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Arbeit und Soziales
Sanktionsmoratorium gegen Hartz-IV-Schikane:
Erfolg verbucht
Von Hans-Dieter Hey
Totalitarität, gern auch in der Demokratie
Mit rund 789.000 Sanktionen hatten die Arbeitsgemeinschaften Erwerbslose im Jahr 2008 drangsaliert. Selbst bei kleineren „Vergehen“ wie ein verpasster Termin konnte schnell mal die ganze Hartz-IV-Leistung nebst Miete gestrichen werden. Mit 54 Prozent wurden mehr als die Hälfte aller Sanktionen wegen solcher „Meldeversäumnisse“ ausgesprochen. Diese Form staatlicher Schikane gab es selbst zu Zeiten der Sozialhilfe nicht. Vor allem auf die unter 25jährigen hatten es die ARGEn abgesehen. Von ihnen wurden besonders viele sanktioniert. Jedem, der sein „Hirnstübchen“ noch einigermaßen in Ordnung hat, dürfte klar sein, dass Sanktionen keine Arbeitsmarktprobleme lösen. Mehr als der Hälfte all derer, die vor Gericht zogen, gaben die Sozialgerichte inzwischen ganz oder teilweise Recht.
1924 - 2009: Geschichte hört nie auf - wenn man ihr keinen anderen Lauf gibt
Plakat: arbeiterfotografie.com
Zwischenzeitlich war zudem bekannt geworden, dass die politisch verordnete Schikane aufgrund interner Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit erfolgte. Nach der WDR-Sendung „Politikum“, die am 23. März ausgestrahlt wurde, wurden die Chefs von Jobcentern aufgefordert, 30 bis 40 Prozent der Hartz-IV-Empfänger mit Sanktionen zu belegen. Unter der Priorität des Sparzwangs waren die menschlichen Schicksale offenbar gleichgültig. Aufgrund der zunehmenden existenziellen Not bei Erwerbslosen durch Sanktionen wurde zu einem Sanktionsmoratorium aufgerufen, das von vielen Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und politisch Aktiven unterstützt wurde. Die NRhZ hatte darüber ausführlich berichtet.
Betroffene müssen sich wehren
Offenbar wurde aber munter weiter sanktioniert, auch wenn es nicht immer nach Recht und Gesetz erfolgte. Zum Beispiel dann, wenn Erwerblose sich weigerten, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Doch bereits am 20. Dezember 2008 hatte die Bundesagentur die ARGEn aufgefordert, dass deshalb keine Sanktionen mehr ausgesprochen werden dürften. Trotzdem wies die Statistik der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum bis Ende Juni ca. 2.000 Sanktionen aufgrund dieses Sachverhaltes aus.
Erst das Schreiben des Sanktionsmoratoriums vom 18. September führte dazu, die sanktionierten Fälle zu überprüfen. Claudia Daseking vom Bündnis für ein Sanktionsmoratorium: „Nun hat die BA endlich ihre Mitarbeiter angewiesen, diese Fälle spätestens bis zum 30.11.2009 zu überprüfen und die zu Unrecht geminderten Beträge an die Betroffenen auszuzahlen.“ Dies bedeutet, dass alle Sanktionierten, die seit dem 1. Januar 2005 aufgrund dieses Sachverhalts sanktioniert wurden, ihr gekürztes Hartz-IV einklagen können. Hierzu fordert das Bündnis alle Betroffenen auf.
