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Hannelore Kraft stimmt für etwas, was gar nicht zur Abstimmung steht
Leuchtender Stern am Politikhimmel
Von Lothar Reinhard

Die NRZ-Mülheim schreibt am Samstag, dem 14. April unter dem Titel „Die SPD und der gute Weg“ über den Wahlkampfstart von Frau Kraft in ihrer Heimatstadt Mülheim im letzten Abschnitt: „Und eine andere Wahl hat Kraft schon getroffen. Beim Bürgerentscheid am nächsten Sonntag, für den sie wie 130.000 weitere Mülheimer wahlberechtigt ist, stimmt sie für den Erhalt des Schulstandorts Eppinghofen. „Was denn sonst“?“ - Aha, die NRW-Ministerpräsidentin stimmt also für etwas, was nicht zur Abstimmung steht?
 

Hannelore Kraft - auf die Genossen ihres
heimatlichen Ortsvereins in Mülheim
reingefallen?
Die Frage an Frau Kraft und die anderen Mülheimer lautet nämlich „Soll die weiterführende Schule (GHS an der Bruchstr.) in Mülheim Eppinghofen auf Dauer erhalten bleiben?” Da GHS bekanntlich Gemein-schaftsHauptSchule bedeutet, kann man/frau logischerweise nur für oder gegen den dauerhaften Erhalt dieser Hauptschule stimmen, sonst für oder gegen nichts!
 
Der Erhalt des Schulstandorts Eppinghofen als solcher ist zudem überhaupt nicht gefährdet (u.a. die GS Zunftmeisterstr. und die GS Dichterviertel), und dass die Ministerpräsidentin, die gerade erst die Hauptschule als verbindliche Schulform aus der Landesverfassung hat streichen lassen, unbedingt für den dauerhaften Erhalt einer Hauptschule mit ganz wenigen Anmeldungen (zuletzt 15) stimmen könnte, ist wenig wahrscheinlich.
 
Genauso unwahrscheinlich ist es, dass sie als Mülheimerin nicht weiß, um was es geht, wo etwa die Bruchstr. liegt oder was der Unterschied zwischen GHS und Gesamtschule o.ä. bedeutet.
 
Ebenso muss sie wissen, dass ein Bürgerentscheid absolute Bindewirkung besitzt, denn ihre Regierung hat nach langer ausführlicher Beratung gerade erst die Bedingungen für Bürgerentscheide deutlich verbessert. Gut so! Dennoch gilt auch für sie dabei nur das, was auch abgestimmt wird.
 
Nun ist gerade Frau Kraft zurzeit der leuchtende Stern am Politikhimmel: klug, glaubwürdig, heimat- und erdverbunden, kurzum sympathisch nicht nur in Talkshows. Was aber hat sie dazu gebracht, zum Bürgerentscheid in Mülheim eine solche Aussage zu tätigen?
 
Konnte sie sich bei all ihren Terminen überhaupt nicht genauer mit der Fragestellung befassen, so dass auch sie auf die Irreführung der Hauptschulbefürworter, insbesondere von den Genossen ihres heimatlichen Ortsvereins, hereinfiel?
 
Auch die münzen die Fragestellung nämlich einfach um, wohl wissend, dass die Hauptschule Bruchstr. ohnehin keine dauerhafte Zukunft hat! Deshalb wird so getan, als ginge es gar nicht um die Hauptschule, obwohl doch genau die sich seit eineinhalb Jahren mit vielen Aktionen bis hin zu Karnevalswagen vehement gegen ihre Schließung wehrt, was ja auch ihr gutes Recht ist. Auf den Unmengen von Wahlplakaten, die alle Mülheimer Straßen an fast jeder Laterne schmücken, steht ja auch nicht zufällig: "Gemeinschaftshauptschule Bruchstr. - Nehmt uns unsere Schule nicht weg!" Aus ihrem Dienstwagen heraus wird Frau Kraft das wohl nicht lesen gekonnt haben. Doch egal. Also: Am 22.4. geht es um den „Erhalt auf Dauer“ einzig von der Hauptschule, wofür Lehrer und Schüler sich auch mächtig ins Zeug gelegt haben.
 
Wer aber glaubt, beim Bürgerentscheid über die Zukunft einer wie auch immer gearteten weiterführenden Schule in Eppinghofen zu entscheiden, der irrt gewaltig. Selbst wenn der Bürgerentscheid erfolgreich wäre, würde erst einmal die HS für mindestens 2 Jahre erhalten werden müssen und dafür die Gebäude saniert werden. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Ob die HS „auf Dauer“ erhalten werden kann, wie im Bürgerentscheid gefordert, ist sehr, sehr fraglich, da Hauptschulen landesweit und besonders im Ruhrgebiet von den Eltern nicht mehr nachgefragt werden, spätestens seit die Grundschulempfehlung nicht mehr verpflichtend ist!
 
Ob nach dem fast zwangsläufigen Aus auch für die HS Bruchstraße an dem Standort irgendeine andere weiterführende Schule in der gesamten Mülheimer Schullandschaft bei insgesamt zurückgehenden Schülerzahlen überhaupt Sinn machen kann und würde, ist höchst fraglich. Bisher hat auch niemand ein gangbares Konzept vorlegen können. Die Befürworter sagen dazu in ihrem Flugblatt: „Hauptschulen werden sich durch die neue Gesetzeslage schon bald weiterentwickeln zu Sekundarschulen, Profilschulen und anderen Formen.“ Die Linken der verschiedenen Schattierungen propagieren eine Gesamtschule an der Bruchstr., und die SPD macht klugerweise keinen Vorschlag. Kurzum: Nichts ist auch nur ansatzweise geklärt oder erkennbar.
 
Zusammengefasst: Wenn man voraussetzt, dass Frau Kraft als Ortskundige bei ihrer Aussage nicht „den“ Schulstandort Eppinghofen meinte, sondern nur den für eine weiterführende Schule selbst am Rande von Eppinghofen, nämlich an der Bruchstr., so muss man feststellen: Die 1. Bürgerin des Landes NRW hat behauptet, sie stimme für einen Schulstandort („auf Dauer“), von dem auch sie nicht wissen kann, ob es dafür demnächst überhaupt noch Schüler gibt. „Was denn sonst?“ sagte sie der NRZ. Antwort müsste sein: Liebe Hannelore, erst anschauen, um was es überhaupt geht, dann urteilen oder abstimmen!
 
„Lassen Sie sich von Politikern keinen Sand in die Augen streuen!“ fordern die Befürworter der HS Bruchstr. in fetten Lettern in ihrem Flugblatt. Im Falle unserer Ministerpräsidentin gilt das leider im umgekehrten Fall: „Frau Politikerin Kraft, lassen Sie sich keinen Sand in die Augen streuen!“ Von wem auch immer.
 
Wenn aber selbst Frau Kraft bei diesem Bürgerentscheid voll irregeführt werden konnte, für was sie denn abstimmt, wie soll es erst dem/der durchschnittlichen Mülheimer/in ergehen?
 
Übrigens: Wenn es den Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht um die Hauptschule, sondern um eine weiterführenden Schule, welche Schulform auch immer, am Standort Bruchstr. gegangen wäre, hätten sie einen vorbeugenden Bürgerentscheid mit entsprechender Fragestellung gemacht und nicht Unterschriften für den Erhalt der HS gesammelt! (PK)
 
Lothar Reinhard ist Fraktionssprecher der Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) im Stadtrat


Online-Flyer Nr. 350  vom 18.04.2012

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