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Kommentar
Die Lizenz zum Partei-Töten
SPD: Doppel-Null-Nummer
Von Ulrich Gellermann

Die SPD scheint ihre Kanzler-Kandidaten-Rochade für intelligent zu halten. Gestern dachte jeder Gabriel wollte es machen. Heute macht es aber Schulz. Wahrscheinlich wegen der großen inhaltlichen Unterschiede der beiden Kandidaten: Sigmar Gabriel war und ist für die asoziale Agenda 20/10, Gabriel war und ist für das CETA-Kapital-Begünstigungs-Abkommen, und er war und ist für die Sanktionen gegen Russland. Das ist bei Martin Schulz total anders: Der neue Kanzler-Kandidat war und ist für die asoziale Agenda 20/10, Schulz war und ist für das CETA-Kapital-Begünstigungs-Abkommen, und er war und ist für die Sanktionen gegen Russland. Ähnlich gravierend sind auch die Unterschiede der beiden in der Frage der Auslandseinsätze der Bundeswehr: Der eine war immer dafür, der andere war nie dagegen.

Lange galt in der deutschen Sozialdemokratie die Legende, ihr Kandidat zum Amt des Kanzlers würde durch die Mitglieder der Partei oder wenigstens durch Parteigremien aufgestellt. Aber, sagt das Lexikon: Legenden sind Geschichten, die seit langem erzählt werden und an denen nur wenig stimmt. Manchmal auch gar nichts. Denn in der SPD regiert schon länger das Hinterzimmer. Die Handvoll Entscheider in der SPD entscheiden mal eben und die Partei darf applaudieren. Die Folgen sind bekannt: Austritte, mangelnde Wahlkampfbereitschaft und allgemeiner Partei-Verdruss.

Natürlich ist das offene Eingeständnis der SPD-Führung nur peinlich: Leider können wir nicht Kanzler, deshalb heben wir uns den jüngeren Gabriel noch ein wenig auf, für bessere Zeiten, in denen die SPD vielleicht mal wieder klar über die 20 Prozent kommt. Und der ältere Schulz, ein braver Partei-Soldat, der hat schon genug Rentenpunkte gesammelt, der kann sich ruhig im Merkel-AfD-Wahlkampf verschleißen. Dass sich mit diesem billigen Trick nur die SPD verschleisst, was soll´s.

Was soll´s, so ist sie eben, die SPD, sagt mancher und zuckt die Schultern. Aber wer in diesem Land was ändern will, der wird auch Sozialdemokraten brauchen. Weniger in der Regierung, eher auf der Straße. Obwohl sie dort zu eher seltenen Erscheinungen geworden sind. Es wäre also schon besser, wenn die SPD statt der verbrauchten rechten Apparatschiks mal nicht so ganz verbrauchte linke Sozialdemokraten an ihre Spitze wählen würde. Aber ob zum Beispiel Ralf Stegner und Johanna Uekermann von der linken „Magdeburger Plattform“ den Mut aufbringen eine echte Kanzlerkandidatenwahl mit echten Alternativen zu fordern? Immerhin steht im Gründungsaufruf der SPD-Linken so etwas: „Wir sollten Weltmeister in der Entwicklungszusammenarbeit werden, statt Rekorde beim Rüstungsexport zu halten“. Das wär doch mal was. Aber mit Gabriel und Schulz ist das nicht zu machen.

Von Martin Schulz geht ständig die Rede er sei „authentisch“, also echt, also original. Auch wenn Schulz, am Akzent erkennbar, jederzeit als rheinisches Original durchgehen dürfte, ist an ihm nichts reell. Er war jahrelang an der EU-Präsidentschaft-Fälschung beteiligt: Der EU-Öffentlichkeit wurde Glauben gemacht, da hätte eine Wahl stattgefunden. In Wahrheit war in einem Hinterzimmer-Papier schon vor Jahren eine Rochade festgelegt. Nichts Neues im Westen. – Ob Schulz oder Gabriel: Beide haben in sozialen Fragen oder denen einer friedlichen Außenpolitik null zu bieten. Aber einen Erfolg kann man der Doppel-Null-Nummer jetzt schon voraussagen: Sie wird das Siechtum der SPD beschleunigen, sie hat offenkundig die Lizenz zum Töten der SPD.


Erstveröffentlichung am 26. Januar 2017 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 598  vom 01.02.2017

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