, die sich diese Stoffe injizieren ließen, aus naheliegenden psychologischen Gründen verdrängt. Die dahinterstehende Psycho-Logik hat Hannah Arendt schon vor einem halben Jahrhundert erklärt: „Lügen erscheinen dem Verstand häufig einleuchtender und anziehender als die Wirklichkeit, weil der Lügner den großen Vorteil hat, im Voraus zu wissen, was das Publikum zu hören wünscht“. (44)

Bei Corona bestätigt sich diese Einsicht gleich auf mehrfache Weise, u.a. dadurch, dass man an die Wirkung eines sog. Impfstoffes glauben wollte und überzeugt war, dass – wenn sich nur alle damit „impfen“ ließe – die Gefahr gebannt sei und die Gutgläubigen deshalb im Recht waren, die Schuld für die nicht endende „Pandemie“ bei den „Ungeimpften“ zu suchen.

Mittlerweile hat sich die Verabreichung der gesundheitsgefährdenden und nicht bzw. nicht ausreichend geprüften experimentellen mRNA-Substanzen als der größte Arzneimittelskandal in der ohnehin an Skandalen besonders reichen Geschichte der Pharmaindustrie herausgestellt – sofern es tatsächlich bei der Bewertung der mRNA- Technologie als pharmazeutisches Produkt bleiben sollte (45).

Das kollektive Aufwachen bei der davon betroffenen und in Mitleidenschaft gezogenen Bevölkerung lässt dennoch weiter auf sich warten.

Trotz anhaltenden, auf Hochtouren laufenden Verschleierungs- und Vertuschungsversuchen über die Ausmaße des Betrugs und der Schäden durch die irreführenderweise als Vakzine deklarierten Stoffe, kommen mehr und mehr Beweise ans Licht, die die Glaubwürdigkeit des offiziellen Narrativs immer nachdrücklicher in Frage stellen und erschüttern. Dadurch entsteht objektiv für die Verantwortlichen ein immer größerer Erklärungs- und Rechtfertigungsdruck.

In einem Offenen Brief an das israelische Gesundheitsministerium, der von Prof. Ehud Quimron, Leiter der Abteilung Immunologie und Mikrobiologie an der Universität Tel Aviv verfasst wurde, heißt es:

„Am Ende wird immer die Wahrheit ans Licht kommen. Und die Wahrheit über die Corona- Politik beginnt sich zu offenbaren. Wenn die zerstörerischen Konzepte nach und nach zusammenbrechen, bleibt nichts anderes übrig, als die Experten, die das Management der Pandemie anführten, darauf hinzuweisen: ‚Wir haben es Ihnen gesagt.‘ “ (46)

Dass die Aufarbeitung bislang nur zögerlich in Gang gekommen und gesamtgesellschaftlich bis dato ausgeblieben ist, steht im engen Zusammenhang mit den disruptiven und schockartigen Qualitäten des Covid-19-Phänomens.

Es werden noch viele Hindernisse und Blockaden nicht zuletzt psychisch überwunden werden müssen und es wird noch viel Geduld und Beharrlichkeit erforderlich sein, bis es zu einer rückhaltlosen öffentlichen Aufklärung, zu einem wirklich offenen und ungeschminkten Aussprechen der Wahrheit und – im weiteren Verlauf dieses Prozesses – damit auch zu einer juristischen Klärung der Verantwortlichkeiten sowie zu strafrechtlichen Konsequenzen für die Täter kommen  kann.

Aspekte und Eigenschaften der Aufklärung, die ihre ungebrochene Aktualität bezeugen

Was kann angesichts der heutigen Lage getan werden, um dafür zu sorgen, dass die gesellschaftliche Schockstarre, die unser Land lähmt, überwunden wird?

Meine Antwort auf diese Frage lautet, dass wir uns der Aufklärung sowohl als geschichtliche Epoche als auch als Denkungsart, wieder bewusst werden sollten. Vieles aus der Geschichte der Aufklärung ist es wert, von uns erneut zum Vorbild genommen zu werden.
 
