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Medien
"Marxistische" Tageszeitung und "linke" Wochenzeitung in Tateinheit
Kriegsstimmung schüren
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Es ist Freitag, der 10. März 2017. Ins Haus kommt Kriegsstimmung im Doppelpack – mittels einer "marxistischen" Tageszeitung. Was ist geschehen? Die USA intervenieren in Syrien, Panzer sind auf dem Vormarsch – wird uns martialisch aufgemacht vermittelt. „US-Intervention in Syrien“ – springt uns auf der Titelseite der Zeitung entgegen. Und US-Präsident Donald J. Trump bereitet einen Atomkrieg vor. Das suggeriert eine der "marxistischen" Tageszeitung beiliegende Werbung für eine "linke, links-liberale" Wochenzeitung, indem diese die aus dem Spektrum von US-Propaganda-Medien und Geheimdiensten stammende unbelegte Behauptung, Trump habe sich für den Einsatz von Atomwaffen ausgesprochen, reißerisch ins Bild setzt. „Das war's dann“ – ist in ein Bild gesetzt, das Trump mit einem Atompilz in Verbindung bringt und das das abgebildete, beworbene Wochenblatt ziert. „Trump ist ein Faschist“, erfahren wir auf der Titelseite dieser Zeitung, ohne dass eine Begründung für diese Klassifizierung gegeben würde.


"Marxistische" Tageszeitung vom 10. März 2017 mit Werbebeilage für "linke, links-liberale" Wochenzeitung

Läuft eine "US-Intervention in Syrien"?

Zunächst die Frage: Was hat es auf sich mit der "US-Intervention in Syrien"? Hat jetzt mit US-Präsident Trump der große, offene Krieg der USA gegen Syrien begonnen? Der junge-Welt-Artikel (1) beginnt mit dem Satz: „Die US-Streitkräfte bereiten sich auf ein direktes Eingreifen in Syrien vor.“ Also nein: begonnen hat die Intervention noch nicht, aber sie wird angeblich vorbereitet.

Lesen wir weiter: „Wie am Mittwoch bekannt wurde... sollen offenbar... Diese Informationen waren zwar bis Donnerstag mittag nicht offiziell bestätigt, können aber nach Art ihrer Übermittlung an einzelne Medien als gesichert gelten... Der Washington Post und anderen US-Medien zufolge... Soweit bisher zu erkennen ist...“ Von wem wurde am Mittwoch etwas bekannt gegeben? Das erfahren wir nicht. Was ist angeblich am Mittwoch bekannt geworden? Dass „mehrere hundert Soldaten in die Gegend von Rakka im Norden des Landes geschickt“ worden seien. Dort befinde sich das IS-Hauptquartier. Wer soll offenbar was? Die mit Artillerie ausgerüsteten Soldaten „sollen offenbar die von verschiedenen Kräften geplante Offensive gegen Rakka unterstützen“. Was ist es, das bisher zu erkennen ist? Es geht "den USA zunächst darum, militärische Zusammenstöße zwischen den von ihnen unterstützten oder mit ihnen zusammenarbeitenden Kräften zu verhindern".

Und zu guter letzt ist noch zu lesen: „Dem Ziel, unbeabsichtigte Konfrontationen bei den bevorstehenden Kämpfen um Rakka und Umgebung zu vermeiden, diente auch ein außergewöhnliches Treffen im türkischen Antalya, das am Dienstag stattfand. Beteiligt waren der Chef der US-Streitkräfte, General Joseph Dunford vom Marine Corps, und seine Kollegen aus Russland und der Türkei, Waleri Gerassimow und Hulusi Akar. Gesprochen wurde über die Verbesserung der Kommunikation auf Führungsebene und die gegenseitige Abstimmung militärischer Operationen.“ Aha! Ist das eine "US-Intervention in Syrien"? Oder ist es ein koordiniertes Vorgehen von Russland, Türkei und USA gegen den IS, von dem Donald Trump gesagt hat, dass er eine Schöpfung von Barack Obama und Hillary Clinton ist (2), und die er auszumerzen versprochen hat? Dann wäre die reißerische Überschrift "US-Intervention in Syrien" gänzlich desorientierend.

