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Medien
El Baradei vom KStA gegen den Iran instrumentalisiert
Wieder mal erwischt
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Artikel auf der Titelseite des 'Kölner Stadt-Anzeiger' vom 25. Mai 2007
Am Rande einer in Luxemburg abgehaltenen Konferenz mit dem Titel 'International Conference on the Prevention of Nuclear Catastrophe' (Internationale Konferenz zur Verhinderung einer nuklearen Katastrophe) erklärte El Baradei auf einer Pressekonferenz am 24. Mai: "I tend, based on our analysis, to agree with people like John Negroponte and the new director of the CIA, who are saying that even if Iran wanted to go for a nuclear weapon, it would not be before the end of this decade or sometime in the middle of the next decade. In other words three to eight years from now." So die Agentur Reuters vom selben Tag. In deutscher Übersetzung heißt das etwa: "Ich neige dazu, basierend auf unseren Analysen mit Leuten wie John Negroponte und dem neuen CIA-Direktor übereinzustimmen, die sagen, wenn der Iran Nuklearwaffen überhaupt anstrebt, wäre es nicht vor dem Ende dieses Jahrzehnts oder in der Mitte des darauf folgenden Jahrzehnts soweit. Mit anderen Worten drei bis acht Jahre von jetzt an."
Schlagzeile gleich doppelt falsch
Mohamed El Baradei – passt offenbar nicht ins KStA-Konzept
Quelle: Wikipedia
Die Schlagzeile "Baradei: Iran hat Atomwaffen in drei Jahren" enthält also gleich zwei Unwahrheiten: Zum einen ist die Zeitangabe verfälscht. Zum anderen wird El Baradeis Vorsicht hinsichtlich der Ziele des Iran völlig unterschlagen. Was die Zeitangabe betrifft, widerlegt sich der 'Kölner Stadt-Anzeiger' im Artikel dann auch selbst, indem er El Baradeis Äußerung dort wie folgt wiedergibt: "Denn 'frühestens in drei bis acht Jahren' werde der Iran über Atomwaffen verfügen." Drei bis acht Jahre sind nicht drei Jahre. Die Einschränkung El Baradeis - "wenn der Iran Nuklearwaffen überhaupt anstrebt" - lässt die Redaktion auch im Text des Artikels lieber ganz weg. Offenbar damit der falsche Eindruck entsteht, El Baradei sei davon überzeugt, der Iran entwickele auf alle Fälle Atomwaffen und werde in drei Jahren diese Entwicklung abgeschlossen haben. Unterdrückt wird überdies die Information, dass die Zeitschätzung aus Regierungs- und Geheimdienstkreisen der USA stammt.
Nun könnte die 'Stadt-Anzeiger'-Redaktion ja behaupten, ihr sei der Original-Wortlaut von El Baradeis Pressekonferenz nicht bekannt gewesen, und Schlagzeile wie Artikel seien aus Meldungen der Nachrichtenagenturen zusammengestrickt worden. Das würde den KStA-Verantwortlichen allerdings wenig helfen. Denn: die Meldungen der Agenturen Reuters und DPA, die der 'Stadt-Anzeiger' als Quelle angibt, dazu eine von AFP enthalten - in der einen oder anderen Form - die Einschränkung El Baradeis:
Über den Umgang mit Agenturmeldungen
Reuters, 24.5.2007: "Selbst wenn sich die Islamische Republik für die Entwicklung solcher Waffen entscheiden würde, bräuchte sie dafür noch bis Ende dieses oder Mitte des kommenden Jahrzehnts Zeit."
DPA, 24.5.2007: "Er [El Baradei] teile allerdings die Auffassung von Experten, dass Teheran 'frühestens in drei bis acht Jahren' über Atomwaffen verfügen könne, falls es das wirklich wolle."
AFP, 24.5.2007: "Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Teheran zum jetzigen Zeitpunkt versuche, Atomwaffen herzustellen."
