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Arbeit und Soziales
Privatisierung der Gewinne – Sozialisierung der Verluste
Asoziale Marktwirtschaft
Franz Kersjes
Die abhängig Beschäftigten müssen seit drei Jahren Einkommensverluste hinnehmen. Von 2004 auf 2005 ist der Reallohn um 1,3 Prozent gesunken. Ein Jahr später waren es 2,2. Und bis 2007 summierten sich die Nettolohnverluste auf 3,1 Prozent. In der gleichen Zeit hat der Staat 19 Prozent mehr an Steuern eingenommen. Und bei einem kleinen Berufszweig ist der oft zitierte wirtschaftliche Aufschwung besonders gut angekommen, in nur zwei Jahren 44 Prozent mehr: bei den deutschen Managern.
Die Gehälter von Vorständen deutscher Unternehmen haben sich im vergangenen Geschäftsjahr deutlich um 17,5 Prozent erhöht. Damit wurden die Zuwächse der beiden Vorjahre stark übertroffen, als die Bezüge um 14,8 beziehungsweise 9,1 Prozent gestiegen waren. Zu diesen Ergebnissen kommt eine „Vorstandsstudie 2006/2007“ der Management-Beratung Kienbaum, die Gehaltsdaten von 4.300 Vorstandsmitgliedern aus 1.300 Unternehmen unter die Lupe genommen hat. 3,9 Millionen Euro – das ist die Summe, die ein Vorstandsvorsitzender in den größten deutschen Firmen durchschnittlich erhält.
Wachsende Gier auf der einen Seite...
Besonders üppig werden Manager in Unternehmen mit staatlicher Beteiligung vergütet. Joachim Schwalbach von der Berliner Humboldt-Universität hat die Vorstandsvergütung in den 30 DAX-Unternehmen untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass der Gehaltsabstand zwischen Vorstand und Beschäftigten besonders groß ist bei Post, Telekom und Bahn. Musterbeispiel ist die Deutsche Post, die sich zum Großteil in staatlichem Besitz befindet. Im Jahr 1995 verdiente hier ein Vorstandsmitglied elfmal soviel wie ein Mitarbeiter im Durchschnitt. Im Jahr 2006 war es schon das 87fache. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller DAX-Unternehmen kassierte der Vorstand früher 19 Mal soviel wie ein Mitarbeiter, heute ist das das 44fache. Beim Energie-Konzern RWE, dessen Aktien sich zu einem großen Teil im Besitz nordrhein-westfälischer Kommunen befinden, erhielt der Vorstand in den achtziger Jahren zehnmal soviel wie ein einfacher Mitarbeiter. Mittlerweile ist es fünfzig Mahl soviel.
Grenzenlose Geldgier
Die Geldgier der Manager ist grenzenlos. Rund 90 Milliarden Euro soll das Führungspersonal deutscher Landesbanken und der Industriekreditbank (IKB) in Kreditpapiere investiert haben, die nun in den Strudel der US-Immobilienkrise geraten sind. Die betroffenen Landesregierungen müssen jetzt mit Steuergeldern für die Milliarden-Ausfälle aufkommen, während die Bankmanager weiterhin dicke Gehälter und großzügige Pensionen kassieren. Beispielsweise erhielt der ehemalige Vorstandssprecher bei der IKB, Stefan Ortseifen, jährlich rund eine Million Euro erfolgsabhängige Vergütung – zusätzlich zum regulären Gehalt. Und nun wird er für seine Fehlleistungen noch im Altersruhestand monatlich mit einer betrieblichen Luxuspension von 31.500 Euro belohnt. Die Rettung der Landesbanken und der Industriekreditbank kostet sehr viel Geld, Geld, das für Investitionen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht mehr zur Verfügung steht.
...und grenzenlose Ausbeutung...
