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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Wer hat Recht? Die Mobilfunk-Lobby oder die Wissenschaft?
Gesundheitsrisiko Handy
Von Peter Kleinert

Einen Tag nach unserem Artikel „Macht Mobilfunk krank?“ in NRhZ 136 vom 5. März erhielten wir per Mail ein Interview mit Dagmar Wiebusch, Geschäftsführerin des Informationszentrums Mobilfunk angeboten. Das Angebot kam von der Public Relations-Agentur PLEON Berlin, zu deren Klienten u.a. der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zählt. Dort ist Frau Wiebusch, zunächst SPD-Medienberaterin, Leiterin für Public Affairs gewesen. Wir veröffentlichen ihr Interview im Wortlaut – ergänzt durch eine Antwort des Mediziners und Mobilfunkkritikers Dr. Horst Eger.


Dagmar Wiebusch - Informations-
zentrum Mobilfunk | Quelle: PLEON

 
Das PLEON-Interview
 
„Mobilfunk verursacht Krebs“, „Handys stören den Schlaf“, „Mobiltelefone lösen Nickel-Allergie aus“ – das Thema Mobilfunk und Gesundheit gerät regelmäßig in die Schlagzeilen. Birgt der Mobilfunk tatsächlich Risiken und worauf sollte man beim Telefonieren mit dem Handy achten? Dagmar Wiebusch, Geschäftsführerin des Informationszentrums Mobilfunk e. V., beantwortet fünf zentrale Fragen zum Thema Mobilfunk und Gesundheit.

 
Frage: Was ist dran an den regelmäßig wiederkehrenden Meldungen, dass Mobilfunk gesundheitsschädigend sei?

 
Dagmar Wiebusch: Die Mobilfunktechnologie ist inzwischen gut erforscht und wird von den zuständigen Behörden als sicher eingestuft. Nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand sind bei Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen durch den Mobilfunk zu befürchten. Die Grenzwerte basieren auf wissenschaftlich fundierten Empfehlungen von internationalen und nationalen Expertengremien. In vielen europäischen Ländern gelten dieselben Grenzwerte.

           
Frage: Wie sieht es mit dem Schutz von Kindern und Jugendlichen aus?

 
Dagmar Wiebusch: Das für den Strahlenschutz zuständige Bundesumweltministerium stuft die deutschen Grenzwerte auch für Kinder und Jugendliche als sicher ein. Bei der Festlegung der Grenzwerte wurde ein Sicherheitsfaktor eingerechnet, durch den die Grenzwerte ein Fünfzigfaches unterhalb der Schwelle liegen, bei der eine biologische Wirkung auftritt. Damit ist garantiert, dass auch junge Menschen, aber auch Schwangere oder Kranke geschützt sind.

 
Frage: Dann hat Mobilfunk also keine Auswirkung auf Menschen?

 
Dagmar Wiebusch: Doch, aber nicht jeder biologische Effekt gefährdet die Gesundheit. Wissenschaftlich nachgewiesen ist die Wärmewirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder. Die Medizin nutzt sie für Heilzwecke. Bei Feldstärken, die viel höher sind, als sie beim Mobilfunk verwendet werden, treten aber Schäden auf. Davor schützen die Grenzwerte. Für Mobilfunkantennen gelten deshalb auch Sicherheitsabstände, die je nach Antennentyp und Sendeleistung zwischen zwei und acht Metern in der Waagerechten betragen. Wahrt man diesen Abstand, kann man sich dauerhaft in der Nähe einer Antenne aufhalten, ohne Schäden befürchten zu müssen.

 
Frage: Was halten Sie von Abschirmmaterialien zum Schutz gegen elektromagnetische Felder?

 
Dagmar Wiebusch: Von verschiedenen Firmen werden so genannte „Abschirmmatten gegen Elektrosmog“ angeboten. Diese Abschirmmatten sind zum Schutz vor Gesundheitsschäden nicht notwendig und wegen der zweifelhaften Wirksamkeit ohnehin nicht zu empfehlen. Darauf verweist auch das Bundesamt für Strahlenschutz und macht darauf aufmerksam, dass sogar wissenschaftliche Hinweise auf mögliche Felderhöhungen bei der Verwendung von Abschirmmatten vorliegen.

 
Frage: Was empfehlen Sie Menschen, die wegen möglicher gesundheitlicher Auswirkungen besorgt sind?

 
Dagmar Wiebusch: Jeder, der mit dem Handy telefoniert, kann selbst etwas tun, um seine Exposition zu verringern. Man sollte auf eine gute Verbindung vom Handy zur Mobilfunkstation achten. Je besser die Verbindung ist, desto weniger Sendeleistung benötigt das Handy. Statt eines Kurztelefonats kann man auf die Alternative SMS zurückgreifen. Dabei befindet sich das Handy in größerer Entfernung vom Kopf und dieser ist geringeren Feldern ausgesetzt. Auch der Einsatz einer Freisprechanlage lohnt sich. Durch die Verwendung eines solchen Head-Sets wird der Abstand zwischen Kopf und Handyantenne stark vergrößert, so dass der Kopf beim Telefonieren nur noch ganz geringen Feldern ausgesetzt ist.

