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Sport
Sammelwut von Siegfried Dietrich und Co. schadet dem Ligabetrieb der Frauen
Methamorphosen im Panini-Rausch
Von Bernd J.R. Henke
Sportbuchautor Daniel Meuren, ausgewiesener Sachkenner des deutschen
und internationalen Frauenfußballs, erwähnte in seinem FAZ-Kommentar den
neuerlichen Aderlass von Potsdams Nationalspielerinnen an den 1. FFC
Frankfurt. Die Headline „1.FFC Deutschland“ amüsiert den Leser.
Reflektierend nachgedacht offenbart sich aber für die rein sportlich
fokussierten Fans ein fader Beigeschmack.
„Der FFC soll wieder Nummer 1 in Europa werden,“ postuliert der
Frankfurter Manager Siegfried Dietrich in fast jeder seiner
Verlautbarungen. Nicht des großen Geldes wegen kämen die Spielerinnen
nach Frankfurt, sondern wegen des „Wohlfühl-Faktors", kolportiert
FFC-Medienpartner BILD Frankfurt Dietrich in gewohnter Eintracht.
Während dessen schwebt Dietrich auf Wolke Sieben. Er kündigte im Vorfeld
zum "Außerordentlichen DFB-Bundestag“ im Frankfurter Steigenberger
Airport Hotel an, dass er seine Shopping Tour für seine "Traumelf
2012/2013“ fortführen will. Mit den Flugtickets für den Algarve Club in
der Jackentasche frohlockte er, dass er dort vielleicht seiner immer
noch fehlenden Traum-Stürmerin begegnen könnte.
Der wohl im "Panini-Bilder-Rausch“ befindliche Dietrich steht immerhin
mit seiner derzeitigen Weltauswahl dank einer Auswärtsniederlage gegen
die taffen Aufsteigerinnen des SC Freiburg 0:1 sowie Heimniederlegen
gegen 1.FFC Turbine Potsdam 0:2 und VfL Wolfsburg 0:1 numerisch gesehen nur auf Platz 3 der Liga. Dass dies seine Sponsoren nicht befriedigen kann, versteht sich von selbst.
Hauptsponsor Commerzbank plagen schlechte Zahlen, der Aktienkurs
krabbelt als Penny-Stock im Pelz des Dax. Den Kontakt zur Commerzbank
(CoBa) erschloss ihm der frühere sozialdemokratische Stadtrat Achim
Vandreike. Dietrich verstand es immer, die politischen Netzwerke zu
nutzen. Die reiche Stadtgesellschaft Frankfurts liebt solche Clowns wie
den egomanen Siegfried Dietrich. Unternehmer, die sich nicht für
Subventionen zu schade sind, sofern die flüssigen Mittel, nicht direkt
an den Verein, sondern über dazwischen geschaltete Management-Strukturen fließen können, gibt es überall in der Republik, auch in Hannover.
Südafrika-Fan Dietrich hat andererseits peinlichst darauf geachtet,
dass keiner seiner Medien- und Sponsorenpartner ihn jemals auf seinem
afrikanischen Anwesen zu günstigem Ferien-Obdach gebeten hat. Trotzdem
informiert Medienpartner BILD Frankfurt regelmäßig über eventuelle
Verspätungen einer Air Line, in der Siegfried Dietrich sein Bordmenue
verzehrt.
Hatte sich die Frauenfußball-Fangemeinde noch am Anfang der Saison
damit angefreundet, dass mit dem Erstarken des VfL Wolfsburg vier
gleichstarke Teams um die Meisterkrone kämpfen würden, so erscheint die
diesjährige Shopping-Tour der Manager der Commerzbank Kickerinnen sowie der "VW MARKE-tenderinnen“ als quasi Einstieg zur Methamorphose in eine Europäische Frauenliga. In seiner Feststellung, dass Frankfurt mit
nunmehr zehn deutschen Nationalspielerinnen eine Monopolstellung
innehaben würde, verband Kommentator Meuren das Schicksal des 1. FFC
Frankfurt mit der Zukunftsperspektive der deutschen Nationalelf:
„Blockbildung aus zwei Vereinen war gestern. Der FFC Frankfurt ist
künftig fast das ganze Nationalteam.“
Die Analyse von FAZ-Meuren, dass zukünftig ein monolithischer FFC-Block
in der deutschen Nationalmannschaft entstehen würde, ist falsch. Einen
"FFC Deutschland“ wird es so nicht geben. Denn auch der Kader vom VfL
Wolfsburg, durch den Volkswagen Konzern finanziell gestärkt, wird in
Zukunft durch ambitionierte Transfers deutscher Nationalspielerinnen
erheblich erweitert. (Popp, Wensing, Odebrecht) Die Wolfsburger Marke VW setzt seit dem Jahr der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 im Gesamtverein
auf die zunehmende Popularität und den Trend zu weiblicher Fußballkunst.
Das Phänomen, dass sich zum ersten Mal in der zweiundzwanzig Jahre alten
Geschichte der deutschen Frauenbundesliga ein großer Männerverein der
1. Bundesliga massiv engagiert, um auch die Meisterschaft der Frauen zu
erringen, gehört zu den Fakten.
