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Inland
General Naumann schon an der Planung des Kosovo-Kriegs beteiligt
Jetzt auch für atomare Erstschläge
Von Hans Georg

Der deutsche Heeresgeneral a.D. Klaus Naumann und andere Militärpolitiker der NATO rufen zu Erstschlägen mit Atomwaffen auf, sollte die weltweite Dominanz des Westens und seiner „Lebensart“ in Frage gestellt werden. Der atomare Erstschlag müsse im „Köcher“ jeder Eskalationsstrategie sein, schreibt der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Naumann. Im Militärausschuss der NATO war Naumann zeitweise deutscher Dezernatsleiter für Nuklearstrategie. Im Februar setzte er sich nachdrücklich für die Entsendung deutscher Truppen in den Süden Afghanistans ein.
 
In den vergangenen Jahren betätigte sich der seit dem zweiten Weltkrieg höchst dekorierte deutsche Soldat als Aufsichtsratsmitglied des Rüstungs- konzerns „Thales“. Naumann war außerdem bis 2005 Vorsitzender des Aufsichtsrats eines deutschen Unternehmens für atomare Entseuchung („Odenwaldwerke Rittersbach“/OWR AG), das sich selbst als „Weltmarkt- führer in ABC-Abwehr“ bezeichnet. Die atomare Erstschlagsstudie verfasste Naumann gemeinsam mit einem weiteren Firmenmitglied der OWR AG. Auftraggeber der angeblich privaten Atomfirma, in der auch Bundeswehr- general Klaus Reinhardt beschäftigt war, sind die deutschen Streitkräfte und die US-Armee.
 
„Große Strategie“
 
Die Studie „Towards a Grand Strategy for an Uncertain World“ kursiert seit Januar in der EU und ruft zu einer permanenten Kriegsbereitschaft des NATO- Bündnisses auf. Neben dem deutschen Heeresgeneral Klaus Naumann zeichnet für das 152 Seiten umfassende Pamphlet Naumanns OWR-Firmen- partner, der britische General Lord Inge, verantwortlich. Die Studie verdankt ihre Finanzierung einer Investment-Stiftung, an der der dritte Autor, ein niederländischer Militär, als Aufsichtsratsmitglied wirkt. Er ist Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.[1] Ein weiterer Mitverfasser kommt aus dem Milieu georgischer SS-Veteranen und gehört heute den „United Defense Industries“ (USA/GB) an.[2]


Klaus Naumann – wirbt für atomare Erstschläge | Quelle: www.nato.int

 

Gewohnheitsrecht
 
Die Studie postuliert das Ende des Westfälischen Systems, das als Kodex des modernen Völkerrechts gilt und für eine weltweite Friedensordnung (pax universalis) grundlegend ist. Notwendig sei stattdessen eine „Anpassung des internationalen Rechts an gewandelte Bedingungen“. Wie die Verfasser ausführen, bedürfen Kriege gegen andere Nationen keiner Ermächtigung der UN, wenn man sie als Eingriffe zum Schutz vor „Völkermord“ deklariere und auf das „Gewohnheitsrecht“ verweise. Dieser Weg stehe seit dem NATO- Krieg gegen Jugoslawien und den Überfällen auf Irak und Afghanistan offen [3], behaupten die Verfasser, unter denen der deutsche General Naumann eine Sonderstellung einnimmt: An den Planungen des Kosovo-Krieges war er führend beteiligt [4] und beruft sich jetzt auf den völkerrechtswidrigen, ver- meintlich rechtsprägenden Charakter seiner eigenen Handlungen.
 
Eskalationsdominanz
 

OWR-Eigenwerbung für ABC-Ab-
wehr | Quelle: www.owr.de
Die Militärstudie verlangt eine Totalisierung des Waffenarsenals, das für den nuklearen Ersteinsatz bereit sein müsse. Nur so kön- nten USA, NATO und EU ihre „Eskala- tionsdominanz“ sichern. Der atomare Erstschlag wird ausdrücklich als „unver- zichtbar“ bezeichnet. Als weitere Mittel empfehlen die NATO-Militärs Schläge gegen das Cyber-System fremder Staaten, denen die Kontrolle über das Informations- wesen genommen werden müsse. Dem „Sieg durch Paralysierung“, „Zerstörung und Okkupation“ folgt die Errichtung einer „Übergangsregierung“, deren Polizei- und Justizgewalt vom Sieger diktiert wird.
Wie eine solche Eroberung unter den Bedingungen atomarer Verstrahlung durchführbar sein soll, lässt die Studie unbeantwortet.
Tatsächlich bereiten sich NATO-Stäbe auf den Einmarsch in kontaminierte Gebiete vor. Entsprechende ABC-Ausrüstung liefert die Firma OWR AG, in deren Aufsichtsrat der Nuklearplaner Naumann sitzt.


Medien-Strategie
 
Wie die Militärs betonen, lässt sich eine bis zum Atomkrieg steigerbare Eskalation nur durchsetzen, wenn sie die Zustimmung der Bevölkerung findet. Dabei darf es nicht zu „Debatten“ an der Heimatfront kommen, in deren Folge die militärische Bereitschaft leiden müsste. Eventuelle „Eingriffe“ zwecks Wahrung der Wehrbereitschaft könnten unverzichtbar werden, drohen die Autoren. Dabei geht es vor allem um Mediendominanz: Ziel ist es, mit einer „first strike media strategy“ als erster die Schlagzeilen zu besetzen.

Die Studie schlägt vor, das totalisierte Gesellschaftssystem einem polit- ischen Direktorat aus USA, NATO und EU zu unterstellen. Das anvisierte Konzept einer faktischen Militärdiktatur wird gegenwärtig in mehreren europäischen Hauptstädten auf seine Brauchbarkeit geprüft. (PK)

 
[1] Henk van den Breemen
[2] John Shalikashvili
[3] „customary law set in motion 1999 in Kosovo and 2001“; Towards a Grand Strategy for an Uncertain World. Renewing Transatlantic Partnership, Lunteren 2007
[4] Als Vorsitzender des NATO-Militärausschusses


Mehr unter www.german-foreign-policy.com

Online-Flyer Nr. 135  vom 27.02.2008

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