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Arbeit und Soziales
Steuergeldverschwendung in Hartz IV-Verwaltungen und Sozialgerichten
Ein Fall für den Bundesrechnungshof?
Von Peter Kleinert
Hartz4-Plattform-Sprecherin Brigitte Vallenthin übt scharfe Kritik an überbordenden Hartz IV-Verwaltungskosten sowie mutwillig provozierten Prozesskosten bei Sozialgerichten - Ein Beispiel: Jobcenter Harz und Sozialgericht Magdeburg.
Online-Flyer Nr. 462 vom 11.06.2014
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Arbeit und Soziales
Steuergeldverschwendung in Hartz IV-Verwaltungen und Sozialgerichten
Ein Fall für den Bundesrechnungshof?
Von Peter Kleinert
Hartz4-Plattform-Sprecherin Brigitte Vallenthin übt scharfe Kritik an überbordenden Hartz IV-Verwaltungskosten sowie mutwillig provozierten Prozesskosten bei Sozialgerichten - Ein Beispiel: Jobcenter Harz und Sozialgericht Magdeburg.
Jobcenter Harz stellt sich im Netz vor
„Zwar ist das Jobcenter Harz nicht das einzige, das seinen Verwaltungsaufwand zulasten des Gesetzesauftrages nämlich der Förderung in Arbeit hochschraubt“ kritisiert die Hartz4-Plattform-Sprecherin die Selbsterhaltungspraxis der sich mit immer mehr Steuergeldern monströs aufbähenden Hartz IV-Bürokratien. „Allerdings ist die in Wernigerode beheimatete Optionskommune schon ein trauriges Musterbeispiel für bundesweites Verbrennen von Steuergeldern in Verwaltungen und mutwilliges Provozieren von Sozialgerichtsprozessen beim Sozialgericht Magdeburg - d.h. noch einmal Steuergeldvernichtung.“ Und dass die Behörde beabsichtigt, diese Praxis fortzusetzen, hat sie aktuell beispielhaft bewiesen.
Mit allen Mitteln versucht sie sich gegen einen Antrag zur gerichtsinternen Mediation - damit deutlicher Einsparung von Verwaltungs- und Sozialgerichtskosten - querzustellen. Jedoch hat sie sich nach mittlerweile 3 Monaten immer noch nicht durchringen können, ein eindeutiges Nein zu erklären zum Mediationsantrag eines ihrer „Kunden“, den sie alleine in den letzten zwei Jahren zu rund 30 Eilverfahren und Hauptsacheklagen sowie mindestens zehn Untätigkeitsklagen ins Sozialgericht gezwungen hat. „Da stellt sich schon die Frage: Eiert das Jobcenter an unterschiedlichen Ja-Abers herum, um sich nicht mit einem eindeutigen Nein vollends zu blamieren? Denn sein eindeutiges Nein hieße unmissverständlich: Ja, wir wollen weiterhin das Geld der Steuerzahler mit unnötigen Aktenbergen in der Verwaltung und überflüssigen Sozialgerichtsverfahren vernichten.“
5,3 Milliarden in den Verwaltungen verprasst - bei „Kunden“ wird gespart
Während bei den sogenannten „Kunden“ der Rotstift fast regelmäßig selbst dann angesetzt wird, wenn das Gesetz es verbietet, spielt bei den Hartz IV-Verwaltungen Geld offensichtlich keine Rolle. Nach einer Analyse des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) vom Januar 2014 und auf Basis aktueller Angaben des Bundesfinanzministeriums (BMF) floss 2013 im neunten Hartz IV-Jahr mehr als doppelt soviel Geld in die Verwaltung als in den eigentlichen Gesetzesauftrag, die Arbeitsförderung. Dieses seit Jahren ständig ansteigende Verprassen von Steuermitteln in sinn- und ziellos überbordende Bürokratie hatte im letzten Jahr von Sozialministerin Ursula von der Leyen seinen Höhepunkt erreicht. Entsprechende Korrekturabsichten sind auch aus dem Hause Andrea Nahles nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Vorahnungen aus der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur sogenannten Rechtsvereinfachung im SGB II lassen eher ein Mehr an Schikanen und damit noch einmal ein Mehr an Bürokratie für die Betroffenen befürchten als den Willen, diese Steuergeld-Verbrennung einzudämmen. Folgerichtig dokumentiert eine Analyse des BIAJ vom Mai auch für das erste Quartal 2014 einen weiteren Rückgang der Geldmittel zur Förderung der Eingliederung in Arbeit.
Zusätzlich milliardenschwere Steuergelder für Prozessflut bei den Sozialgerichten
Dabei offenbaren die milliardenschweren Verwaltungskosten ja nur die halbe Miete. Denn dazu kommen noch einmal die vermutlich kaum geringeren Kosten in Milliardenhöhe bei den Sozialgerichten, wo die Betroffenen sich gegen massenhaft rechtswidrige Verwaltungs-Entscheidungen wehren müssen. Mindestens seit 2010 weist die Hartz4-Plattform darauf hin, dass die uferlose Verweigerungshaltung in den Jobcentern der eigentliche Verursacher einer Prozessflut bei den Sozialgerichten ist.