So heißt radikal zu sein im Kontext der Aufklärung, dass die Probleme – seien es Probleme des Denkens, des Handelns oder solche des Wahrnehmens und Fühlens – am besten an ihren Wurzeln zu packen sind, um sie richtig verstehen und dann auch tatsächlich besser lösen zu können. Radikal sein im Sinne der Aufklärung heißt auch, sich die große (selbst-) befreiende Macht des erkennenden Subjekts – Selbstbefreiung verstanden als ein Wissen, das reflexiv wird und so in Handeln übergeht – ins Gedächtnis zu rufen. Daher soll einem Wiederanknüpfen an diese optimistische, denk- und diskursfreudige, mutige und blühende Epoche des europäischen Geisteslebens beherzt das Wort geredet werden.

Es ist auch daran zu erinnern, dass damals, an der Epochenschwelle zur Moderne, die Aufklärung mit ihrem umfassenden Programm des Enlightenments bereits einmal der Welt geschichtlich den Weg aus einer Sackgassen-Situation wies. Damals war diese Situation durch die Widersprüche entstanden, die aufgrund des starren dogmatischen Festhaltens an Feudalismus und Absolutismus produziert wurden. Die Widersprüche kumulierten sich in dem Maße zum systemischen Gesamt-Problem, wie Feudalismus und Absolutismus als Herrschaftstypen durch die Entwicklungsprozesse an der materialen Basis der Gesellschaft und dem Stand  der Produktionsfaktoren und der Produktivkräfte objektiv bereits überholt waren, die herrschende Klasse aber zu den notwendigen gesellschaftlichen und politischen Veränderungen nicht imstande war. Wirtschaft und Gesellschaft wurden in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts dadurch insgesamt zunehmend dysfunktional und immer störanfälliger. Gegen diese Perturbationen im Dauer-Krisen-Modus, die an die heutige Zeit erinnern und damals zur Französischen Revolution führen sollten, stand die Aufklärung, bzw. sie erklären deren Aufstieg.

Denn in der „Aufklärung beflügelte“, wie es der Berliner Historiker Paul Nolte formulierte,

„(…) im allgemeinsten Sinne (...) die Menschen (…) ein optimistischer Geist des Aufbruchs und der Gestaltbarkeit der Welt, die damit ihrer vermeintlichen Schicksalhaftigkeit entrissen wurde“ (46).

Gerade „der optimistische Geist des Aufbruchs“ sowie der „beflügelnde“ Glaube an „die Gestaltbarkeit der Welt“ sind es, die in Zeiten vorherrschender „Ich-kann-doch-eh’- nichts-machen“ – Larmoyanz-Dominanz unserer Gesellschaft schmerzhaft abhanden- gekommen sind.

Nach Ansicht Manfred Geiers, Autor mehrerer vorzüglicher Monografien über die Aufklärung,

„zeigt sich Aufklärung (...) im kulturgeschichtlichen Rückblick (...) als ein europäisches Projekt mit universellem Anspruch. Lumières philosophique, Enlightenment, Aufklärung und Illuminismo gehören zum Besten, was ein kosmopolitisches Europa zu bieten hat, das mehr sein will als ein bürokratisch geregeltes Wirtschaftsgeflecht, das von einer finanzpolitischen Krise in die nächste getrieben wird.“ (47)

