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Aktueller Online-Flyer vom 23. Dezember 2024  

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Kultur und Wissen
Auswege aus dem „Fliegenglas“ der Post-Corona-Krise? Wie die spätestens seit der Panik-Pandemie etablierte Herrschaft der Unvernunft durch ein ganzheitliches Projekt der Bildung, Selbstermächtigung und Selbstorganisation überwunden werden kann.
Plädoyer für eine neue Aufklärung – Teil 2: Freiheit, Gerechtigkeit und Wagemut – Der Kampf für Wissen und Wahrheit und die Lust am Denken – Oder: Woran die Aufklärung uns erinnern sollte
Essay von Bernd Schoepe

Krise ist ein Wort aus dem Alt-Griechischen. Das Wort kann mit Entscheidung, aber auch mit Wahl übersetzt werden. Betrachtet man die Polykrisen der Gegenwart, wird klar, dass neue Orientierung gewonnen und alternative Entscheidungen getroffen werden müssen – und zwar am besten solche, mit denen wir die Krise im aufrechten Gang hinter uns lassen können! Um mit solch einer Haltung die derzeitige hochexplosive Zusammenballung und Verdichtung des Krisenhaften, die wir erleben, überwinden zu können, muss man es sehr genau mit der Frage nehmen, welche Richtung eingeschlagen werden soll. Denn eine gute, d.h. im Nachhinein sich als richtig herausstellende Entscheidung, lässt sich nur treffen, wenn man die Krisenverursacher fest dabei in den Blick nimmt und in den oft langen und heftig umkämpften Prozessen, die diese Entscheidungsfindungen begleiten bzw. ihnen vorausgehen, auch behält.

    „Wozu sonst ist Geschichte da, wenn nicht, um uns an unsere besseren Träume zu erinnern? Dessen eingedenk, schlage ich vor, daß wir unsere Aufmerksamkeit dem achtzehnten Jahrhundert zuwenden. Dort (…) können wir Ideen finden, die der Zukunft eine humane Richtung offerieren, Ideen, die wir mit Zuversicht und Würde (…) ins einundzwanzigste Jahrhundert hinübertragen können. Es sind keine befremdlichen Ideen. Sie sind uns noch nah. Es ist gar nicht so schwer, sich ihrer zu erinnern. Ich schlage vor, uns einiger von ihnen erneut zu bemächtigen, unter folgender Voraussetzung: Ich meine nicht, daß wir das achtzehnte Jahrhundert werden sollen, sondern nur, daß wir von dem Guten daran Gebrauch machen.“ (Neil Postman, Die zweite Aufklärung, S.25)

    „Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen kann, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben.“ (Voltaire)

    „Nur solange kritische Aufklärung möglich und ungehindert zugänglich ist, hat das Bekämpfen der die gesamte Menschheit bedrohenden Rückwärtsentwicklung, die sich als vorwärtsgerichtet tarnt, Aussicht auf den Sieg in Freiheit, Frieden, Fortschritt und Glück.“ (Rudolph Bauer, aus dem Vorwort zum „Kritischen Wörterbuch des Bunten Totalitarismus“, Bergkamen 2024)

Im zweiten Teil meines Plädoyers für eine neue Aufklärung möchte ich erläutern, auf welche grundlegenden Einsichten und Errungenschaften dieser Epoche wir uns zur Überwindung der Post-Corona-Krise – Corona hat die allgemeine Krise der Politik bzw. des Politischen offenbart – besinnen und stützen sollten. Die Frage lautet, in welche Richtung und mit welchen aus den Magazinen der Aufklärung stammenden Bordmitteln im Gepäck wir den vor uns liegenden Weg gehen sollten. Die abermalige Hinwendung zur Aufklärung, ihren Erkenntnissen und Traditionen, bedeutet in dem hier vorgeschlagenen Sinne erst, wirklich voranzuschreiten. Denn nur so lässt sich meiner Ansicht nach das Fortschrittsversprechen der Moderne auf eine human verträgliche Art und Weise revitalisieren.

Gehen sollten wir daher:
  • Erneut den Weg des „Sapere aude“, den Weg des: „Habe Mut zu wissen!“ Kants berühmte Losung zielt darauf ab, dass die Menschen sich aus eigener Willenskraft selbst befreien (können). Kant und die anderen Aufklärer gingen scharf mit den menschlichen Schwächen ins Gericht. Feigheit und Bequemlichkeit stehen dem Denken entgegen. Faulheit und Bequemlichkeit identifizierten sie als die größten Hindernisse auf dem Weg zur Selbsterkenntnis und der Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse (58). Auch heute sind sie wichtige Ursachen dafür, dass schlimme, an sich untragbare Zustände fortbestehen. Daher gilt: „Das, was wir heute üben und kultivieren dürfen“, ist, wie der Schriftsteller Thomas Eisinger es formuliert hat, „persönlicher Mut. Denn der gestattet es uns immer öfter aus Konformität und Autoritätshörigkeit auszubrechen“ (59)

  • Wir sollten erneut den Weg des persönlichen Mutes und der Zivilcourage, mit denen man für seine Überzeugungen einsteht, gehen. Die Aufklärer haben ihren Zeitgenossen Mut gemacht. Dazu gehört, dass sie ihre Überzeugungen selbst mutig vertraten. So warf man Diderot ins Gefängnis, „weil er ‚radikale‘, also atheistische und materialistische Gedanken seinerzeit zu Papier gebracht“ (60) hatte. Blom erinnert daran, dass Diderot „während seiner Gefangenschaft in Vincennes (...) gezwungen worden war, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem er sich verpflichtete, keine weiteren philosophischen Bücher zu schreiben oder für den Rest seines Lebens ins Gefängnis zu wandern.“ (61) Voltaire landete in seinem Leben gleich zwei Mal hinter Gittern, wobei man ihn beim ersten Mal fast ein ganzes Jahr in der berüchtigten Pariser Bastille gefangen hielt. Insgesamt bezeugen die Biografien vieler Aufklärer ihre Bereitschaft, für politische und philosophische Überzeugungen, für Kritik, eigensinniges Denken und couragiertes Handeln persönliche Nachteile auf sich zu nehmen. Neben anderem war es der Unwille, jedem Risiko aus dem Weg gehen, der die Aufklärer miteinander verband. „Mut öffnet Türen, die ansonsten geschlossen bleiben”. Die „bösen“ Philosophen handelten nach diesem Motto. Dadurch erfuhren sie auch die beglückende Seite des Widersprechens und Widerstehens, die der negativ-strafenden, sanktionierenden Seite darin überlegen ist, dass der Mut, den ein Mensch unter Beweis stellt, es vermag, sein ganzes Wesen auf eine höhere Daseinsstufe zu heben. Der Mut bereichert und segnet gleichsam die ganze Existenz mit gesteigerter Lebensintensität. Er entreißt uns der anonym-amorphen Masse. Insofern können die mutigen Aufklärer, die etwas wagten, um Unrecht, Ungleichheit und autoritäre Bevormundung die Stirn zu bieten, uns – bei der heute vorherrschenden Vollkasko-Mentalität der meisten Zeitgenossen – ein Vorbild sein. Ebenso wie im Vergleich zum Gratis-Mut, den sogenannte „Aktivisten“, heute gerne, oft ohne es zu wissen, zur Schau tragen.

    Denn bei genauerem Hinsehen stellt sich deren Protest-Engagement nicht selten als ein mehr oder minder geschicktes Reiten auf den Wellen des gerade herrschenden Zeitgeistes und seiner Moden dar. Dagegen neigt man als Aufklärer weder dazu, ein Leben als ängstlicher Hasenfuß noch als Maulheld („Große Klappe – nichts dahinter!“) oder Protestsimulant lohnend zu finden. Schon gar nicht möchte man mit heutigen Klimaklebern verwechselt werden, die lieber den sprichwörtlichen Mann auf der Straße kujonieren, statt sich mit den Herrschenden anzulegen. Oder wissen die Klimakleber einfach nicht, dass die reichsten ein Prozent der Bevölkerung für mehr Kohlenstoffemissionen verantwortlich sind als die ärmsten 66 Prozent zusammen? Von den bösen Philosophen, die ihr ganzes Leben lang Stachel im Fleisch des ancien regime waren, lernen wir, dass das Schwimmen gegen den Strom, der Kampf gegen den (Un-)Geist und die (Un-)Moral der herrschenden Stände, auch heute noch als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingungen für das Aufgeklärt-Sein anzusehen sind. Zugleich scheint dieser oppositionelle Geist ein integraler Bestandteil dessen zu sein, was im philosophischen Verständnis als das Konzept der Zeitgenossenschaft bezeichnet werden kann. Diesem Verständnis von Zeitgenossenschaft folgend, fallen Individuen nicht dem Idiotismus – als „Idioten“ bezeichnete man im alten Griechenland jene Mitglieder der Polis, deren Leben sich im Verfolg rein privater Interessen erschöpfte – anheim, sondern setzen sich stattdessen für das als gut erkannte Überindividuelle, das Gemeinwohl und für die Pluralität der Polis ein. Die Griechen haben, um mit Hannah Arendt zu sprechen, vor 2500 Jahren in ihrem Denken als erste „der Tatsache“ Rechnung getragen, „dass nicht der Mensch, sondern viele Menschen auf der Erde leben und die Welt bevölkern“. (62) Mehr noch hat diese uns heute banal erscheinende Erkenntnis die Vorstellung der mitmenschlichen Welt – der Welt als eines Raums, der zwischen handelnden Menschen entsteht – eigentlich erst hervorgebracht. Dieses Konzept der Zeitgenossenschaft wurde in der Aufklärung zum ersten Mal seit der Antike dadurch wieder mit Leben erfüllt, dass Aufklärer nicht nur wiederum damit begannen, die Auffassung zu verbreiten, dass die wahre Intelligenz des Menschen darin bestehe, sich die Welt um einen herum bewusst zu machen, so dass er auf der Höhe seiner Zeit welthaltig handeln könne, sondern sie diese Überzeugung tatsächlich auch beispielhaft vorlebten.

  • Wir sollten erneut den Weg gehen, den die Aufklärung gegen Aberglauben und Obskurantismus und für die Vernunft Partei ergreifend, eingeschlagen hat: Der Rationalismus im 18.Jahrhundert bedeutete – so rekonstruiert es Postman in „Die zweite Aufklärung“ – „zunächst einmal, daß man den christlichen Glauben an das Übernatürliche und damit auch an Gott ablehnte“ (63). In der Praxis sollte sich zeigen, „daß die meisten Rationalisten gegen Theologie und Priester und nicht so sehr gegen Spirituelles und Gott waren“, so dass sich daraus der Schluss ziehen lässt, „dass es sich beim Rationalismus im Wesentlichen um eine Revolte gegen die Orthodoxie handelt“. Da aber die „christliche Weltsicht das Prinzip der damaligen Orthodoxie war, konnte (es) nicht ausbleiben, daß sie zum Ziel, wenn auch keineswegs zum einzigen Ziel, permanenter Attacken wurde.“ (64)

    Mit dem Rationalismus kristallisierte sich für Postman in sozial- und ideengeschichtlicher Hinsicht eine radikale Neujustierung heraus, in dessen Folge „Aberglaube, ererbte ‚Weisheit‘, Gehorsam gegenüber der Tradition und übernatürliche Metaphysik (…) vor der (…) Macht und Autorität der Vernunft zu Boden stürzten“ (65). Im Laufe der Säkularisierung verschob sich der Fokus der Kritik vom religiösen Aberglauben hin zu den sozialen Vorurteilen und Stereotypen im Denken und Urteilen sowie zu den politischen Dogmen. D.h. die Kritik ging mehr von den Glaubens- zu den Wissenssystemen über. Das Wissen als doxa in seiner gewohnheitsmäßig dogmatisch verfestigten, halb unbewussten, halb ritualisierten Gestalt und die doxa in der institutionalisierten Form des kollektiven Unbewussten, nahm durch den Säkularisationsprozess den Zustand geronnener, formalisierter Rationalität an, einer Rationalität, die für die Individuen zu einem neuen und „ehernen Gehäuse der Hörigkeit“ (Max Weber) wurde. Durch diese un- bzw. überpersönliche, formal-rechenhafte Geltungskraft und Macht, die sich in der Moderne in den Formen der Bürokratie und formalen Rationalität ausbreitete, wurden die Menschen zunehmend durch die Verrechtlichung, Verwissenschaftlichung, Industrialisierung und Profanisierung von den lebendigen und Authentizität verbürgenden Quellen ihres Daseins abgeschnitten; eine Entwicklung, die zwischen 1850 und 1930 zur Zielscheibe sowohl linker als auch rechter Kulturkritik werden sollte. Das genuin gesellschaftskritische Denken bildete sich aus einer Synthese der aufklärungsphilosophischen Strömungen, insbesondere des in der Tradition von Kant stehenden Kritizismus der Erkenntnisformen und Kategorien einer- und des Marxismus andererseits heraus. Letzterer „zielt (…) mit den Waffen der Vernunft auf die sozio-historische Wirklichkeit“ und „stellt sich die Aufgabe, die verdeckten Formen von Herrschaft und Ausbeutung, die sie formen, ans Licht zu bringen“, so der französische Soziologe Loïc Wacquant (66). Nach Wacquant ist dasjenige kritische Denken am fruchtbarsten, „das sich an der Schnittstelle der beiden Traditionen ansiedelt, also die erkenntnistheoretische und die gesellschaftliche Kritik vereint, in dem es in konstanter, aktiver und radikaler Weise sowohl die herrschenden Formen des Denkens und des kollektiven Lebens, (…) die Doxa, die orthodoxe Sichtweise (…) als auch die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, die sich in einer gegebenen historischen Situation in einer bestimmten Gesellschaft durchsetzen, in Frage stellt.“ (67). Seither kann diese die Doxa in Frage stellende und auflösende Tätigkeit als das eigentliche Metier und als die zugleich wichtigste Botschaft der Aufklärung verstanden werden. Dieses Verständnis sollte kollektiv wieder ins Bewusstsein gerufen werden, wenn wirklich Sorge dafür getragen werden soll, dass die Menschen sich angesichts der Gefahren einer Automatisation von Herrschaft (68) aus ihrer teils durch Vormünder geschaffenen, teils selbstverschuldeten Abhängigkeit befreien können.