Unser Geld für die Rettung
Mit Milliarden-Beträgen versucht die Bundesregierung die marode Industriekreditbank über die Runden zu bringen. Aber gerade in diesem Fall ist zu fragen: Was ist der Sinn und die Rechtfertigung für die Beteiligung des Staates als Unternehmer im Bankensektor? Warum sitzen im Aufsichtsrat der IKB gleich zwei hochrangige Regierungsbeamte? Und im Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der größten Aktionärin der Mittelstandsbank, findet sich mit sechs Bundesministern lauter Politik-Prominenz. Und auch die Politiker in den Aufsichtsorganen der Landesbanken haben die entstandenen Probleme mitzuverantworten. Finanzhilfen und Bürgschaften für die Institute übersteigen bereits die Summe, die der Bund pro Jahr für Wissenschaft und Forschung ausgibt. Und noch ist kein Ende der Finanzturbulenzen abzusehen.
Die Landesbanken drohen für den Steuerzahler zum Fass ohne Boden zu werden. Wie großzügig die Vorstände auch in Landesbanken honoriert werden, zeigt ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen. nsgesamt haben die fünf Vorstandsmitglieder der WestLB im Jahr 2006 Bezüge von 16,9 Millionen Euro erhalten. Und über die Bezahlung der Vorstände befindet nur das Präsidium des Aufsichtsrates. Den übrigen Mitgliedern des Aufsichtsrats wird die Höhe der Vergütungen nicht einmal mitgeteilt.
Begünstigung von Steuerflucht
Es gibt in Deutschland zwei Gruppen von Steuerzahlern: Die Lohnsteuerzahler, die jeden Cent vom Lohn bzw. Gehalt sofort abgezogen bekommen. Und es gibt die sehr vermögenden Steuerzahler, die esentlich mehr Gestaltungsspielräume haben und bei der sehr schlechten Personalausstattung der Finanzämter relativ wenig Gefahr laufen, noch überprüft zu werden. Einkommensmillionäre werden offensichtlich politisch bevorzugt, damit sie mit ihrem großen Kapital in Deutschland bleiben. Von Steuergerechtigkeit kann keine Rede sein. Schon während seiner Amtszeit (1999 bis 2005) hat Hans Eichel (SPD) die Einkommenssteuer gesenkt wie kein Finanzminister vor ihm. Den Spitzensteuersatz drückte er von über 50 Prozent auf 42 Prozent, der Eingangssteuersatz fiel von über 25 Prozent auf 15 Prozent. Und die Hilfe des Staates zur Steuerflucht geht weiter. Jüngstes Beispiel: die Abgeltungssteuer. Ab 2009 müssen Privatanleger auf Kapitalerträge aller Art nur noch einen pauschalen Satz von 25 Prozent zahlen und nicht mehr ihren individuellen, meist höheren Steuersatz. Nun überbieten sich die Banken mit Angeboten, mit denen ihre Kunden diese Steuer ganz legal umgehen können.
...ohne jegliche Kontrolle auf der anderen Seite
Fotos: arbeiterfotografie
Nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft werden jedes Jahr in Deutschland Steuern in Höhe von rund 30 Milliarden Euro nicht gezahlt. „Davon könnten rund 10 Milliarden Euro für den Staat gerettet werden, wenn die Steuerfahndung für ihre Aufgaben angemessen ausgestattet wäre“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Dieter Ondracek, der Leipziger Volkszeitung. Es gibt in Deutschland 6.000 Fahnder gegen Schwarzarbeit, aber nur etwa 2.400 Steuerfahnder. Seit Jahren fordert die Steuergewerkschaft rund tausend zusätzliche Fahnder, denn bei der dünnen Personaldecke liegt die „Wahrscheinlichkeit, dass ein Steuersünder entdeckt wird, heute bei unter zehn Prozent“. Diese Situation Nutzen vor allem sehr reiche Leute, um hohe Beträge am Fiskus vorbei ins Ausland zu schaffen. Und das geht beispielsweise so: Ein Steuerpflichtiger schleust sein Geld am Finanzamt vorbei zu einem Liechtensteiner Treuhänder. Der gründet eine Stiftung und bringt das Geld meist auf ein Schweizer Nummernkonto. Die Unterlagen, die die Identität des Stifters verraten, wandern in den Tresor des Treuhänders – unerreichbar für deutsche Steuerfahnder. Vom Schweizer Konto kann der Stifter sein Schwarzgeld wieder abholen. Auch die CDU versteckte hier jahrzehntelang illegale Parteispenden in Millionenhöhe, getarnt als Stiftungen und Vermächtnisse. Ein Treuhänder der CDU war Herbert Batliner, ein Freund Helmut Kohls.