Während der FC Bayern München, SC Freiburg und auch Bayer 04 Leverkusen auf organisches Wachsen setzen, setzt Wolfsburg auf eine strategische Einkaufspolitik aus der Portokasse einer Weltmarke. Der Einzug
kapitalintensiverer Geschäftsmodelle in den modernen Frauenfußball
spiegelt durchaus eine Zukunftsvision wider – die Einführung einer
"Europäischen Frauenfußballliga“. Nur Zuschauerzahlen um die 6000 Fans
in mittelgroßen Stadien werden auf Dauer der Kapitalverwertung von
Konzernen gerecht werden, die entweder als Vereins-Eigner oder
Großsponsoren auftreten. Nur davon kann jetzt keine Rede sein. Der
Spielbetrieb der 1. Bundesliga gerät jetzt schon in die Krise. Bei Vereinen wie FCR 01 Duisburg oder dem Aufsteiger 1.FC Lokomotive Leipzig kann es schon mal vorkommen, dass die Monatssaläre verspätet gezahlt werden. Dahinter steht oft kein böser Wille, sondern einfach die schwächere Liquidität mittelständischer Sponsoren.
Der derzeitige Auftrieb in der konventionellen nationalen Bundesliga
(im Durchschnitt pro Spiel 1.112 Zuschauer) beschränkt sich leider nur
auf einen unfairen, wettbewerbsfeindlichen Verdrängungswettbewerb
innerhalb der Kernstruktur der Liga. Eine wesentliche Rolle für diesen
Prozess haben augenfällig auf schnellen Profit orientierte
Spielerinnen-Berater übernommen, die sich zunehmend um auslaufende
Arbeitsverträge der Nationalspielerinnen kümmern und sich recht
erfolgreich in das Personenkarussell eingeschlichen haben - zum
Leidwesen der unabhängigen sportlich orientierten Vereinstrainer, die
sich von Woche zu Woche um das mentale Mantra ihrer Spielerinnen kümmern müssen. Maren Meinert, U20 DFB-Weltmeistertrainerin, wusste anno 2010 auf dem DFB-Frauen- und Mädchenfußball-Kongress in Mainz davon zu berichten. Sie beschwerte sich in einer Diskussionsrunde über die störende Einflussnahme der Berater bei den knapp 20-jährigen Spielerinnen.
Tabellenführer Potsdam scheint in den Strudel dieser Nachwehen einer
finanziell und TV-medial erfolgreichen, aber für die Neid-Elf sportlich
enttäuschenden Weltmeisterschaft gekommen zu sein. Auf welchen Auftrag
hin dieses regelrecht hektische Kesseltreiben gegenüber Europas bester
Vereinsadresse an den Potsdamer Havelseen inszeniert wurde, sei dahin
gestellt. Die Nutznießer aber scheint man zu kennen. Zu ablösefreien
Konditionen Nationalspielerinnen zu erwerben, das lohnt sich. Ihre
Schützlinge Babett Peter, Bianca Schmidt und Viola Odebrecht hatten
vorigen Freitag der Potsdamer Vereinsführung und ihren Mitspielerinnen
mitgeteilt, dass sie das Vertragsangebot von Turbine Potsdam zur
Verlängerung der am Saisonende auslaufenden Verträge nicht annehmen
werden und folglich den Verein zu besseren Konditionen am Saisonende
verlassen würden.
Potsdams Bernd Schröder erklärte relativ zeitnah zum Komplex
Peter/Schmidt/Odebrecht nach der offiziellen Pressekonferenz gegen Bayer
04 Leverkusen: „Wenn Spielerinnen unseres Vereines mit ihrem Herzblut
und ihrer Leidenschaft nicht bei dem Verein und den Fans sind, dann muss
man sich trennen.“ Schröder ließ sich außer diesem kurzen Statement zu
keiner weiteren Äußerung verleiten. Kommentare über die neuen Vereine
seiner Spielerinnen gab er nicht ab. Was Schröder aber nicht verhindern
konnte, waren im Nachhinein die Reflektionen meist anonymisierter
FF-Blog-Nutzer, darunter auch leicht erkennbar Mitglieder des
Investorenpools um Dietrich und Co., die versuchten, das Bild eines
„polternden, unsachlichen“ Bernd Schröder zu zeichnen, der als Mitglied
einer Großvatergeneration seine Enkelgeneration nicht mehr verstehen
könnte. Nur den Beweis blieben sie schuldig. In einer vom
Bildjournalisten Jan Kuppert veröffentlichten Videoaufzeichnung der
Pressekonferenz in Potsdam machte Schröder einen ziemlich gefassten,
überaus sachlichen Eindruck und erklärte ohne Polemik den Sachverhalt.
Wochen zuvor hatte schon die Duisburgerin Simone Laudehr mitteilen
lassen, dass sie zukünftig nicht nur in der deutschen Nationalelf
gemeinsam mit Kim Kulig spielen würde, sondern auch nächste Saison in
deren Verein, dem 1.FFC Frankfurt, ebenso. Der Berater von
Nationalspielerin Simone Laudehr ist seit Jahren Dieter Weber aus
Duisburg. Nationalspielerin Alexandra Popp beendete vor kurzem ihr
Beratermandat mit dem Management von Dieter Weber und arbeitet zukünftig mit der Agentur von Entertainerin Shary Reeves aus Köln zusammen. Ab Saison 2012/13 werden Alexandra Popp beim VfL Wolfsburg und Simone Laudehr beim 1.FFC Frankfurt spielen. Simone Laudehr wurde im WM Sommer 2011 von Sportmoderatorin Shary Reeves für die ARD interviewt. ("Shary Reeves klärt auf: Schminken vor dem Spiel" - ARD Sportschau). Simone Laudehr wurde/wird nicht von Frau Reeves beraten/vertreten. Neuer Sportdirektor beim FCR 01 Duisburg wurde am 3. Oktober 2011 wiederum der der 47-jährige Italiener Claudio Marcone, der bisher als Spielerinnen Berater in Erscheinung trat. Er verdiente noch zu Beginn der Saison am Transfer der Schweizerischen Nationalspielerin Ana-Maria Crnogorčević vom Hamburger SV in Dietrichs Weltelf des 1.FFC Frankfurt. Alles informelle und strategische Netzwerke, der in dieser komplexen Struktur manche junge Nationalspielerin nicht gewachsen sein wird.