  • Wir sollten uns erneut den Weg vergegenwärtigen, den die Menschenrechte und die Bemühungen um ihren Schutz in der langen Entwicklung bis zur (partiellen) Durchsetzung und Anerkennung durch Kodifizierung und Institutionalisierung in entsprechenden Formen der Gerichtsbarkeit, zurückgelegt haben und diesem Weg wieder folgen! Der in der sog. Pandemie abgerissene bzw. verloren gegangene Grundrechte-Faden sollte wieder aufgenommen und aufs Neue zusammengeführt werden. In unserem Gemeinwesen bedarf es dazu einer aktiven Erinnerung an die Genese des Grundgesetzes, seiner Rechtstraditionen und seines geistigen Erbes. Die Anerkennung der Grundrechte entstand als Ergebnis eines sehr langwierigen, bis heute von vielen Schwierigkeiten und Rückschlägen gekennzeichneten Prozesses. Dennoch gelang es, die Menschenrechte und ihren universellen Wert, immer stärker im kollektiven Gedächtnis der Völker, die durch Aufklärung und Revolutionen anfingen, sich aus den despotischen Verhältnissen zu befreien, zu verankern. Wie hat das Individuum sich zum Träger unveräußerlicher und unteilbarer Grundrechte gemacht? Wie konnte der entscheidende Schritt aus feudaler Anhängigkeit gelingen? Die Aufklärung postuliert auf naturrechtlicher Grundlage die Ebenbürtigkeit und Gleichheit der Menschen. Diese Postulate fanden in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 ihren gültigen Ausdruck: „We hold these thruths to be self-evident that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the Pursuit of Happiness.“

    Das Recht wurde jedoch nur als das Produkt ihrer Kämpfe, Kämpfe von Unfreien, die einen unglaublich hohen Blutzoll forderten, errungen. Ihre Siege besagen nicht, dass diese Kämpfe damit ein für alle Male geschlagen und zu Gunsten des Volkes entschieden worden sind. In Wahrheit hält, auch wenn die Situation oft eher dem windstillen Meer ähnelt, derselbe Kampfmodus unvermindert an. Er spiegelt sich auch heute in den zahlreichen Aufständen und der Gegenwehr der Unterdrückten, Entrechteten und Ausgebeuteten überall in der Welt wider. Die vom Sturm der Aufklärung erwachten Menschen haben erstmals sich als die Träger unveräußerlicher Grundrechte begriffen, die ihnen qua Geburt gegeben wurden und die ihnen als individuelle Abwehrrechte gegen den Staat – genauer gesagt: gegen jede Staatlichkeit – zustehen. Dieses Denken stellte eine ganz entscheidende Zäsur im Kampf gegen den Feudalismus dar. Daraus leiten sich das Recht auf ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung, die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie der allgemeine und umfassende Anspruch auf den Schutz der Menschenwürde ab. So entstand und breitete sich der Universalismus der Menschenrechte und die Befreiung des Menschengeschlechts immer weiter aus. Diese harren heute allerdings noch immer ihrer Verwirklichung als „ewiger Frieden“ (Immanuel Kant) entgegen.

Weitere Aspekte, die ihren Konvergenzpunkt darin haben, dass sie der Aufklärung ihre Formulierung und Verbreitung verdanken, sind:
  • Die Entdeckung der Kindheit. Die Bedeutung von Bildung und Erziehung und das dank der Aufklärung zur ersten Blüte kommende entwicklungslogische Denken, durch das der wissenschaftliche Fortschritt einen großen Aufschwung nahm. Erziehung und Bildung standen von Beginn an im Zentrum aufklärerischer Bestrebungen. Die Aufklärung entdeckte die Kindheit, d.h. Kinder wurden nicht länger als unvollkommene kleine Erwachsene betrachtet. Man begann, die Eigengesetzlichkeit von Kindheit und kindlicher Entwicklung zu erforschen. Nach und nach kam es zur Rekonstruktion der Gesetzmäßigkeiten der Ontogenese, d.h. der Entwicklung des Individuums in Stadien von der Eizelle bis zur Adoleszenz. Das ging einher mit der Entstehung der modernen Pädagogik, die ein ganz zentrales Produkt der Aufklärung ist. War das an sich schon revolutionär, so wird diese Leistung, wenn man sie pars pro toto auf der allgemeinen, strukturellen Ebene der Wissenschaftsgeschichte betrachtet, noch relevanter. Dort steht sie für den Beginn des „entwicklungslogischen Denkens“ bzw. „(epi-)genetischen Prinzips“. So sagt es einerseits viel über den Zustand der Medien im Zeitalter der Clickbaits und Newsfeeds aus, muss andererseits aber ebenso als Symptom des komplexitätsreduzierenden Affekts unserer Kultur in den Blick genommen werden, dass heutzutage im Allgemeinen moralischen Betrachtungen und Wertungen der Vorzug vor genauen und mühsamen Rekonstruktionen der Sache bzw. der Sachlogik gegeben wird. Festzustellen ist, dass das entwicklungslogische Denken allzu oft in der Gegenwart idiosynkratischen Befindlichkeiten oder dem rein ökonomischen Kalkül geopfert wird. Die Aufklärer waren ganz ihrer Sache(n) hingegeben, anders hätte wohl das dreißig Jahre währende Projekt der Enzyklopädie bei allen Unsicherheiten und Rückschlägen nie erfolgreich abgeschlossen werden können. Verhält es sich aber im Grunde nicht so, dass, wer die Geschichte, d.h. die Ursachen eines Problems kennt und seine Logik rekonstruieren kann, sich mit manichäischen Moral-Urteil eher zurückhält? Die Manie(r) apodiktisch-moralistisch zu urteilen, ist in unserer schnelllebigen und geschichtsvergessenen Zeit allerdings zur Plage geworden. Das beweist sich aktuell im stereotypen Denken nach einfachem Gut- Böse-Schema über den Ukraine-Konflikt und wird in nicht minder bestürzender Weise – besonders in den letzten Monaten in Deutschland – im eskalierenden Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern sichtbar.

  • Den Weg des philosophischen Naturalismus, der im 18. Jahrhundert aus einer Synthese des Empirismus mit dem Rationalismus hervorging und zu einem tieferen, ganzheitlichen Naturverständnis geführt hat. Dieser Naturalismus ging einher mit der Entdeckung des psychophysischen Parallelismus (69) und der Postulierung eines anti-dualistischen und dynamischen Kontinuums von Leib und Seele sowie mit philosophischen Konzepten, die von einer gegliederten erkenntnistheoretischen Trias (Einheit) aus Wahrnehmen, Fühlen und Denken ausgehen.

    Die Aufklärung stellte einen physiologischen Zusammenhang des Menschen mit der Natur her, der auch seine seelischen und geistigen Kräfte als Stufen der jeweiligen Empfindung von der unbelebten Materie bis zum bewussten Fühlen und Denken umfasste. Damit betont sie die Verwurzelung des Menschen in der – nunmehr kosmologisch begriffenen – Natur. Mit Rekurs auf das dem aufklärerischen Verständnis nach philosophisch als unhintergehbar angesehene biologische Substrat des menschlichen Geistes, betont sie das kreatürliche Eingebunden-Sein des Menschen in die Mikro- und Makroprozesse und -Kreisläufe der Natur. Man kann sagen, dass epistemologisch dadurch die Basis für eine „Ökologie des Geistes“ (Gregory Bateson) gelegt wurde. Von nun an wird der Mensch im Gewebe seiner mannigfaltigen Beziehungen zur Natur und Gesellschaft wahrgenommen und als Produkt all der Interaktionen und Interdependenzen begriffen, die er als Handelnder zwischen den Polen der Assimilation (Anpassung, Angleichung) und der Akkommodation (Erweiterung, Veränderung) zu seiner Mit- und Umwelt unterhält und die ihn bestimmen. Das besagt auch, dass nur durch interdisziplinäre Ansätze – d.h. Ansätze, die über enge fachliche Grenzen hinausgehen – ein genaues, approbiertes, d.h. angemessenes Verständnis dieser Beziehungen und des menschlichen Fortschritts erreicht werden kann. Dieser Prozess vollzieht sich diskursiv in der Form der „Logik des besseren Arguments“, die maßgeblich für die Gleichgewichtsprozesse wird, die von jedem Organismus angestrebt werden.

    Hieraus ergeben sich sowohl für die Vernunft als auch für die Ethik und Ästhetik wichtige Konsequenzen. Im philosophischen Naturalismus der Aufklärung wird zwischen dem Reich der Sinne (Sensualismus) und dem Reich des Verstandes und der Vernunft (Rationalismus) nicht einfach nur ein Kontinuum postuliert.

    Vielmehr werden erstmalig durch den Einsatz empirisch-induktiver und experimenteller Verfahren wissenschaftlich exakte Vorstellungen, Begriffe und Modelle davon gewonnen. „Alle Kenntnisse gehen ursprünglich und anfänglich aus sinnlichen Wahrnehmungen hervor.“ In den Worten Diderots ausgedrückt: „Die physischen Dinge wirken auf die Sinne. Die Eindrücke dieser Dinge rufen im Verstand die Wahrnehmung derselben hervor. Der Verstand befaßt sich mit seinen Wahrnehmungen nur auf dreierlei Weise, gemäß seinen drei Hauptfähigkeiten: Gedächtnis, Vernunft, Einbildung.“ (70) Dagegen spielen für die heutigen Techno- Wissenschaften weder Gedächtnis noch Vernunft oder Einbildung eine Rolle. Der sinnlich wahrnehmende und fühlende Mensch stellt für Post- und Transhumanisten ein Mängelwesen dar, das optimiert werden muss. In dem die Singularität anstrebenden Design trachten die Techno-Wissenschaften danach, die Natur selbst zu überwinden. Mit Singularität ist im technologischen Sinne der hypothetische Zeitpunkt gemeint, an dem die Künstliche Intelligenz die menschliche Intelligenz übertrifft und dadurch „der technische Fortschritt irreversibel und derart beschleunigt würde, dass die Zukunft der Menschheit nach diesem Ereignis nicht mehr vorhersehbar wäre“ (71). Das Singularitätskonzept schließt bei einigen Vertretern des Transhumanismus als Ziel die Erlangung der Unsterblichkeit mit ein. Die Transhumanisten verstehen und fassen unter Natur nicht wie die Aufklärer den ganzen Reichtum der Menschheit, wie er aus dem Stoffwechsel des Menschen mit Natur und Kultur entsteht, worauf alle geistigen Vermögen des Menschen aufbauen und sich gründen. Natur erscheint den Techno-Wissenschaften vielmehr im Modus des Defizitären. Deshalb sind sie im Begriff einen künstlichen Menschen zu erschaffen, der über der Natur stehen und sie überwinden soll. Der transhumanistischen Hybris wäre heute mehr denn je Hannah Arendts philosophische Einsicht entgegenzuhalten, dass menschliche Freiheit nur in den Grenzen der Natur verwirklicht werden kann.

