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Lokales
Demonstrationen gegen rassistische Kontrollen von Kriegsflüchtlingen in Hamburg
Innenbehörde ordnete Übergriffe der Polizei an
Von Martin Dolzer
Mit einem Großaufgebot der Polizei ließ der Hamburger Senat am Freitag und Sonnabend in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg afrikanische MigrantInnen kontrollieren. Gezielt wurden dabei 18 Mitglieder der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ vorübergehend in Gewahrsam genommen, erkennungsdienstlich behandelt und erst nach anwaltlichem und politischem Druck mit Meldeauflagen wieder frei gelassen.
Oberbürgermeister Olaf Scholz (SPD)
sieht keinen Gesprächsbedarf
Etwa 800 Menschen demonstrierten Freitagabend und mehr als tausend am Sonnabend gegen diese von der Innenbehörde angeordneten rassistischen Übergriffe. „Es soll offensichtlich kurz vor Einbruch des Winters unser politischer Wille gebrochen werden. Die Landesregierung scheint mit allen Mitteln verhindern zu wollen, dass wir uns weiter für das Recht auf Aufenthalt, Arbeit, Bildung und Gesundheitsversorgung einsetzen und dass die ohnehin große Solidarität und Unterstützung der Bevölkerung weiter wächst. Anstatt direkt mit uns zu sprechen und einen vernünftigen Ausweg aus der humanitären Katastrophe zu finden, verfolgt der Senat weiterhin eine sture Politik der Abschreckung“, so Friday Emitola, ein Sprecher der Gruppe.
Online-Flyer Nr. 428 vom 16.10.2013
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Lokales
Demonstrationen gegen rassistische Kontrollen von Kriegsflüchtlingen in Hamburg
Innenbehörde ordnete Übergriffe der Polizei an
Von Martin Dolzer
Mit einem Großaufgebot der Polizei ließ der Hamburger Senat am Freitag und Sonnabend in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg afrikanische MigrantInnen kontrollieren. Gezielt wurden dabei 18 Mitglieder der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ vorübergehend in Gewahrsam genommen, erkennungsdienstlich behandelt und erst nach anwaltlichem und politischem Druck mit Meldeauflagen wieder frei gelassen.
Oberbürgermeister Olaf Scholz (SPD)
sieht keinen Gesprächsbedarf
Quelle: http://www.hamburg.de
Foto: Florian Jaenicke
Etwa 350 Kriegsflüchtlinge aus Libyen, die seit April 2013 auf Hamburgs Straßen und in Notunterkünften u.a. in Kulturzentren und der St. Pauli Kirche leben, haben sich zur Gruppe Lampedusa in Hamburg zusammengeschlossen. Sie sind Teil der insgesamt 60.000 Schwarzafrikaner, die vor Massakern der Rebellen und Bombardierungen der NATO über das Mittelmeer flohen oder in Boote Richtung Lampedusa gezwungen wurden. Zwei Jahre hatten sie in Italien unter menschenunwürdigen Bedingungen in Camps und Unterkünften gelebt, bevor sie mit einem humanitären Status versehen auf die Straße gesetzt und in Richtung Norden abgeschoben wurden.
Am Freitagabend versuchte die Ausländerbehörde zehn an diesem Tag Betroffene zu befragen, um eine etwaige Abschiebung nach Italien vorzubereiten. Anwälte der Gruppe konnten diesen rechtswidrigen Akt durch engagierte Intervention verhindern. „Systematisch wurde von der Ausländerbehörde und der Polizei das Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt und so eine erkenungsdienstliche Behandlung durchgesetzt, am Freitag, indem uns stundenlang kein Zugang zu den Mandanten gewährt wurde. Am Sonnabend erhielten wir zwar Zugang zu den acht Mandanten, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen eine solche Behandlung wurde jedoch ignoriert“, kritisiert Rechtsanwältin Britta Eder.
Ziel der Kontrollen war dem Senat zufolge die Überprüfung der Identitäten und des Aufenthaltsstatus der Lampedusaflüchtlinge. Ihre Fluchtgeschichte und ihren Status hatten diese in exemplarischen Anträgen schon vor Wochen offengelegt, die der Senat ohne nachvollziehbare Begründung ablehnte. Stattdessen betont Oberbürgermeister Olaf Scholz (SPD) immer wieder, dass kein Gesprächsbedarf bestehe, da lediglich eine Rückkehr nach Italien in Frage käme. Laut Hamburger Abendblatt will Scholz zudem verhindern, dass die St. Pauli-Kirche oder weitere Gemeinden beheizbare Container für den Winter aufstellen.
In Bezug auf den einbrechenden Winter und die jüngsten Katastrophen vor der Küste von Lampedusa, bei denen mehr als 300 Menschen starben, sei das gesamte Vorgehen taktlos und zynisch, kritisieren Kirche und Flüchtlinge. „Wir sind durch den Krieg in Libyen und die unwürdigen Bedingungen in Italien traumatisiert. Wir haben das Recht zu bleiben. § 23 Aufenthaltsgesetz ist eine der möglichen Lösungen. Die rassistischen Kontrollen müssen sofort aufhören“, betont Asuoko Udo, ein Sprecher der Gruppe.
Berichten zufolge haben sich mehrere Polizeibeamte krank gemeldet, da sie sich nicht an derartigen Kontrollen beteiligen wollten. Nach Monaten des Nichtstuns des SPD-Senats sei der Einsatz zu einem solchen Zeitpunkt politisch unerhört, sagte Antje Möller, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen in der Bürgerschaft. Christiane Schneider von den Linken sprach von einer kaltherzigen und würdelosen Aktion. „Wenn die Politiker nicht das menschenverachtende Flüchtlingsrecht ändern, besteht ihre zur Schau getragene Trauer lediglich aus Krokodilstränen“, kritisiert Ralf Lorenzo von der Karawane für Flüchtlinge und Migranten. (PK)
Online-Flyer Nr. 428 vom 16.10.2013
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