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Lokales
Entwurf für das Deserteursdenkmal in Köln vorgestellt
„Wir waren bis 2002 vorbestraft“
Von Anneliese Fikentscher
Modell des Denkmals von Ruegi Baur – gegen den Himmel gesehen – grafische Darstellung des Künstlers
Ohne Punkt und Komma: „Hommage den Soldaten die sich weigerten zu schiessen auf die Soldaten die sich weigerten zu schiessen auf die Menschen die sich weigerten zu töten die Menschen ...zu foltern ... zu denunzieren ... zu brutalisieren ... diskriminieren ... auszulachen die Menschen die Solidarität und Zivilcourage zeigten als die Mehrheit schwieg und folgte". Dieser in ein farbiges Buchstabenspiel getauchte Schriftzug wird als Dach einer Pergola über dem Boden schweben, Sonnenlicht durch sein bedeutsames Buchstabengeflecht auf dem Boden spielen und die Passanten veranlassen, den Blick zu heben. Es ist der von einer prominent besetzten Jury einstimmig favorisierte Wettbewerbsbeitrag für das Denkmal für Deserteure, Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz in Köln. Dieser eine unter insgesamt 14 Entwürfen von bekannten und jungen Künstlerinnen und Künstlern stammt von dem Schweizer Ruegi Baur, realisiert mit Denis Coueignoux.
„Dem schwierigen Thema angemessen“
Die Jury, der als Gast der Kölner Grafikkünstler Willi Hoelzel beiwohnte, zeigt sich erleichtert, dass nun „mit diesem Entwurf ein dem schwierigen Thema angemessenes Denkmal realisiert werden kann. Sie formuliert zugleich die Hoffnung, dass möglichst bald auch die letzten Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz rehabilitiert werden". Sein Standort wird in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Appellationsgerichts und der gegenüberliegenden Arbeits- und Folterräume der Gestapo sein - dem heutigen Sitz der Gedenkstätte des Museums NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln.
So hoffnungsvoll dieser Entschluss für die Realisierung eines Denkmals auch stimmt, der Weg dahin war so weit und steinig, dass die meisten dieser Opfergruppe in Unwürden längst verstorben sind. Einen der letzten überlebenden Deserteure des NS-Staates, Ludwig Baumann, hatte die DIE LINKE Köln zur Vorstellung der Ergebnisse des Wettbewerbes ins Kölner Rathaus geladen. Die Fraktion trägt einen wesentlichen Anteil daran, dass es überhaupt zur Bewilligung von Geldern und zu einer Kunst-Ausschreibung durch die Stadt Köln gekommen ist. 2006 hatte DIE LINKE gegen die Stimmen der CDU, der FDP und natürlich auch von “Pro Köln“ in einer hitzigen Debatte um finanzielle Mittel im Kölner Rat am Ende erfolgreich gerungen.
Der 87jährige Deserteur Ludwig Baumann vor dem Kölner Rathaus
Eine Projektgruppe aus fünf Mitwirkenden machte sich an drei Quellen an die Ausforschung der Kölner Opfer: von zwölftausend Akten im Freiburger Militärarchiv wurden bisher zehntausend Vorgänge gesichtet. In den Akten der Divisionsgerichte, von denen drei für Köln - je nach Frontlage wechselnd - zuständig waren, konnten 104 Fälle mit Köln-Bezug ausfindig gemacht werden. Als dritte Quelle diente eine Todesurteilskartei, die eine Auflistung über die Todesurteile und über die Hinrichtungsorte darstellt. Malle Bensch-Humbach: „Wir haben bei dieser Gelegenheit festgestellt, dass in Köln kräftig hingerichtet wurde." Das bedeutete Tod durch Guillotine im Gefängnis Klingelpütz. Die bisher bekannte Zahl der Hinrichtungen von Deserteuren in Köln beträgt 71. Unter dem Fallbeil rollten 50 Köpfe...