  • Die Konzepte Gewaltenteilung und kritische Öffentlichkeit als Antworten auf politische Willkürherrschaft, Tyrannei und Machtmissbrauch. In der Epoche der Aufklärung wird das erste Mal systematisch darüber nachgedacht, wie die negativen Auswüchse von Machtkonzentration und eines absolut gesetzten Machtanspruchs in den Händen weltlicher oder geistlicher Herrscher bekämpft, Machtmissbrauch und Willkürherrschaft verhindert werden können. Es werden Konzepte entwickelt, um Herrschaftsmacht in vernünftige Schranken weisen zu können. Dafür „erfindet“ die Aufklärung zum einen das Konzept der Gewaltenteilung, zum anderen bildet sich maßgeblich auf ihr Betreiben hin die Öffentlichkeit als gesellschaftliche Kritik- und Kontrollinstanz heraus. Während die Gewaltenteilung, vom Korporatismus ausgehend, durch die Steuerung der Global-Governance heute akut gefährdet ist – siehe die Pläne der von privatkapitalistischen Interessen gekaperten WHO (80% ihrer Mittel werden direkt oder indirekt von Großkonzernen bzw. den ihnen angeschlossenen Stiftungen und Think Tanks finanziert), sie in möglichst allen Ländern mittels eines neu verhandelten Pandemievertrages und besonders durch die Änderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften auszuhebeln – wird die Existenz kritischer Öffentlichkeit durch den Illiberalismus der neoliberalen Postdemokratien – Stichworte: Identitätspolitik und Cancel Culture – in Frage gestellt. Sowohl die Identitätspolitik als auch der spätestens seit Corona immer autoritärer auftretende Neoliberalismus, erweisen sich heute als die gefährlichsten Gegner von Meinungsfreiheit und republikanischem Souveränismus. Zusätzlich dazu entwickelt sich im Zuge seiner Transnationalisierung das Recht als Mittel zur Begrenzung und Zivilisierung der Herrschaft des Menschen über den Menschen zu einem Privileg der Eliten zurück. Die neoliberale Umformung des Rechts stellt einen besonders schwerwiegenden Angriff auf die Gewaltenteilung und Demokratie dar, gerade weil diese Transformation des Rechtssystems weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit vor sich geht und bislang von viel zu Wenigen als ein wichtiges Problem der Transformation von überschaubaren Handlungsräumen in anonym-zentralistische Machtkonglomerate und Kommandostrukturen erkannt worden ist. Das Recht als der eigentliche Motor der neoliberalen Revolution ist u.a. bei Joseph Vogl und Michael Wengraf zum Gegenstand tiefschürfender Analysen geworden (72). Sie zeigen, welche neuen Machtmittel die Big-Tech-Konzerne sich durch diese Veränderungen im Bereich der Judikative erobert haben und gehen der Frage auf den Grund, warum von diesen Machtmitteln eine große Gefahr ausgeht.

  • ie freie Entfaltung der natürlichen menschlichen Anlagen und die Betonung der Bedeutung individueller Autonomie, d.h. möglichst großer Freiheit vor staatlicher oder sonstiger autoritärer Gängelung, für den gesellschaftlichen Fortschritt. Aufklärung lebt von dem Gedanken, „dass die Fähigkeiten, die im Menschen und in der Menschheit veranlagt sind, etwas sind, dass zur Entfaltung kommen sollte.“ Es sind die Aufklärer, die als erste „das gute Leben und die gute Gesellschaft mit Umständen (…) identifizieren, in denen sich diese menschlichen Naturanlagen frei entfalten können.“ Sie hoffen, dass mit dem Gebrauch der Vernunft „der Mensch seine Lebensführung, seine Gesellschaft und die Welt zu diesen Umständen führen kann. Diese Rationalität ist für die Aufklärer sowohl ein Instrument, das es zum Erreichen der gewünschten Ziele zu benutzen gilt, als auch ein besonderes Eigentum des Menschen, das zu beschützen und respektieren ist. Sie glaubten, dass, obwohl das Wissen des Einzelnen dem Gesamtsystem der Wissenschaft notwendig untergeordnet ist, der einzelne Mensch mithilfe seiner Rationalität Dinge für sich selbst herausfinden muss – und dass dem Menschen diese Last auch von keiner Institution abgenommen werden kann.“ Es kommt darauf an, „die Fähigkeit aller Menschen zur Freiheit anzuerkennen und die Entwicklung dahin zu fördern.“ (73)
Und – nicht zu vergessen:
  • Den Beitrag, den die Enzyklopädisten zur Demokratisierung des Wissens und damit zur Verwirklichung der emanzipatorischen Bildungsidee leisteten. Diese Demokratisierung bildet die Voraussetzung für „das geschichtliche Wesen Mensch“ durch Wissen und Bildung sich aus den nicht-natürlichen Fesseln seiner Abhängigkeiten zu befreien. Sinn und Zweck der Enzyklopädie war es, „Wissen verfügbar (zu) machen und eine Veränderung der menschlichen Denkweise herbei(zu)führen. Verläßliches Wissen sollte zum Zeughaus der Vernunft und die Vernunft zu der Kraft werden, die vernünftigen Wandel bewirkt.“ (74)
Das vielleicht wichtigste Verdienst der Aufklärung besteht m.E. aber im Vertrauen in die Selbstwirksamkeit und Selbstermächtigung der miteinander qua gemeinsam geteilten Werkzeugen und Modi der Welterfahrung und Weltaneignung – Sprache, Geist, Wahrnehmung, Ästhetik, Urteilskraft, Moralität – verbundenen, frei assoziierten Individuen. Sie stellen eine Art Unterpfand für die Fähigkeit zur Selbstorganisation dar, denn der Mensch ist auf Kooperation seiner DNA nach ausgelegt und auf die Kooperation mit Seinesgleichen angewiesen. Diese Sicht knüpft an das Verständnis vom Menschen an, das Karl Marx in seinen frühen Schriften entwickelt hat. In der „Deutschen Ideologie“ (1845) heißt es dazu, dass die „Individuen in der wirklichen Gesellschaft (...) in und durch ihre Assoziation zugleich ihre Freiheit“ erlangen (75). Und im „Manifest der Kommunistischen Partei“ von 1848 steht der oft zitierte Satz:

„An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“ (76)

Das existenzphilosophische Paradox besteht darin, dass ontologisch betrachtet menschliche Individuen gerade dadurch eng miteinander verbunden sind, weil sie in offene, emergente Interaktions- und Kommunikationsstrukturen hineingeboren werden. Der US-amerikanische Philosoph Charles Eisenstein spricht in diesem Zusammenhang vom Interbeing (77). Die Fähigkeiten des Interbeings bestehen u.a. darin, durch Perspektivenübernahme, role taking, Introspektion und richtiger, d.h. gestaltsicher erfolgender Rekonstruktionen latenter Sinnstrukturen, emphatisch verstehen zu lernen. Ego und ego alter lernen so, ihre Intentionen und Handlungen aufeinander abzustimmen, was auf die strukturelle Offenheit verweist, durch die das Gattungswesen Mensch als solches ausgezeichnet ist. Diesen Fähigkeiten verdanken wir es, dass überhaupt gesellschaftlich etwas Neues entstehen kann.

Diese strukturelle Offenheit drückt sich als ein wichtiger Bestandteil dieses philosophischen Erbes in den Praktiken zur Erprobung, Kultivierung und der Erkenntnis eigener, individueller Natur aus, die freilich immer schon als eine gesellschaftlich vermittelte zu denken ist. Der bedeutende Aufklärer, Sprachforscher und Bildungsphilosoph Wilhelm v. Humboldt (1767–1835), hat das Interdependenzverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft, die Dialektik von produktiver, individueller Freiheit einer¬-, und zweckrationalem, gesellschaftlichen Zwang andererseits in dem folgenden Zitat gut auf den Punkt gebracht. Wobei angemerkt werden soll, dass die von Humboldt avisierte Dialektik heute verschärft gilt, da sie besonders hinsichtlich der Zentralisierungs- und Globalisierungsprozesse in Politik und Gesellschaft von brisanter Aktualität ist:

„Nichts auf Erden ist so wichtig, als die höchste Kraft und die vielseitigste Bildung der Individuen, und deshalb ist der wahren Moral erstes Gesetz: Bilde Dich selbst und nur ihr Zweites: Wirk’ auf andere durch das, was Du bist. (...) Je mehr der Mensch für sich wirkt, desto mehr bildet er sich für die Gemeinschaft. Je größer die Gemeinschaft und der Zwang, desto leichter wird er zum billigen Werkzeug.“ (78)

Diese Praktiken „der Bildung zur höchsten Kraft“ zu dienen, haben zum Ziel, in der Welt autonom, d.h. ohne Anleitung durch Vormünder handeln und ein gutes und erfülltes Leben auf der Basis des eigenen Urteilsvermögens führen zu können. Sie treten uns in der Form einer existenziellen Bewährungslogik entgegen – die sich als „Sorge um sich selbst“ näher charakterisieren lässt – und unterliegen dem lebenspraktischen Entscheidungs- und Begründungszwang. Dieser Bewährung zugrunde liegen aber letzthin keine logisch-rationalen Kategorien, wie auch das Humboldt-Zitat verdeutlicht, sondern ästhetische Dimensionen, da sie abschließend nicht definierbar sind, sondern vielmehr aus den Neigungen bzw. den selbst ergriffenen Aufgaben der Individuen im Sinne der Selbstsorge und Persönlichkeitsentfaltung bestehen. Sie orientieren sich an dem, was das Ich, der Mensch als Person, nach selbstbestimmten Kriterien und Gesichtspunkten, in der Welt SEIN will. In diesem Sinne versteht sich Aufklärung als ein Projekt, dem es zentral um die Ermöglichung und Verwirklichung qualitativ aufsteigender, mannigfaltig individueller Bildungs- und Reifeprozesse geht, die immer schon auf Sozialität hin ausgerichtet bzw. bezogen auf das gedacht werden müssen, was sich im Laufe des 18.Jahrhundert z.B. als Geselligkeit kulturell ausprägte – eine Entwicklung, für die literarischen Salons Pate standen. Der Ort des literarischen Salons gibt den Fingerzeig, dass es beim Projekt der Aufklärung letztlich also um Lebenskunst geht. Wobei der Begriff Lebenskunst auf die Fähigkeiten des Subjekts fokussiert, biophile, d.h. liebevolle Beziehungen knüpfen zu können. Dem Subjekt gelingt dies (zumindest partiell) aufgrund des Erwerbs der Fähigkeit zu eigensinnigem Handeln und dank des individuellen Beharrungsvermögens, das einen Teil seiner Ich-Stärke ausmacht, obwohl der Biophilie (79) objektiv gesehen zahlreiche Bedingungen aus der politischen und der sozio-ökonomischen Sphäre entgegenstehen.

Postmodernismus, Neoliberalismus und der Niedergang der Vernunft und Demokratie

Nachdem die Postmoderne (80), durch ihr l’art pour l’art eines rein akademisch- selbstbezüglichen „Elfenbeinturm“-Kritizismus alle allgemeinen Kategorien wie Logik, Wort, Schrift, Ethnie, Klasse, Geschlechteridentität, Macht, Moral und Herrschaft dekonstruiert hat und den Glauben an die Vernunft selbst in Verruf brachte, sind wir mit Corona definitiv in die Phase eingetreten, in der wir, wie in einen Protonenbeschleuniger geworfen, nun auch Zeugen der Atomisierung und Zerstörung des vernunftgeleiteten Denkens werden. Diese äußerst beunruhigende Entwicklung liegt jedoch ganz auf der Linie des auf Profit und Nutzen einer kleinen Elite geeichten Neoliberalismus und entspricht seiner destruktiven, wertzersetzenden Logik. Denn alle Kräfte, Werte und Normen, die seinem Marktfundamentalismus und seiner elitär-anti-demokratischen Gesinnung Paroli bieten und den plutokratischen Neo-Feudalismus, auf den er hinausläuft, insofern bekämpfen und überwinden oder ihn auch nur lähmen oder ausbremsen wollen, sucht er intellektuell und vor allem moralisch zu dekonstruieren und massenpsychologisch zu neutralisieren – angefangen bei Margret Thatchers berühmt gewordenen Diktum: „There is no such thing as society“. Der französische Anthropologe und Historiker Emmanuel Todd hat diesen legendären Ausspruch der langjährigen britischen Premierministerin zu Recht als ein „nihilistisches Bekenntnis“ (81) bezeichnet. Tatsächlich weist der Neoliberalismus eine zutiefst nihilistische Tendenz auf. Mit dieser hat er die Kontrolle über die westliche Kultur erlangt und festigt sie paradoxerweise weiter. Paradox ist dies zu nennen, weil der Neoliberalismus in dem Maße, in dem er die Kontrolle über die ganze Kultur übernommen hat, er zugleich für deren Auflösung verantwortlich geworden ist, so dass der Neoliberalismus eigentlich vor sich selbst hätte geschützt werden müssen.