„Das US-Militär hat für den Kampf um die Rückeroberung der Stadt Rakka vom Islamischen Staat (IS) einem Bericht zufolge Mitglieder des Marinekorps nach Syrien entsandt. Ihr Ziel sei es, einen Außenposten zu errichten, um die Offensive der lokalen Kräfte mit Artilleriefeuer zu unterstützen, berichtete die 'Washington Post' am Mittwoch [08.03.2017 – „Marines have arrived in Syria to fire artillery in the fight for Raqqa“] unter Berufung auf Militärkreise.“ So lautet es am 09.03.2017 ohne propagandistische Aufgeregtheit – erstaunlicherweise in Springers WELT – in einem auf dpa basierenden Artikel mit dem Titel "USA sollen Marines nach Syrien beordert haben". (3)(4)

Ist Donald Trump ein "Faschist"?

Und nun zu der Frage: was hat es mit der Behauptung auf sich, Donald Trump sei ein "Faschist", der die Welt in einen Atomkrieg führen will? Das behauptet bzw. suggeriert eine Zeitung namens "der Freitag", für die in der "marxistischen" Tageszeitung "junge Welt" am 11. Februar 2017 geworben wird. Was ist "der Freitag"? Das ist eine Wochenzeitung, von der bei Wikipedia behauptet wird, sie habe eine "linke" bis "linksliberale" Ausrichtung. In ihr gingen 1990 der Ost-Berliner "Sonntag", die DKP-nahe "Deutsche Volkszeitung" sowie die von der VVN gegründete Zeitung "Die Tat" auf. 2008 hat Jakob Augstein den "Freitag" gekauft. Damit war die Nähe zum US-Imperium in Gestalt des SPIEGEL garantiert und so die feindliche Übernahme perfekt.


"der Freitag", Ausgabe vom 10.11.2016

„Auch gestern ist die Sonne aufgegangen. Sie kümmert sich nicht darum, wer die US-Wahl gewonnen hat. Kosmische Maßstäbe hat der Amtswechsel im Weißen Haus dann doch nicht. Aber knapp darunter ist diese Entscheidung eine Erschütterung unserer Wirklichkeit. Die Begriffe, die wir für selbstverständlich hielten, sind fragwürdig geworden: 'Demokratie', 'Wahlen', 'Freiheit' – und 'Westen'. Dieser letzte Begriff vor allem löst sich jetzt endgültig auf. Die Wahl Donald Trumps ist das Ende des Westens... Trump ist ein Faschist...“ So schreibt Jakob Augstein am 10.11.2016 auf der Titelseite der Ausgabe des "Freitag" (5), mittels derer in der Tageszeitung "junge Welt" für den "Freitag" geworben wird.

„Auch am Tag nach den Wahlen in den USA ist die Sonne aufgegangen. Kosmische Maßstäbe hat der kommende Amtswechsel im Weißen Haus dann doch nicht. Aber knapp darunter ist die amerikanische Entscheidung eine Erschütterung unserer Wirklichkeit. Unser Vokabular ist brüchig geworden: 'Demokratie', 'Wahlen', 'Freiheit' – und 'Westen'. Dieser letzte Begriff vor allem löst sich endgültig auf. Die Wahl Donald Trumps ist das Ende des Westens... Trump ist kein Demokrat. Er ist ein Faschist.“ So ist am gleichen Tag beim SPIEGEL zu lesen (6). Auch hier heißt der Autor Jakob Augstein. Ein bemerkenswerter Variantenreichtum der Formulierungen – bei inhaltlicher Fast-Gleichheit!

Was ist das für eine Behauptung, Trump sei ein Faschist? Ist eine derart vernichtende Klassifizierung zulässig? Gibt es dafür Anhaltspunkte? Ist es gerechtfertigt, einen US-Präsidenten, der geäußert hat, er wolle mit Russland gut auskommen und der Regime-Change-Praxis der USA ein Ende setzen (7), einen Faschisten zu nennen? Ist ein Präsident, der fortsetzen will, was die Präsidenten vor ihm bereits seit Jahrzehnten betrieben haben, nämlich die Grenzanlage zu Mexiko auszubauen, ein Faschist? Zeugt es nicht eher von faschistischem Denken, einen solchen US-Präsidenten ungerechtfertigterweise Faschist zu nennen und damit zum Abschuss frei zu geben?

