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Lokales
„Wir gehen vor!“ - aber wie weit?
Kampftag oder Feiertag?
Von Hans-Dieter Hey
Die Frage stellt sich nur, wie?
Blutet die schwarz-gelbe Regierung Köln finanziell aus?
Der Kölner DGB-Chef Andreas Kossiski geißelte besonders den Angriff von
Andreas Kossiski
Angela Merkel auf die Gewerbesteuer, die ein Zugeständnis an das Mitregieren der FDP war: „Der Angriff auf den Bestand der Gewerbesteuer ist eine Kriegserklärung an die Kommunen! Entweder wissen Westerwelle und die FDP nicht, wovon sie reden, oder sie wollen die Kommunen mit voller Absicht finanziell ausbluten lassen. Schließlich winken bei leeren Gemeindekassen neue Privatisierungsgewinne. Rettet die Kommunen vor der FDP!“
Auch die versprochenen Steuergeschenke an Erben, Hoteliers und Großunternehmen von 25 Milliarden Euro würde die Öffentliche Hand weiter verarmen. Jedes Jahr würden nun den Kommunen 2,4 Milliarden und den Ländern 6,8 Milliarden Euro fehlen. Damit sei die Daseinsfürsorge der Menschen immer mehr gefährdet. Denn die Folgen wären Einschnitte beim Öffentlichen Dienst, der Rente, bei Hartz IV, bei Kindertagesstätten, bei Theatern oder öffentlichen Bibliotheken.
Trotz des Ausblutens von Ländern und Kommunen würden ohne finanziellen Ausgleich vom Bund weitere Aufgaben auf Städte und Gemeinden übertragen. Auf der anderen Seite würden mehr und mehr die kommunalen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt, auch in Köln. Trotz des enormen Haushaltslochs von 540 Millionen Eur in Köln würden übereilte Sparaktionen mehr schaden als nutzen. „Der DGB hat der politischen Stadtspitze angeboten, eine Diskussions- und Entscheidungsplattform zu initiieren, um nachhaltige Lösungen zur Konsolidierung des Haushaltes auf breiter Basis zu diskutieren und die Bürger und Bürgerinnen frühzeitig einzubinden“, so Kossiski.
Er sprach sich für einen Wandel in der Steuerpolitik zur besseren Finanzierung der Haushalte aus: „Selbst eine Steuer von 0,005 Prozent auf jede Finanzbewegung brächte Deutschland Einnahmen von 30 bis 40 Milliarden Euro im Jahr.“ Vor allem müssten die Krisenverursacher endlich an der Schadensbeseitigung und den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise beteiligt werden.
Auch der Kölner ver.di-Vorsitzende Peter Densborn torpedierte die Folgen der Steuer- und Finanzpolitik von Schwarz-Gelb als Reaktion auf die Finanz- und
Peter Densborn
Wirtschaftskrise: „Nach Feststellung der Städtetages NRW erreichte 2009 nicht einmal jede zehnte Kommune einen echten Haushaltsausgleich, mehr als ein Drittel der kreisfreien Städte waren Haushaltssicherungskommunen, in diesem Jahr werden es 60 Prozent sein.“ Statt den Kommunen zu helfen, habe sich die Regierung von Jürgen Rüttgers geweigert, sie an den Landessteuern zu beteiligen. Beispielsweise wurden auch feste Zusagen der Landesregierung, sich an der Finanzierung der Kinderbetreuung zu beteiligen, nicht eingehalten. Stattdessen sollen nun die Kommunen umgekehrt mit 166,2 Millionen Eur zur Konsolidierung des Landes beitragen.