Dieser im Grunde nihilistische Steuerungs-, -Kontroll- und Überwachungswahn findet aktuell im cognitive warfare, im Krieg (nicht nur) gegen den Verstand seinen Ausdruck, der zuletzt in offiziellen Dokumenten der NATO als neue Säule der Kriegsführung etabliert wurde, wie unlängst erst der Propagandaforscher Jonas Tögel herausgearbeitet hat (82). Im cognitive warfare geht es eigentlich auch um die Manipulation von Gefühlen und um den Kampf um die Herrschaft über die Psyche. Zudem kommt seit Corona immer stärker die biopolitische Dimension auch beim cognitive warfare zum Tragen: „Ein alarmierender Aspekt des Übergangs von der mechanischen zur psychologischen Kriegsführung gegen die Bevölkerung ist, dass nun auch der menschliche genetische Code ins Visier gerät.“ (83) Wie Tögel in seinem Buch „Kognitive Kriegsführung“ darlegt, wird diese, verstanden als ein Set von Methoden zur „psychologischen Kriegsführung“, zur vordringlichen Aufgabe und wichtigen Säule der NATO im Kampf um die Sicherung von Herrschaft im Informationszeitalter gemacht. Der Propagandaforscher zeigt eindrucksvoll, wie es unter den Bedingungen des digitalen Überwachungskapitalismus (Shoshana Zuboff) den Mächtigen immer leichter gemacht wird, direkt auf die Individuen dank der vielen Datenspuren, die sie im Cyberspace hinterlassen, zuzugreifen. So können ihre Gefühle, ihr Bewusstsein und ihre Seele algorithmisch ausgelesen und sie in ihrem Verhalten, z.B. durch Nudging (das digitale „Anstupsen“, das richtige, d.h. von Dritten gewünschte zu tun), gesteuert werden. Der cognitive warfare ist als genuin neoliberale Schöpfung anzusehen. Denn er ist aus dem Kampf um die Köpfe entstanden, die der Neoliberalismus gewinnen muss, ist er doch darauf angewiesen, dass Menschen das bejahen und lieben sollen, was sie unfrei macht und von ihren Mitmenschen auf schmerzhafte Weise isoliert.

Festgehalten werden soll an dieser Stelle – ich werde darauf im dritten Teil ausführlicher eingehen:

Der Wahrheitsanspruch der Wissenschaften wurde durch das postmoderne Denken nachhaltig erschüttert.

Neben dem Postmodernismus als Wegbereiter des politischen Irrationalismus und Illiberalismus begegnen uns im dritten Teil dieses Essays weitere Elemente und Aspekte des politischen und gesellschaftlichen Krisenszenarios, die uns noch mehr über die prekäre Lage unseres Gemeinwesens und wie diese Lage entstand, verraten können.

Zuvor muss aber noch das Rätsel gelöst werden, wie es dazu kommen konnte, dass ausgerechnet eine Philosophie des Anything goes für die dogmatischen Verhärtungen und moralinverseuchten ideologischen Grabenkämpfe, von denen öffentlichen Diskurse unserer Tage bestimmt und beschädigt werden, zur Verantwortung gezogen werden muss. Es spricht tatsächlich einiges dafür, in der Dekonstruktion und Deregulierung Zwillingschwestern zu erkennen, sind sie doch ein- und demselben Geist entsprungen. Zu diesem Schluss gelangt man jedenfalls, wenn man den Hinweisen Bernd Stegemanns in „Identitätspolitik“ dazu folgt. Aus seiner Beschreibung und Kennzeichnung widersprüchlicher Argumentationsketten, der sich gerade linke Identitätspolitik bedient, gewinnt Stegemann den untrüglichen Beweis dafür an, dass die „Identitätspolitik ein Kind der Postmoderne“ sei. Er führt aus:

„Ihre Geschichte (die Geschichte der Identitätspolitik, Anm. B.S) beginnt in den 1970er Jahren, in denen die postmodernen Theorien jede Eigentlichkeit dekonstruiert haben und in denen der neoliberale Kapitalismus jede Bindung als Markthindernis aufgelöst hat. Beide Deregulierungen sind auch an dem Wir-Gefühl nicht spurlos vorübergegangen. Die neue Wahrheit der postmodernen Theorien besteht darin, dass es keine Wahrheit mehr gibt, die für alle gleichermaßen gültig wäre. Schon hier liegt also eine paradoxe Konstruktion vor. Denn die Aussage, dass es keine allgemeingültige Aussage mehr geben könne, nimmt für sich eine allgemeingültige Wahrheit in Anspruch. Aus dieser Paradoxie folgen zahlreiche weitere paradoxe Aussagen, die vor allem bei den Identitätskonstruktionen der neuen Identitätspolitik zu einer Waffe in der politischen Kommunikation entwickelt wurden.“ (84)

Die Interpretation selbstbezüglicher postmoderner Paradoxien gibt uns wichtige Hinweise auf die tieferliegenden Ursachen für das regressive und zunehmend auch repressive Klima, das in den westlichen Gesellschaften heute vorherrschend ist. Meine Darstellung erhebt aber ausdrücklich keinen Anspruch darauf, in puncto Ursachenforschung ein vollständiges Bild zu zeichnen. Für meinem Ansatz ist vielmehr die epistemologische Einsicht Neil Postmans leitend gewesen, wonach

„(...) die Welt nicht so ist, wie wir sie sehen. Was wir sehen, ist eine Zusammenfassung – eine Abstraktion, wenn man so will – von (...) Aktivität. Wir sehen nur Teile von Ganzheiten. Aber im Allgemeinen sehen wir genug, um das Ganze rekonstruieren zu können, so daß wir so tun können, als wüßten wir, womit wir umgehen.“ (85)

So wechseln sich die Perspektiven im Durchgang durch die Teile meines Essays in der gewählten Darstellung kontinuierlich und sinnlogisch komplementär ab: pendeln von der Seite der Abstraktion auf die konkreten Teile und vice versa von den einzelnen konkreten Teilen wieder auf das abstrakte Ganze zurück, so dass sukzessive vor unseren Augen eine möglichst adäquate. d.h. der Sache gemäße und gestaltförmig richtig wiedergegebene Vorstellung des Ganzen entstehen kann.

Das Pandemiemanagement auf dem Prüfstand der Rationalität

Wenn wir von einer Krise der Rationalität und des Wissens sprechen, so lassen sich dafür kleine wie große Belege in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft finden. Ich beschränke mich hier auf Phänomene, die mit Covid19 im Zusammenhang stehen, da der irrationale Umgang mit dem Ukraine-Konflikt eine eigene umfassende Darstellung verlangen würde. Diese ließe sich zwar fast nahtlos an das anschließen, was zum Corona-Komplex diesbezüglich festgehalten werden kann, würde aber sicherlich den hier vorgesehenen Rahmen sprengen.

Es ist ratsam, vorab noch einen Hinweis zum Rationalitätsbegriff zu geben, von dem der Text ausgeht. Bekanntlich gibt es, wie generell bei allen normativ stark aufgeladenen Großbegriffen, hierzu konkurrierende Definitionen. Sie werden aus unterschiedlichen semantischen Netzen gebildet, in denen die Netze jeweils vergleichsweise kleine oder größere Schnittmengen miteinander teilen. Die Bedeutungen der Begriffe ändern sich bzw. Akzentverschiebungen sind möglich und finden statt, je nachdem welcher Kontext zur Erschließung der Begriffe angelegt wird. Auf diese unterschiedlichen Akzentuierungen kommt es oft gerade an. Im hier vorliegenden Text folge ich den Definitionen und Konzepten der Begriffe „Rationalität“ und „Vernunft“, die der Psychoanalytiker, Sozialpsychologe- und -Philosoph Erich Fromm (1900-1980) entwickelt hat. Sein umfangreiches Werk wurde stark bis in die 1990er Jahre hinein in West-Europa und Nordamerika als prominenter Beitrag zur humanistischen Psychologie rezipiert, seine Bücher wie „Haben oder Sein“ oder „Die Kunst des Liebens“ avancierten zu Long-Bestsellern.

Ganz grundsätzlich ist anzumerken, dass für Fromm die „produktive Entwicklung (...) im Bereich des Denkens (…) durch die Vernunft zum Ausdruck“ gebracht wird, die er in einer bestimmten, nämlich aufklärerischen Weise als relational (beziehungsstiftend) begreift.

Fromm unterscheidet Vernunft und Intelligenz:

„Intelligenz ein Werkzeug des Menschen für praktische Ziele (ist); sie hat den Zweck, die Aspekte einer Sache zu erforschen, die zu deren Gebrauch bekannt sein müssen. Die Ziele selbst, oder, was dasselbe ist, die Prämissen, auf die sich das ‚intelligente‘ Denken bezieht, werden nicht in Frage gestellt, sondern als erwiesen angenommen“,

d.h. Ziele oder Prämissen können „rational sein oder nicht.“ (86)
 
Auf die Vernunft bezogen könne man, so Fromm, sagen, dass sie
„eine dritte Dimension einschließt, die Tiefendimension, die zum Wesen der Dinge und Prozesse hinführt. Die Vernunft ist zwar nicht von praktischen Lebenszwecken abgetrennt […], ist aber doch kein bloßes Werkzeug für sofortiges Handeln. Sie hat die Aufgabe, etwas zu wissen, zu verstehen, zu erfassen und den Menschen durch dieses Begreifen zu den Dingen in Beziehung zu setzen. Die Vernunft durchdringt das Außen der Dinge, um deren Wesen zu entdecken, ihre verdeckten Zusammenhänge, ihren tieferen Sinn, ihre „Vernunft“. Sie ist – um mit Nietzsche zu sprechen – nicht zweidimensional, sondern „perspektivisch“, das heißt, sie erfasst alle vorstellbaren Perspektiven und Dimensionen, nicht nur die praktisch relevanten.“ (87)

Der Assistent, spätere Herausgeber und Nachlassverwalter der Schriften Fromms, Rainer Funk, leuchtet den Kontext der von Fromm stammenden Definition der Rationalität aus. Demnach ist Vernunft

„nicht nur eine verstandesmäßige und intellektuell-geistige Fähigkeit, sondern auch die psychische Fähigkeit, vernünftig zu sein, (…), das heißt, die Wirklichkeit entsprechend der verstandesmäßigen und intellektuellen Erkenntnisse auch tatsächlich so zu sehen, wie sie ist. Vernunft in diesem Sinne meint also gerade nicht das Wissen um das ‚Know-how‘, wie etwas geht, zusammenhängt und funktioniert“ (das ließe sich als die technische Seite, von der Fromms Verständnis nach vernünftiger Seite des Wissens unterscheiden, Anm. B.S.). „Produktive Vernunft ist eine psychische Fähigkeit und bezeichnet eine bestimmte Art, nämlich eine ‚vernünftige Art‘ des Umgangs mit der Wirklichkeit. Auch sie muss praktiziert werden, wenn sie als Fähigkeit bei der Bewältigung unseres Lebens zur Verfügung stehen soll. Sie steht dem Menschen also nicht bereits mit der Entwicklung seines Verstandes zu Verfügung, sondern muss eigens durch Praxis des vernünftigen Umgangs mit der Wirklichkeit erlernt werden. Nur wer je neu versucht, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist, und nicht so, wie wir sie uns wünschen oder wie sie uns vermittelt wird, erlernt die Fähigkeit des vernünftigen Umgangs mit der Wirklichkeit. (…) Die Fähigkeit zum vernünftigen Umgang mit der Wirklichkeit kann deshalb nur praktiziert und erlernt werden, wo Menschen einen eigenen, unmittelbaren Umgang mit der Wirklichkeit zu leben versuchen, ihr eigenes Urteil bilden, ihre eigenen Wahrnehmungen machen und gegenüber jeder Art von vermittelter Wirklichkeitswahrnehmung kritisch sind. (Hervorhebungen im Text von mir, B.S.) (89)

Vergegenwärtigen wir uns nach dieser Begriffsklärung nun also einige der Angriffe, die von einem aufgeklärten, wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet auf die Rationalität und Logik während der sog. Corona-Pandemie unternommen wurden. Alle aggressiven Akte bzw. Anschläge auf die psychischen und mentalen Abwehrkräfte der Individuen, die man als wichtige Bestandteile der vorherrschenden „vermittelten Wirklichkeitswahrnehmung“ (Rainer Funk nach Fromm) ansehen muss und die als sog. Infodemic-Management institutionell bei der WHO bereits verankert worden sind (90), wurden und werden als solche in der breiten Öffentlichkeit ja weiter nicht benannt. Sie sind bislang weder diskutiert, korrigiert, noch gar wieder zurückgenommen worden.

Ungeachtet dessen konnte und kann es nicht rational sein,
  • den Lebensschutz für Betroffene einer einzigen Krankheit zu verabsolutieren, während die meisten anderen Kranken in den Corona-Jahren unter einem verschlechterten Gesundheitsschutz litten, der dazu führte, dass sich die allgemeine Sterblichkeit erhöhte: Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen wurden nicht durchgeführt, Arztbesuche aus Angst vor Ansteckung abgesagt, Krankheiten zu spät diagnostiziert, Operationen verschoben. Das Fazit daraus: In der Corona-Zeit „durfte“ man an allem sterben, nur nicht „an“ und „mit“ Corona.