Damit nicht genug, sucht man in dem KStA-Artikel auch folgende Agentur-Informationen zum Thema vergeblich: "Die USA haben sich offiziell gegen die Haltung von IAEA-Chef Mohamed El Baradei zum iranischen Atomprogramm beschwert. [...] Der US-Delegationsleiter bei der Internationalen Atomenergiebehörde, Gregory Schulte, habe die Unzufriedenheit der USA bei einem Treffen mit El Baradei am Mittwoch vorgetragen. Sie entzünde sich an El Baradeis Vorschlag, Teheran einige Elemente zur Urananreicherung zu erlauben." (AP, 24.5.2007)
Fehlanzeige natürlich auch zur AP-Meldung vom selben Tag: "El Baradei verwies darauf, dass der Aufstieg Indiens, Pakistans, Israels und Nordkoreas zu Atommächten von Defiziten bei der derzeitigen Atomaufsicht begünstigt worden sei. Einer seiner Vorschläge ziele deshalb auf die Schaffung einer internationalen 'Atombrennstoffbank' ab: Damit würde für jeden Staat mit einem rein zivilen Atomprogramm der Grund entfallen, selbst Uran anzureichern."
Und Fehlanzeige schließlich auch betreffs der AFP-Meldung am gleichen Tag, aus der die „Stadt-Anzeiger“-LeserInnen erfahren hätten: "Der IAEA-Chef appellierte an die großen Atommächte, ihre Atomwaffen-Arsenale zu verkleinern, um eine nukleare Katastrophe zu verhindern. Neun Länder verfügten derzeit über rund 27.000 atomare Sprengköpfe, und fast alle erweiterten und modernisierten ihr Arsenal, kritisierte El Baradei."
So kritische Worte des Friedensnobelpreisträgers El Baradei an die Adresse der etablierten Atommächte - und damit auch der USA und Israels - mochte das Haus M.DuMont Schauberg seinen LeserInnen doch lieber nicht zumuten. Die könnten ja sonst auf die Idee kommen, dass Irans Versuche zur Urananreicherung weniger bedrohlich für die Menschheit sein könnten als die Bomben, die die USA 1945 auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen haben.
Online-Flyer Nr. 98 vom 06.06.2007
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El Baradei vom KStA gegen den Iran instrumentalisiert
Wieder mal erwischt
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Artikel auf der Titelseite des 'Kölner Stadt-Anzeiger' vom 25. Mai 2007
Am Rande einer in Luxemburg abgehaltenen Konferenz mit dem Titel 'International Conference on the Prevention of Nuclear Catastrophe' (Internationale Konferenz zur Verhinderung einer nuklearen Katastrophe) erklärte El Baradei auf einer Pressekonferenz am 24. Mai: "I tend, based on our analysis, to agree with people like John Negroponte and the new director of the CIA, who are saying that even if Iran wanted to go for a nuclear weapon, it would not be before the end of this decade or sometime in the middle of the next decade. In other words three to eight years from now." So die Agentur Reuters vom selben Tag. In deutscher Übersetzung heißt das etwa: "Ich neige dazu, basierend auf unseren Analysen mit Leuten wie John Negroponte und dem neuen CIA-Direktor übereinzustimmen, die sagen, wenn der Iran Nuklearwaffen überhaupt anstrebt, wäre es nicht vor dem Ende dieses Jahrzehnts oder in der Mitte des darauf folgenden Jahrzehnts soweit. Mit anderen Worten drei bis acht Jahre von jetzt an."
Schlagzeile gleich doppelt falsch
Mohamed El Baradei – passt offenbar nicht ins KStA-Konzept
Quelle: Wikipedia
Die Schlagzeile "Baradei: Iran hat Atomwaffen in drei Jahren" enthält also gleich zwei Unwahrheiten: Zum einen ist die Zeitangabe verfälscht. Zum anderen wird El Baradeis Vorsicht hinsichtlich der Ziele des Iran völlig unterschlagen. Was die Zeitangabe betrifft, widerlegt sich der 'Kölner Stadt-Anzeiger' im Artikel dann auch selbst, indem er El Baradeis Äußerung dort wie folgt wiedergibt: "Denn 'frühestens in drei bis acht Jahren' werde der Iran über Atomwaffen verfügen." Drei bis acht Jahre sind nicht drei Jahre. Die Einschränkung El Baradeis - "wenn der Iran Nuklearwaffen überhaupt anstrebt" - lässt die Redaktion auch im Text des Artikels lieber ganz weg. Offenbar damit der falsche Eindruck entsteht, El Baradei sei davon überzeugt, der Iran entwickele auf alle Fälle Atomwaffen und werde in drei Jahren diese Entwicklung abgeschlossen haben. Unterdrückt wird überdies die Information, dass die Zeitschätzung aus Regierungs- und Geheimdienstkreisen der USA stammt.