Turbine-Geschäftsführer Mathias Morack, der die Vertragsverhandlungen
mit dem Trio Peter/Schmidt/Odebrecht geführt hatte, bat die
Sportöffentlichkeit mit seinem Statement gegenüber den Potsdamer Neuen
Nachrichten (PNN), die Weggänge nicht zu dramatisieren. „Es ist nun mal
im Fußball wie im Geschäftsleben so, dass sich mancher verändern will.
Wobei das Geld stimmen muss.“ Turbine habe den drei Nationalspielerinnen
neue Angebote unterbreitet, „die für uns sehr gut waren“, betonte
Morack. Seine Argumentation geht sogar weiter, indem er es im Gegensatz
zu den Aussagen der Spielerinnen, auf den Punkt bringt: „Und wenn man
vom Deutschen Meister, Bundesliga-Spitzenreiter und
Champions-League-Finalisten der letzten beiden Jahre weggeht, kann man
sich nicht sportlich verbessern. Nur finanziell – da muss man ehrlich
genug sein.“
Zukünftig wird sich zum Leidwesen von Bundestrainerin Sylvia Neid
wieder alles auf zwei Blöcke konzentrieren. Turbine gedrosselt, FCR Löwe
geschwächt, jetzt fahren, salopp gesagt, die DFB-National-Frauen
Volkswagen mit Kreditfinanzierung durch die Commerzbank. Hatte bei der
maisgelben Bank nicht auch die ehemalige FIFA-OK-Chefin Steffi Jones ihr
Festgeldkonto eröffnet, bevor sie in die "Bussy-Gesellschaft“ der
Schönen und Erfolgreichen aufgenommen wurde? Jedenfalls, dem neuen
DFB-Boss Niersbach ging so etwas in der Vergangenheit schon über die
Lippen. Neuerlich tauchte auch der ehemalige Vorstand und Aufsichtsrat
der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, beim "Außerordentlichen
DFB-Bundestag“ als Delegierter bei der königlichen 120 Minuten
Inthronisierung des neuen DFB-Präsidenten auf. Unsere Kaiserin war auch
dabei.
An deren Adresse gerichtet: die Zeit ist reif für Reformen im
Europäischen Frauenfußball. Eine Europa-Liga zu installieren wäre die
analytische und rechnerische Folgerung der zu erwartenden
Gesamtentwicklung. Mit reichlich Sponsorengeldern und Investorenpools
versorgte Vereinskonstrukte wie Olympique Lyon, Arsenal London, VfL
Wolfsburg oder der 1. FFC Frankfurt, sowie drei nordische Mannschaften
und ein russischer Club könnten das Grundgerüst darstellen für diese
Profi-Liga.
Die Erwartungshaltung der deutschen Nationalspielerinnen ist groß, die
Verwirrung in deren Köpfen wohl auch. Berufskarrieren, vom Sport gut
leben können, eine Familie gründen, einen passenden Partner kennen
lernen, da reizt wohl auch die Scheinwelt der Celebrity. Ob Anwalt,
Arzt, Immobilienhai oder Unbeteiligter, der kurzfristig als Geisel
genommen - jeder kann von der Boulevard Presse zu einer Berühmtheit
stilisiert werden. Die Medienpartner von VW und FFC werden aber sehr
viel arbeiten und investieren müssen, um die Erwartungen der jungen
Frauen erfüllen zu können, die so hart für ihren Sport gearbeitet haben.
Nicht mal Olympia 2012 kann dabei dienen. Zu Bundesligaspielen gegen den
Rest der Liga werden keine Quoten erzielt werden. Von Frauenfußball-Hype
keine Spur, die Fans fürchten Langeweile auf den Plätzen.
Sind das die Würste, die zur Dressur einer hoffnungsvollen, hungrigen
Nationalspielerin gehören? Die letzte WM der adidas-Nationalmannschaft
war leider ein Reinfall. Ladies, eine zweite Nia Künzer, wird es nicht
geben. Das Schicksal von Ex-Nationalspielerin Sarah Günther, die durch
den psychologisch geschulten ehemaligen FFC-Vereinstrainer Günter
Wegmann aus dem seelischen Keller befreit wurde, und der ihr ärztliche
Hilfe verschaffte, um aus einem Burnout-Syndrom - einer tiefen
Depression - zu entkommen, sollte zum Nachdenken und zur Vorsicht
anregen. Die jetzt 29-jährige Sarah Günther spielte schon als 21-Jährige
anno 2005 erfolgreich in der deutschen Nationalelf, bevor sie zum FFC
Frankfurt wechselte und dort erkrankte.