    Dabei muss auch beachtet werden, dass die Gefahr an Covid-19 zu versterben, in den Prognosen von Modellierern maßlos übertrieben wurde. Nach der Metastudie 01/2023 des US-Gesundheitswissenschaftlers und Medizin-Statistikers John Ioannidis lag die Sterblichkeit bei einer SARS-CoV-2-Infektion, die sog. Infection- Fatality-Rate aller Infizierten in dem Segment der 0 – 59jährigen bei durchschnittlich 0,034% und bei 0,095% bei den bis 69jährigen. Diese Angaben, die Ioannidis aus der Analyse von 31 Studien zur Mortalität des Corona-Virus gewonnen hat, passen zu den Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI), nach denen der Altersmedian der Todesfälle für den Corona-Zeitraum bei 84 Jahren (06/2021) gelegen hat. (91)

  • den Entzug von Grundrechten als „notwendiges“ Mittel der Pandemiebekämpfung zu wählen und dies immer wieder als richtig darzustellen. Entgegen den Behauptungen aus der Politik, hat dieser Grundrechtsentzug nicht dem Gesundheitsschutz gedient. Wie der Berliner Arzt Claudius Loga in „Corona-Grenzüberschreitungen“ auf den NachDenkSeiten schrieb, nimmt der Entzug von Grundrechten „vielen schwächeren und verletzlichen, kranken und traumatisierten Menschen den Schutz des persönlichen Raumes und ihre Autonomie sowie die gesellschaftlichen Grenzen (…), die doch eigentlich durch das Grundgesetz geschützt sein müssten. (…) Der Praxisalltag zeigt immer wieder, dass Menschen krank werden, deren äußere Grenzen gebrochen wurden, die von außen unter Druck gesetzt, verletzt oder missbraucht werden und wurden“. (92)

  • die Übersterblichkeit in den Jahren 2021 und 2022, die nicht auf die Covid-19- Pandemie zurückgeführt werden kann, weiter zu ignorieren, anstatt endlich auch behördlicherseits nach ihren Ursachen zu forschen. Dieser Merkwürdigkeit voraus ging eine andere Merkwürdigkeit, nämlich die, dass bei zeitnah nach der Impfung erkrankten und Verstorbenen keine Diagnostik der Ursachen veranlasst worden ist – bis heute nicht, obwohl in vielen Familien ein in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Injektion stehender Fall bekannt ist. Michael Andricks Frage in der Berliner Zeitung (93), ob jemand eine Idee habe, die erklären könnte, warum in Deutschland 2021 und 2022 ca. 100.000 Menschen mehr gestorben sind, als statistisch zu erwarten war, ist inzwischen von einem wissenschaftlichen Autorenteam, bestehend aus Paul Cullen, Brigitte König, Brigitte Röhrig, Jens Schwachtje, Henrieke Stahl und Henrik Ullrich, aufgegriffen worden. In Cicero-Online schreiben sie, dass es eine zufriedenstellende Erklärung dafür bislang nicht gäbe, sie „sie aber da (...) eine Idee“ hätten:

    Wir meinen: Der Grund für die Übersterblichkeit ist nicht einfach das Coronavirus, wie unlängst anhand einer Studie des Barmer Instituts für Gesundheitsforschung propagiert wurde. Schuld an ihr ist vielmehr in erster Linie ein Eiweißstoff des Virus: das sogenannte ‚Spike-Protein’. Diese ‚Spikes’ (zu Deutsch ‚Stacheln’) bilden als Zacken die Corona (lat. ‚Krone’ oder ‚Kranz’), von der die Familie der Viren, der SARS-CoV-2 angehört, ihren Namen hat. Das Spike-Protein ist gefährlich, wenn es durch eine natürliche SARS-CoV-2-Infektion in den Körper gelangt. Aber es ist noch gefährlicher, wenn unser Körper die Spike-Proteine nach Verwendung der neuartigen COVID- Impfstoffe selbst bildet. (...)

    Das Spike-Protein ist nicht nur für die Zerstörung von Lungengewebe verantwortlich, sondern kann vielfältige andere schwere Erkrankungen auslösen oder zumindest begünstigen. Denn wichtige Zell-und Immunfunktionen werden durch das Spike- Protein gestört.“ (94)

    Vor diesem Hintergrund mutet es äußerst irrational an, dass die Politik solchen Untersuchungsergebnissen, die normalerweise als äußerst beunruhigende Verdachtsmomente bewertet würden, und die den Gesundheitsschutz, auf den man sich bei allen Maßnahmen gegen Covid-19 ja so stark berufen hat, gerade in Frage stellen, noch immer nicht nachgeht.

  • die Erzählung der hoch effektiven und „nebenwirkungsfreien“ (95), „experimentellen mRNA-Impfstoffen“ trotz erdrückender Beweislage, dass das Gegenteil zutreffend ist, kontrafaktisch aufrechtzuerhalten. Die kurzerhand zu Impfstoffen umdeklarierten Genpräparate wurden losgelöst und isoliert von anderen Therapie-Möglichkeiten und unter völliger Nicht-Beachtung eines sinnvollen Einsatzes konventioneller Pharmaka und einfacher, nicht-pharmazeutischer Interventionen sowie der Rolle, die die natürlichen Immunität für das Infektionsgeschehen hatte, von Anfang an als die einzig möglichen „Game Changer“ der Pandemie extrem stark propagiert (Bundeskanzlerin Merkel: „Die Pandemie ist zu Ende, wenn wir den Impfstoff haben.“) Die die Impfkampagne von Beginn an begleitende unwissenschaftliche Behauptung einer nebenwirkungsfreien, 95-prozentigen Wirksamkeit der Präparate fiel ab Frühsommer 2021 wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

    Es wurde klar: Die Präparate schützen weder vor Ansteckung noch vor einer Weitergabe des Virus. Sie sind nicht einmal von den Herstellern darauf getestet wurden! Am Ende bleibt von der Game-Changer-Fama nichts übrig. Ganz im Gegenteil: Obwohl inzwischen nachgewiesen ist, dass „Geimpfte“ signifikant sogar häufiger an Corona erkranken als Ungeimpfte, weigert sich die Politik weiterhin, Konsequenzen aus dem Desaster zu ziehen und die mRNA-Präparate vom Markt zu nehmen. Stattdessen werden von der WHO neue, ebenfalls auf mRNA-Basis entwickelte „Impfungen“ und „angepasste“ Corona-Impfstoffe für die jüngst aufgetretenen Virusmutanten empfohlen, die „jetzt“ (sic!) „auch vor Ansteckung schützen“ sollen. Doch fast niemand glaubt der Propaganda der Pharmahersteller und ihren verlängerten Armen in Behörden und Ministerien noch. Der Pharmakonzern Pfizer meldete im dritten Jahresquartal 2023 einen Verlust von 2,4 Milliarden Dollar, nachdem er vor Jahresfrist 8,6 Milliarden gemacht hatte. (96)

  • einen pandemischen Ausnahmezustand durch anlasslose Massentestungen herbeizuführen – noch dazu mit einem nicht validen Test, bei dem der sog. Ct-Wert, mit dem die Viruslast angegeben wird, viel zu hoch angesetzt wurde. Der Ausbruch und die Infektionslage und ihre Bedrohlichkeit können bei einer Pandemie korrekt nur anhand verlässlicher und harter Indikatoren – was bis dahin wissenschaftlich auch niemals bestritten wurde – wie Infektionssterblichkeitsrate oder Stand der Krankenhaus- und Intensivbetten-Belegung falsifiziert, d.h. nachgewiesen werden. (…) „Ohne die ganze Testerei, ohne die fatalen Konsequenzen der politischen Maßnahmen und ohne die massive Angst, die verbreitet wurde, hätte kein Mensch etwas von dem neuen Virus bemerkt.“ (97)

  • dass staatliche Institutionen, die als in der Hauptsache zuständigen, fachlich kompetenten Stellen zur Informationsbeschaffung und -bewertung, zur wissenschaftlichen Begleitung, Auswertung, Daten-Surveillance und Monitoring für die Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheit gelten, namentlich das Robert Koch- und das Paul Ehrlich-Institut, ihrem gesetzlichen Auftrag bei der Aufklärung und Evaluation der sog. Corona-Pandemie nicht oder nur unzureichend nachgekommen sind und diese Aufgaben weiter verschleppen und Bemühungen um Aufklärung sogar behindern (98). Auch scheint es nicht rational zu sein, dass „weder Impfwillige noch Ärzte sorgfältig und umfassend (…) über mögliche spezielle seltene Nebenwirkungen (…) informiert“ (99) wurden. Dies wurde inzwischen bekannt, „weil der Zugang zu den Pfizer-Unterlagen bei der US-amerikanischen Überwachungsstelle Food and Drug Administration (FDA) 2022 eingeklagt worden war“ (100). Die Lage stellt sich heute im Licht des Bekannten, wie es bei Petra Erler in einem gut recherchierten, informativen Artikel im „Hintergrund“ heißt, so dar „dass die vorläufige Zulassung der mRNA-Impfstoffe (…) in Unkenntnis darüber erfolgte, was sie im menschlichen Körper genau bewirken. Die dafür notwendigen klinischen Tests wurden nicht gemacht. Weil sie rechtlich nicht zwingend waren. Es wurde den Beteuerungen der Pharmaunternehmen geglaubt, die injizierte mRNA bleibe im Muskel und zerfalle schnell. Zu systemischen Auswirkungen gab es nur eine Kurzzeitstudie (48 Stunden) an Ratten.“ (101)

    Dass die andere zentrale Institution im Staatsgefüge, die Justiz, der Exekutive in der Pandemie einen derart großen Handlungsspielraum eingeräumt hat, dass er sich de facto als die Gewaltenteilung außer Kraft setzender Freibrief für das „Spiel mit dem Notstand“ (102) Willy Brandt „Wer einmal mit dem Notstand spielen sollte, um die Freiheit einzuschränken, wird meine Freunde und mich auf den Barrikaden zur Verteidigung der Demokratie finden, und dies ist ganz wörtlich gemeint.“ erwies, bedarf ebenfalls einer minutiösen Aufarbeitung. Die Gerichte weigerten sich, dass von der Exekutive behauptete Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite und die Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit einzelner Maßnahmen, die tief in die Grundrechte und Privatsphäre der Bürger eingriffen, selbst material durch verschiedene wissenschaftliche Gutachten zur genauen Sachverhaltsaufklärung, zu prüfen. Die Gerichte hätten also eine Beweisaufnahme über die tatsächliche Gefährdungslage durch das SARS-CoV-2-Virus anordnen können – und müssen.

    Sebastian Lucenti, Rechtsanwalt und Initiator des pädagogischen Netzwerkes für die Aufarbeitung der Corona-Krise, gibt zu bedenken, dass „mit Eintritt einer Staatskrise (...) nicht nur die Bevölkerung im Allgemeinen, sondern vor allem Richterschaft und Staatsanwaltschaften im Besonderen (...) zeitnah ein vollständiges sachliches Bild der Informationslage erhalten (...) müssen. Daher wäre es erforderlich gewesen, „den Verlauf der politischen ‚Entscheidungen unter Unsicherheiten’ von Gesetzgeber und Verwaltung der Jahre 2020 bis 2023 u.a. durch sorgfältige chronologische Auswertung der Gesetzesbegründungen zur Änderung des IfSG, der Plenarprotokolle, der protokollierten Anhörungen von Einzelsachverständigen im Deutschen Bundestag (…), Protokolle der Ministerkonferenzrunde (...) und im Vergleich dazu, Inhalt und Zeitpunkte beachtlicher wissenschaftlicher Gegenstimmen sowie (...) Erkenntnisquellen gegenüberzustellen.“ (103)

    Angesichts der vorhandenen Datenlage ist es nicht mehr rational nachvollziehbar, dass die Praxis der Gerichte, den exekutiv Handelnden höchstrichterlich in Bezug auf die Außerkraftsetzung von Grundrechten einen Freifahrtschein auszustellen, immer noch nicht revidiert wird. Sollte hier nicht gegengesteuert werden, wird dies als das eklatanteste Institutionen- und Staatsversagen in die bundesrepublikanische Geschichte eingehen, ein Versagen, das m.E. letztlich nur durch eine zu große Nähe von Richtern und Staatsanwaltschaften zur (Parteien-)Politik erklärt werden kann. Dies wirft einen langen und tiefen Schatten auf die Gewaltenteilung und ihre Funktionsfähigkeit im politisch-institutionellen System der Bundesrepublik.

    Zusammengefasst sind die wissenschaftlichen Defizite bei der für eine effektive Pandemiebekämpfung erforderlichen Datenermittlung und Sachverhaltsaufklärung weder von der Politik noch der Justiz als Problem überhaupt thematisiert, geschweige denn bislang bearbeitet oder gar behoben worden. (104)
Allein diese kursorische Aufzählung macht schon deutlich:

Die Infragestellung der Vernunft, ihre Missachtung durch das Außerkraftsetzen von Logik, gesundem Menschenverstand sowie die besonders bei den oben erläuterten Beispielen stark ins Auge springende Ignoranz gegenüber dem wissenschaftlich geschulten Geist und der empirischen Evidenz, – all das hätte in der Corona-Krise öffentlich thematisiert und von den Parlamenten und Medien erörtert werden müssen. Und da diese Thematisierung und Erörterung nicht nur nicht möglich war, sondern teilweise sogar systematisch unterbunden wurde – und weiter unterbunden wird (siehe das Kartell der Verweigerer aus CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP und Linken, die sich gegen eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Politik sträuben) – hat die Infragestellung der Vernunft während der Corona-Zeit zwar ihren vorläufigen, äußerst besorgniserregenden Höhepunkt erreicht, verharrt aber auch nach Corona auf erschreckend hohem Niveau.