Modell des Denkmals von Ruegi Baur | Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Ludwig Baumann: „Wir haben nach dem Krieg ja gedacht, unsere Handlung würde anerkannt werden, aber wir sind nur als Feiglinge, als Kriminelle, als Verräter beschimpft und bedroht worden, bis wir an diesem Staat verzweifelt sind." Schlimmer noch, so Baumann: „Die Richter haben nach dem Krieg Karriere gemacht. Sie sind aufgestiegen bis zu Bundesrichtern. Sie haben die Nachkriegsrechtsprechung entscheidend mitgeprägt... Hätten sie uns rehabilitiert, hätten sie wohl befürchten müssen, selber angeklagt zu werden. Nicht einer ist bestraft worden. Wir aber waren bis 2002 vorbestraft." Die Aufhebung der Urteile gegen Deserteure gelang erst im Jahr 2002 mit Unterstützung eines Antrages im Bundestag, der von der PDS gestellt worden war. Wenn am 1. September 2009, dem 70. Jahrestag des Überfalls auf Polen, die Einweihung des Denkmals stattfindet, wird Ludwig Baumann dabei sein – als Ehrengast. (PK)
Online-Flyer Nr. 197 vom 13.05.2009
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Entwurf für das Deserteursdenkmal in Köln vorgestellt
„Wir waren bis 2002 vorbestraft“
Von Anneliese Fikentscher
Modell des Denkmals von Ruegi Baur – gegen den Himmel gesehen – grafische Darstellung des Künstlers
Ohne Punkt und Komma: „Hommage den Soldaten die sich weigerten zu schiessen auf die Soldaten die sich weigerten zu schiessen auf die Menschen die sich weigerten zu töten die Menschen ...zu foltern ... zu denunzieren ... zu brutalisieren ... diskriminieren ... auszulachen die Menschen die Solidarität und Zivilcourage zeigten als die Mehrheit schwieg und folgte". Dieser in ein farbiges Buchstabenspiel getauchte Schriftzug wird als Dach einer Pergola über dem Boden schweben, Sonnenlicht durch sein bedeutsames Buchstabengeflecht auf dem Boden spielen und die Passanten veranlassen, den Blick zu heben. Es ist der von einer prominent besetzten Jury einstimmig favorisierte Wettbewerbsbeitrag für das Denkmal für Deserteure, Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz in Köln. Dieser eine unter insgesamt 14 Entwürfen von bekannten und jungen Künstlerinnen und Künstlern stammt von dem Schweizer Ruegi Baur, realisiert mit Denis Coueignoux.
„Dem schwierigen Thema angemessen“
Die Jury, der als Gast der Kölner Grafikkünstler Willi Hoelzel beiwohnte, zeigt sich erleichtert, dass nun „mit diesem Entwurf ein dem schwierigen Thema angemessenes Denkmal realisiert werden kann. Sie formuliert zugleich die Hoffnung, dass möglichst bald auch die letzten Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz rehabilitiert werden". Sein Standort wird in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Appellationsgerichts und der gegenüberliegenden Arbeits- und Folterräume der Gestapo sein - dem heutigen Sitz der Gedenkstätte des Museums NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln.
So hoffnungsvoll dieser Entschluss für die Realisierung eines Denkmals auch stimmt, der Weg dahin war so weit und steinig, dass die meisten dieser Opfergruppe in Unwürden längst verstorben sind. Einen der letzten überlebenden Deserteure des NS-Staates, Ludwig Baumann, hatte die DIE LINKE Köln zur Vorstellung der Ergebnisse des Wettbewerbes ins Kölner Rathaus geladen. Die Fraktion trägt einen wesentlichen Anteil daran, dass es überhaupt zur Bewilligung von Geldern und zu einer Kunst-Ausschreibung durch die Stadt Köln gekommen ist. 2006 hatte DIE LINKE gegen die Stimmen der CDU, der FDP und natürlich auch von “Pro Köln“ in einer hitzigen Debatte um finanzielle Mittel im Kölner Rat am Ende erfolgreich gerungen.
Der 87jährige Deserteur Ludwig Baumann vor dem Kölner Rathaus
Eine Projektgruppe aus fünf Mitwirkenden machte sich an drei Quellen an die Ausforschung der Kölner Opfer: von zwölftausend Akten im Freiburger Militärarchiv wurden bisher zehntausend Vorgänge gesichtet. In den Akten der Divisionsgerichte, von denen drei für Köln - je nach Frontlage wechselnd - zuständig waren, konnten 104 Fälle mit Köln-Bezug ausfindig gemacht werden. Als dritte Quelle diente eine Todesurteilskartei, die eine Auflistung über die Todesurteile und über die Hinrichtungsorte darstellt. Malle Bensch-Humbach: „Wir haben bei dieser Gelegenheit festgestellt, dass in Köln kräftig hingerichtet wurde." Das bedeutete Tod durch Guillotine im Gefängnis Klingelpütz. Die bisher bekannte Zahl der Hinrichtungen von Deserteuren in Köln beträgt 71. Unter dem Fallbeil rollten 50 Köpfe...
Modell des Denkmals von Ruegi Baur | Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Ludwig Baumann: „Wir haben nach dem Krieg ja gedacht, unsere Handlung würde anerkannt werden, aber wir sind nur als Feiglinge, als Kriminelle, als Verräter beschimpft und bedroht worden, bis wir an diesem Staat verzweifelt sind." Schlimmer noch, so Baumann: „Die Richter haben nach dem Krieg Karriere gemacht. Sie sind aufgestiegen bis zu Bundesrichtern. Sie haben die Nachkriegsrechtsprechung entscheidend mitgeprägt... Hätten sie uns rehabilitiert, hätten sie wohl befürchten müssen, selber angeklagt zu werden. Nicht einer ist bestraft worden. Wir aber waren bis 2002 vorbestraft." Die Aufhebung der Urteile gegen Deserteure gelang erst im Jahr 2002 mit Unterstützung eines Antrages im Bundestag, der von der PDS gestellt worden war. Wenn am 1. September 2009, dem 70. Jahrestag des Überfalls auf Polen, die Einweihung des Denkmals stattfindet, wird Ludwig Baumann dabei sein – als Ehrengast. (PK)
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