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Aktueller Online-Flyer vom 26. Dezember 2024  

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Glossen
Wenn eine auf der schwarzen Liste der US-Geheimdienste steht
Staatsterror in den Wolken
Von Wolf Gauer

Den Realitätsverlust und die Ratlosigkeit der US-Imperialen illustriert folgende Groteske: Am 20. Juli mußte der Flug 033 der mexikanischen Fluggesellschaft Aeroméxico auf dem Weg von Mexiko City nach Barcelona umkehren und in Monterrey (Mexiko) zwischenlanden. Die US-Regierung hatte den ungeliebten Schnurrbärten von nebenan die Nutzung ihres Luftraums wegen eines einzigen Passagiers unter den Fluggästen der vollbesetzten Boeing 767 versagt: wegen der Sozialwissenschaftlerin, Mathematikerin und Indigenistin Maria Raquel Gutiérrez Aguilar. Sie mußte das Flugzeug verlassen, „auf amerikanisches Geheiß“, wie man ihr mitteilte.
 

Maria Raquel Gutiérrez Aguilar
Mit ihrem Namen verknüpft sich die offene und ungeschminkte Diskussion der politischen Ziele und brutalen Praxis des US-inspirierten Drogenkriegs, der sich gegen die Autonomie und wirtschaftliche Existenz der indigenen Nationen Boliviens richtete. Raquel Gutiérrez hat mehr als 20 Jahre in Bolivien gelebt. Sie erlitt Verfolgung und Einkerkerung bevor Evo Morales Präsident wurde. Mittlerweile ist die Gleichstellung der Indigenen durch die Verfassung des nunmehr pluralistischen Staates gewährleistet. Raquel Gutiérrez, der weißen „Elite“ und ihren US-Vordenkern stets ein Stein im Schuh, steht deshalb auf der schwarzen Liste der US-Geheimdienste, die weltweit über Passagierdaten verfügen, auch derjenigen Flüge, die den hehren Luftraum der USA lediglich ohne Zwischenlandung passieren wollen.

Gutiérrez war unterwegs nach Italien zu einer Vortragsreise. Wohl ohne – das unterstellen wir ihr – die Absicht, mittels versteckten Fallschirms und wehender Röcke aus zehntausend Metern über God’s own country abzuspringen. Aber die master minds in Washington dürften ähnliches vermutet haben. Denn sonst müßten wir, was uns selbstverständlich widerstrebt, auf niederträchtige Schikane schließen.
 
An höchst selbstsicherer und abgehobener Unverschämtheit im Umgang mit
Lateinamerikanern, an deren Rohstoffreserven man eigene Rechte zu haben glaubt, hat auch Deutschland einiges zu bieten. Als Entwicklungsminister Dirk Niebel im November 2010 Boliven besuchte, wurden dem endlich von den USA abgekoppelten Land nicht nur die Entwicklungsgelder gekürzt. Niebel schreckte selbst vor persönlichem Affront und offener Beleidigung nicht zurück. Dem indigenen, sozialistischen und den bolivarianischen Integrationsbestrebungen Lateinamerikas verpflichteten Präsidenten Evo Morales überreichte er ein Schuttrelikt der Berliner Mauer - als Erinnerung an die “Überwindung der sozialistischen Diktatur”.
 
Morales, nobel und beherrscht wie seine Vorfahren, beließ es bei einem nachsichtigen Lächeln. Zeugen der Szene fragten sich, warum er den Brocken nicht einfach dem Besucher an den Kopf, vor die Füße oder zumindest in den Papierkorb geworfen habe. In der Tat die einzig berechtigte Frage.
 
Die Glosse erschien bereits in kürzerer Fassung in der Zweiwochenschrift Ossietzky


Online-Flyer Nr. 315  vom 17.08.2011

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