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Occupy Köln!
Von Hans-Dieter Hey



Wieder gingen vergangenen Samstag ungefähr 1.500 Menschen in Köln auf die Straße, um gegen die von den Bank- und Finanzinstituten verusachte Finanz- und Wirtschaftskrise, die Entdemokratisierung und die Umverteilung von unten nach oben zu protestieren. Augenscheinlich zu wenig, um etwas zu bewirken. Das fand auch Altbundeskanzler Helmut Schmidt so und zeigte uneingeschränktes Verständnis für die Protestierenden.

In Günter Jauchs etwas peinlich geratener SPD-Werbeveranstaltung für einen künftigen Bundeskanzler Peer Steinbrück am Sonntag bekundete der 92jährige Altkanzler Helmut Schmidt uneingeschränktes Verständnis für die Protestierenden von „Besetzt die Banken“. Aber ob sich dies lohne, da wäre er allerdings misstrauisch. Derzeit scheinen viel zu wenig Menschen auf den Barrikaden gegen eine Politik zu sein, die alles andere als ziel- und sinnvoll entscheidet, um – vielleicht in letzter Konsequenz – ein Kollabieren der europäischen Idee abzuwenden. Die sich zuspitzenden Auseinandersetzungen zwischen europäischen Staaten in den letzten Tagen lassen die ganze Dramatik erkennen. Die Konsequenzen sind auch für Deutschland nicht absehbar. Gerade Deutschland hat von der europäischen Idee am meisten profitiert – oft genug auf Kosten anderer europäischer Länder.

Unter Anspielung auf die rot-grüne Politik von Gerhard Schröder habe man damals in einer freudigen Stimmung gesetzliche Regelungen, die die Banken betrafen, ausgehebelt. Die Märkte seien mit einem Heiligenschein versehen worden. Genau das hatte ihren kriminellen Machenschaften Tür und Tor geöffnet. Die Finanzmärkte hätten, entschuldigt sich Peer Steinbrück, die Politik vor sich hergetrieben und erpresst. Oskar Lafontain, Vordenker der Linkspartei im Handelsblatt vom 7. Oktober 2011: "In Europa wird nicht mehr regiert, Parlamente und Regierungen folgen den Imperativen der Finanzwelt."

Und nun droht Europa - frei nach Goethe's Zauberlehrling – abzusaufen: „O, du Ausgeburt der Hölle! Soll das ganze Haus ersaufen? Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister werd' ich nun nicht los.“

Es fehlt offenbar der massive Druck der Straße, denn „Natürlich werden die Proteste nur dann Sinn machen, wenn es Politiker gibt, die durch Gesetzgebung die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen. Dass es an Gesetzgebung fehlt, daran ist kein Zweifel. Das gilt nicht nur für Amerika, das gilt auch für europäische Staaten“, so Schmidt.

Zudem scheint es zunehmend an europäischen Bewußtsein zu fehlen. Schon sprießen gefährliche Spaltpilze der europäischen Idee von Konservativen bis zu den rechten Biertischen aus dem Boden. Die Abspaltung von Ländern wie Griechenland, das unsere uneingeschränkte Solidarität verdient, ist einer dieser Spaltpilze. Dabei haben die Griechen bereits viel getan zur Abwendung der Krise. Ihre Beamtengehälter seien erst kürzlich „um 20 Prozent gekürzt worden. Das würde ich in Deutschland mal sehen wollen, wenn wir die Beamtengehälter kürzen, dann hätten wir hier die Revolution toben. Da benehmen sich die Griechen ganz zaghaft“, so Ulrike Guérot vom „European Council on Foreign Relations“ in der ARD-Sendung Presseclub, ebenfalls vom vergangenen Sonntag.

Angesichts der Zange zwischen der Verschuldung und des ökonomischen Kaputtsparens mit deflationären Gefahren mancher europäischer Länder stellt sich die Frage, welches Land als nächstes käme. Portugal? Italien und schließlich Frankreich? Eine Spaltung Europas in konvergente und nichtkonvergente Länder hätte unabsehbare Folgen für alle. Und „Wahrscheinlich hätten Österreich und die Niederlande keine Lust, in einer 'großdeutschen' Währung mit uns allein zu sein“, so Guérot. Deutschland stecke überdies genauso in der Klemme.

Gerade in dieser Situation scheint nicht weniger, sondern mehr Europa gefordert zu sein, um sich den Angriffen der Finanzmärkte, vor allem aus den USA und Großbritannien, zu widersetzen. Denn die verfahren weiter wie bisher. Es müssen alle politischen Anstrengungen darauf verwendet werden, eine einheitliche Fiskalpolitik und zukunftsfähige politische Union zu gestalten. Dabei darf nicht vergessen werden, Europa auf eine stärkere demokratische Basis zu stellen, als bisher.

Immerhin wird seit mehr als einem Monat der Zuccotti Park im Finanzzentrum New Yorks von Demonstranten besetzt. In Deutschland waren vielleicht gerade 10.000 Menschen unterwegs. In Köln können 1.500, die am Samstag vom Hauptbahnhof zur Bankenmeile, über Apellhofplatz, Breitestraße bis zum Rudolfplatz zogen, wenig ausrichten. Von den „empört Euch - wir sind 99 Prozent“ fehlen scheinbar noch 98 Prozent - der Teil, der immer noch nicht zu begreifen scheint, dass es um ihr eigenes Problem geht und dass es auf ihre Beteiligung ankommt. Der Film "Occupy Cologne" beinhaltet drei Redeausschnitte am "offenen Mikrofon" und bietet einige visuellen Eindrücke des Protestes. (PK)

Occupy Cologne
Ein Film von R-mediabase e.V.
Köln 2011
15:11 Minuten
Kamera, Fotos, Schnitt: Hans-Dieter Hey

Clip downloaden (mit Rechtsklick - "Ziel speichern unter...")

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