 
Widerspruch von Dr. Horst Eger


Gestützt auf seine praktischen Erfahrungen als Arzt und auf die wissenschaftlichen Erfahrungen des Ärztlichen Qualitätszirkels "Elektromagnetische Felder in der Medizin - Diagnostik Therapie, Umwelt" antwortet Dr. Eger auf das Interview der Mobilfunk-Lobby:



Dr. Horst Eger (rechts) referiert vor einer
Bürgerinitiative | Quelle: www.marlesreuth.de


„Einwirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf das zentrale Nervensystem, dem hochempfindlichen Steuerungsystem des Menschen, sindseit über 70 Jahren Stand des medizinischen Wissens. (Nachzulesen schon bei Prof. Dr. E. Schliephake, Deutsche Medizinische Wochenschrift, Heft 32,5., August 1932, S.1235ff.)

 
Die im Mobilfunk verwendeten Felder liegen im Freqenzbereich der Radarstrahlung. Untersuchungen von Wenzel aus den 1960er Jahren zeigen auf, dass bei Radarsoldaten zentralnervöse Symptome wie Konzentrationsstörungen und nachlassende Denkschärfe signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe auftraten. (Die gesamte Studie unter : http://www.der-mast-muss-weg.de/index06.htm - Zugriff 10.3.2008)

 
Noch vor Einführung der heutigen Mobilfunktechnik wurde in der vom Deutschen Bundesinstitut für Telekommunikation 1996 in Auftrag gegebenen Studie zur Wirkung von elektromagnetischen Feldern von Prof. Hecht auf die zu erwartenden Gesundheitsstörungen hingewiesen. (Siehe http://www.iddd.de/umtsno/rus.htm)



Prof. Karl Hecht - Studie 1996
Quelle: www.der-mast-muss-weg.de


So erscheint aus ärztlicher Sicht die Leidensgeschichte der Familie Kind als logische Folge einer vorhersehbaren Entwicklung. Die mehrköpfige Familie erkrankte 2003 innerhalb kurzer Zeit nach Installation einer UMTS Antenne in circa 40m Entfernung. Kurzfristig nach Inbetriebnahme der Sendeanlage traten Symptome wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Herzrhythmus- störung auf. Im weiteren Verlauf kam es zusätzlich zu dokumentierten Wachstumsverzögerungen bei den Kindern.

 
Die gemessenen Strahlungsintensitäten lagen unter den Grenzwerten, stellen aber in der Höhe gegenüber der exponierten Gesamtbevölkerung Ausnahme- werte dar. Ärztliche Untersuchungen einschließlich eines Gutachtens der Sächsischen Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheit und Veterinär- wesen bestätigen dies und weisen auf den zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme des Sendebetriebs explizit hin.

 
Der Versuch einer Abschirmung mit Drahtgitter scheiterte. Letztlich war die Familie zum Auszug aus dem Eigenheim in eine Mietwohnung gezwungen. Die Familie hatte alles versucht: Sie hatte sich an den Betreiber mit Bitte um Abhilfe gewandt. Die eingeschalteten Behörden hatten zunächst vorbildlich vor Ort untersucht und von ärztlicher Seite klar auf die Gesundheitsprobleme hingewiesen. Letztendlich wurde ihnen aber von einem Physiker des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) sinngemäß erläutert, dass Ihre - ärztlich bestätigten -

Erkrankungen unter Einhaltung der Grenzwerte nicht durch Mobilfunk- strahlung hervorgerufen sein könnten und dass man mit der Familie diskutieren müsse. (Siehe http://www.buergerwelle.de/pdf/bericht_kind_16_10_04.doc)

 
Das Schicksal der Familie Kind ist kein Einzelfall. Betreibern und Behörden liegen eine Vielzahl von Schädigungsmeldungen vor, so dass ein Beharren auf der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der verwendeten Mobilfunktechnik medizinisch-wissenschaftlich antiquiert erscheint. In den Spitzenämtern Europas hat das Umdenken bereits begonnen: Inzwischen warnt Frau Prof. Jaqueline McGlade, Direktorin der höchsten europäischen Umweltbehörde EUA explicit vor Risiken durch Mobilfunk und vor möglichen Langzeitfolgen wie Krebs. (Siehe Prof. Jaqueline McGlade in der ARD-Sendung Report-Mainz, 29.10.2007)




Prof. Jaqueline McGlade – Direktorin der EUA
Quelle: www.der-mast-muss-weg.de

 
Prof. Jaqueline McGlade:

„Handys mögen schwach strahlen, aber es gibt genügend Beweise für Wirkungen auch bei schwacher Strahlung, so dass wir jetzt handeln müssen… Nach mehr als zehn Jahren Handynutzung erhöht sich das Hirntumorrisiko um 20 bis 200 Prozent… Sie stören Zellprozesse. Und wenn das über einen langen Zeitraum passiert, können diese Störungen natürlich zu Langzeiteffekten wie Krebs führen. Und das sind die Effekte, die uns am meisten beunruhigen… Wir meinen, warum die Bevölkerung einer Gefahr aussetzen, wenn man jetzt etwas tun kann?“ (PK)

Zu den Auswirkungen von Mobilfunkmastenstrahlung auch in der Natur siehe NRhZ 87 „Gesundheitsrisiko Mobilfunk“

Online-Flyer Nr. 138  vom 19.03.2008

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