Chancengleiche Bildung statt Kahlschlag
Maurice Behrent, Kölner Politikstudentin und Mitglied der Kölner DGB-Jugend prangerte das elitäre und ausgrenzende Bildungssystem in der BRD an. „Kein Schulsystem darf bei sozial benachteiligten
Maurice Behrent
Quelle: Mährle/DGB
Bevölkerungsgruppen eine sogenannte ‚Hartz IV Karriere‘ vorprogrammieren!“ Enormer Leistungsdruck, Schulzeitverkürzung, marode Schulgebäude, starre Lehrmethoden und zu wenig Lehrpersonal hinterließen inzwischen deutlich ihre Spuren. Gegenwärtig würden in der BRD zudem 42.000 Ausbildungsplätze fehlen. Inzwischen seien 10,4 Prozent der 15 – 25 Jährigen erwerbslos. Doch „die Krise darf keine Entschuldigung für die fehlende soziale und gesellschaftliche Verantwortung der Firmen sein.“ Es sei ein Skandal, dass 15 Prozent der 20-29 jährigen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung seien.
Die Forderungen des DGB zur Landtagswahl seien deshalb richtig: Kostenfreie und chancengleiche Bildung von der KiTa bis zur Uni, Stärkung und Ausbau der dualen Ausbildung, unbefristete Übernahme im erlernten Beruf, Reformation des Bologna-Prozesses, mehr Investition und Mitbestimmung der Menschen in der Bildung.
Schluss mit den Hungerlöhnen
Katharina von Hebel, Betriebsrätin der Ford-Werke GmbH wies darauf hin, dass die Beschäftigten in den letzten Jahren durch Verzicht und Leiharbeit größeren Probleme auf dem Arbeitsmarkt entgegengewirkt hätten. Vor allem hätten Unternehmen Stammbelegschaften durch Leiharbeit ersetzt mit der
Katharina von Hebel
Text ersetzen. Folge „einer Zweiklasssengesellschaft der Arbeitnehmer in den Betrieben“. Trotzdem hätten seit dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise „10% der befristeten Mitarbeiter und Leiharbeitnehmer, das sind ca. 60.000 Menschen in NRW ihre Arbeitsplätze verloren“, so von Hebel. Doch die Risiken bestünden fort. „Nach wie vor wird an den Finanzmärkten gezockt, was das Zeug hält. Die Finanzmärkte müssen endlich wirksam reguliert werden. Hier hat weltweit ein ganzes System versagt! Ein System, das die kurzfristige Rendite und die Herrschaft der Finanzmärkte über alles stellt! Über die menschliche Arbeit und ihre Würde! Über eine nachhaltige, ökologisch verträgliche Ökonomie. Sogar über unsere Demokratie! Und damit über die Zukunft und die Entwicklungschancen ganzer Gesellschaften!“
Von Hebel stellte die Zuhörer eindringlich auf die Landtagswahl ein: „Am 09. Mai stehen auch Alternativen zur Wahl, wie es bei den Themen Mindestlöhne, Leiharbeit und Rente mit 67 weitergeht. Wir brauchen endlich flächendeckend anständige Mindestlöhne. Per allgemeinverbindlichem Tarifvertrag und per Gesetz. Und dieser Mindestlohn muss deutlich höher sein als 7,50 Euro! Es muss endlich Schluss damit sein, dass in dieser Republik immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht anständig leben können!“
Eindrucksvoll war die Rede von Servet Köksal, verdi-Mitglied in Köln, in der er
Servet Köksal
auf die berufliche Benachteiligung und schlechteren Startchancen von Menschen mit Migrationshintergrund hinwies. Köksal schloss mit dem Satz des Dichters Paul Keller: „Heimat ist nicht Raum, Heimat ist nicht Freundschaft, Heimat ist nicht Liebe – Heimat ist Frieden!“
Kampftag oder Feiertag?
Nahezu alle Redner am 1. Mai 2010 sprachen davon, dass die gegenwärtige Krise noch nicht vorbei sei. Offenbar haben sie sich die Situation schöngeredet. Krisen wie 1929 und 2009 waren systemische Krisen – immer mit verheerenden Folgen. Wie in der Krise 1929 wird auch heute wieder jede Verschlechterung der Lebensbedingungen mit Standortlogik und Sachzwängen begründet. Und wieder brechen Gewerkschaften und DGB zui oft unter den Totschlagargumenten und mit nach außen gespielter verantwortlicher Sozialpartnerschaft ein. Zu sehen an verschiedenen Tarifverträgen, die unter der Arbeitsplatzkeule verhandelt wurden. Doch wer glaubt, dass sich die ökonomische Situation grundlegend verbessern sollte, wird sich gewaltig irren.