Die kriminelle Energie so genannter Leistungsträger
Durch so genannte Steueroptimierungs-Programme helfen deutsche Banken ihren Kunden bei der Steuerhinterziehung via Liechtenstein. Das ist der Politik seit vielen Jahren bekannt. Aber es ändert sich nichts. Mitte Februar wurde die Öffentlichkeit über einen Steuerskandal mit mehr als tausend Verdächtigen informiert. Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittle gegen „sehr, sehr viele Leistungsträger in diesem Land“, sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin. Durch die medienwirksame Festnahme von Postchef Klaus Zumwinkel wurden alle Steuerbetrüger aber rechtzeitig gewarnt. So ist das bei den Herrschenden im Kapitalismus. Über den Lobbyismus in der Politik kommt man sich näher: Manager und Politiker. Man kennt sich und man hilft sich. Aber die Leistungsträger in unserer Gesellschaft sind ganz andere: Krankenschwestern, Müllwerker, Sozialpädagogen, Erzieherinnen und viele weitere, die trotz schlechter Bezahlung, aber mit großem Engagement unverzichtbare Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringen. Auf die Schmarotzer in den Chefetagen kann die Gesellschaft dagegen verzichten. Merke: Der Kapitalismus ist niemals sozial und verdient kein Vertrauen. Freiheit im Kapitalismus ist immer nur die Freiheit der Kapitalbesitzer. Deren Freiheit schränkt die Freiheit der Mehrheit in unserer Gesellschaft ein. Und diese Mehrheit muss sich erheben, damit sich die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse grundlegend ändern. (HDH)
Franz Kersjes war viele Jahre NRW-Landesvorsitzender der IG Medien und gibt jetzt die Welt der Arbeit-online heraus: www.weltderarbeit.de .
Der Artikel erschien in WDA Nr. 47.
Online-Flyer Nr. 138 vom 19.03.2008
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Arbeit und Soziales
Privatisierung der Gewinne – Sozialisierung der Verluste
Asoziale Marktwirtschaft
Franz Kersjes
Die abhängig Beschäftigten müssen seit drei Jahren Einkommensverluste hinnehmen. Von 2004 auf 2005 ist der Reallohn um 1,3 Prozent gesunken. Ein Jahr später waren es 2,2. Und bis 2007 summierten sich die Nettolohnverluste auf 3,1 Prozent. In der gleichen Zeit hat der Staat 19 Prozent mehr an Steuern eingenommen. Und bei einem kleinen Berufszweig ist der oft zitierte wirtschaftliche Aufschwung besonders gut angekommen, in nur zwei Jahren 44 Prozent mehr: bei den deutschen Managern.
Die Gehälter von Vorständen deutscher Unternehmen haben sich im vergangenen Geschäftsjahr deutlich um 17,5 Prozent erhöht. Damit wurden die Zuwächse der beiden Vorjahre stark übertroffen, als die Bezüge um 14,8 beziehungsweise 9,1 Prozent gestiegen waren. Zu diesen Ergebnissen kommt eine „Vorstandsstudie 2006/2007“ der Management-Beratung Kienbaum, die Gehaltsdaten von 4.300 Vorstandsmitgliedern aus 1.300 Unternehmen unter die Lupe genommen hat. 3,9 Millionen Euro – das ist die Summe, die ein Vorstandsvorsitzender in den größten deutschen Firmen durchschnittlich erhält.
Wachsende Gier auf der einen Seite...