Weltfußballerin Birgit Prinz überlebte alle Höhen und Tiefen im Leben
einer Leistungssportlerin. Sie machte aus der Not eine Berufung. Heute
begleitet sie die seelische Gesundheit männlicher und weiblicher
Fußballstars beim Bundesliga-Club TSG 1899 Hoffenheim. Ihre feinfühlige,
Respekt verschaffende Persönlichkeit fehlte im wichtigen Spiel gegen
Japan. Die Japanerinnen vergötterten und fürchteten sie. Im Verhältnis
Bundestrainerin und Mannschaftskapitänin zeigten sich psychologische,
mentale Risse. Die ganze Nation erlebte es.
Verantwortung für junge Frauen zu tragen, die es nicht ganz schaffen,
das gehört zum "Wohlfühl-Faktor“ eines Vereines. Ex-Nationalspielerin
Sarah Günther litt immens. Sie galt für manchen Typen auf der
VIP-Tribüne als schwieriges Weichei. Kein Wunder, denn Burnout ist ein
gesellschaftliches Tabuthema und wird noch immer allzu oft mit Schwäche
und Versagen gleichgesetzt. Birgit Prinz hatte es da sicher leichter.
Beim 1. FFC Frankfurt erlebten wir seit Jahren ein Bild starker "Väter“
(Bartusiak, Prinz), die, wenn sein musste, dafür sorgten, dass die
Töchter eine familiäre Basis fanden, auch wenn es einmal fernab des
Erfolges etwas „zu knabbern“ gab. Wird es für alle in Dietrichs Traumelf
einen Stammplatz in der Startelf geben? Oder werden wir bald mangels
Spielpraxis eine A-Nationalmannschaft und eine B-Nationalmannschaft
erhalten? Die einen sitzen auf der Bank. Ihre Träume werden wie
Seifenblasen platzen. Die Anderen werden zwar glücklich sein, spielen zu
dürfen. Nur die Fan-Gemeinde wird mit hohen „Zu Null“-Ergebnissen bald
kleiner werden.
Verantwortungslose Sammelwut setzt attraktiven Wettbewerb außer Kraft.
Das Postulat, dass nur in einer ausgeglichenen Liga, der Letzte den
Ersten schlagen kann, wird durch unersättliche Neuverpflichtungen in
Richtung "Mainhattan“ und "VW City“ aus der Balance gehoben. Was fehlt,
ist ein neues Korsett für die expansive Personalentwicklung dieser sich
entwickelnden Gigantomanie der 1. Bundesliga. Die Liga erlebt ein
"Einfluten“ internationaler Nationalspielerinnen und
Fußball-Legionärinnen aus allen fünf Erdteilen. Einzelne Spielerinnen
waren Mitglied ihrer WM-Kader beim WM-Turnier.
Eine Europa Liga auf hohem spielerischem Niveau wäre sicher eine
richtungweisende Zukunftsvision, die spätestens jetzt auf Grund der
aktuellen Monopol-Tendenzen angegangen werden sollte. Eine sinnvolle
Herausforderung für alle, die den Frauenfußball trotz allem Licht und
Schatten lieben, ist angesagt. Solange die aufgelösten Superligen in den
USA und Brasilien nicht existent sind und der Frauenfußball (außer
Japan) auf den Streich- und Sparlisten zahlreicher internationaler
Fußballverbände liegt, bietet sich das Projekt Europäische Profi Liga
an, die bedrohlichen Entwicklungen zu kanalisieren. Die Zeit ist reif,
Kaiserin. (PK)
Leserbrief von Herrn Tegründe aus Duisburg:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrter Herr Henke,
im Grunde hielt ich diesen Artikel zunächst für lesenswert. Leider
versäumt es Herr Henke, die Dinge richtig und ohne Polemik darzustellen.
Shary Reeves bspw. ist NICHT die neue Managerin/Beraterin von Simone
Laudehr - was im Übrigen nicht schwer zu recherchieren ist, wenn man
denn möchte. Andere Fehler erspare ich mir darzustellen, Herr Henke
bekommt schließlich Geld für das, was er da tut ... womit seine Vorwürfe
an andere Adressen, vom FF zu profitieren, nun auch wieder auf ihn
selbst zurückfallen. Am Ende des Artikels wurde mir - obwohl weit davon
entfernt, ein FFC-Frankfurt-Fan zu sein - nur noch übel. Und mit der
Forderung nach einer Europa-Liga führt Herr Henke seinen gesamten
Artikel letztlich ad absurdum. Ich hätte ihm da mehr zugetraut - schade.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Tegründe
Duisburg
Antwort des Autors zum Leserbrief von Herrn Tegründe aus Duisburg:
Sehr geehrter Herr Tegründe,
herzlichen Dank für ihre spontane Reaktion auf den Artikel
"Methamorposen im Panini-Rausch." Ihr Hinweis zum Fall Simone Laudehr
ist richtig. Wir haben uns mit dem Management Dieter Weber in Verbindung
gesetzt und korrigieren den Text umgehend. Der Kommentar ist insgesamt
bewußt polemisch verfasst, um eine offenere Diskussion über den
Ligabetrieb anzuregen und zu provozieren. Sie finden die Forderung einer
Europa Liga vielleicht absurd, andere Leser fanden den Denkansatz sehr
vernünftig. Die Neue Rheinische Zeitung NRhZ online verfügt über die
Möglichkeit von Förder-Abos. Ich selbst arbeite seit Jahren
honorarfrei, um die gute Sache des Frauenfußballs zu unterstützen. In
der Hoffnung, dass der deutsche Sportjournalismus über den Frauenfußball
etwas mehr Vielfalt an Meinungen darstellen kann
verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Bernd J.R. Henke
Online-Flyer Nr. 344 vom 07.03.2012
Druckversion
Sport
Sammelwut von Siegfried Dietrich und Co. schadet dem Ligabetrieb der Frauen
Methamorphosen im Panini-Rausch
Von Bernd J.R. Henke
Sportbuchautor Daniel Meuren, ausgewiesener Sachkenner des deutschen
und internationalen Frauenfußballs, erwähnte in seinem FAZ-Kommentar den
neuerlichen Aderlass von Potsdams Nationalspielerinnen an den 1. FFC
Frankfurt. Die Headline „1.FFC Deutschland“ amüsiert den Leser.
