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Es ist Zeit, endlich die Wahrheit über den neuen Zar im Kreml zu sagen:
"Putin macht mir Angst…"
Von Olivier Berruyer
Es ist höchste Zeit Wladimir Putin laut und deutlich zu denunzieren. Zunächst einmal was die Wirtschaft betrifft: Was hat er denn seit 15 Jahren konkret erreicht? Die Kaufkraft der Russen hat sich verdoppelt. Die Inflationsrate ist von 100 % auf fast Null gesunken. Die Handelsbilanz hat sich weitgehend erholt und zeigt nun einen Überschuss. Die Beschäftigungsquote ist sehr stark gestiegen. Die öffentliche Verschuldung ist von 90 % des BIP auf 10 % gesunken. Die Armutsrate wurde halbiert. Kurzum, die Zahlen sprechen für sich selbst: ein jämmerlicher Misserfolg.
Online-Flyer Nr. 452 vom 02.04.2014
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Glossen
Es ist Zeit, endlich die Wahrheit über den neuen Zar im Kreml zu sagen:
"Putin macht mir Angst…"
Von Olivier Berruyer
Es ist höchste Zeit Wladimir Putin laut und deutlich zu denunzieren. Zunächst einmal was die Wirtschaft betrifft: Was hat er denn seit 15 Jahren konkret erreicht? Die Kaufkraft der Russen hat sich verdoppelt. Die Inflationsrate ist von 100 % auf fast Null gesunken. Die Handelsbilanz hat sich weitgehend erholt und zeigt nun einen Überschuss. Die Beschäftigungsquote ist sehr stark gestiegen. Die öffentliche Verschuldung ist von 90 % des BIP auf 10 % gesunken. Die Armutsrate wurde halbiert. Kurzum, die Zahlen sprechen für sich selbst: ein jämmerlicher Misserfolg.
Auf politischer Ebene: regelmäßige Wahlen, große Wahlerfolge – weit besser als die Situation unserer Verbündeten in China oder in Saudi-Arabien. Natürlich ist sein Beliebtheitsgrad nie unter 65 % gesunken und hat gegenwärtig 80 % erreicht – was natürlich vorauszusehen war, wenn man sich die oben genannten katastrophalen Wirtschaftsdaten vor Augen führt. Wir sind uns natürlich bewusst, dass das mit seinem Beliebtheitsgrad offensichtlich gefälscht ist, denn Obamas ist höchstens 40 %, Hollandes ist auf 15 % gesunken und die Zustimmung der US-Bevölkerung für ihren Kongress hat das bravouröse einstellige Niveau von 9 % erreicht.
Das Schlimmste ist jedoch auf geopolitischer Ebene zu befürchten. Denn wofür macht sich Herr Putin stark? Für Volksentscheide! Die Menschen sollen nach ihrer Meinung gefragt werden! Also im Ernst, wie lange sollen wir das noch in Europa tolerieren?
Wir sollten die Konsequenzen unserer Zurückhaltung bedenken: Wenn wir zulassen, dass sich Volksentscheide in Europa verbreiten, dann wäre das Ende des "Europäischen Fortschritts" eingeläutet: Es wäre das Ende des Fiskalpakts; das Ende des Kürzungsdiktats zum Wohl der Finanzmärkte. Keine Erhöhung des Rentenalters auf 69 Jahre. Niemand würde mehr akzeptieren, dass die Hedgefonds-Vampire Griechenlands Blut saugen. Niemand würde Herman Van Rompuy zum EU-Ratspräsidenten wählen.
Das Gleiche wenn wir einen Volksentscheid in Großbritannien durchführen: Natürlich würde das Land ganz schnell die EU verlassen, wie nicht wenige andere Länder, wenn man ihre Bürger befragen würde.
Und welche Bevölkerung würde für den EU-Assoziierungsvertrag mit der Ukraine stimmen, der am 21. März unterschrieben wurde und der europäische Unternehmen künftig in einen Wettbewerb schickt gegen das ärmste Land Europas, mit einem Monatsmindestlohn von 100 Euro? Keine vernünftige Bevölkerung könnte das akzeptieren – aus Furcht vor Arbeitslosigkeit. Wir müssen daher Volksentscheide verbieten und Brüssel entscheiden lassen.
Wie hinterlistig dieser russische Präsident ist, wird erst richtig deutlich bei der Abstimmung der Krim: Nicht nur ließ er deren Bevölkerung, die vor allem russisch ist, das erste Mal über ihre eigene Zukunft abstimmen, er hat ihr auch noch zugehört und ihren Willen respektiert, als sie mit einer unbestreitbaren, überwältigenden Mehrheit für ihren Anschluss an Russland stimmte! Und so etwas in Europa! Nie hätten wir den Lissabon-Vertrag unterzeichnen können, wenn wir den Wunsch der Franzosen im Jahr 2005 respektiert hätten.
In dieser Sache gibt es doch eine einfache Lösung und wir hätten sie sicherlich angewendet, wenn russische Minister pro-russische Demonstrationen der Bevölkerung in Kanada angeheizt, und dann vor allem einen Staatsstreich mit Hilfe von Neonazis angezettelt hätten, die in Quebec die französische Sprache verbieten würden.
Dieser Putin muss schwer bestraft werden (Strafe ist jetzt ein zentrales Element der Diplomatie). Die Krim muss wieder in die Obhut der ukrainischen Putschregierung zurück. Ukrainische Panzer müssen dann losgeschickt werden, um den zu erwartenden Aufstand gegen eine Regierung im Blut zu ersticken, die zu einem Drittel aus Russen-hassenden Neonazis besteht und vom Westen mit nie dagewesenem Zynismus unterstützt wird.
Die EU weiß zumindest, wie sie mit einem Szenario à la Jugoslawien umgehen muss: Tweets, Brandreden, Resolutionen, Verurteilungen, Beobachter und Bernard-Henri Lévy, schließlich Ermittler, Gerichtsmediziner und Anrufung des Internationalen Strafgerichtshofs.
Aber Putin hat alles versaut. Im Freudentaumel feierte die Krimbevölkerung seine Wiedervereinigung mit Russland. Dass dies in den Augen der Ukrainer absolut unrechtmäßig ist, hat die Bevölkerung in Kiew deutlich gezeigt, als sie am 23. März ihre Empörung demonstrierte, mit einer phänomenalen Beteiligung von 5000 Personen – wie auch die Tatsache, dass gerade mal 20 % der ukrainischen Soldaten auf der Krim dem Befehl gehorchten, in die Ukraine zurückzukehren.
Es ist alles so trostlos, man könnte an dem "Europäischen Traum" schier verzweifeln. Und da wir nicht wissen, wie weit Putin gehen wird, müssen wir uns vor allem bewaffnen – mit Scharfsinn! (PK)
Die Übersetzung dieser Glosse aus http://www.causeur.fr/vladimir-poutine-russie-ukraine,26803 haben wir mit Dank von Doris Pumphrey erhalten. Olivier Berruyer ist Mitglied im Vorstand des Instituts der Versicherungsmathematiker (Paris) und Blogger.
Online-Flyer Nr. 452 vom 02.04.2014
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