Besonders üppig werden Manager in Unternehmen mit staatlicher Beteiligung vergütet. Joachim Schwalbach von der Berliner Humboldt-Universität hat die Vorstandsvergütung in den 30 DAX-Unternehmen untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass der Gehaltsabstand zwischen Vorstand und Beschäftigten besonders groß ist bei Post, Telekom und Bahn. Musterbeispiel ist die Deutsche Post, die sich zum Großteil in staatlichem Besitz befindet. Im Jahr 1995 verdiente hier ein Vorstandsmitglied elfmal soviel wie ein Mitarbeiter im Durchschnitt. Im Jahr 2006 war es schon das 87fache. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller DAX-Unternehmen kassierte der Vorstand früher 19 Mal soviel wie ein Mitarbeiter, heute ist das das 44fache. Beim Energie-Konzern RWE, dessen Aktien sich zu einem großen Teil im Besitz nordrhein-westfälischer Kommunen befinden, erhielt der Vorstand in den achtziger Jahren zehnmal soviel wie ein einfacher Mitarbeiter. Mittlerweile ist es fünfzig Mahl soviel.
Grenzenlose Geldgier
Die Geldgier der Manager ist grenzenlos. Rund 90 Milliarden Euro soll das Führungspersonal deutscher Landesbanken und der Industriekreditbank (IKB) in Kreditpapiere investiert haben, die nun in den Strudel der US-Immobilienkrise geraten sind. Die betroffenen Landesregierungen müssen jetzt mit Steuergeldern für die Milliarden-Ausfälle aufkommen, während die Bankmanager weiterhin dicke Gehälter und großzügige Pensionen kassieren. Beispielsweise erhielt der ehemalige Vorstandssprecher bei der IKB, Stefan Ortseifen, jährlich rund eine Million Euro erfolgsabhängige Vergütung – zusätzlich zum regulären Gehalt. Und nun wird er für seine Fehlleistungen noch im Altersruhestand monatlich mit einer betrieblichen Luxuspension von 31.500 Euro belohnt. Die Rettung der Landesbanken und der Industriekreditbank kostet sehr viel Geld, Geld, das für Investitionen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht mehr zur Verfügung steht.
...und grenzenlose Ausbeutung...
Unser Geld für die Rettung
Mit Milliarden-Beträgen versucht die Bundesregierung die marode Industriekreditbank über die Runden zu bringen. Aber gerade in diesem Fall ist zu fragen: Was ist der Sinn und die Rechtfertigung für die Beteiligung des Staates als Unternehmer im Bankensektor? Warum sitzen im Aufsichtsrat der IKB gleich zwei hochrangige Regierungsbeamte? Und im Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der größten Aktionärin der Mittelstandsbank, findet sich mit sechs Bundesministern lauter Politik-Prominenz. Und auch die Politiker in den Aufsichtsorganen der Landesbanken haben die entstandenen Probleme mitzuverantworten. Finanzhilfen und Bürgschaften für die Institute übersteigen bereits die Summe, die der Bund pro Jahr für Wissenschaft und Forschung ausgibt. Und noch ist kein Ende der Finanzturbulenzen abzusehen.
Die Landesbanken drohen für den Steuerzahler zum Fass ohne Boden zu werden. Wie großzügig die Vorstände auch in Landesbanken honoriert werden, zeigt ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen. nsgesamt haben die fünf Vorstandsmitglieder der WestLB im Jahr 2006 Bezüge von 16,9 Millionen Euro erhalten. Und über die Bezahlung der Vorstände befindet nur das Präsidium des Aufsichtsrates. Den übrigen Mitgliedern des Aufsichtsrats wird die Höhe der Vergütungen nicht einmal mitgeteilt.
Begünstigung von Steuerflucht
Es gibt in Deutschland zwei Gruppen von Steuerzahlern: Die Lohnsteuerzahler, die jeden Cent vom Lohn bzw. Gehalt sofort abgezogen bekommen. Und es gibt die sehr vermögenden Steuerzahler, die esentlich mehr Gestaltungsspielräume haben und bei der sehr schlechten Personalausstattung der Finanzämter relativ wenig Gefahr laufen, noch überprüft zu werden. Einkommensmillionäre werden offensichtlich politisch bevorzugt, damit sie mit ihrem großen Kapital in Deutschland bleiben. Von Steuergerechtigkeit kann keine Rede sein. Schon während seiner Amtszeit (1999 bis 2005) hat Hans Eichel (SPD) die Einkommenssteuer gesenkt wie kein Finanzminister vor ihm. Den Spitzensteuersatz drückte er von über 50 Prozent auf 42 Prozent, der Eingangssteuersatz fiel von über 25 Prozent auf 15 Prozent. Und die Hilfe des Staates zur Steuerflucht geht weiter. Jüngstes Beispiel: die Abgeltungssteuer. Ab 2009 müssen Privatanleger auf Kapitalerträge aller Art nur noch einen pauschalen Satz von 25 Prozent zahlen und nicht mehr ihren individuellen, meist höheren Steuersatz. Nun überbieten sich die Banken mit Angeboten, mit denen ihre Kunden diese Steuer ganz legal umgehen können.