In der Vergangenheit hatten Sozialdemokratie und leider auch Gewerkschafter gezeigt, dass sie als Stabilisatoren der diversen Systeme gut funktioniert und zu oft ihr Fähnchen in den Wind gestellt hatten. Zu wenige hatten den Mut des Widerstandes. Diese Trägheit könnte sich vielleicht wieder einmal rächen, vertraut man auf bestimmte Wiederholungen in der Geschichte. Warum also machen Gewerkschafter nicht endlich ernst mit einer radikalen Veränderung? Warum wehren sie sich so vehement gegen das politische Streikrecht, welches sogar in den meisten Europäischen Ländern existiert? Wir gehen doch vor, oder? Oder traut man sich keinen Widerstand mit dem berühmten streiklahmen deutschen Michel zu, der zu träge ist, für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen?
Wilfried Schmickler
Am Schluss möchten wir, dass Sie den Vortrag des Kabarettisten Wilfried Schmickler nicht versäumen, sie finden ihn hier.
Am Rande der Kundgebung fanden wir noch den erfundenen Brief eines Spaßvogels alieas eines gewissen Michael Sommer. Auch ihn möchten wir Ihnen nicht vorenthalten. Den Link finden Sie hier!
Fotos: gesichter zei(ch/g)en
Online-Flyer Nr. 248 vom 05.05.2010
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„Wir gehen vor!“ - aber wie weit?
Kampftag oder Feiertag?
Von Hans-Dieter Hey
Die Frage stellt sich nur, wie?
Blutet die schwarz-gelbe Regierung Köln finanziell aus?
Der Kölner DGB-Chef Andreas Kossiski geißelte besonders den Angriff von
Andreas Kossiski
Auch die versprochenen Steuergeschenke an Erben, Hoteliers und Großunternehmen von 25 Milliarden Euro würde die Öffentliche Hand weiter verarmen. Jedes Jahr würden nun den Kommunen 2,4 Milliarden und den Ländern 6,8 Milliarden Euro fehlen. Damit sei die Daseinsfürsorge der Menschen immer mehr gefährdet. Denn die Folgen wären Einschnitte beim Öffentlichen Dienst, der Rente, bei Hartz IV, bei Kindertagesstätten, bei Theatern oder öffentlichen Bibliotheken.
Trotz des Ausblutens von Ländern und Kommunen würden ohne finanziellen Ausgleich vom Bund weitere Aufgaben auf Städte und Gemeinden übertragen. Auf der anderen Seite würden mehr und mehr die kommunalen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt, auch in Köln. Trotz des enormen Haushaltslochs von 540 Millionen Eur in Köln würden übereilte Sparaktionen mehr schaden als nutzen. „Der DGB hat der politischen Stadtspitze angeboten, eine Diskussions- und Entscheidungsplattform zu initiieren, um nachhaltige Lösungen zur Konsolidierung des Haushaltes auf breiter Basis zu diskutieren und die Bürger und Bürgerinnen frühzeitig einzubinden“, so Kossiski.
Er sprach sich für einen Wandel in der Steuerpolitik zur besseren Finanzierung der Haushalte aus: „Selbst eine Steuer von 0,005 Prozent auf jede Finanzbewegung brächte Deutschland Einnahmen von 30 bis 40 Milliarden Euro im Jahr.“ Vor allem müssten die Krisenverursacher endlich an der Schadensbeseitigung und den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise beteiligt werden.
