Arbeit und Soziales
Christliche Gewerkschaften gegen Beschäftigte
Medsonet im Zwielicht
Von Hans-Dieter Hey
Anständiger Verdienst für anstängige Arbeit?
Als am Donnerstag, den 24. Mai 2007, der CSU-Landesgruppenvorsitzende Dr. Peter Ramsauer, der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CSU, Max Straubinger, der Bundesvorsitzende des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB), Matthäus Strebl (CSU) und sein Stellvertreter Jörg Hebsacker zum freundschaftlichen Stelldichein zusammenkamen, ging es „um einen ausführlichen Gedankenaustausch über eine breite Themenpalette". Schnell war man sich einig und sprach sich übereinstimmend „für mehr Besonnenheit und Realismus" aus. Als eine Seite ihres Realismus kam heraus, dass alle Beschäftigten einen „anständigen Verdienst für anständige Arbeit" erhalten sollten. Die andere Seite des Realismus war, dass die christliche Gewerkschaft genauso wie CDU/CSU gegen einen gesetzlichen Mindestlohn ist. Doch CGB-Chef Matthäus Strebl geht noch weiter. Er ist dagegen, dass das „Entsendegesetz vom DGB durch ungerechtfertigten Druck auf die Politik missbraucht wird, um Wettbewerb zu verhindern", so der 'Freitag' vom 22. Februar 2008. Und Das bedeutet nichts anderes als ein Arbeitgeber-Plädoyer für Lohndumping im Niedriglohnbereich.
CGB-Vorstand: Besonnenheit und Realismus gegen Arbeitnehmer?
Quelle: CGB
Am 7. Mai 2007 äußerte sich der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Klaus Brandner, gegenüber den christlichen Gewerkschaften skeptisch, weil dort „ganz bewusst Dumping-Bedingungen organisiert werden, um die Tarifverträge, die mit der Tarifgemeinschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes geschlossen worden sind, auszuhebeln." Ein Jahr später, am 07. April 2008 berichtet „Report Mainz", wie sich die christliche Gewerkschaft anständige Bezahlung vorstellt. Als Investor für ein Pflegeheim mit versteckter Kamera getarnt, traf sich ein Mitarbeiter der Fernsehsendung mit einem hochrangigen Funktionär der christlichen Gewerkschaft DHV. Er versprach dem Investor innerhalb kürzester Zeit einen Tarifvertrag, der für die Beschäftigten die Streichung von Nacht- und Sonntagszuschlägen und den Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld bedeutet hätte.
Der DHV-Vertreter machte auch klar, wie er dem Investor weiter „entgegen" kommen könne: „Schicken Sie die Leute zu uns zum Lehrgang. Das ist schon mal eine Unterstützung. Dann haben wir sie, und der Investor muss bezahlen. Das kostet Geld. So einfach ist die Welt." Auch für die Zahlung von 5.000 Euro Honorar für ein vom Investor bezahltes Betriebsräteseminar hätte sich die christliche Gewerkschaft aufgeschlossen gezeigt, berichtet „Report Mainz". Dass Mitarbeiterinnen, die vorher eine DHV-Betriebsgruppe gebildet hatten, eine „Verantwortungszulage" von 50 Euro im Monat bekommen sollten, passt dann auch gut ins Gesamtbild. Doch wenn man sich von der Gegenseite finanzieren lässt, spricht das eigentlich für Korruption, so jedenfalls Rechtsanwälte. Verständlich, dass Jörg Hebsacker eilig die Vorwürfe gegen seine Gewerkschaft zurückwies
„Haus-TV-Billig-Gewerkschaft"
Viel Gras ist über die Sache nicht gewachsen, schon macht der Christliche Gewerkschaftsbund erneut von sich Reden. Wie die Gewerkschaft ver.di am 10. Juli mitteilte, seien Beschäftigte des DRK-Blutspendedienstes West (BSD) von der Arbeitgeberseite gedrängt worden, Mitglied bei der – so ver.di – „neuen Pseudogewerkschaft medsonet" zu werden, die ebenfalls zum Christlichen Gewerkschaftsbund gehört, wie die DHV. Sylvia Bühler, Fachbereichsleiterin für das Gesundheitswesen der DGB-Gewerkschaft ver.di: „Der DRK-Blutspendedienst hat sich den DHV vor wenigen Jahren ins Haus geholt, obwohl es bis dahin gar keine Mitglieder dieser arbeitgebernahen Organisation gab". Ziel sei es gewesen, einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft ver.di zu verhindern.
CGB: Nicht tariffähig für Lohndumping?
Quelle: DGB
So versucht Blutspendedienst-Chef Dr. Helmut Frenzel, neue Mitarbeiter und Stammpersonal in einen Tarifvertrag der christlichen Gewerkschaft zu locken. Dort – so ein Mitarbeiter von medsonet gegenüber der NRhZ – „hätten die zwar ein höheres Anfangsgehalt, aber durch ein geringen Tarifanstieg insgesamt später weniger. Und ältere Mitarbeiter lockte man ab 55 in die Altersteilzeit." Die vergleichsweise teuere Lösung wundert, hatte Frenzel doch angekündigt, beim Personal einzusparen. Deshalb vermuten die Beschäftigten nun, dass man mit den wirklichen Sparmaßnahmen hinter dem Berg hält. Aktive Betriebsräte könnten stören, wenn für Frenzel die Zeit gekommen scheint. Ob der Vorstand des Blutspendedienstes künftig am eigenen Gehalt spart, sei dahingestellt. Laut Geschäftsbericht für das Jahr 2006 kassierte der Vorstand immerhin 436 Tausend Euro.
Schweres Geschütz: Betriebsräte gefeuert
Dr. Helmut Frenzel
Quelle: DRK-BSD West
Im Internet wird der Berufsverband medsonet unter Betriebsräten bereits als "Haus-TV-Billig-Gewerkschaft" gehandelt. Das könnte stimmen. Kürzlich hat die Stiftungsverwaltung Freiburg mit medsonet einen Haustarif vereinbart. Sehr zur Freude von Stiftungsdirektor Lothar A. Böhler und Mit-Stiftungrat Dieter Salomon von den Grünen, denn so können sie „Einsparungen von mehr als fünf Prozent erzielen – und das bei deutlich erweiterten Möglichkeiten." Deutlich erweiterte Möglichkeiten könnten auch die Beschäftigten bald vom DRK-Blutspendedienst West zu spüren bekommen. (HDH)
Unser Anreißerbild stammt von der Internetseite vom DRK-Blutspendedienst West.
Online-Flyer Nr. 155 vom 16.07.2008
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