Prof. Rainer Mausfeld zitiert Jakob Augstein wie folgt: „Parlamente schützen die Demokratie vor dem Volk und das Volk vor sich selbst. Denn beim Volk... ist die Demokratie nicht gut aufgehoben.“ (8) Ist das tatsächlich ein Zitat von Jakob Augstein? Ja, es stammt aus einem Artikel, der am 11.04.2016 bei SPIEGEL ONLINE erschienen ist. (9) Prof. Rainer Mausfeld kommentiert: „Interessant ist, dass dieser Satz von einem Linksliberalen bzw. einem, der sich selbst als linksliberal etikettiert, gesagt wird... Er sagt damit: eine repräsentative Demokratie repräsentiert NICHT den Willen des Volkes. Da sagen wir Danke, dass das so explizit ausgesprochen wird.“ (8) Damit drängt sich in der Tat die Frage auf: wo rangiert Jakob Augstein auf der Skala zwischen Demokrat und Faschist?

Donald Trump wird von Jakob Augstein in die Nähe von Hitler gerückt. „Ein reaktionärer Demagoge zieht ins Weiße Haus ein“, ist auf Seite 3 der beworbenen Zeitung in einem Artikel von Konrad Ege zu lesen (10). Gibt es gesicherte Hinweise für diese abwertende Charakterisierung? Eher kann als gesichert gelten, dass diejenigen, die den US-Präsidenten als Demagogen und Faschisten bezeichnen, Demagogen sind. Demagoge ist jemand, der etwas vorgaukelt, um etwas ganz anderes, wovon er nicht spricht, zu erreichen. Diejenigen, die Verständigung mit Russland verhindern wollen und den US-Präsidenten auf einer anderen Ebene angreifen, sind eindeutig Demagogen. Ob Trump etwas Anderes will als er sagt, muss sich erst noch erweisen.

Will Donald Trump einen Atomkrieg auslösen?

Am 16. Februar 2017 hat US-Präsident Trump bei der Pressekonferenz in Washington vor einem Atomkrieg gewarnt und – wie mehrfach zuvor – für eine Verständigung mit Russland geworben: „Ein nuklearer Holocaust wäre unvergleichlich. Russland ist so wie wir eine sehr starke Nuklearmacht. Wenn wir gute Beziehungen zu Russland haben – glauben Sie mir – ist das eine gute Sache, keine schlechte.“ (Nuclear holocaust would be like no other. [Russia is] a very powerful nuclear country and so are we. If we have a good relationship with Russia, believe me, that's a good thing, not a bad thing.) (11) Wie ist es zu bewerten, wenn trotzdem die aus dem Spektrum von US-Propaganda-Medien und Geheimdiensten stammende unbelegte Behauptung, Trump habe sich für den Einsatz von Atomwaffen ausgesprochen, reißerisch ins Bild gesetzt wird, und damit in der Tageszeitung "junge Welt" für eine demagogische, angeblich "linke" Wochenzeitung geworben wird?

Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu berücksichtigen, dass die unbelegte Behauptung, Trump habe sich für den Einsatz von Atomwaffen ausgesprochen, nicht nur mittels Werbung für eine andere Zeitung transportiert würde. (12) Die "marxistische" Zeitung selber hat im Verbund mit der "kommunistischen" Partei der USA, der KPUSA, diese Behauptung als erwiesen verbreitet. „Warum sollten wir keine Atomwaffen einsetzen?“ So wird am 31.10.2016 in der Tageszeitung "junge Welt" Donald Trump zitiert, auf diese Weise „für das kleinere Übel" geworben und damit zur Wahl Hillary Clintons aufgerufen. Trump stelle eine weitaus größere Gefahr als Clinton dar. Begründet wird dies, indem – die US-Kommunisten zitierend – bezüglich des US-Präsidentschaftskandidaten Trump behauptet wird: „Das ist ein Mann, der die Frage stellt: 'Warum sollten wir keine Atomwaffen einsetzen?'“ US-Kommunisten und "junge Welt" transportieren die unbelegte Behauptung also als Tatsache und tragen damit zur Desorientierung in der Linken und der Friedensbewegung bei. (13)

Werbung für die feindliche Übernahme linker Medien?

Es ist offensichtlich: "der Freitag" dient dazu, eine linke Leserschaft in die Fänge des "Spiegel" und anderer Medien zur Manipulation der Öffentlichkeit zu manövrieren. Dass Jakob Augstein für den "Freitag" wie auch für den "Spiegel" schreibt, haben wir gesehen. Das im "Freitag" für den "Spiegel" geworben wird, ist ein weiterer Hinweis für die Nähe des "Freitag" zum "Spiegel". Das "der Freitag" Opfer einer feindlichen Übernahme geworden ist, ist unbestreitbar. Linke Leserschaft wird konditioniert für die offene Propaganda im Interesse der die Welt beherrschenden Kapital-Verbrecher, wie sie vom "Spiegel" und anderen Herrschaftsmedien betrieben wird – den Medien des globalen neo-liberalen Projekts, das sich nicht scheut über Millionen Leichen zu gehen.