Auch der Kölner ver.di-Vorsitzende Peter Densborn torpedierte die Folgen der Steuer- und Finanzpolitik von Schwarz-Gelb als Reaktion auf die Finanz- und
Peter Densborn
Chancengleiche Bildung statt Kahlschlag
Maurice Behrent, Kölner Politikstudentin und Mitglied der Kölner DGB-Jugend prangerte das elitäre und ausgrenzende Bildungssystem in der BRD an. „Kein Schulsystem darf bei sozial benachteiligten
Maurice Behrent
Quelle: Mährle/DGB
Die Forderungen des DGB zur Landtagswahl seien deshalb richtig: Kostenfreie und chancengleiche Bildung von der KiTa bis zur Uni, Stärkung und Ausbau der dualen Ausbildung, unbefristete Übernahme im erlernten Beruf, Reformation des Bologna-Prozesses, mehr Investition und Mitbestimmung der Menschen in der Bildung.
Schluss mit den Hungerlöhnen
Katharina von Hebel, Betriebsrätin der Ford-Werke GmbH wies darauf hin, dass die Beschäftigten in den letzten Jahren durch Verzicht und Leiharbeit größeren Probleme auf dem Arbeitsmarkt entgegengewirkt hätten. Vor allem hätten Unternehmen Stammbelegschaften durch Leiharbeit ersetzt mit der
Katharina von Hebel
Von Hebel stellte die Zuhörer eindringlich auf die Landtagswahl ein: „Am 09. Mai stehen auch Alternativen zur Wahl, wie es bei den Themen Mindestlöhne, Leiharbeit und Rente mit 67 weitergeht. Wir brauchen endlich flächendeckend anständige Mindestlöhne. Per allgemeinverbindlichem Tarifvertrag und per Gesetz. Und dieser Mindestlohn muss deutlich höher sein als 7,50 Euro! Es muss endlich Schluss damit sein, dass in dieser Republik immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht anständig leben können!“
Eindrucksvoll war die Rede von Servet Köksal, verdi-Mitglied in Köln, in der er
Servet Köksal
Kampftag oder Feiertag?
Nahezu alle Redner am 1. Mai 2010 sprachen davon, dass die gegenwärtige Krise noch nicht vorbei sei. Offenbar haben sie sich die Situation schöngeredet. Krisen wie 1929 und 2009 waren systemische Krisen – immer mit verheerenden Folgen. Wie in der Krise 1929 wird auch heute wieder jede Verschlechterung der Lebensbedingungen mit Standortlogik und Sachzwängen begründet. Und wieder brechen Gewerkschaften und DGB zui oft unter den Totschlagargumenten und mit nach außen gespielter verantwortlicher Sozialpartnerschaft ein. Zu sehen an verschiedenen Tarifverträgen, die unter der Arbeitsplatzkeule verhandelt wurden. Doch wer glaubt, dass sich die ökonomische Situation grundlegend verbessern sollte, wird sich gewaltig irren.
In der Vergangenheit hatten Sozialdemokratie und leider auch Gewerkschafter gezeigt, dass sie als Stabilisatoren der diversen Systeme gut funktioniert und zu oft ihr Fähnchen in den Wind gestellt hatten. Zu wenige hatten den Mut des Widerstandes. Diese Trägheit könnte sich vielleicht wieder einmal rächen, vertraut man auf bestimmte Wiederholungen in der Geschichte. Warum also machen Gewerkschafter nicht endlich ernst mit einer radikalen Veränderung? Warum wehren sie sich so vehement gegen das politische Streikrecht, welches sogar in den meisten Europäischen Ländern existiert? Wir gehen doch vor, oder? Oder traut man sich keinen Widerstand mit dem berühmten streiklahmen deutschen Michel zu, der zu träge ist, für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen?
Wilfried Schmickler
Am Schluss möchten wir, dass Sie den Vortrag des Kabarettisten Wilfried Schmickler nicht versäumen, sie finden ihn hier.
Am Rande der Kundgebung fanden wir noch den erfundenen Brief eines Spaßvogels alieas eines gewissen Michael Sommer. Auch ihn möchten wir Ihnen nicht vorenthalten. Den Link finden Sie hier!
Fotos: gesichter zei(ch/g)en
Online-Flyer Nr. 248 vom 05.05.2010
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