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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Inland
250 Millionen Euro, die wir der Ukraine in diesen Tagen überweisen wollen:
Kiew hat die Absicht, eine Mauer zu errichten
Von Willy Wimmer

Spätestens seit dem 13. August 1961 wissen wir Deutschen, was der Bau einer Mauer bedeutet. Ein System ist am Ende und die Mauer soll das Ende hinauszögern. Gerade der November hat es in diesem Zusammenhang so richtig in sich. Erinnern wir uns doch heuer daran, dass die berüchtigte Berliner Mauer und der Todesstreifen durch Deutschland vor 25 Jahren fielen. Das Scheitern eines Systems wurde offenbar. Heute geht der Westen daran, quer durch einen gemeinsamen Kulturraum eine Mauer zu errichten. Was anderes soll es sein, wenn wir dem maroden System in der Ukraine 250 Millionen Euro in diesen Tagen überweisen und die bauen in Höhe der Stadt Charkov eine Mauer, um die Grenze zur Russischen Föderation herauszuheben?

Russlands Präsident Putin vor seinem ARD-Exklusivinterview
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/putin-interview-107.html
 
Den Argumenten des russischen Präsidenten Putin am Abend des 16. November 2014 in der ARD war in diesem Zusammenhang eigentlich nichts hinzuzufügen. Sollten nicht alle, die in den ukrainischen Konflikt involviert sind, alles daran setzen, den Absturz dieses Staates ins Bodenlose zu verhindern? Präsident Putin spielte mit sehr offenen Karten und unterschied sich deutlich von einem anderen Präsidenten, der im fernen Australien mit nichts anderem beschäftigt war, als einen Status für sein Land zu reklamieren, den die Welt bislang mit hunderttausenden von Toten bezahlen muss. Apropos bezahlen. Präsident Obama verwendet diese Aussage vornehmlich an die Adresse Russlands gerichtet. Um den amerikanischen Willen zur Konflikteingrenzung deutlich zu machen, sollte er als Friedensnobelpreisträger alle Vorgänger und Amtsträger, die seit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien Schuld auf sich geladen haben, als Geste des Friedenswillens der Vereinigten Staaten an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag überstellen.
 
Präsident Putin hat die russischen und ukrainischen Banken namentlich in dem ARD-Interview angegeben, die die Ukraine und Russland in den Untergang ziehen werden, wenn wir in der Europäischen Union und jenseits des Atlantiks den bisherigen Sanktionskurs gegenüber Russland beibehalten. Noch bevor wir eine Ausdehnung der kriegerischen Ereignisse in der Ostukraine bedenken, sollten wir uns bei der taumelnden Ukraine mit dem nahenden Winter beschäftigen. Wir organisieren in diesen Jahren die kriegsbedingte Masseneinwanderung in unsere Städte und Gemeinden hinlänglich selbst. Nimmt denn jemand an, dass bei der für die Ukraine zu erwartenden Entwicklung 45 Millionen Menschen in der Kälte sitzen, während jenseits ihrer Landesgrenze alle hinter einem warmen Ofen bleiben?
 
Man kann zum Glück von jedem Staatschef halten, was man will. Wenigstens das geht noch in Staaten, deren parlamentarische Demokratie sich im Niedergang befindet. Aber Präsident Putin hat doch die Finger in die westliche Wunde gelegt, und die Deutschen wissen, wie sehr ihm zuzustimmen ist. Von ihm erwartet man jene Form der Einflussnahme auf die Landwehren in der Ostukraine, die im westlichen Interesse ist, um seine eigenen und damit europäischen und amerikanischen Interessen in der Ukraine doch noch durchsetzen zu können. Wie steht es aber mit der deutschen, westeuropäischen oder gar transatlantischen Einflussnahme auf die Regierung in Kiew, um denen dabei in den Arm zu fallen, weite Teile des eigenen Staates wie ausgemachte Feinde zu behandeln? Wir können doch an jedem Tag die politischen Gestalten in Kiew erleben, die all denen, die russisch sprechen oder gar Russen in der Ukraine sind, den Garaus machen wollen. Die Spaltung der Ukraine wird von Kiew ebenso in Gang gesetzt wie von denen in der Ostukraine, die sich zunächst zur Wehr gesetzt haben.
 
Das Interview mit Präsident Putin hat aber auch deutlich gemacht, dass es für die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, nicht nötig gewesen wäre, rund 20 Stunden nach «down under» zu fliegen, um den Nachweis der deutschen Politik dafür zu liefern, wie sehr man mit dem Latein am Ende ist. Das kann man auch hier bewundern, denn welchen Sinn macht es, sich den Staatschef eines Nachbarlandes auf fremdem Territoriums so vorzuknöpfen, wie das bei ihrer Rede in Sydney offenkundig geschehen ist. Es reicht uns doch schon, dass unser Herr Bundespräsident, in dessen hoffentlich einmalige Amtszeit das Gedenken sowohl an den Fall der Berliner Mauer als auch an die Wiederherstellung der staatlichen Einheit vor 25 Jahren fällt, dem Nachbarland einen Affront nach dem anderen präsentiert, obwohl wir Russland genau diesen Fall der Mauer und die Wiedervereinigung vorrangig zu verdanken haben. Jetzt schlägt auch die Frau Bundeskanzlerin in diese verhängnisvolle Kerbe ein. «Schaden vom deutschen Volk abzuwenden», das sieht anders aus. Wenn das den Unterschied zwischen der «Bonner Republik» und denen in «Berlin» ausmacht, na denn «danke» Wenn sowohl die Frau Bundeskanzlerin als auch der Herr Bundespräsident nicht gewaltig herumsteuern, werden wir am Ende der jeweiligen Amtszeiten als ein Land und ein Volk dastehen, das ein glückliches Erbe und damit die gute Nachbarschaft in Europa verspielt haben wird. (PK)
 
Willy Wimmer (*1943) gehörte 33 Jahre dem Bundestag an. Zwischen 1985 und 1992 war der Rechtsanwalt aus Mönchengladbach-Rheydt zunächst verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion und dann Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung. Von 1994 bis 2000 war er Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Zur Bundestagswahl 2009 trat er nicht mehr an. Diesen Artikel von ihm haben wir mit Dank vom Compact-Magazin übernommen.
Mehr Informationen finden über ihn finden Sie unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20615 oder http://www.youtube.com/watch?v=Ctmbfig00tw
 


Online-Flyer Nr. 486  vom 26.11.2014

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