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Wirtschaft und Umwelt
DGB-Chef Schneider unterstützt Bau der CO-Pipeline der BAYER AG:
„Allemal besser“
Von Peter Kleinert

Am Mittwoch vergangener Woche waren sich Nordrhein-Westfalens DGB-Vorsitzender Guntram Schneider und die Regierungsfraktionen im Düsseldorfer Landtag einig: Die von Umweltinitiativen, Bürgermeistern und Ratsmehrheiten der betroffenen Städte und Gemeinden sowie vom Oberverwaltungsgericht Münster wegen ihrer Gefährlichkeit abgelehnte CO-Pipeline des BAYER-Konzerns soll gebaut werden.
In einer Pressemitteilung forderte der DGB-Vorsitzende noch rechtzeitig vor einer für den gleichen Tag geplanten Abstimmung im Umweltausschuss des Landtags die Landesregierung auf, „das Projekt zielgerichtet fortzusetzen und die vom Oberverwaltungsgericht Münster angemahnten offenen Punkte zur Sicherheit und zum Gemeinwohl schnellstmöglich angemessen darzulegen“. Tatsächlich hatten die Richter in Münster Zweifel an der problematischen Trassenführung entlang bewohnter Gebiete auf dem Weg von Dormagen nach Krefeld geäußert und bezweifelt, dass die für hochgiftiges Kohlenmonoxid vorgesehene Pipeline dem Gemeinwohl dienen würde. Im Enteignungsgesetz des Landtags zugunsten der Pipeline sei nicht ausreichend geklärt, inwiefern die Allgemeinheit vom Privatinteresse des BAYER-Konzerns profitiere. In dem von den betroffenen Bürgern gefürchteten Projekt müssten erst einmal „Elemente der Gemeinnützigkeit“ nachgewiesen werden, hatte OVG-Sprecher Ulrich Lau dazu öffentlich mitgeteilt (siehe NRhZ 127).

Strukturpolitisch unverzichtbar“

Trotz dieses Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts befürwortet laut Guntram Schneider „der DGB NRW die CO-Pipeline zwischen den Chemieparks Dormagen und Krefeld-Uerdingen“, weil diese „strukturpolitisch unverzichtbar“ sei. Schneider: „Die Kunststoffindustrie bildet mit ihren fast 80.000 Beschäftigten in NRW einen ganz wesentlichen Faktor des Industrielandes Nordrhein-Westfalen. Deshalb brauchen wir auch eine verlässliche und sichere Infrastruktur für die Versorgung der Kunststoffhersteller. Der unterirdische Transport chemischer Grundstoffe und Gase in Pipelines nach strengen Sicherheitsregeln ist allemal besser, als das CO in LKWs


Druck auf die Landesregierung zugunsten BAYER – DGB-Chef Schneider
Quelle: www.arbeitsmarkt.nrw.de

über Autobahnen und Straßen zu fahren, so wie dies bislang gemacht wird.“ Deshalb, so Schneider, fordere der DGB „die Landesregierung auf, das Projekt zielgerichtet fortzusetzen und die vom Oberverwaltungsgericht Münster angemahnten offenen Punkte zur Sicherheit und zum Gemeinwohl schnellstmöglich angemessen darzulegen… Wir brauchen einen neuen Konsens für den Industriestandort NRW. Hierzu gehört auch eine Verständigung aller Beteiligten über die Verteilung der Risiken und Belastungen der industriellen Entwicklung. Nur so können Konflikte, wie wir sie um die CO-Pipeline erleben, dauerhaft vermieden und konstruktive Lösungen gefunden werden.“

Im Landtag reagierte die Mehrheit der Abgeordneten prompt. Man werde das Enteignungsgesetz zum Bau der BAYER-Kohlenmonoxid-Pipeline von Dormagen nach Krefeld nicht zurücknehmen, sondern die noch „offenen Fragen“ klären, entschieden die Regierungsfraktionen CDU und FDP im Umweltausschuss. Nur die Grünen wollten das vom Gericht gestoppte Enteignungsgesetz kippen. Die SPD enthielt sich bei der Abstimmung.

Falsch-Aussagen“

Es sei „traurig mit anzusehen, wie sich Guntram Schneider zum Propagandisten des BAYER-Konzerns macht und dabei nicht einmal vor Falsch-Aussagen zurückschreckt“ reagierte Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren darauf gegenüber der NRhZ.

Mahnwache gegen BAYER-Gefahren vor dem Landtag
Quelle: CBG

Das Argument von Schneider, der „Transport chemischer Grundstoffe und Gase in Pipelines ist allemal besser, als das CO in LKWs über Autobahnen und Straßen zu fahren, so wie dies bislang gemacht wird“ sei „schlichtweg verkehrt“. Kohlenmonoxid dürfe nur in kleinen Mengen und unter hohen Sicherheitsauflagen auf Straßen transportiert werden. Die BAYER-Werke würden nicht per LKW mit CO beliefert, weil das völlig unrentabel wäre. Mimkes: „Das giftige Gas wird dort produziert, wo es benötigt wird - und dieses Prinzip, das z.B. auch für Phosgen gilt, muss aus Sicherheitsgründen unbedingt bestehen bleiben.“
 
Der DGB-Vorsitzende sollte lieber für die Erhaltung der Arbeitsplätze bei BAYER kämpfen, statt sich auf unverbindliche Versprechen des Konzerns zu verlassen, fordert der CBG-Sprecher: „Trotz eines Rekord-Gewinns im vergangenen Jahr will BAYER in der Kunststoffproduktion ein Zehntel aller Arbeitsplätze wegrationalisieren. BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) hat in den ersten neun Monaten 2007 einen Gewinn von 843 Millionen Euro erzielt, dennoch sollen von den 15.000 Stellen bei BMS allein in Deutschland rund 500 vernichtet werden. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht moniert, dass BAYER keinerlei verbindliche Angaben zur Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen gemacht hat.“

Überall Proteste gegen BAYER – hier in Hilden
Quelle: CBG

Keineswegs Konsens im DGB

Zudem unterschlage Guntram Schneider, dass seine Meinung keineswegs Konsens im DGB ist: „Der DGB Bergisch Land hat schon im August die Geschlossenheit aller politischen Gruppen beim Widerstand gegen die Pipeline gefordert.“ Und der Vorsitzende des DGB Bergisch Land, Hans Peters, habe erklärt: „Ich wage mir nicht auszudenken, was passieren würde, wenn der DGB aus sozialpolitischen oder arbeitsmarktlichen Erwägungen Enteignungen von BAYER-Unternehmensbereichen zum Wohle der Allgemeinheit nach unserer Verfassung fordern würde. Diesen Aufschrei möchte ich erleben“. Erst auf Druck der für BAYER zuständigen IG BCE habe der DGB NRW seine ursprünglich neutrale Position nun verlassen und sich für die Pipeline ausgesprochen.
 
Philipp Mimkes: „Der Bau der Pipeline dient nicht dem Allgemeinwohl, sondern privatwirtschaftlichen Interessen. BAYER könnte genauso gut die veraltete CO-Produktion in Krefeld-Uerdingen durch eine modernere und umweltfreundlichere Anlage ersetzen – auch wenn dies etwas teurer wäre. Es gibt keinen Grund, die Bevölkerung unnötigen Gefahren durch die Pipeline auszusetzen.“ (PK)



Online-Flyer Nr. 129  vom 16.01.2008

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