Nur ein Beispiel von Hunderttausenden: Sozialgericht Magdeburg winkt Sanktionen weiterhin durch - selbst gegen ein Urteil des Bundessozialgerichts
Die Hartz4-Plattform fragt sich, ob die 15. Kammer beim Sozialgericht in Magdeburg das Urteil des Bundessozialgerichts nicht gelesen hat oder schlichtweg nicht zur Kenntnis nehmen will. Bereits am 14.Februar 2013 hatten die höchsten Sozialrichter die Rechtspflichten für die Hartz IV-Verwaltungen über den Zusammenhang von sogenannten Eingliederungsvereinbarungen und Sanktionen unmissverständlich klar gestellt. (1)
In einem Fall aus dem Jobcenter Harz wurden gegen einen „Kunden“ z.B. in nur neun Monaten Sanktionskürzungen um 2.884,20 € vorgenommen. Dass dem chronisch Kranken und seiner ebenfalls erwerbsgeminderten Ehefrau nicht auch noch die Krankenkassenbeiträge gestrichen wurden, konnte nur durch Annahme entwürdigender Lebensmittelgutscheine verhindert werden. Gleichzeitig wurden die selbständigen Aufstocker aber ermahnt, ihren Umsatz zu steigern. Zwar verstößt die Behörde zweifelsfrei gegen das Urteil des Bundessozialgerichts. Das Sozialgericht Magdeburg jedoch winkt die Interessen des Jobcenters unbeeindruckt vom übergeordneten Richterspruch aus Kassel weiterhin regelmäßig durch. Und da die Kläger es sich schlichtweg nicht leisten können, diese wiederholten rechtswidrigen Leistungskürzungen hinzunehmen, erhalten Jobcenter und Sozialgericht ein Perpetuum mobile ständig wiederkehrender Sozialgerichtsklagen am Laufen.
Jobcenter Harz-„Kunde“ beantragt weniger der Steuergeldverschwendung
Bereits im März hat der seit Jahren vom Jobcenter Harz zum Dauerklagen Gezwungene die Behörde beim Wort genommen und sie an ihren eigenen Aussagen gemessen - nämlich: man müsse „mit dem Geld der Steuerzahler sparsam umgehen.“ Er hat die bundesweit von den Sozialgerichten angebotene „gerichtsinterne Mediation“ beantragt - eine Möglichkeit zur Konfliktlösung mit einem von den Rechtstreitigkeiten unabhängigen Mediations-Richter, die sich bereits seit Jahren bewährt hat. Er begründete dies mit dem Wunsch „im Wege der gerichtlichen Mediation die Sozialgerichtsbarkeit ebenso wie die Sozialverwaltung von weiterem Arbeitsaufwand und damit den Steuerzahler von erheblichen Kosten zu entlasten.“ Doch die Behörde antwortet seit Monaten wiederholt mit verschwurbeltem Jein. Bereits am 1. April berichtete die Hartz4-Plattform über diesen Fall. (2)
Jobcenter veräppelt das Landessozialgericht mit „Nachbarschaftsstreit“
Bundesweit bieten inzwischen Sozial- und Landessozialgerichte die bewährte Mediation zur Verkürzung von Rechtsstreitigkeiten und vor allem zur Einsparung von Steuergeldern an. Doch das Jobcenter Harz weiß wieder einmal alles besser: eine Mediation sei möglicherweise „in einem Nachbarschaftsstreit denkbar“, nicht aber in der Sozialgerichtsbarkeit. „Mag vielleicht sein“, meint Brigitte Vallenthin, „dass den Verantwortlichen in Wernigerode schikanierender Dauerstreit mit ihren „Kunden“ lieber ist. Dann sollten sie für diese Steuergeldverschwendung aber auch ehrlich die Verantwortung übernehmen und nicht obendrein ihre „Kunden“ auch noch mit einem Friede-Freude-Eierkuchen-Video auf ihrer Internetseite für dumm verkaufen.“
Ein Fall für den Bundesrechnungshof?
In mehr als 9 Hartz IV-Jahren nahm sich bislang die Politik weder im Bundestag noch bei der Regierung der milliardenschweren, fehlgeleiteten Hartz IV-Steuergeldverschwendung an. Im Gegenteil: Die Medien kolportieren ungeprüft weiterhin die Verdrehung von Opfer und Täter im Geiste Westerwelles, Mißfelders und Sarrazins und finden regelmäßig die Schuldigen bei den Opfern. Jetzt hat die Hartz4-Plattform im Mai den Bundesrechnungshof angerufen. Die Antwort darauf, ob er sich dieses Steuergeld-Verschwendungs-Skandals annimmt, steht noch aus.
„Wird der neue Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller (CDU) - nach Medienberichten ein enger Vertrauter von Unionsfraktionschef Volker Kauder - im Unterschied zu seinem Vorgänger, Dieter Engels (SPD), die Hartz IV-Steuergeldverschwendung jetzt endlich prüfen?“ fragt Brigitte Vallenthin. (PK)
(1) B 14 AS 195/11 R, http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&sid=6c2bf42ac1d17926f61e5355f1dd9332&nr=12982&pos=0&anz=1
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