Dabei ist längst bekannt, dass die Folgeschäden der Corona-Politik von vielfältiger und sehr vielschichtiger Art sind. Der Münchener Kinderarzt Martin Hirte zählt in seinem Blog (105), der für alle, die sich über die Corona-Zeit etwas genauer informieren möchten, ein reichhaltiges Archiv an chronologisch und thematisch geordneten Quellen zu verschiedenen Aspekten der Pandemiepolitik enthält, wichtige Langzeitfolgen auf:
  • Durch die oberste Priorität von Infektionsschutz- und Hygieneregeln und deren (...) Propagierung im öffentlichen Raum kam es zur Neurotisierung und Traumatisierung der Gesellschaft, zu einer kollektiven Angst- und Zwangsneurose.

  • Unseren Kindern haben wir schlimme Schäden zugefügt, indem wir ihnen Angst- und Schuldgefühle erzeugten, ihnen Abstandsregeln, Waschrituale, Masken, Impfdruck und Quarantäne bis zur Isolation innerhalb der Familie aufzwangen, und ihnen das recht auf uneingeschränkte Kommunikation und Bildung nahmen.

  • Unseren Jugendlichen haben wir Schaden zugefügt, indem wir ihnen die Kontaktmöglichkeiten nahmen und sie damit dem Risiko psychischer Krankheiten wie Depression, Angststörung, Essstörungen und Mediensucht aussetzten.

  • Die mit Bedacht erzeugte und aufrechterhaltene Panik begünstigte ein Klima von Aggressivität, Denunziation, Entsolidarisierung und Respektlosigkeit gegenüber Andersdenkenden.

  • Die von der Pandemiepolitik geschaffenen Bedingungen haben unzählige Existenzen vernichtet. Gerade der Kulturbereich hat nachhaltigen Schaden erlitten (...). Die Bedingungen bringen weniger gut Situierte in große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Weltweit haben die Pandemie-Maßnahmen zu einer Wirtschafts-, Gesundheits- und Hungerkrise von schrecklichem Ausmaß geführt – wesentlich gravierender als die Pandemie selbst.
Massenpsychose als die Erklärung für das Vernunft-Versagen

Ein besonderes Augenmerk im Zusammenhang mit der prekär gewordenen Rolle der Vernunft, wie sie sich gesellschaftlich unter Corona darstellte, verdient nach Ansicht des belgischen Psychoanalytikers Mattias Desmet von der Universität Gent, die Entstehung einer mass formation psychosis (106). Desmets Rekonstruktion der Bedingungen und Ursachen für die Corona-Massenpsychose gibt eine schlüssige Antwort auf die Frage, wieso eine Mehrheit die Maßnahmen trotz fehlender Beweislage und nicht vorhandener Evidenz befolgt und ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung sogar die ganze Zeit über noch schärfere Maßnahmen forderte.

Desmet sieht in der gehorsamkeitsproduzierenden Massenformierung den Prozess, in dem eine „sozial zerfallende Bevölkerung wieder eine Einheit findet“, wenn auch bloß eine imaginäre. Im Neoliberalismus werde der Mensch permanent auf sich zurückgeworfen. In unseren atomisierten Gesellschaften, wo Vereinzelung, Einsamkeit, Isolation zu Massenphänomen geworden sind (107), werden die Individuen leichter durch irrationale Ängste getriggert als in Gesellschaften, wo soziale Bindungen noch stärker intakt sind. In der besonders angstbesetzten Zeit der Dominanz des Corona-Narrativs konnten diese Menschen sich durch die Regeln – die Regeln wurden für so wichtig erklärt, dass ihre Einhaltung angeblich über Leben und Tod entschied – ein stückweit von ihren Ängsten befreien und Halt und Orientierung durch die strikte Befolgung des Oktroyierten finden, zumal es als die ultima ratio des vernünftigen Verhaltens ausgegeben wurde. Die Rückseite dieses Gehorsams war, dass Mitmenschen, die diese Ängste nicht teilten oder mit ihren Ängsten rational versuchten umzugehen, ausgegrenzt und zu Negativ-Objekten dieser Menschen gemacht wurden. Die weniger Ängstlichen boten den Ängstlichen die Möglichkeit zur Abfuhr ihrer in der „Pandemie“ aufgestauten Aggressionen bzw. der destruktiven oder nihilistischen Gefühle, die durch sie abreagiert werden konnten.

Die weniger ängstlichen oder gar angstlosen Menschen, die schnell auch von Politik und Medien als unverantwortliche „Corona-Leugner“, „Verschwörungstheoretiker“, „Schwurbler“,„Rechte“ etc. stigmatisiert und ausgegrenzt wurden, bildeten für die Massenformierung eine geradezu ideale Projektionsfläche. Denn sie konnten dem folgsamen Teil der Bevölkerung nunmehr als ein Ventil für deren schon länger aufgestauten Aggressionen dienen, die sich sonst innerhalb der in den Grenzen der mit den neoliberalen Dispositionen verbundenen Verhaltenserwartungen, die von einer Mehrheit der Bevölkerung geteilt werden, nur schwer ausagieren lassen.

Das würde erklären, warum so viele in die Emotionalisierung des Kampfes gegen ein Virus der oberen Atemwege eingestiegen sind, die seitens der Politik sogar als Krieg bezeichnet wurde und dass sich die Corona-Panik – völlig losgelöst von der realen Lage – dank willkürlich gesetzten, rauf-und runter skalierten Inzidenz-Grenzwerten für anlasslose Massentestungen immer weiter hochschaukeln konnte. Desmet zufolge verschaffte das den von Bindungslosigkeit und Sinnarmut sowie Gefühlen seelischer und geistiger Leere befallenen oder aber vom Überdruss der ewig gleich leerlaufenden Routinen der Konsum- und Wohlstandsgesellschaft betroffenen Individuen gleich auf mehrfacher Weise Erleichterung. Und die, die sich zwar vom Virus weniger bedroht sahen und auf die Maßnahmen mit inneren Vorbehalten reagierten, reihten sich auch in die konformistische Phalanx der „Solidarischen“ und „Vernünftigen“ ein und behielten ihre Fragen und Einwände lieber für sich, nachdem sie merkten, wie ungnädig die Gesellschaft mit Zweiflern und Kritikern verfuhr. Sie erkannten sehr gut, dass man sie sonst genauso wie die „Querdenker“ zu Sündenböcken des Covid19-Fundamentalismus abstempeln würde – eines Fundamentalismus, der sich quasi über Nacht formiert hatte.

Die der Deutung Desmets inhärente Erkenntnis, um die es entscheidend dabei geht, ist die, dass eine Massenpsychose durch die neoliberale Formierung der Gesellschaft sehr befördert werden konnte, weil erst durch das bereits vorherrschende, erschreckend hohe Maß an Bindungslosigkeit und Isolation, überhaupt eine so hochproblematische Dynamik mit solch faschistoiden Inhalten freigesetzt wurde. Dies geschah, weil sich in sehr kurzer Zeit ein massenpsychologischer Effekt einstellte, welcher ein vernünftiges, reflektiertes Denken und Handeln als Antwort auf die Pandemiegefahr nicht mehr zuließ. Denn diejenigen, die bei der Beurteilung des ausgerufenen Ausnahmezustandes und den von oben vorgegebenen „alternativlosen“ Bekämpfungsmethoden das eigene vernunftgeleitete Denken und Handeln nicht aufgeben wollten, waren nun „draußen“. Unverblümt, um nicht zu sagen brutal, wurde das vom damaligen saarländischen Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in einer Talkshow so zu Protokoll gegeben: „Zuerst einmal müssen wir eine klare Botschaft an die Ungeimpften senden: Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben. Deshalb (sic!, Anm. B.S.) machen wir jetzt konsequent 2 G.“ (108)

Wie die Zurückweisung des Diskursgedankens tiefe Skepsis am zeitgenössischen Fortschrittsglauben nährt

Um den Bogen zur Aufklärung und zur Notwendigkeit ihrer Neufassung zurückzuschlagen, gehen wir am Schluss dieses ersten Teils in der Geschichte noch einmal zurück, und zwar bis zu den Anfängen der Epoche, in der man die Aufklärung und ihre kritischen Impulse und Intentionen bei der Erfindung der Ordnung des Diskurses besichtigen kann:

Der Frühaufklärer Pierre Bayle (1647-1706) und sein Dictionnaire historique et critique in vier Bänden, das das Vorbild für die Enzyklopädie wurde, gab die Stoßrichtung für die gesamte Aufklärungsbewegung vor. Wie der Titel schon sagt, sollte die von Bayle kompilierte Sammlung von Wissenswertem aus Geschichte, Philosophie und Religion ein kritisches Konvolut seiner Zeit darstellen. Damit schuf Bayle, der eigentlich Journalist war, ein, wie der Diderot-Biograph Richard Löwenthal schreibt, „Lexikon aller Irrtümer, mit denen die Menschheit auf den falschen Weg gebracht wurde.“ Sein Werk war „ein komplettes Inventar (...) an Torheiten, Mystifikationen und hohlen Spekulationen“ (109) .

Nach den Worten von Eva Buddeberg, Mitherausgeberin und Übersetzerin von Bayles ‚Theorie der Toleranz‘, zeichnet sich Bayles Denken „zunächst durch eine große Unabhängigkeit aus, das heißt, er nimmt praktisch nichts als gesichert an und stellt sich dabei, wenn nötig, gegen alle (...) Fanatiker.“ Und weiter: „Man kann sagen, dass Bayle im Grunde das gesamte Weltwissen seiner Zeit kritisch prüfen und von Vorurteilen (...) befreien wollte.“ (110)

Wie schon bei Pierre Bayle und René Descartes (1596-1650), nahm das Wort discours oder Diskurs auch bei d’Alembert und Diderot einen besonderen Klang an. Würde man heute über die Corona-Zeit ein Inventar der „Torheiten, Mystifikationen und hohlen Spekulationen“ analog zu jenem erstellen, das Bayle von seiner Epoche zusammentrug, fiele hinsichtlich der Bedeutung der Diskurse eine weitere Parallele zum späten 17. und dem vorrevolutionären 18. Jahrhundert auf. Sie dürfte sofort jedem Beobachter den Vergleich mit unserer Gegenwart nahelegen. Dieser Vergleich richtet sich auf die seit einigen Jahren zu beobachtende stark zunehmende Verengung bzw. Beschneidung des Meinungskorridors und der Diskursräume sowohl auf Ebene der EU mit den in die völlig falsche Richtung gehenden digitalen Regulierungsgesetzen als auch innerhalb ihrer einzelnen Mitgliedsstaaten – hier besonders in Deutschland – , wo man sich z.B. in der Erfindung neuer Kategorien für die Verfolgung von Regierungs- und Kapitalismuskritikern unterhalb der bestehenden Strafbarkeitsgrenze wie „Desinformation“, „Hassrede“, und „Staatsdelegitimation“ sowie in neuen ominös formulierten Zensur- oder Demokratiefördergesetzen hervortut – legislative Maßnahmen, aus denen der Ungeist orwellscher Begriffsumkehrungen („Krieg ist Frieden, Sklaverei ist Freiheit“) trieft. (111)

Im Rekurs auf das 18.Jahrhundert haben wir uns unter der sich zur Aufklärungszeit herausbildenden Diskurskultur, eine die Doxa als das mit Macht festgezurrte Selbstverständnis seiner Zeit (zur Doxa und ihrer Bedeutung siehe auch die Anmerkungen 66 und 67) in Frage stellende, gegen Gewohnheiten und Konventionen des Denkens aufbegehrende Neu-Schöpfung des Geistes vorzustellen.

Ihr Verdienst bestand darin, nicht nur erfolgreich behaupten, sondern tatsächlich auch überzeugend nachweisen zu können, dass dank der Mittel unseres Verstandes prinzipiell jederzeit Setzungen, Postulate und Geltungsansprüche von Autoritäten, welche unter feudalistischer und absolutistischer Herrschaft eigentlich gar nicht hinterfragt werden durften, geprüft und verworfen werden können. Es war der Diskurs, der die Grundlage für die moderne Gelehrsamkeit legte und dem „Wir“– unserer Spezies, die sich den Namen „modern“ und „aufgeklärt“ gab – letztlich den Aufstieg zu verdanken haben, so wie der Diskurs durch die technischen Möglichkeiten seiner Verbreitung, durch Buchdruck und modernes Zeitungs-, Zeitschriften- und Verlagswesen zur Entstehung einer gesamteuropäischen intellektuellen Öffentlichkeit führte. Zu dieser Öffentlichkeit sollte der Erfolg der Enzyklopädie einen maßgeblichen Beitrag leisten, der in seiner Wirkung kaum überschätzt werden kann.