Hören wir dazu auch die Worte eines weiteren Historikers, Philipp Blom. Dieser legte mit „Böse Philosophen“ 2011 (48) ein fesselndes Werk über die Aufklärung, genauer gesagt über die Geschichte ihres materialistisch-sensualistischen Zweiges vor. Dieser Zweig kann recht gut von der deistischen Aufklärung unterschieden werden, zu deren wichtigsten Denkern Hume, Locke, Voltaire und Kant gehören. Die materialistisch- sensualistische Schule bildete sich vornehmlich aus einer kleinen Gruppe von Urhebern nennen wir sie besser „Geburtshelfern“– die die Idee der Enzyklopädie der Wissenschaften um 1750 zur Welt brachten und den über 200 Autoren, die über einen Zeitraum von 30 Jahren Artikel zu diesem äußerst ehrgeizigen Projekt beitrugen. Mit der Enzyklopädie wurde der Wissensstand der Epoche im Übergang vom ancien regime zum Zeitalter der Revolutionen in einer historisch einzigartigen intellektuellen Kraftanstrengung gesammelt, geordnet, gesichert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Nachfrage nach den teuren Folianten war für damalige Verhältnisse exorbitant hoch und die Enzyklopädie wurde trotz aller Probleme mit der Zensur auch ein wirtschaftlicher Erfolg für die Verleger.

„Böse Philosophen“ schildert die wechselvolle Geschichte der Enzyklopädie, vor allem aber den illustren Zirkel radikaler Aufklärer, wie er sich bei exzellenter Küche und besten Burgunder-Weinen in den Winterhalbjahren regelmäßig im Pariser Salon des deutschstämmigen Philosophen Baron Paul Henry Thiry d’Holbach (49). (1723 im pfälzischen Edesheim geboren, im Revolutionsjahr 1789 in Paris gestorben) – wie Holbachs Gastfreundschaft, so genoss auch sein Weinkeller einen legendären Ruf – zum Philosophieren traf (50). Zu den Stammgästen der Tafel gehörten Denis Diderot, David Hume, Claude-Adrien Helvétius, Julien Offray de la Metrie, Étienne Bonnet de Condillac, Friedrich Melchior Grimm und Jean-Jacques Rousseau. Die Briten Laurence Sterne und Adam Smith nahmen daran während ihrer z.T. längeren Paris-Aufenthalte teil.

Im Epilog zu seinem philosophischen Panorama resümiert Blom:

„Die Ideen der radikalen Aufklärer sind noch immer radikal, so lebendig wie am ersten Tag. Noch immer haben sie Kraft, noch immer sind sie schön, und noch immer fordern sie uns dazu heraus, uns zu hinterfragen und uns dem Risiko auszusetzen, dass dabei auch tradierte Grundannahmen unseres Lebens beschädigt oder zerstört werden, bevor wir lernen, neu über uns und andere nachzudenken.“ (51)

Die Aufklärer

„traten für eine Gesellschaft ein, die frei, gerecht und nicht auf Lügen und Unterdrückung basieren sollte, und plädierten für ein Leben ohne Angst.“ In den Salons „wurden diese Ideen eifrig diskutiert und subversive Bücher verfasst. (…) Mit intellektuellem Wagemut rang man um eine zeitgemäße Philosophie, (…) die nicht nur auf die Kraft des Verstandes setzt, sondern auch den Leidenschaften einen angemessenen Platz einräumt.“ (52)

Mit dem Programm einer „zweiten Aufklärung“ (Neil Postman) im Rücken, sollen im Folgenden die Hinweise Noltes, Geiers und Bloms auf die Verdienste der Aufklärung uns Anlass geben, einen physiognomisch-genauen Blick auf diese Epoche zu werfen. Die Perspektive, die dabei eingenommen wird, wird von der Frage bestimmt, was uns die Aufklärung im Spiegel der Gegenwart und ihrer Polykrisen eigentlich zu verstehen gibt.

Kurz: Wir fragen danach, was wir über unsere Lebensführung, über unsere Aufgaben und die zur Überwindung der Krise notwendigen Veränderungen von der Aufklärung lernen könnten und vielleicht auch sollten.


