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Lokales
VG Köln: Uni Köln darf Vertrag mit BAYER HealthCare weiter geheim halten
CBG kündigt Berufung gegen Nikolaus-Gericht an
Von Peter Kleinert

Das Verwaltungsgericht Köln hat sich am 6. Dezember als echt konzernfreundlicher Nikolaus erwiesen. Es verweigerte der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ihren Antrag auf Einsichtnahme in den zwischen der Uniklinik Köln und der Bayer HealthCare AG geschlossenen Kooperationsvertrag. Philipp Mimkes, Absolvent der Universität Köln und seit Jahren Mitglied der CBG, hatte im Mai 2011 Klage eingereicht, da weder das Unternehmen noch die Universität Fragen zur Ausgestaltung ihrer Zusammenarbeit beantwortet hatten. Die CBG befürchtet eine Ausrichtung der Forschung an öffentlichen Einrichtungen nach rein wirtschaftlichen Kriterien.
 

Dr. Richard Pott, BAYER-Vorstandsmitglied und
Vorsitzender des Kölner Hochschulrats - kann
sich erst mal freuen
Das Urteil des offenbar schon zu alten VG St. Nikolaus wurde damit begründet, dass das Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW den Bereich der Forschung ausklammere. Hierzu erklärt Philipp Mimkes nach der Entscheidung: „Das Ergebnis der heutigen Verhandlung stand offenkundig schon vorher fest. Das Gericht hat den in Frage stehenden Vertrag offenbar gar nicht erst eingesehen und hat auch nicht das Votum des NRW-Landesbeauftragten für Informationsfreiheit berücksichtigt, wonach die Vereinbarung organisatorische Regelungen enthält, nicht aber Angaben zur Forschung im engeren Sinn.“ Der Landesbeauftragte hatte den Antrag auf Einsichtnahme positiv beschieden und einen Informationsanspruch festgestellt.
 
Die Freiheit der Wissenschaft schützen?
 
Philipp Mimkes weiter: Obwohl der Beauftragte für Informationsfreiheit des Landes NRW der CBG den Vorgang geprüft und der CBG "vollumfänglich Recht gegeben" habe, weigern sich Universität und BAYER, "diesem Votum zu entsprechen – absurderweise mit der Begründung, die Freiheit der Wissenschaft schützen zu wollen. Dabei wird der wissenschaftliche Austausch doch gerade durch die zunehmende Abhängigkeit von wirtschaftlichen Interessen und durch die Unterwerfung unter Konzernprofite ausgehebelt! Trotz der großen finanziellen Unwägbarkeiten haben wir uns angesichts dieser prinzipiellen Bedeutung entschlossen, im Mai 2011 Klage einzureichen. Es dauerte geschlagene 18 Monate, bis jetzt endlich am 6.12.2012 die erste Gerichtsverhandlung stattfand. Und: Obwohl sich die Klage an die Uni richtet und die Offenlegung der Geheimverträge fordert, schaltete sich der BAYER-Konzern direkt mit der berüchtigten internationalen Rechtsanwaltsagentur Freshfields ein (für Freshfields arbeiten mehr als 2.500 Rechtsanwälte)."
 

Seit 2005 Rektor der Kölner Uni –
Professor Dr. Axel Freimuth. Freut sich
wie sein Hochschulratsvorsitzender Pott
Die Absicht trotz der hohen Kosten der Klage, in Berufung gehen zu wollen begründet Mimkes wie folgt: „Die Öffentlichkeit muss darüber informiert sein, wie viele Rechte eine aus Steuergeldern finanzierte Einrichtung wie die Universität Köln an ein privatwirtschaftliches Unternehmen abtritt. Wer legt künftige Forschungsinhalte fest? Wer profitiert von den Patenten? Können Betriebsgeheimnisse die Veröffentlichung von Forschungs-ergebnissen verhindern? All diese Fragen können nur mit Kenntnis der Vertragsinhalte beantwortet werden. Wir sind optimistisch, dass das Oberverwaltungsgericht hierüber eine differenziertere Beurteilung vornehmen wird.“ Zu den weiteren Unterstützern der Klage gehören Transparency International, IPPNW, medico international, der AStA der Uni Köln und der Verband demokratischer Ärztinnen und Ärzte.
 
Oder Unterwerfung unter Konzernprofite?
 
Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG und einer ihrer Gründer ergänzt: „Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung und wird bundesweit mit Aufmerksamkeit verfolgt. Geht es doch um die im Rahmen von Deregulierung und entfesseltem Kapitalismus überall zunehmende Unterwerfung von Forschung und Lehre unter wirtschaftliche Interessen und Konzernprofite. Und das dann auch noch abgesichert mit Geheimverträgen. Das Urteil war leider zu erwarten, liegt das Gericht doch nur einen Steinwurf weit von der Konzernzentrale entfernt." Von 1988 bis 1992 musste die Coordination gegen BAYER-Gefahren erst vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, bis die BAYER-hörigen Urteile von Kölner Gerichten gekippt werden konnten.
 
Jetzt geht das Verfahren also vor das Oberverwaltungsgericht. Sicher sei bereits, so die CBG in einer Pressemitteilung: "Diese Prozesse werden auch in den weiteren Instanzen mit großem öffentlichen Interesse verfolgt werden. Eine aus Steuergeldern finanzierte Einrichtung muss öffentlicher Kontrolle unterliegen - zumal in einem so sensiblen Bereich wie der Pharma-Forschung. Eine solche Kontrolle ist nur mit Kenntnis der Vertragsbedingungen möglich."
 
Der Einfluss des BAYER-Konzerns auf die Uni Köln sei hoch: Richard Pott,
Vorstandsmitglied des Chemieriesen, ist Vorsitzender des Kölner Hochschulrats. Als die Uniklinik im Jahr 2008 diese enge Forschungs-Kooperation mit BAYER eingegangen sei, habe sogar der damalige Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bezeichnete den Vertrag als die "weitest reichende Kooperation, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang eingegangen ist" bezeichnet.
 

Total begeistert über den BAYER-Vertrag
mit der Kölner Uni – Minister Andreas
Pinkwart – damals noch im Amt
Quelle: www.andreas-pinkwart.de
Die Umstände dieser Zusam-menarbeit sind nach wie vor intransparent. So ist ungeklärt, wie die Universität an den Ergebnissen gemeinsamer Projekte partizipiert, ob auch künftig noch Medikamente für ökonomisch uninteressante Krankheiten untersucht werden und wie die Publikationsfreiheit sichergestellt werden soll. Die CBG befürchtet eine Ausrichtung der universitären Pharma-Forschung nach rein wirtschaft-lichen Kriterien. Auf Nachfrage der Coordination gegen BAYER-Gefahren habe die Pressestelle der Universität Köln erklärt, der Vertrag unterliege dem "Betriebs-geheimnis". Weitergehende Fragen seien nicht beantwortet worden.
 
Abschließend erklärt die CBG: "Wir kämpfen nicht nur gegen die Angriffe des BAYER-Konzerns auf die Freiheit von Wissenschaft und Forschung, sondern gegen die Versuche aller Konzerne, die Universitäten und Forschungsinstitute den Profiten zu unterwerfen. Wir bieten dem Konzern die Stirn. Wir brauchen Unterstützung. Wir bitten dringend um Spenden unter dem Stichwort „Freiheit der Wissenschaft sichern!“ EthikBank 31 99 991 / BLZ 830 944 94". (PK)


Online-Flyer Nr. 384  vom 12.12.2012

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