Der dis-cursus, d.h. der um den Gegenstand hin und her und in verschiedener Richtung um ihn herum laufende Weg, der der Erzeugung von möglichst vielen verschiedenen Perspektiven oder Kontexten dienen soll, durch den mir der Gegenstand (bzw. eine Gegenstandserfahrung) gegeben wird oder erscheint, bzw. in denen ich ihn mir vorstellen kann – das ist die bildliche Beschreibung der wissenschaftlichen Methode des genauen Beobachtens, Prüfens, Abwägens, durch den wir zur Wahrheit über die Gegenstände der Erkenntnis gelangen können. Man sprach nicht zufällig in dem Zusammenhang von dem L’Universe du Discours, dem Universum des Diskurses.

Im aufklärerischen Diskurs wird all das genau registriert, was sich in der Empirie zwischen die Gegenstände und ihre epistemischen Beobachter, die Forschenden, schieben oder stellen kann, also all das, was Erkenntnisprozesse behindert und Aufklärung unterbindet. Diese Beeinträchtigungen und Okkultationen wurden von den Aufklärern besonders aufmerksam reflektiert und wissenschaftlich ins Kalkül gezogen.

Insofern ist die Aufklärung vor allem als eine Denkmethodologie anzusehen. Sie lehrt uns, die Dignität einer Theorie danach zu beurteilen, wie sie „ihrer“ Empirie umgeht. Denn der Einlass einer möglichst ungefilterten, nicht schon vom Erkenntnissubjekt nach Interessen oder Neigungen zugerichteten Empirie in die Begriffs- und Theoriebildung ist das erste Gütezeichen einer jeden Theorie.

Die im Zusammenhang mit dem Siegeszug der Enzyklopädie sich ausbildende

„Vorstellung von einer internationalen ‚Republik der Geister‘, die unabhängig sein müsse von allen Landesgrenzen“,

sollte so mächtig werden, dass sie – darauf verweist der Diderot-Biograph Friedenthal,

“noch bis in die großen Völkerkriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts hinein ihre Geltung (…) behielt. Der große englische Physiker Humphrey Davy, der Erfinder der Gruben- Sicherheitslampe für Bergleute, konnte mitten in dem erbitterten Krieg zwischen Frankreich und England zu einem Gelehrtenkongress in Paris reisen und einen Preis Napoleons für seine Verdienste entgegennehmen, weil die Wissenschaft und der Fortschritt des menschlichen Geistes über den Bedenken nationaler Auseinandersetzungen stehen müsse.“

Im Anschluss fügt Friedenthal diesem historischen Beispiel den heute – Stichwort: Cancel Culture – noch wesentlich aktueller als 1969 (dem Erscheinungsdatum seines Buches über die Aufklärer) klingenden Zusatz an:

„Wir haben Grund, über den Fortschritt nachzudenken, der inzwischen gemacht worden ist.“ (112)

Bleibt die Frage zu klären, woran wir den allgemeinen Fortschritt festmachen können, über den Friedenthal am Beispiel des englischen Physikers Davy epochenvergleichend räsoniert?

Die Antwort lautet: Am dis-cursus.
 
Genauer: An seinen Suchbewegungen, d.h. an den hin und her und um die Gegenstände der Erkenntnis herum in verschiedene Richtungen laufenden Wegen, mit denen das aufklärerische Denken die Welt erkundet hat. Die Bewegungen des dis-cursus tragen der Multi-Perspektivität der Gegenstände und der Gegenstandserkenntnis Rechnung, d.h. unter ihnen versammeln die verschiedenen Blickwinkel und Richtungen sich, aus denen wir sie betrachten können und in denen ich sie mir vermöge meiner Sinnesorgane und meiner Einbildungskraft vorstellen kann. Das ist die bildliche Beschreibung, gleichsam die Übersetzung der wissenschaftlichen Methode, welche im genauen Beobachten, Zweifeln, Prüfen, Abwägen besteht. Durch sie gelangen wir zu wahrheitsfähigen Sätzen über etwas, d.h. zu Prädizierungen von einem X oder einem Y.

Zugleich macht die hier vorgeschlagene Lesart des Begriffs deutlich, dass die Übersetzung „wissenschaftliche Abhandlung oder Untersuchung“ für das französische Wortes discours viel zu kurz greift. Für das Prisma der Aufklärung ist der discours / Diskurs vielmehr der zentrale Ort kommunikativer Rationalität.

Wenn Feindbilder, die bis vor kurzem noch als archaische Relikte einer kollektiv als dunkel und beklemmend wahrgenommenen, glücklicherweise überwunden geglaubten Zeit, heute wieder fröhliche Urstände feiern, steht damit auch die Freiheit der Rede auf dem Spiel. Plötzlich erscheinen diese Evokationen geistig und kulturell beengter, die Individuen herabdrückender und sie bedrängender Zeiten wie weggeblasen. So als wären wir versessen darauf, wieder in den (kalten) Krieg mit seinen hässlichen und tumben Feindbildern, seiner martialischen Rhetorik und all der Verbissenheit und den Verhärtungen, die typisch für jene politisch finsteren und frostigen Tage waren, zu ziehen, um unsere „neue alte Bestimmung“ ausgerechnet dort zu finden. So als könnten wir es kaum abwarten, den Krieg und die Vernichtung auf diesen von Krieg und Vernichtung so sehr heimgesuchten, so stark gezeichneten Kontinent zurückzubringen.

Doch zum Glück hat sich diese schreckliche Stimmung als neuer Zeitgeist trotz des propagandistischen Dauerbeschusses aus den Leitmedien, mit denen die Kriegstreiber-Allianz unterstützt wird, bislang nur bei einigen Parteigängern der amtierenden Regierung und der sich noch bellizistischer gerierenden Opposition aus CDU und CSU wirklich durchsetzen können. Dass die Leitmedien seit dem Ukraine-Krieg aber so schnell wieder in Reflexe zurückgefallen sind, die innerhalb von gut 100 Jahren schon zwei Mal mitverantwortlich für den Weltenbrand und für unvorstellbar großes Leid waren, ist und bleibt ein echter Schock.

Neben dem Frieden, ohne dem alles nichts ist, geht es um die Freiheit des Geistes, wenn jene als Querdenker, Schwurbler, Verschwörungserzähler in der Innen- und als Putin-Freunde und -Trolle oder unoriginellerweise wieder als die „fünfte Kolonne Moskaus“ bezeichnet werden, die eine andere Meinung als die offizielle Politik und der extremisierte Mainstream (113) vertreten, wobei die „andere Meinung“ vor dem 24. Februar 2022 ja die offizielle war oder ihr zumindest doch recht nahe kam. Wurde bis dahin in der Bundesrepublik internationale Verständigung, Diplomatie, Entspannungspolitik und friedlicher Interessenausgleich groß geschrieben, sieht es heute ganz anders aus: Wissenschaftler und wissenschaftlich sozialisierte Mitmenschen beteiligen sich aktiv an den Treibjagden und Ausgrenzungs-Autodafés für Andersdenkende. Das zeigt, wie weit sich Wissenschaften in ihrer szientistischen Zerr- und Schwundform von den emanzipatorischen Quellen entfernt haben, durch die sie erst zur treibenden Kraft im Säkularisations- und Rationalitätsprozess wurden .

Eben diesem Prozess entstammt auch der moderne Humanismus, einem der geistes-und sozialgeschichtlich wichtigsten und folgenreichsten Hervorbringungen der Aufklärung. In Opposition und Widerspruch zu den alten, partikularistischen Systemen, entfaltete er das universalistische Welt-und Menschenbild. Vom humanistischen Denken ging schon bald ein solches Faszinosum und eine solche Überzeugungskraft – die Kraft, die darin liegt, Subjekte zum kollektiven und solidarischen Handeln zu bringen – aus, dass überall die Menschen gegen ihre Knechtschaft aufzubegehren begannen und sich für die Freiheit, die nationale Einigkeit und den Kampf für die Gleichheit als Menschenrecht erhoben.

Der Humanismus des 18. und frühen 19. Jahrhundert riss die Menschen aus ihrem „dogmatischen Schlummer“ (Kant), in den sie jahrhundertelang durch die Herrschaft des Klerus und des Adels (Feudalismus) versetzt worden waren. Der moderne Humanismus, dessen Aufstieg nicht nur zeitgleich mit den Wissenschaften erfolgte, sondern der nur deshalb so erfolgreich verlief, weil Humanismus und Wissenschaften sich wechselseitig äußerst produktiv beeinflussten und befruchteten, dieser Humanismus mit seinen herrschaftskritischen und universalistischen Implikationen, hatte in seinem Zentrum von Anfang an das Gebot stehen, dass die Würde eines jeden Menschen von allen, auch und gerade von den staatlichen Gewalten, zu achten sei. Das macht einerseits bis heute seine ungebrochene Attraktivität und Anziehungskraft aus, denn vom Humanismus sind alle Freiheitsbewegungen seit dem 18.Jahrhunderts stark inspiriert worden.

Andererseits ist gerade dieser humanistische Nukleus –die universalistisch gefasste Menschenwürde – durch den globalen Covid-19-Putsch jüngst in einer Weise erschüttert und radikal in Frage gestellt worden, die uns wirklich neu zu denken geben muss. Denn der humanistische Kern der Unantastbarkeit der Menschenwürde und der daraus sich ableitenden Grundrechte und ihrer Unveräußerlichkeit – „Grundrechte kann man nicht entziehen und neu vergeben“, so der ehem. Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier 2021 (114) – wird nun auch durch das Kriegs- und Klimanarrativ und die grassierende Unkultur der Cancel-Culture weitergehend und auf existenzielle Weise bedroht.

Kurzer Ausblick auf Kapitel 3 und 4

Um zu verstehen, wie es zur Regression der Vernunft in allen gesellschaftlichen Teilbereichen, insbesondere aber in der Politik, den Wissenschaften und den Medien, kommen konnte, unternehmen wir im dritten Kapitel eine Tour d’horizon, die aber aus Umfangsgründen notgedrungen fragmentarisch – oder sagen wir besser kaleidoskopisch – ausfällt. Einige der wichtigsten Elemente und Faktoren, die für den gesellschaftlichen Niedergang von Logik und Vernunft verantwortlich sind, sollen so den Lesern nahegebracht werden. Wir werden sehen, wie uns diese Analyse auf den Pfad der Frage nach der ungebrochenen Aktualität der Aufklärung zurückführt und uns weitere Argumente für die These liefern kann.

Während wir in diesem zweiten Kapitel versucht haben, das Programm der Aufklärung für die Gegenwart anschlussfähig zu machen und es für die Zukunft fortzuschreiben, indem wir prominente aufklärerische Charakteristika und Eigenschaften im Lichte der gegenwärtigen Probleme rekonstruiert und neu zu bestimmen versucht haben, soll es im dritten Kapitel um eine Vergegenwärtigung der genauen Ausgangslage für eine Wiedergeburt des zoon politicons – des politischen Menschen – gehen. Auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme sollen die Chancen für eine neue Aufklärung realitätsnah, jedoch, wie es der Natur unseres Gegenstandes entspricht, grundsätzlich aus einer vorsichtig optimistischen Haltung heraus eingeschätzt und diskutiert werden.

Im vierten Kapitel wird der Fokus auf das gelegt, was unter der Herrschaft des Corona- Narrativs in den Bildungseinrichtungen, vor allem den Schulen geschehen ist. Konkret soll die Frage erörtert werden, wie es dazu kommen konnte, dass „so umfassend wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte, einer ganzen Generation alle Rechte und Bedürfnisse geraubt“ (115) wurde.

Mit Rückgriff auf Überlegungen, die Neil Postman in seinem Buch „Die zweite Aufklärung“ anstellt, wird zu erklären versucht, wie die Pädagogik sich so weit von den Werten, Idealen und Zielen der Aufklärung entfernen konnte – und dass, obwohl Schule und Bildung ja zweifellos besonders bedeutsame gesellschaftliche Institutionen darstellen, die in einem engen Kontext mit der Aufklärung stehen. Im weiteren Durchgang schließen sich Überlegungen zu der Frage an, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, um zwischen dem aufklärerischen Denken und der Schule und Bildung erneut ein vitales Band entstehen zu lassen, womit neue produktive Beziehungen zwischen den beiden gestiftet werden könnten.

Die tiefe Krise im Erziehungssystem wird sich ohne Ideen nicht lösen lassen, die die Kraft und den Mut haben, das musealisierte und verdinglichte Verständnis von Aufklärung aufzubrechen und es gegen den Strich zu bürsten. Gemessen am Standard der Aufklärung sollten daher die vielen gut begründeten, bereits ausgearbeitet vorliegende wie auch die vielen schon angedachten, aber in individuellen oder gemeinschaftlichen Ideenwerkstätten noch weiter zu entwickelnden Vorschläge, die aus klarer Opposition zum Status quo und zum „Weiter so!“ entstanden sind und weiter entstehen, endlich Eingang in die politische Debatte finden. In einem lebendigen Gemeinwesen, das die Kraft hat, Fehlentwicklungen rational zu untersuchen und daraufhin abzustellen, gehören diese Ideen und Vorschläge intensiv und ausführlich diskutiert.