Über den Autor:

Bernd Schoepe (Jahrgang 1965), freier Autor, ist langjähriges GEW-Betriebsgruppen-Mitglied, ehem. Vertrauensmann und Mitglied der Hamburger Lehrerkammer. Hauptberuflich arbeitet er als Deutsch-, Politik- und Philosophielehrer an einer Hamburger Stadtteilschule und ist seit 2003 im Hamburger Schuldienst. Zusammen mit dem Rechtsanwalt Sebastian Lucenti, der Initiatorin von „Schule bleibt offen“, der Pädagogin Stefanie Raysz, dem Leipziger Gymnasiallehrer und GEW-Vorstandsmitglied Alexander Wittenstein und dem Professor für Kinderpolitik an der Hochschule Magdeburg/Stendhal, Dr. Michael Klundt, gehört er zu den Gründungsmitgliedern des Pädagogischen Netzwerkes für die Aufarbeitung der Corona-Krise. Kontakt: berndschoepe(at)gmx.de


Anmerkungen

1 Michael Esfeld, Pandemischer Szientismus, https://www.novo- argumente.com/artikel/pandemischer_szientismus, 9.2.2022.
2 Ebd.
3 https://www.cicero.de/innenpolitik/politische-rolle-der-wissenschaft-corona- szientismus-oder-freiheit, 10.2.2022.
4 Ebd.
5 https://de.wikipedia.org/wiki/Bologna-Prozess, letzter Zugriff am 17.11.2023.
6 https://www.wiwo.de/politik/deutschland/philosoph-konrad-paul-liessmann-wer- keine-ahnung-von-geschichte-hat-dem-hilft-auch-wikipedia-nicht- weiter/10830084.html, 13.10.2014.
7 https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/tagungsbericht-irrwege-von-bologna.html, 6.5.2013.
8 „Gesellschaft im Ausnahmezustand – Was lernen wir aus der Coronakrise“, Diskussionsveranstaltung der Universität Graz, https://www.youtube.com/watch?v=5j5WHi67-go, 24.1.2024.
9 https://www.corrigenda.online/politikhttps://www.corrigenda.online/politik/und- bist-du-nicht-hoerig-so-gebrauche-ich-zwang, 3.3.2024.
10 Elena Louisa Lange: Der Schutz ‚vulnerabler Gruppen’ als Krieg gegen alle, https://static1.squarespace.com/static/622f6ca52d7e151d48783a36/t/63bc1eb4a468 b037932355a9/1673273102006/Vortrag+von+Elena+Lange+9.12.22.pdf
11 Rudolph Bauer, Vernunft in Quarantäne, Lockdown als Zivilisationsbruch und Politikversagen, Bergkamen 2021.
12 Kölner Erklärung – Zum Selbstverständnis der Universität, https://pot81.de/wiki/index.php/K%C3%B6lner_Erkl%C3%A4rung-_Zum_Selbstverst%C3%A4ndnis_der_Universit%C3%A4t. – Betrachtet man nun etwa das Kommunikationsverhalten und die Kommunikationsstruktur zwischen dem Robert-Koch-Institut und der Regierung, so fällt auf, dass während der gesamten Dauer des Pandemiemanagements dieses funktional-operative Wissen die Oberhand behalten hat, auch zwar dort, wo – wie die zahlreichen Fälle aus den Protokollen belegen – sich das Gesundheitsministerium über die anderslautende fachliche Expertise des RKI hinweggesetzt hat. Das reflexive Denken, zu dem die Fachexperten, wiederum ausweislich der Protokolle, also durchaus fähig waren, kam überhaupt nicht zum Zug. Es ist daher naheliegend, ein solches Kernversagen einer wissenschaftlichen Institution auf die Veränderungen im wissenschaftsstrukturellen und wissenschaftspolitischen Bereich zurückzuführen, die in den letzten drei Jahrzehnten stattgefunden haben. Sie dürften sogar unmittelbar dafür verantwortlich sein, da zumindest der jüngere Teil der hier betroffenen Wissenschaftler die PISA-und Bologna-(Hoch-)Schule durchlaufen hat.
13 Ebd.
14 Michael Esfeld zur Begründung des wissenschaftlichen Moralismus im Cicero, Szientismus oder Freiheit, a.a.O.