Reflektierend nachgedacht offenbart sich aber für die rein sportlich
fokussierten Fans ein fader Beigeschmack.
„Der FFC soll wieder Nummer 1 in Europa werden,“ postuliert der
Frankfurter Manager Siegfried Dietrich in fast jeder seiner
Verlautbarungen. Nicht des großen Geldes wegen kämen die Spielerinnen
nach Frankfurt, sondern wegen des „Wohlfühl-Faktors", kolportiert
FFC-Medienpartner BILD Frankfurt Dietrich in gewohnter Eintracht.
Während dessen schwebt Dietrich auf Wolke Sieben. Er kündigte im Vorfeld
zum "Außerordentlichen DFB-Bundestag“ im Frankfurter Steigenberger
Airport Hotel an, dass er seine Shopping Tour für seine "Traumelf
2012/2013“ fortführen will. Mit den Flugtickets für den Algarve Club in
der Jackentasche frohlockte er, dass er dort vielleicht seiner immer
noch fehlenden Traum-Stürmerin begegnen könnte.
Der wohl im "Panini-Bilder-Rausch“ befindliche Dietrich steht immerhin
mit seiner derzeitigen Weltauswahl dank einer Auswärtsniederlage gegen
die taffen Aufsteigerinnen des SC Freiburg 0:1 sowie Heimniederlegen
gegen 1.FFC Turbine Potsdam 0:2 und VfL Wolfsburg 0:1 numerisch gesehen nur auf Platz 3 der Liga. Dass dies seine Sponsoren nicht befriedigen kann, versteht sich von selbst.
Hauptsponsor Commerzbank plagen schlechte Zahlen, der Aktienkurs
krabbelt als Penny-Stock im Pelz des Dax. Den Kontakt zur Commerzbank
(CoBa) erschloss ihm der frühere sozialdemokratische Stadtrat Achim
Vandreike. Dietrich verstand es immer, die politischen Netzwerke zu
nutzen. Die reiche Stadtgesellschaft Frankfurts liebt solche Clowns wie
den egomanen Siegfried Dietrich. Unternehmer, die sich nicht für
Subventionen zu schade sind, sofern die flüssigen Mittel, nicht direkt
an den Verein, sondern über dazwischen geschaltete Management-Strukturen fließen können, gibt es überall in der Republik, auch in Hannover.
Südafrika-Fan Dietrich hat andererseits peinlichst darauf geachtet,
dass keiner seiner Medien- und Sponsorenpartner ihn jemals auf seinem
afrikanischen Anwesen zu günstigem Ferien-Obdach gebeten hat. Trotzdem
informiert Medienpartner BILD Frankfurt regelmäßig über eventuelle
Verspätungen einer Air Line, in der Siegfried Dietrich sein Bordmenue
verzehrt.
Hatte sich die Frauenfußball-Fangemeinde noch am Anfang der Saison
damit angefreundet, dass mit dem Erstarken des VfL Wolfsburg vier
gleichstarke Teams um die Meisterkrone kämpfen würden, so erscheint die
diesjährige Shopping-Tour der Manager der Commerzbank Kickerinnen sowie der "VW MARKE-tenderinnen“ als quasi Einstieg zur Methamorphose in eine Europäische Frauenliga. In seiner Feststellung, dass Frankfurt mit
nunmehr zehn deutschen Nationalspielerinnen eine Monopolstellung
innehaben würde, verband Kommentator Meuren das Schicksal des 1. FFC
Frankfurt mit der Zukunftsperspektive der deutschen Nationalelf:
„Blockbildung aus zwei Vereinen war gestern. Der FFC Frankfurt ist
künftig fast das ganze Nationalteam.“
Die Analyse von FAZ-Meuren, dass zukünftig ein monolithischer FFC-Block
in der deutschen Nationalmannschaft entstehen würde, ist falsch. Einen
"FFC Deutschland“ wird es so nicht geben. Denn auch der Kader vom VfL
Wolfsburg, durch den Volkswagen Konzern finanziell gestärkt, wird in
Zukunft durch ambitionierte Transfers deutscher Nationalspielerinnen
erheblich erweitert. (Popp, Wensing, Odebrecht) Die Wolfsburger Marke VW setzt seit dem Jahr der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 im Gesamtverein
auf die zunehmende Popularität und den Trend zu weiblicher Fußballkunst.
Das Phänomen, dass sich zum ersten Mal in der zweiundzwanzig Jahre alten
Geschichte der deutschen Frauenbundesliga ein großer Männerverein der
1. Bundesliga massiv engagiert, um auch die Meisterschaft der Frauen zu
erringen, gehört zu den Fakten.