Bezogen auf Deutschland sind solche durch kritische Analysen fundierte Gegenentwürfe längst überfällig. Dass es so sehr an Bereitschaft fehlt, darüber einen Diskurs im öffentlichen und politischen Mainstream zu führen, zeigt nur zu deutlich die Diskrepanz zwischen republikanischem Anspruch und bundesrepublikanischer Wirklichkeit auf. Diese Diskrepanz hat sich längst – die Spatzen pfeifen es von allen Dächern – zur echten Funktionskrise unserer Institutionen und zur Systemkrise des repräsentativen Herrschaftsmodells ausgewachsen. Diese Entwicklung – die an ausgewählten Beispielen in den Kapiteln 3 und 4 genauer aufgezeigt werden soll – gilt es mit Hilfe der Denkmethoden, Erkenntnisse und mit Besinnung auf die Werte der Aufklärung umfassend zu korrigieren und umzukehren:

Wir brauchen mehr Demokratie, echten Republikanismus, eine funktionierende Gewaltenkontrolle und endlich eine Rückkehr zur Vernunft in der Politik!
 

Fußnoten:

58 Immanuel Kant, Was ist Aufklärung? https://www.projekt-gutenberg.org/kant/aufklae/aufkl001.html – Siehe dazu auch: Maximilian Prien, Aufklärung, https://freiheitslexikon.de/aufklaerung/
59 https://www.thomas-eisinger.de/zum-ersten-mal-in-der-geschichte/, mit einer Ergänzung vom 10.10.2023.
60 Hans Ulrich Gumbrecht, Dialektik der Aufklärung. In einer Welt mit vielen Stimmen, Tagesspiegel, https://www.tagesspiegel.de/kultur/in-einer-welt-mit-vielen-stimmen-6600229.html, 27.10.2020.
61 Blom, a.a.O., S.365.
62 Hannah Arendt, Vita activa (1967), München, Zürich 2007, S.17
63 Postman, Die zweite Aufklärung, S.30.
64 Ebd., S.31.
65 Ebd., S.32.
66 Loïc Wacquant, Kritisches Denken, Die Doxa auflösen, https://transversal.at/transversal/0806/wacquant/de, 01/2001
67 Ebd.
68 Felix Feistel, Automatisierte Herrschaft, https://www.manova.news/artikel/automatisierte-herrschaft, 12.7.2024.
69 https://de.wikipedia.org/wiki/Psychologischer¬_Parallelismus, zuletzt aufgerufen am 3.4.2024.
70 Geier, Aufklärung, a.a.O., S.143.
71 https://de.wikipedia.org/wiki/Technologische_Singularitaet, zuletzt aufgerufen am 14.8.2024.
72 Joseph Vogl, Kapital und Ressentiment. Eine kurze Theorie der Gegenwart, München 2021. Michael Wengraf, Die rechte Revolution. Veränderte ein Masterplan die Welt? Kassel 2020.
73 Anette Floren, Von der Aufklärung lernen, heißt denken lernen. https://www-die-zweite-aufklaerung.de/von-der-aufklaerung-lernen-heisst-denken-lernen/, 15.4.2022
74 Postman, a.a.O., S.34.
75 https://de.wikipedia.org/wiki/Assoziationen(Marxismus), zuletzt aufgerufen am 4.11.2023.
76 Ebd.
77 Charles Eisenstein, Die schöne Welt, die unser Herz kennt, ist möglich, München 2017.
78 Wilhelm von Humboldt, https://gutezitate.com/zitat/167577 https://www.zitate7.de/autor/Wilhelm+von+Humboldt/
79 „Die Biophilie ist die leidenschaftliche Liebe zum Leben und allem Lebendigen; sie ist der Wunsch das Wachstum zu fördern, ob es sich nun um einen Menschen, eine Pflanze, eine Idee oder eine soziale Gruppe handelt.“ Erich Fromm, Anatomie der menschlichen Destruktivität, Hamburg 2015, S. 411 f.
80 https://www.nachrichten-fabrik.de/news/der-homo-hygienicus-und-der-hygienismus-matthias-burchardt-im-gespraech-mit-gunnar-kaiser/, ab Min. 33 Wissenschaft in der Postmoderne.
81 https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/emmanuel-todd-deutschland-wird-entscheiden-ob-in-der-ukraine-frieden-einkehrt-li.2236539, 31.7.2024.
82 Siehe Jonas Tögel, Kognitive Kriegsführung. Neueste Manipulationstechniken als Waffengattung der NATO, Frankfurt/M. 2023.
83 Kees van der Pijl, Die belagerte Welt, a.a.O., S.163.
84 Bernd Stegemann, Identitätspolitik, Berlin 2023, S.16 f.
85 Neil Postman, Alfred Korzybski. Die Eloge über den Neurolinguisten findet sich in: Neil Postman, Die Verweigerung der Hörigkeit, Frankfurt/M. 1988, S.151.
86 Erich Fromm, Psychoanalyse und Ethik. Bausteine einer humanistischen Charakterologie, München 1985, S.85 f.
87 Ebd., S.86
88 Rainer Funk, Das Biophilie-Konzept Erich Fromms und seine Bedeutung für umweltgerechtes Handeln, Vortrag 1996. Zuerst veröffentlicht in: M. Zimmer (Hrsg.), Von der Kunst, umweltgerecht zu planen und zu handeln. Zur Bedeutung der Verhaltens-Wissenschaften für die Ökologie und für einen konstruktiven Umgang mit unserer Umwelt, Tagungsband einer Tagung der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft vom 4. bis 6. Oktober 1996 in Georgsmarienhütte, Osnabrück (Selbstverlag) 1996, S. 155-178. (Hervorhebungen im Text von mir, B.S.)
89 Funk nach Erich Fromm, ebd.
90 https://www.who.int/teams/risk-communication/infodemic-management
91 https://www.transparenztest.de/post/neue-ioannidis-metastudie-nur-1-von-3000-sars-cov2-infizierten-unter-60-jahren-stirbt, 15.2.2023.
92 https://www.nachdenkseiten.de/?p=92717, 23.1.2023.
93 Michael Andrick, Hat jemand eine Idee? https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/uebersterblichkeit-2022-staerker-gestiegen-als-im-vorjahr-hat-jemand-eine-idee-li.353301, 30.5.2023.
94 https://www.cicero.de/kultur/die-risiken-der-corona-impfung, 7.10.2023.
95 Siehe z.B. die Twitter- / X-Botschaft von Lauterbach vom November 2021 über die angeblich nebenwirkungsfreie, 100-prozentige Wirksamkeit des BioNTech-Impfstoffes für 12- 15jährige.
96 Norbert Häring, Fast niemand in Deutschland glaubt an die Sicherheit und Wirksamkeit von mRNA-Impfungen, https://norberthaering.de/news/angepasste-impfstoffe-2/, 10.10.2023. Pfizer erleidet Milliardenverlust, https://www.n- tv.de/wirtschaft/der_boersen_tag/Pfizer-erleidet-Milliardenverlust- article24500430.html, 31.10.2023
97 Prof. Dr. Sucharit Bhakdi. Zitiert nach Uli Gellermann, https://www.rationalgalerie.de/home/sucharit-bhakdi, 8.10.2023. ¬– Denn die Krankenhäuser verzeichneten in den Pandemiejahren 2020-2022 hinsichtlich der Auslastung historische Tiefstände. https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=2182. Deutsches Ärzteblatt 10/2021.
98 Herbert Ludwig, Informationskontrolle, Überwachung und Verhaltensforschung in: Ders.: Die Totalitarismus-Energie des Doktor Drosten, https://fassadenkratzer.wordpress.com/2023/11/10/die-totalitarismus-energie-des- dr-drosten/
99 Petra Erler, Wir wissen nicht, was wir tun. Zu den Folgen des massenhaften Einsatzes von mRNA gegen Covid-19, Hintergrund, Das Nachrichtenmagazin, Ausgabe 7/8, 2023, S. 48.
100 Ebd.
101 Ebd.
102 Willy Brandt: „Wer einmal mit dem Notstand spielen sollte, um die Freiheit einzuschränken, wird meine Freunde und mich auf den Barrikaden zur Verteidigung der Demokratie finden, und dies ist ganz wörtlich gemeint.“ https://vorwaerts.de/geschichte/notstandsgesetze-1968-als-willy-brandt-sein-mehr-demokratie-wagen-erfand, 9.8.2024.
103 Sebastian Lucenti, Der verlorene Kompass in der Corona-Krise, https://www.cicero.de/innenpolitik/der-verlorene-kompass-in-der-corona-krise, 13.8.2023.
104 Kürzlich hat der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier eine ungewöhnlich deutliche Kritik an den amtierenden Verfassungsrichtern und ihren Entscheidungen in der Pandemie geübt. Laut Papier hätte das Bundesverfassungsgericht frühzeitig den staatlichen Stellen aufgeben müssen „durch intensive Sachverhaltsaufklärung und Datenermittlung eine rechtzeitige und aussagekräftige Evaluation zu ermöglichen“. Siehe dazu auch Wolfgang Bittner: Die Außerkraftsetzung der Grundrechte während der Corona-Pandemie, NachDenkSeiten, 30.9.2023, https://www.nachdenkseiten.de/?p=104495. Aktuell dazu sei auch auf das Interview mit dem Verfassungsrechtler Volker Böhme-Neßler in den NachDenkSeiten verwiesen: https://www.nachdenkseiten.de/?p=119645, 15.8.2024.
105 https://martin-hirte.de/coronavirus/
106 Mattias Desmet, Die Psychologie des Totalitarismus, Berlin, München, Wien, Zürich 2023. ¬– https://www.youtube.com/watch?v=2hRCquvgWk4.
107 Großbritannien hat 2018 ein „Einsamkeitsministerium“ geschaffen, siehe https://www.deutschlandfunk.de/grossbritannien-ein-ministerium-leistet- pionierarbeit-100.html, 23.12.2019.
108 https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/politik/tobias-hans-bei-maybrit-illner-im-zdf-lage-falsch-eingeschaetzt_aid-64554121, 10.12.2021.
109 Richard Löwenthal, Diderot, a.a.O., S.67.
110 https://www.deutschlandfunk.de/philosoph-pierre-bayles-aufklaerung-100.html
111 Der Philosoph und Publizist Michael Andrick hat den dahinter sichtbar werdenden totalitären Machtanspruch u.a. mit den folgenden Worten kenntlich gemacht: „Die politische Bedeutung des Kunstbegriffs Desinformation ist einfach. Ein Kollektiv derer, die sich selbst als Demokratiebesitzer sehen, möchte für sich das Privileg erreichen, andere offiziell der Lüge zu bezichtigen und sie für ihre Lügen zu verfolgen. Man will ein Zensurprivileg. Die Erwägung eines Wahrheitsministeriums entspricht dem genau. (…) „Desinformation“ und „Falschinformation sind jedoch keiner inhaltsleeren Kunstbegriffe, die nur als Instrumente zur Etablierung eines Zensurregimes einen bösen Sinn ergeben: Sie erlauben es, der Denunziation machtpolitisch missliebiger Ansichten den Anstrich demokratischer Tugend geben.“ Michael Andrick, Das Wahrheitsministerium: Projekt „Forum gegen Fakes“ hat totalitäres Potenzial, https://www.freitag.de/autoren/michael-andrick/kampf-gegen-fake-news-im-internet-das-wahrheitsministerium, Ausgabe 30/2024.
112 Friedenthal, a.a.O., S.65.
113 Zum Extremismus der Mitte siehe: Die extreme Mitte, Wer die westliche Welt beherrscht. Eine Warnung, Wien 2020, darin: Rainer Mausfeld, Die neoliberale Mitte als demokratische Maske einer radikal antidemokratischen Gegenrevolution, S.109-149, Oskar Lafontaine, Deutschlands demokratische Mitte ist rechtsextrem und militaristisch, https://www.nachdenkseiten.de/?p=118088, 15.7.2024.
114 https://www.deutschlandfunkkultur.de/hans-juergen- papier-freiheit-in-gefahr-erkaempftes-nicht-100.html, 16.10.2021. Siehe dazu auch https://www.nachdenkseiten.de/?p=104495, 30.9.2023.
115 Siehe dazu der Kindheitshistoriker Michael Hüter, Corona oder der erste Krieg gegen die Kinder, https://www.michael- hueter.org/jart/prj3/hueter/data/uploads/C1-2_2021-12-18_0912970.pdf, 18.12.2021.


Plädoyer für eine neue Aufklärung - Teil 1:
Die Wissenschaft nach Corona: Eine – wegbrechende? – Säule der Moderne
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