"Der Spiegel", Ausgabe 46 vom 12.11.2016

Zu beantworten bleibt die Frage: wie ist es zu erklären, das eine "marxistische" Zeitung – statt den Prozess der feindlichen Übernahme zum Thema zu machen – für die feindlich übernommene Zeitung wirbt? Soll gar der feindlichen Übernahme linker Medien Vorschub geleistet werden?


Fussnoten:

1 US-Intervention in Syrien
Hunderte Marines sollen sich an Offensive auf Rakka beteiligen. Washington will Zusammenstöße zwischen Kurden und Türken verhindern
Knut Mellenthin in "junge Welt" vom 10.03.2017, Seite 1
https://www.jungewelt.de/artikel/306854.us-intervention-in-syrien.html

2 Trump: Obama, Clinton co-founded ISIS
Videoaufzeichnung von USA TODAY vom 11.08.2016
https://www.youtube.com/watch?v=mCHuZM_9qTk

3 Kampf gegen IS: USA sollen Marines nach Syrien beordert haben
Artikel vom 09.03.2017 bei welt.de
https://www.welt.de/politik/ausland/article162690679/USA-sollen-Marines-nach-Syrien-beordert-haben.html

4 Checkpoint: Marines have arrived in Syria to fire artillery in the fight for Raqqa
Dan Lamothe und Thomas Gibbons-Neff am 8.3.2017 in "Washington Post"
https://www.washingtonpost.com/news/checkpoint/wp/2017/03/08/marines-have-arrived-in-syria-to-fire-artillery-in-the-fight-for-raqqa/?utm_term=.daf7e109c223

5 Das Ende des Westens
Der Sieg des selbsternannten Außenseiters beweist, dass die liberale Demokratie in einer existenziellen Krise ist
Jakob Augstein in "der Freitag" vom 10.11.2016, Ausgabe 45, Seite 1
(ähnlich dem Artikel "US-Wahl: Trump des Willens" in SPIEGEL ONLINE vom gleichen Tag)

6 US-Wahl: Trump des Willens
Donald Trumps Sieg bedeutet das Ende des Westens. Die Ära des Liberalismus ist vorüber. Ein neuer Faschismus kommt an die Macht. Ob sie wollen oder nicht: Die Deutschen werden ihr Heil in den Grenzen der Nation suchen müssen.
Jakob Augstein am 10.11.2016 bei SPIEGEL ONLINE
http://www.spiegel.de/politik/ausland/us-wahl-donald-trumps-wahl-ist-das-ende-des-westens-a-1120608.html

7 „Wir werden mit dem Versuch aufhören, Regime zu Fall zu bringen und Regierungen zu stürzen...“
CBS News, Videoaufzeichnung der Rede von Donald Trump vom 01.12.2016 in Cincinnati/Ohio (ab Timecode 42:10)
https://www.youtube.com/watch?v=JPMgPlj3G08

8 Warum schweigen die Lämmer?
Prof. Rainer Mausfeld über Strategien der Erzeugung von Duldung und Lethargie in NRhZ 559 vom 27.04.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22751

9 Im Zweifel links – Volk und Wahrheit
Jakob Augstein am 11.4.2016 bei SPIEGEL ONLINE
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/keine-gerechtigkeit-durch-demokratie-volk-und-wahrheit-a-1086533.html

10 Rassismus ist der Schlüssel
Das Undenkbare ist doch Wirklichkeit geworden. Ein reaktionärer Demagoge zieht ins Weiße Haus ein. Sein Erfolg ist kein Zufall
Konrad Ege in "der Freitag" vom 10.11.2016, Ausgabe 45, Seite 3
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/rassismus-ist-der-schluessel

11 Verständigung mit Russland, Frieden für Palästina, kein atomarer Holocaust
Zwei Pressekonferenzen mit US-Präsident Donald Trump
NRhZ 601 vom 22.02.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23567

12 US-"Kommunisten" und "junge Welt" unterstellen Trump, gefragt zu haben: „Warum sollten wir keine Atomwaffen einsetzen?“
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann in NRhZ 586 vom 02.11.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23251

13 Mit der Friedensbewegung Kräfte des Friedens und der Verständigung bekämpfen?
Vereint mit Kriegstreibern Trump zum Feindbild machen?
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann in NRhZ 601 vom 22.02.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23566

Online-Flyer Nr. 604  vom 15.03.2017

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