Während der FC Bayern München, SC Freiburg und auch Bayer 04 Leverkusen auf organisches Wachsen setzen, setzt Wolfsburg auf eine strategische Einkaufspolitik aus der Portokasse einer Weltmarke. Der Einzug
kapitalintensiverer Geschäftsmodelle in den modernen Frauenfußball
spiegelt durchaus eine Zukunftsvision wider – die Einführung einer
"Europäischen Frauenfußballliga“. Nur Zuschauerzahlen um die 6000 Fans
in mittelgroßen Stadien werden auf Dauer der Kapitalverwertung von
Konzernen gerecht werden, die entweder als Vereins-Eigner oder
Großsponsoren auftreten. Nur davon kann jetzt keine Rede sein. Der
Spielbetrieb der 1. Bundesliga gerät jetzt schon in die Krise. Bei Vereinen wie FCR 01 Duisburg oder dem Aufsteiger 1.FC Lokomotive Leipzig kann es schon mal vorkommen, dass die Monatssaläre verspätet gezahlt werden. Dahinter steht oft kein böser Wille, sondern einfach die schwächere Liquidität mittelständischer Sponsoren.
Der derzeitige Auftrieb in der konventionellen nationalen Bundesliga
(im Durchschnitt pro Spiel 1.112 Zuschauer) beschränkt sich leider nur
auf einen unfairen, wettbewerbsfeindlichen Verdrängungswettbewerb
innerhalb der Kernstruktur der Liga. Eine wesentliche Rolle für diesen
Prozess haben augenfällig auf schnellen Profit orientierte
Spielerinnen-Berater übernommen, die sich zunehmend um auslaufende
Arbeitsverträge der Nationalspielerinnen kümmern und sich recht
erfolgreich in das Personenkarussell eingeschlichen haben - zum
Leidwesen der unabhängigen sportlich orientierten Vereinstrainer, die
sich von Woche zu Woche um das mentale Mantra ihrer Spielerinnen kümmern müssen. Maren Meinert, U20 DFB-Weltmeistertrainerin, wusste anno 2010 auf dem DFB-Frauen- und Mädchenfußball-Kongress in Mainz davon zu berichten. Sie beschwerte sich in einer Diskussionsrunde über die störende Einflussnahme der Berater bei den knapp 20-jährigen Spielerinnen.
Tabellenführer Potsdam scheint in den Strudel dieser Nachwehen einer
finanziell und TV-medial erfolgreichen, aber für die Neid-Elf sportlich
enttäuschenden Weltmeisterschaft gekommen zu sein. Auf welchen Auftrag
hin dieses regelrecht hektische Kesseltreiben gegenüber Europas bester
Vereinsadresse an den Potsdamer Havelseen inszeniert wurde, sei dahin
gestellt. Die Nutznießer aber scheint man zu kennen. Zu ablösefreien
Konditionen Nationalspielerinnen zu erwerben, das lohnt sich. Ihre
Schützlinge Babett Peter, Bianca Schmidt und Viola Odebrecht hatten
vorigen Freitag der Potsdamer Vereinsführung und ihren Mitspielerinnen
mitgeteilt, dass sie das Vertragsangebot von Turbine Potsdam zur
Verlängerung der am Saisonende auslaufenden Verträge nicht annehmen
werden und folglich den Verein zu besseren Konditionen am Saisonende
verlassen würden.
Potsdams Bernd Schröder erklärte relativ zeitnah zum Komplex
Peter/Schmidt/Odebrecht nach der offiziellen Pressekonferenz gegen Bayer
04 Leverkusen: „Wenn Spielerinnen unseres Vereines mit ihrem Herzblut
und ihrer Leidenschaft nicht bei dem Verein und den Fans sind, dann muss
man sich trennen.“ Schröder ließ sich außer diesem kurzen Statement zu
keiner weiteren Äußerung verleiten. Kommentare über die neuen Vereine
seiner Spielerinnen gab er nicht ab. Was Schröder aber nicht verhindern
konnte, waren im Nachhinein die Reflektionen meist anonymisierter
FF-Blog-Nutzer, darunter auch leicht erkennbar Mitglieder des
Investorenpools um Dietrich und Co., die versuchten, das Bild eines
„polternden, unsachlichen“ Bernd Schröder zu zeichnen, der als Mitglied
einer Großvatergeneration seine Enkelgeneration nicht mehr verstehen
könnte. Nur den Beweis blieben sie schuldig. In einer vom
Bildjournalisten Jan Kuppert veröffentlichten Videoaufzeichnung der
Pressekonferenz in Potsdam machte Schröder einen ziemlich gefassten,
überaus sachlichen Eindruck und erklärte ohne Polemik den Sachverhalt.
Wochen zuvor hatte schon die Duisburgerin Simone Laudehr mitteilen
lassen, dass sie zukünftig nicht nur in der deutschen Nationalelf
gemeinsam mit Kim Kulig spielen würde, sondern auch nächste Saison in
deren Verein, dem 1.FFC Frankfurt, ebenso. Der Berater von
Nationalspielerin Simone Laudehr ist seit Jahren Dieter Weber aus
Duisburg. Nationalspielerin Alexandra Popp beendete vor kurzem ihr
Beratermandat mit dem Management von Dieter Weber und arbeitet zukünftig mit der Agentur von Entertainerin Shary Reeves aus Köln zusammen. Ab Saison 2012/13 werden Alexandra Popp beim VfL Wolfsburg und Simone Laudehr beim 1.FFC Frankfurt spielen. Simone Laudehr wurde im WM Sommer 2011 von Sportmoderatorin Shary Reeves für die ARD interviewt. ("Shary Reeves klärt auf: Schminken vor dem Spiel" - ARD Sportschau). Simone Laudehr wurde/wird nicht von Frau Reeves beraten/vertreten. Neuer Sportdirektor beim FCR 01 Duisburg wurde am 3. Oktober 2011 wiederum der der 47-jährige Italiener Claudio Marcone, der bisher als Spielerinnen Berater in Erscheinung trat. Er verdiente noch zu Beginn der Saison am Transfer der Schweizerischen Nationalspielerin Ana-Maria Crnogorčević vom Hamburger SV in Dietrichs Weltelf des 1.FFC Frankfurt. Alles informelle und strategische Netzwerke, der in dieser komplexen Struktur manche junge Nationalspielerin nicht gewachsen sein wird.