15 Das ist u.a. daran zu erkennen, dass die politisch-ideologisch auseinanderdriftenden Teile der Bevölkerung durch Empörungsmanagement so gegeneinander aufgehetzt werden, dass der sich moralisch überlegen dünkende Teil inzwischen offen zur Menschenjagd auf AfD‘ler aufruft – und sie auch betreibt, wie man es zum Parteitag der AfD unlängst auf den Straßen und Plätzen der Stadt Essen sehen und bestaunen konnte, Der Mob sah sich dort sogar befugt, Journalistenausweise zu kontrollieren und Menschen nach Freund/Feind-Schema, z.B. anhand ihres Aussehens, Kleidungsstils, der Bekleidungsfarben und dergleichen zu selegieren, all das natürlich im geheiligten Namen des Antifaschismus“, der – zur Farce geworden – als grelle Agitprop-Truppe und Freak-Show zur Verteidigung von Mainstream-Meinungen (!) längst die Seiten gewechselt hat.
16 Siehe Bernd Schoepe, Cancel Culture macht Schule. Wie der neoliberale Schulumbau eine institutionalisierte Form von Cancel Culture hervorbringt, die Demokratie und Bildung gleichermaßen abzuwickeln droht. https://bildung-wissen.eu/wp- content/uploads/2021/12/NVBSCancel-Culture-macht-Schule-Endfassung-B.S.-
%E2%80%93-08.12.2021.pdf, 16.12.2021.
17 Tove Soiland, Postideologischer Totalitarismus, Was der ‚Kampf gegen rechts’ verdrängt, https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162247.die-linke-und-corona-ein- postideologischer-totalitarismus.html, 18.3.2022.
18 https://multipolar-magazin.de/artikel/der-ewige-krieg-gegen-die-natur, 10.7.2024.
19 Ebd.
20 Herbert Marcuses repressive Toleranz lässt da spät grüßen! Siehe Herbert Marcuse, Repressive Toleranz. In: Kritik der reinen Toleranz, Frankfurt/M. 1966.
21 Herbert Ludwig, Die Totalitarismus-Energie des Dr. Drosten, 10.11.2023: https://fassadenkratzer.wordpress.com/2023/11/10/die-totalitarismus-energie-des- dr-drosten/#more-13174
22 Esfeld, Pandemischer Szientismus, a.a.O.
23 Der sensus communis entsteht allerdings zuvörderst dadurch, dass sich der Mensch nicht auf ein bloß zweckrational handelndes, egoistisches Wesen reduzieren lässt; dies aber ist das Menschenbild der herrschenden Ökonomie, der Politik und der an sie angeschlossenen Public-Relations-Abteilungen.
24 Esfeld, Szientismus oder Freiheit, a.a.O.
25 Boris Kotchoubey, Die Pflicht zur Freiheit, https://www.novo-argumente.com/artikel/die_pflicht_zur_freiheit, 21.7.2022. Der Tübinger Psychologie-Professor Boris Kotchoubey erwähnt in diesem Zusammenhang noch, dass „kein Anhänger des szientistischen Glaubens (…) erklären kann, aufgrund von welchen Kriterien man überhaupt die Vorstellungen von der Natur, die uns einerseits eine physikalische Theorie (Wissenschaft) und andererseits eine impressionistische Malerei (Kunst) liefert, miteinander vergleichen kann, um zu bestimmen, dass eine davon „besser“ ist als die andere.“ Das erklärt die quasi-religiösen Quellen des Szientismus, denn wenn, so Kotchoubey, „(…) es nicht möglich ist, die szientistische Idee über einen höheren Status von Wissenschaft im Vergleich mit anderen Formen der geistigen Tätigkeit mit Fakten und Logik zu beweisen oder zurückzuweisen, bleibt sie lediglich ein Glaube, d.h. sie ist unwissenschaftlich, obwohl – nein, gerade weil – sie an Wissenschaft glaubt.“