...ohne jegliche Kontrolle auf der anderen Seite
Fotos: arbeiterfotografie
Nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft werden jedes Jahr in Deutschland Steuern in Höhe von rund 30 Milliarden Euro nicht gezahlt. „Davon könnten rund 10 Milliarden Euro für den Staat gerettet werden, wenn die Steuerfahndung für ihre Aufgaben angemessen ausgestattet wäre“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Dieter Ondracek, der Leipziger Volkszeitung. Es gibt in Deutschland 6.000 Fahnder gegen Schwarzarbeit, aber nur etwa 2.400 Steuerfahnder. Seit Jahren fordert die Steuergewerkschaft rund tausend zusätzliche Fahnder, denn bei der dünnen Personaldecke liegt die „Wahrscheinlichkeit, dass ein Steuersünder entdeckt wird, heute bei unter zehn Prozent“. Diese Situation Nutzen vor allem sehr reiche Leute, um hohe Beträge am Fiskus vorbei ins Ausland zu schaffen. Und das geht beispielsweise so: Ein Steuerpflichtiger schleust sein Geld am Finanzamt vorbei zu einem Liechtensteiner Treuhänder. Der gründet eine Stiftung und bringt das Geld meist auf ein Schweizer Nummernkonto. Die Unterlagen, die die Identität des Stifters verraten, wandern in den Tresor des Treuhänders – unerreichbar für deutsche Steuerfahnder. Vom Schweizer Konto kann der Stifter sein Schwarzgeld wieder abholen. Auch die CDU versteckte hier jahrzehntelang illegale Parteispenden in Millionenhöhe, getarnt als Stiftungen und Vermächtnisse. Ein Treuhänder der CDU war Herbert Batliner, ein Freund Helmut Kohls.
Die kriminelle Energie so genannter Leistungsträger
Durch so genannte Steueroptimierungs-Programme helfen deutsche Banken ihren Kunden bei der Steuerhinterziehung via Liechtenstein. Das ist der Politik seit vielen Jahren bekannt. Aber es ändert sich nichts. Mitte Februar wurde die Öffentlichkeit über einen Steuerskandal mit mehr als tausend Verdächtigen informiert. Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittle gegen „sehr, sehr viele Leistungsträger in diesem Land“, sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin. Durch die medienwirksame Festnahme von Postchef Klaus Zumwinkel wurden alle Steuerbetrüger aber rechtzeitig gewarnt. So ist das bei den Herrschenden im Kapitalismus. Über den Lobbyismus in der Politik kommt man sich näher: Manager und Politiker. Man kennt sich und man hilft sich. Aber die Leistungsträger in unserer Gesellschaft sind ganz andere: Krankenschwestern, Müllwerker, Sozialpädagogen, Erzieherinnen und viele weitere, die trotz schlechter Bezahlung, aber mit großem Engagement unverzichtbare Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringen. Auf die Schmarotzer in den Chefetagen kann die Gesellschaft dagegen verzichten. Merke: Der Kapitalismus ist niemals sozial und verdient kein Vertrauen. Freiheit im Kapitalismus ist immer nur die Freiheit der Kapitalbesitzer. Deren Freiheit schränkt die Freiheit der Mehrheit in unserer Gesellschaft ein. Und diese Mehrheit muss sich erheben, damit sich die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse grundlegend ändern. (HDH)
Franz Kersjes war viele Jahre NRW-Landesvorsitzender der IG Medien und gibt jetzt die Welt der Arbeit-online heraus: www.weltderarbeit.de .
Der Artikel erschien in WDA Nr. 47.
Online-Flyer Nr. 138 vom 19.03.2008
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