Turbine-Geschäftsführer Mathias Morack, der die Vertragsverhandlungen
mit dem Trio Peter/Schmidt/Odebrecht geführt hatte, bat die
Sportöffentlichkeit mit seinem Statement gegenüber den Potsdamer Neuen
Nachrichten (PNN), die Weggänge nicht zu dramatisieren. „Es ist nun mal
im Fußball wie im Geschäftsleben so, dass sich mancher verändern will.
Wobei das Geld stimmen muss.“ Turbine habe den drei Nationalspielerinnen
neue Angebote unterbreitet, „die für uns sehr gut waren“, betonte
Morack. Seine Argumentation geht sogar weiter, indem er es im Gegensatz
zu den Aussagen der Spielerinnen, auf den Punkt bringt: „Und wenn man
vom Deutschen Meister, Bundesliga-Spitzenreiter und
Champions-League-Finalisten der letzten beiden Jahre weggeht, kann man
sich nicht sportlich verbessern. Nur finanziell – da muss man ehrlich
genug sein.“
Zukünftig wird sich zum Leidwesen von Bundestrainerin Sylvia Neid
wieder alles auf zwei Blöcke konzentrieren. Turbine gedrosselt, FCR Löwe
geschwächt, jetzt fahren, salopp gesagt, die DFB-National-Frauen
Volkswagen mit Kreditfinanzierung durch die Commerzbank. Hatte bei der
maisgelben Bank nicht auch die ehemalige FIFA-OK-Chefin Steffi Jones ihr
Festgeldkonto eröffnet, bevor sie in die "Bussy-Gesellschaft“ der
Schönen und Erfolgreichen aufgenommen wurde? Jedenfalls, dem neuen
DFB-Boss Niersbach ging so etwas in der Vergangenheit schon über die
Lippen. Neuerlich tauchte auch der ehemalige Vorstand und Aufsichtsrat
der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, beim "Außerordentlichen
DFB-Bundestag“ als Delegierter bei der königlichen 120 Minuten
Inthronisierung des neuen DFB-Präsidenten auf. Unsere Kaiserin war auch
dabei.
An deren Adresse gerichtet: die Zeit ist reif für Reformen im
Europäischen Frauenfußball. Eine Europa-Liga zu installieren wäre die
analytische und rechnerische Folgerung der zu erwartenden
Gesamtentwicklung. Mit reichlich Sponsorengeldern und Investorenpools
versorgte Vereinskonstrukte wie Olympique Lyon, Arsenal London, VfL
Wolfsburg oder der 1. FFC Frankfurt, sowie drei nordische Mannschaften
und ein russischer Club könnten das Grundgerüst darstellen für diese
Profi-Liga.
Die Erwartungshaltung der deutschen Nationalspielerinnen ist groß, die
Verwirrung in deren Köpfen wohl auch. Berufskarrieren, vom Sport gut
leben können, eine Familie gründen, einen passenden Partner kennen
lernen, da reizt wohl auch die Scheinwelt der Celebrity. Ob Anwalt,
Arzt, Immobilienhai oder Unbeteiligter, der kurzfristig als Geisel
genommen - jeder kann von der Boulevard Presse zu einer Berühmtheit
stilisiert werden. Die Medienpartner von VW und FFC werden aber sehr
viel arbeiten und investieren müssen, um die Erwartungen der jungen
Frauen erfüllen zu können, die so hart für ihren Sport gearbeitet haben.
Nicht mal Olympia 2012 kann dabei dienen. Zu Bundesligaspielen gegen den
Rest der Liga werden keine Quoten erzielt werden. Von Frauenfußball-Hype
keine Spur, die Fans fürchten Langeweile auf den Plätzen.
Sind das die Würste, die zur Dressur einer hoffnungsvollen, hungrigen
Nationalspielerin gehören? Die letzte WM der adidas-Nationalmannschaft
war leider ein Reinfall. Ladies, eine zweite Nia Künzer, wird es nicht
geben. Das Schicksal von Ex-Nationalspielerin Sarah Günther, die durch
den psychologisch geschulten ehemaligen FFC-Vereinstrainer Günter
Wegmann aus dem seelischen Keller befreit wurde, und der ihr ärztliche
Hilfe verschaffte, um aus einem Burnout-Syndrom - einer tiefen
Depression - zu entkommen, sollte zum Nachdenken und zur Vorsicht
anregen. Die jetzt 29-jährige Sarah Günther spielte schon als 21-Jährige
anno 2005 erfolgreich in der deutschen Nationalelf, bevor sie zum FFC
Frankfurt wechselte und dort erkrankte.