26 Extradisziplinarität ist als jenes Phänomen zu verstehen, dass in Mediendemokratien bei schwachen bzw. restriktiven Partizipationsmöglichkeiten einer idealtypisch engagierten Bürgerschaft auftritt und als solches das öffentliche Bild der Corona-Zeit bestimmt hat: „Im Schockmoment der Krise zeigt sich die undisziplinierte Extradisziplinarität des Expertenstatus beispielsweise darin, dass Laborvirologen pädagogische Ratschläge für ein verantwortbares Alltagsverhalten geben, Mediziner Populärpsychologie betreiben, Philosophinnen und Ethiker vor der biomedizinischen Infektiosität des Virus warnen, Physikerinnen in eindringlichen Appellen die sofortige Schließung von Schulen und Kindergärten fordern, mathematische ‚Komplexitätsforscher‘ die nichtintendierten Folgen von Eindämmungsmaßnahmen einfach ignorieren oder Soziologen Maskenempfehlungen aussprechen, Mutmaßungen über die biomedizinische Dynamik des Infektionsgeschehens anstellen und daraus konkrete politische Handlungsempfehlungen ableiten.“ Kraus Kraemer, Was kann die Soziologie im Schockzustand einer Krise leisten? Eine Entgegnung auf Heinz Bude, Soziologie, 52, 1, S. 20 f.
27 Ulrike Guérot, Wer schweigt, stimmt zu. Über den Zustand unserer Zeit und darüber, wie wir leben wollen. Frankfurt/M. 2022, S. 71 f.
28 https://www.achgut.com/artikel/der_alte_code_und_das_neue_virus%C2%A0, 18.5.2020.
29 Kotchoubey , a.a.O.
30 https://www.cicero.de/comment/419249, 27.6.2024.
31 Christian Kreiss, Gekaufte Wissenschaft. Wie uns manipulierte Hochschulforschung schadet und was wir dagegen tun können. Hamburg 2020.
32 Matthias Burchardt, March for Science – Dead Men Walking, in: Ders., Gegen den Strich, Essays und Aufsätze, Bergkamen 2018, S.16.
33 Norbert Häring, Das Endspiel des Kapitalismus, a.a.O., S.218 f.
34 Shoshana Zuboff, Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Frankfurt/M. 2019.
35 https://www.wissenschaftskommunikation.de/das-problem-mit-follow-the-science- 78719/, 15.7.2024.
36 Siehe dazu: Bernd Schoepe, https://www.gew-ansbach.de/2023/06/die-schwarze-corona-paedagogik-und-ihr-beharrliches-schweigen/, 12.6.2023.
Ders.: https://www.gew-ansbach.de/2023/12/die-corona-krise-und-der-rueckfall-der-lehrer-hinter-die-aufklaerung/, 23.12.2023.
37 Das vollständige Zitat aus dem letzten Brief, den Goethe an Wilhelm von Humboldt, fünf Tage vor seinem Tod am 17.3.1832 schrieb, lautet:
„Der Tag aber ist wirklich so absurd und konfus, dass ich mich überzeuge, meine redlichen, lange verfolgten Bemühungen um dieses seltsame Gebäu“ (Goethe spricht hier die Arbeit am Faust II an, Anm. B.S.) „würden schlecht belohnt und an den Strand getrieben, wie ein Wrack in Trümmern daliegen und von dem Dünenschutt der Stunden zunächst überschüttet werden. Verwirrende Lehre zu verwirrtem Handel waltet über die Welt, und ich habe nichts angelegentlicher zu tun, als dasjenige, was an mir geblieben ist wo möglich zu steigern und meine Eigentümlichkeiten zu kohibieren“ (d.h. einen Destillationsprozess durchzuführen, Anm. B:S.), wie Sie es, würdiger Freund, auf ihrer Burg ja auch bewerkstelligen.“
38 Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, § 309.
39 Die menschliche Einbildungskraft ist jedenfalls für die politische Urteilsfähigkeit viel wichtiger, als wir uns das heutzutage im Allgemeinen einzugestehen bereit sind. Das ist ein wichtiger Grund dafür, an die Aufklärer zu erinnern, die gerade auf die Kultivierung der menschlichen Einbildungskraft Wert legten.
