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Aktueller Online-Flyer vom 26. Dezember 2024  

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Glossen
Verkauftes Deutschland
Agent Angela
Von Ulrich Gellermann

Ein Rauschen geht durchs Land: Gezählte zwei US-Spione sind aufgeflogen, und während die Perma-Bespitzelung aller Deutschen durch die NSA nur mäßiges Interesse bei den Berliner Funktionären ausgelöst hat, kräuselt der Zwei-Agenten-Stein jetzt den Teich rund um das Bundeskanzler-Amt: Die amerikanische Geheimdienstpolitik sei "ein Förderprogramm für den Antiamerikanismus in Europa", sorgt sich der tapfere Sozialdemokrat Thomas Oppermann. Wolfgang Schäuble beklagt "so viel Dummheit“ der Amerikaner und ist beleidigt, weil die USA nur "drittklassige Leute“ anwerben. Präsident Gauck barmt um ein "Spiel mit Freundschaft"" und spielt seine Empörung nicht mal schlecht. Doch der einsame Höhepunkt bleibt der Kanzlerin überlassen: Diese Agenten-Affäre sei "Eine Vergeudung von Kraft", weiß Merkel zu sagen und auch: "Wir sollten uns auf das Wesentliche konzentrieren". Und dann kommt die Aufzählung jener Problem-Länder - Israel, Syrien, Irak, Ukraine und Russland - bei deren Behandlung die Merkel im Kielwasser der USA paddelt.

Spionage-Affäre weitet sich aus
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
 
Wer die Fotos von der damaligen Verleihung der "Medal of Freedom" durch Obama, der höchsten zivilen Auszeichnung der USA, an die deutsche Kanzlerin gesehen hat, der sieht eine glückliche, eine strahlenden Frau. Die kleine Angela aus Templin weiß sich am Ziel. Der Orden wird nur an Personen verliehen, die sich für die Interessen Amerikas besonders stark eingesetzt haben. Und kaum jemand aus der ersten Reihe deutscher Politik gilt als so sehr den USA ergeben wie eben sie. Nur Joachim Gauck taucht nicht nur tiefer in den US-Kakao, er schmatzt auch beim Trinken. Beide waren für den Irak-Krieg, beide distanzieren sich bis heute nicht vom Krieg in Afghanistan und beiden ist gemein, dass sie in der DDR völlig unauffällig gelebt hatten bis andere das Trittbrett der DDR-Opposition schnitzten und die heutigen deutschen Spitzenleute kurz aufsprangen, um von dort aus an ihren Karrieren im vereinten Deutschland zu basteln.
 
Man darf die eigentlichen, die wesentlichen Agenten der USA in Deutschland nicht als bezahlte Verräter begreifen. Sie sind Überzeugungstäter, Einfluss-Agenten, das ist nicht strafbar, sie sind da so reingerutscht. Beispiel Agent Angela: Als Folge der deutschen Einheit wurde ihr bisheriger Arbeitsplatz, die Akademie der Wissenschaften, abgewickelt, sie wurde arbeitslos. Plötzlich nahte Rettung: Sie bekam von ihrer neuen Partei, der CDU, eine Planstelle im Bundespresseamt zugeschanzt: 5.725,86 DM monatlich waren damals viel Geld. Und es sollte Zug um Zug mehr werden. Und mehr Macht, mehr Ansehen, mehr Orden: Großkreuze aus aller Herren Länder, auch aus Saudi Arabien, zwei Ehrendoktor-Würden aus Israel und eben die Freiheits-Medaille der USA. All das war im neuen, gelobten Deutschland nur möglich, wenn man "atlantisch" dachte und handelte, Kreuzschmerzen vom Bücken vor den USA wurden scheinbar erfolgreich durch Kreuze behandelt. Sogar ein deutsches ist dabei, das große Bundesverdienstkreuz. Und da niemand damals darüber gelacht hat, als die Kanzlerin den damaligen Bundespräsidenten angewiesen hatte ihr das bunte Blech umzuhängen, weil sie "besondere Leistungen auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem Gebiet" erbracht habe, glaubt sie auch heute noch selbst an diese Leistungen.
 
Neben der freundlichen Begleitung des Kriegskurs der USA, neben der kaum verhüllten Duldung der NSA-Überwachung und dem kräftigen Einsatz für das TTIP, jenes Handelsabkommen mit den USA, das der wirtschaftlichen Unterwerfung der EU dient, kommt jetzt noch die Duldung des Billig-Aufkaufs deutscher Betriebe durch US-Unternehmen hinzu: 900 Milliarden Dollar, sagt Ulrich Grillo, Präsiden des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, hätten amerikanische Konzern für ihre Einkaufstour in Deutschland bereit gestellt. Dollar-Milliarden, die durch die Steuer-Vermeidung dieser Unternehmen in der EU entstanden sind und jetzt, so Grillo, den "Wettbewerb verzerren". Mit Angst und Bangen sieht der Mann auch die staatliche Hilfe der USA im Kampf der internationalen Banken für die eigenen Finnazhäuser: Jüngst hat die französische Bank BNP Paribas 9 Milliarden Dollar auf den Tisch legen müssen, wegen angeblicher Verstöße gegen Sanktionen (unter anderem gegen Kuba), die von den USA angeordnet worden waren. Auch die deutsche Commerzbank steht bei den US-Behörden im Verdacht Geld in den Iran und den Sudan transferiert zu haben. Das kann kosten. Vor allem eine gute Position in der globalen Konkurrenz.
 
"Die Freunde", ist als offizielle Bezeichnung für die USA zurzeit ein wenig in den Hintergrund getreten. Auch wenn das beleidigte "unter Freunden tut man das nicht" deutscher Politiker über die US-Abhörerei noch nicht ganz verklungen ist. Aus dem Mund der Ex-DDR-ler, Merkel und Gauck, klingt der Begriff "die Freunde" ganz besonders komisch. War er doch zur DDR-Zeiten eine gängige Metapher für die Sowjetunion. Und wie weit die Freundschaft der Freunde ging, war allseits bekannt: Auf keinen Fall bis zur Befehlsverweigerung. So hat denn die imperiale USA die imperiale Sowjetunion wunderbar ersetzt: Die Bundesrepublik dient der Außenpolitik der USA und auch deren Wirtschaftspolitik. So begrenzt sich denn der Patriotismus der deutschen US-Einfluss-Agenten auf das Singen der Nationalhymne beim Finale der Fußball-Weltmeisterschaft, Merkel und Gauck waren dabei und die NSA wird es mitgeschnitten haben. (PK)
 
Diese Glosse haben wir mit Dank von Ulrich Gellermanns Blog Rationalgalerie übernommen.
http://www.rationalgalerie.de/home/agent-angela.html


Online-Flyer Nr. 467  vom 16.07.2014

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