Das Bündnis weist im Übrigen nochmals darauf hin, wie wichtig ein Aussetzen von Sanktionsregelungen sei. Es fordert neben einer sofortigen Aussetzung des Hartz-IV-Sanktionsparagraphen endlich auch eine „breite gesellschaftliche Diskussion über die Praxis und die Folgen von Sanktionen für Betroffene und deren Familien.“ Vielleicht ist Herr Schlarmann, nachdem er sich genau informiert hat, dann auch ein bisschen schlauer. Den Aufruf für ein Sanktionsmoratorium haben bis Oktober 2009 mehr als 13.000 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet unterschrieben. (HDH)
Online-Flyer Nr. 221 vom 28.10.2009
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Arbeit und Soziales
Sanktionsmoratorium gegen Hartz-IV-Schikane:
Erfolg verbucht
Von Hans-Dieter Hey
Totalitarität, gern auch in der Demokratie
Mit rund 789.000 Sanktionen hatten die Arbeitsgemeinschaften Erwerbslose im Jahr 2008 drangsaliert. Selbst bei kleineren „Vergehen“ wie ein verpasster Termin konnte schnell mal die ganze Hartz-IV-Leistung nebst Miete gestrichen werden. Mit 54 Prozent wurden mehr als die Hälfte aller Sanktionen wegen solcher „Meldeversäumnisse“ ausgesprochen. Diese Form staatlicher Schikane gab es selbst zu Zeiten der Sozialhilfe nicht. Vor allem auf die unter 25jährigen hatten es die ARGEn abgesehen. Von ihnen wurden besonders viele sanktioniert. Jedem, der sein „Hirnstübchen“ noch einigermaßen in Ordnung hat, dürfte klar sein, dass Sanktionen keine Arbeitsmarktprobleme lösen. Mehr als der Hälfte all derer, die vor Gericht zogen, gaben die Sozialgerichte inzwischen ganz oder teilweise Recht.
1924 - 2009: Geschichte hört nie auf - wenn man ihr keinen anderen Lauf gibt
Plakat: arbeiterfotografie.com
Zwischenzeitlich war zudem bekannt geworden, dass die politisch verordnete Schikane aufgrund interner Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit erfolgte. Nach der WDR-Sendung „Politikum“, die am 23. März ausgestrahlt wurde, wurden die Chefs von Jobcentern aufgefordert, 30 bis 40 Prozent der Hartz-IV-Empfänger mit Sanktionen zu belegen. Unter der Priorität des Sparzwangs waren die menschlichen Schicksale offenbar gleichgültig. Aufgrund der zunehmenden existenziellen Not bei Erwerbslosen durch Sanktionen wurde zu einem Sanktionsmoratorium aufgerufen, das von vielen Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und politisch Aktiven unterstützt wurde. Die NRhZ hatte darüber ausführlich berichtet.
Betroffene müssen sich wehren
Offenbar wurde aber munter weiter sanktioniert, auch wenn es nicht immer nach Recht und Gesetz erfolgte. Zum Beispiel dann, wenn Erwerblose sich weigerten, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Doch bereits am 20. Dezember 2008 hatte die Bundesagentur die ARGEn aufgefordert, dass deshalb keine Sanktionen mehr ausgesprochen werden dürften. Trotzdem wies die Statistik der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum bis Ende Juni ca. 2.000 Sanktionen aufgrund dieses Sachverhaltes aus.
Erst das Schreiben des Sanktionsmoratoriums vom 18. September führte dazu, die sanktionierten Fälle zu überprüfen. Claudia Daseking vom Bündnis für ein Sanktionsmoratorium: „Nun hat die BA endlich ihre Mitarbeiter angewiesen, diese Fälle spätestens bis zum 30.11.2009 zu überprüfen und die zu Unrecht geminderten Beträge an die Betroffenen auszuzahlen.“ Dies bedeutet, dass alle Sanktionierten, die seit dem 1. Januar 2005 aufgrund dieses Sachverhalts sanktioniert wurden, ihr gekürztes Hartz-IV einklagen können. Hierzu fordert das Bündnis alle Betroffenen auf.
Das Bündnis weist im Übrigen nochmals darauf hin, wie wichtig ein Aussetzen von Sanktionsregelungen sei. Es fordert neben einer sofortigen Aussetzung des Hartz-IV-Sanktionsparagraphen endlich auch eine „breite gesellschaftliche Diskussion über die Praxis und die Folgen von Sanktionen für Betroffene und deren Familien.“ Vielleicht ist Herr Schlarmann, nachdem er sich genau informiert hat, dann auch ein bisschen schlauer. Den Aufruf für ein Sanktionsmoratorium haben bis Oktober 2009 mehr als 13.000 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet unterschrieben. (HDH)
Online-Flyer Nr. 221 vom 28.10.2009
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