Weltfußballerin Birgit Prinz überlebte alle Höhen und Tiefen im Leben
einer Leistungssportlerin. Sie machte aus der Not eine Berufung. Heute
begleitet sie die seelische Gesundheit männlicher und weiblicher
Fußballstars beim Bundesliga-Club TSG 1899 Hoffenheim. Ihre feinfühlige,
Respekt verschaffende Persönlichkeit fehlte im wichtigen Spiel gegen
Japan. Die Japanerinnen vergötterten und fürchteten sie. Im Verhältnis
Bundestrainerin und Mannschaftskapitänin zeigten sich psychologische,
mentale Risse. Die ganze Nation erlebte es.
Verantwortung für junge Frauen zu tragen, die es nicht ganz schaffen,
das gehört zum "Wohlfühl-Faktor“ eines Vereines. Ex-Nationalspielerin
Sarah Günther litt immens. Sie galt für manchen Typen auf der
VIP-Tribüne als schwieriges Weichei. Kein Wunder, denn Burnout ist ein
gesellschaftliches Tabuthema und wird noch immer allzu oft mit Schwäche
und Versagen gleichgesetzt. Birgit Prinz hatte es da sicher leichter.
Beim 1. FFC Frankfurt erlebten wir seit Jahren ein Bild starker "Väter“
(Bartusiak, Prinz), die, wenn sein musste, dafür sorgten, dass die
Töchter eine familiäre Basis fanden, auch wenn es einmal fernab des
Erfolges etwas „zu knabbern“ gab. Wird es für alle in Dietrichs Traumelf
einen Stammplatz in der Startelf geben? Oder werden wir bald mangels
Spielpraxis eine A-Nationalmannschaft und eine B-Nationalmannschaft
erhalten? Die einen sitzen auf der Bank. Ihre Träume werden wie
Seifenblasen platzen. Die Anderen werden zwar glücklich sein, spielen zu
dürfen. Nur die Fan-Gemeinde wird mit hohen „Zu Null“-Ergebnissen bald
kleiner werden.
Verantwortungslose Sammelwut setzt attraktiven Wettbewerb außer Kraft.
Das Postulat, dass nur in einer ausgeglichenen Liga, der Letzte den
Ersten schlagen kann, wird durch unersättliche Neuverpflichtungen in
Richtung "Mainhattan“ und "VW City“ aus der Balance gehoben. Was fehlt,
ist ein neues Korsett für die expansive Personalentwicklung dieser sich
entwickelnden Gigantomanie der 1. Bundesliga. Die Liga erlebt ein
"Einfluten“ internationaler Nationalspielerinnen und
Fußball-Legionärinnen aus allen fünf Erdteilen. Einzelne Spielerinnen
waren Mitglied ihrer WM-Kader beim WM-Turnier.
Eine Europa Liga auf hohem spielerischem Niveau wäre sicher eine
richtungweisende Zukunftsvision, die spätestens jetzt auf Grund der
aktuellen Monopol-Tendenzen angegangen werden sollte. Eine sinnvolle
Herausforderung für alle, die den Frauenfußball trotz allem Licht und
Schatten lieben, ist angesagt. Solange die aufgelösten Superligen in den
USA und Brasilien nicht existent sind und der Frauenfußball (außer
Japan) auf den Streich- und Sparlisten zahlreicher internationaler
Fußballverbände liegt, bietet sich das Projekt Europäische Profi Liga
an, die bedrohlichen Entwicklungen zu kanalisieren. Die Zeit ist reif,
Kaiserin. (PK)
Leserbrief von Herrn Tegründe aus Duisburg:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrter Herr Henke,
im Grunde hielt ich diesen Artikel zunächst für lesenswert. Leider
versäumt es Herr Henke, die Dinge richtig und ohne Polemik darzustellen.
Shary Reeves bspw. ist NICHT die neue Managerin/Beraterin von Simone
Laudehr - was im Übrigen nicht schwer zu recherchieren ist, wenn man
denn möchte. Andere Fehler erspare ich mir darzustellen, Herr Henke
bekommt schließlich Geld für das, was er da tut ... womit seine Vorwürfe
an andere Adressen, vom FF zu profitieren, nun auch wieder auf ihn
selbst zurückfallen. Am Ende des Artikels wurde mir - obwohl weit davon
entfernt, ein FFC-Frankfurt-Fan zu sein - nur noch übel. Und mit der
Forderung nach einer Europa-Liga führt Herr Henke seinen gesamten
Artikel letztlich ad absurdum. Ich hätte ihm da mehr zugetraut - schade.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Tegründe
Duisburg
Antwort des Autors zum Leserbrief von Herrn Tegründe aus Duisburg:
Sehr geehrter Herr Tegründe,
herzlichen Dank für ihre spontane Reaktion auf den Artikel
"Methamorposen im Panini-Rausch." Ihr Hinweis zum Fall Simone Laudehr
ist richtig. Wir haben uns mit dem Management Dieter Weber in Verbindung
gesetzt und korrigieren den Text umgehend. Der Kommentar ist insgesamt
bewußt polemisch verfasst, um eine offenere Diskussion über den
Ligabetrieb anzuregen und zu provozieren. Sie finden die Forderung einer
Europa Liga vielleicht absurd, andere Leser fanden den Denkansatz sehr
vernünftig. Die Neue Rheinische Zeitung NRhZ online verfügt über die
Möglichkeit von Förder-Abos. Ich selbst arbeite seit Jahren
honorarfrei, um die gute Sache des Frauenfußballs zu unterstützen. In
der Hoffnung, dass der deutsche Sportjournalismus über den Frauenfußball
etwas mehr Vielfalt an Meinungen darstellen kann
verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Bernd J.R. Henke
Online-Flyer Nr. 344 vom 07.03.2012
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