40 Hannah Arendt, Die Lüge in der Politik, in Dies., Wahrheit und Lüge in der Politik. Zwei Essays, München 2013, S. 8 f.
41 Norbert Häring, Endspiel des Kapitalismus, Vorwort zur Taschenbuchausgabe, Berlin 2022. Vertiefend dazu auch: https://norberthaering.de/news/corona-aufarbeitung/, 20.11.2023.
42 Alain Badiou, Wider den globalen Kapitalismus. Für ein neues Denken in der Politik nach den Morden von Paris, Berlin 2016, S.22 f.
43 Kees van der Pijl, Die belagerte Welt. Corona: Die Mobilisierung der Angst – und wie wir uns daraus befreien können, Ratzert 2021, S.37 ff.
44 https://multipolar-magazin.de/artikel/corona-proteste-aktueller-lagebericht-1, 5.1.2022
https://multipolar-magazin.de/artikel/300000-gegen-impfpflicht, 11.1.2022,
https://multipolar-magazin.de/artikel/proteste-weiten-sich-aus, 26.1.2022.
45 Arendt, Wahrheit und Lüge in der Politik, a.a.O., S.10.
46 In den USA ist möglicherweise gerade ein juristischer Durchbruch bei der Beurteilung der Gefährlichkeit der mRNA-Substanzen erzielt worden: Ein Urteil eines Berufungsgerichtes erklärte diese zu Biowaffen.
47 https://www.youtube.com/watch?v=A71fZ4s6YS8
48 Zitiert nach Hans Klumbies, Das Demokratieverständnis in der Epoche der Aufklärung https://www.wissen57.de/paul-nolte_die-aufklarung. https://www.wissen57.de/paul- nolte_die-aufklarung.html, zuletzt aufgerufen am 23.11.2023.
49 Manfred Geier, Aufklärung, Das europäische Projekt, Hamburg 2013, S. 10.
50 Philipp Blom, Böse Philosophen. Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung, München 2011.
51 D‘Holbach wurde 1723 im pfälzischen Edesheim geboren und ist im Revolutionsjahr 1789 in Paris gestorben. Er wollte „durch das Aufzeigen der Irrtümer und der Blockierungen durch Religion und Metaphysik dem menschlichen Bewusstsein den Zugang zu wirklichen Erkenntnissen zu ermöglichen. Anstelle einer durch ein Glaubensbekenntnis geoffenbarten Ethik wollte d’Holbach (…) eine empirisch überprüfbare Form gesetzt sehen.“ In seinem Spätwerk „trat d‘Holbach (…) für ein moralisches System ein, das auf einer Analyse der menschlichen Bedürfnisse und Verhaltensweisen basiert. (…) Er kritisiert den Machtmissbrauch scharf und forderte eine Reform des politischen Systems.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Henri_Thiry_d%E2%80%99Holbach, letzter Zugriff am 7.10.2023.
52 Im Sommer lebte der Baron auf dem Land. Dort empfing er, der als Kind in die Obhut seines reichen französischen Onkels kam, seine Besucher in einem Schloss vor den Toren der Hauptstadt. Diderot lebte und arbeitete immer wieder gerne dort, da er das Schloss als ruhigen und komfortablen Rückzugsort schätzte und ansonsten – neben seiner Arbeit – die fröhliche Geselligkeit der Familie des Barons genoss.
53 Blom, Böse Philosophen, Epilog S. 373.
54 Zitiert nach Ursula Homann, Die besten Köpfe Europas, Rezension des Buchs „Böse Philosophen“ von Philipp Blom, https://literaturkritik.de/id/15608, 6.6.2011.


Plädoyer für eine neue Aufklärung - Teil 2:
Freiheit, Gerechtigkeit und Wagemut – Der Kampf für Wissen und Wahrheit und die Lust am Denken - Oder: Woran die Aufklärung uns erinnern sollte
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