Nun könnte die 'Stadt-Anzeiger'-Redaktion ja behaupten, ihr sei der Original-Wortlaut von El Baradeis Pressekonferenz nicht bekannt gewesen, und Schlagzeile wie Artikel seien aus Meldungen der Nachrichtenagenturen zusammengestrickt worden. Das würde den KStA-Verantwortlichen allerdings wenig helfen. Denn: die Meldungen der Agenturen Reuters und DPA, die der 'Stadt-Anzeiger' als Quelle angibt, dazu eine von AFP enthalten - in der einen oder anderen Form - die Einschränkung El Baradeis:
Über den Umgang mit Agenturmeldungen
Reuters, 24.5.2007: "Selbst wenn sich die Islamische Republik für die Entwicklung solcher Waffen entscheiden würde, bräuchte sie dafür noch bis Ende dieses oder Mitte des kommenden Jahrzehnts Zeit."
DPA, 24.5.2007: "Er [El Baradei] teile allerdings die Auffassung von Experten, dass Teheran 'frühestens in drei bis acht Jahren' über Atomwaffen verfügen könne, falls es das wirklich wolle."
AFP, 24.5.2007: "Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Teheran zum jetzigen Zeitpunkt versuche, Atomwaffen herzustellen."
Damit nicht genug, sucht man in dem KStA-Artikel auch folgende Agentur-Informationen zum Thema vergeblich: "Die USA haben sich offiziell gegen die Haltung von IAEA-Chef Mohamed El Baradei zum iranischen Atomprogramm beschwert. [...] Der US-Delegationsleiter bei der Internationalen Atomenergiebehörde, Gregory Schulte, habe die Unzufriedenheit der USA bei einem Treffen mit El Baradei am Mittwoch vorgetragen. Sie entzünde sich an El Baradeis Vorschlag, Teheran einige Elemente zur Urananreicherung zu erlauben." (AP, 24.5.2007)
Fehlanzeige natürlich auch zur AP-Meldung vom selben Tag: "El Baradei verwies darauf, dass der Aufstieg Indiens, Pakistans, Israels und Nordkoreas zu Atommächten von Defiziten bei der derzeitigen Atomaufsicht begünstigt worden sei. Einer seiner Vorschläge ziele deshalb auf die Schaffung einer internationalen 'Atombrennstoffbank' ab: Damit würde für jeden Staat mit einem rein zivilen Atomprogramm der Grund entfallen, selbst Uran anzureichern."
Und Fehlanzeige schließlich auch betreffs der AFP-Meldung am gleichen Tag, aus der die „Stadt-Anzeiger“-LeserInnen erfahren hätten: "Der IAEA-Chef appellierte an die großen Atommächte, ihre Atomwaffen-Arsenale zu verkleinern, um eine nukleare Katastrophe zu verhindern. Neun Länder verfügten derzeit über rund 27.000 atomare Sprengköpfe, und fast alle erweiterten und modernisierten ihr Arsenal, kritisierte El Baradei."
So kritische Worte des Friedensnobelpreisträgers El Baradei an die Adresse der etablierten Atommächte - und damit auch der USA und Israels - mochte das Haus M.DuMont Schauberg seinen LeserInnen doch lieber nicht zumuten. Die könnten ja sonst auf die Idee kommen, dass Irans Versuche zur Urananreicherung weniger bedrohlich für die Menschheit sein könnten als die Bomben, die die USA 1945 auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen haben.
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