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Literatur
Erinnerung an einen wunderbaren Freund und Kollegen
Chapeau, Karl!
Von Angelika Hensgen
Nein. Nichts anderes fällt mir ein, als ich erfahre, dass Karl C. Fischer verstorben ist. Nein. Immerhin ist er 80 Jahre alt geworden. An seine Geburtstagsfeier in den Räumen der Arbeiterfotografie im letzten Frühling erinnern wir uns gut, rufen uns ins Gedächtnis, dass es ein gelungenes Fest war mit einem glücklichen Jubilar. Gemeinhin sagt man „ist doch ein gesegnetes Alter“, zumindest ab 80 aufwärts, die Hürde hat Karl ja genommen... aber das interessiert mich nicht. Ich vermisse ihn umgehend. Denn er war unverblümt. Gott sei Dank. Klar, manchmal regte sich die Mimose in mir, die ich von Geburt an bin und die ankündigte: jetzt könntest du beleidigt sein. Aber nein, das war nicht nötig bei Karl. Man musste das nur noch mal besprechen. Denn was Karl wollte, war aufrichtig. Und Aufrichtigkeit kommt manchmal in rauhen Tüchern daher. Oftmals schwingt auch die Angst des Aufrichtigen mit, seine Anliegen würden von vorneherein abgeschmettert, da muss man eben gleich den richtigen Ton anschlagen. Einen Ton, den er allerdings auch in anderen Zusammenhängen gerne lautbar machte. Er klingt Erasmus Schöfer noch heute in den Ohren.
Karl C. Fischer (Foto: arbeiterfotografie.com)
Erasmus, den ich auf der Beerdigung traf. Einige Jahre älter als Karl und ebenso betroffen wie ich. Darum trafen wir uns zu einer Tasse Tee, um Erinnerungen auszutauschen, um über Karl zu sprechen. Als Mitbegründer des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt in Köln (1971) hatte Erasmus Karl bereits in den 1970ger Jahren kennen gelernt. Karl war der erste Preisträger eines Schreibwettbewerbs des Werkkreises und überzeugte die Jury, die mit Trude Herr, Günter Wallraff und Dieter Wellershoff besetzt war. Regelmäßig erschien Karl zu den Werkstattgesprächen und Erasmus durchlebt noch rückblickend die schwierigen Auseinandersetzungen, wenn es um Textkritik ging. Karl hatte eine klare Vorstellung von seinen Texten und verteidigte diese Haltung vehement und mit überaus kräftiger Stimme. Ein gemeinsames Foto von Karl und Erasmus am Werkkreisstand auf dem Kölner Büchermarkt ziert den Einband von Schöfers Werkkreistextsammlung und dokumentiert diese intensive Zeit.
Karl C. Fischer mit dem Band "hoch die – kampf dem – 20 Jahre (Wild-)Plakate autonomer Bewegungen" (Foto: privat)
In den Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller Köln trat Karl C. Fischer 1996 ein, ich selbst drei Jahre später. Es ist erstaunlich, wie wenig Mitgliedschaften in ein und demselben Verband automatisch dazu führen, dass man sich gut kennenlernt. Der Kölner VS erfreut sich einer hohen Mitgliederzahl, allerdings ist es dort genau wie in anderen Fachbereichen, es gibt einen Vorstand und eine aktive Truppe, deren Zusammensetzung ständig Änderungen unterworfen ist. Was sich nicht änderte war Karls Haltung. Schon als Drucker leidenschaftlicher Gewerkschaftler, steckte er seine Energien weiter in das Engagement für eine Gesellschaft, die allen Menschen Freiheit, Gleichberechtigung und Solidarität gewährt. Ob mit Wort oder Tat. Ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen unterstützte er die verschiedenen Vorstände des Kölner VS von der Zeit seines Eintritts an bis zuletzt. Kein Weg war ihm zu viel, um Kooperationspartner oder Förderer für die Umsetzung unterschiedlichster Projekte zu gewinnen. Er war zuverlässiger Teilnehmer jeder 1. Mai Demonstration, 2016 gestaltete er zu diesem Anlass mit Mischi Steinbrück die „Chicago Show“ auf dem Hans-Böckler-Platz.
Seit 2015 finden regelmäßig im Herbst die Kölner Literaturtage des VS in Ver.di statt. Alle drei Veranstaltungsreihen begleitete Karl C. Fischer aktiv in der Vorbereitung und als Teilnehmer. Im Mittelpunkt seiner Präsentationen stand die Anklage gegen jeden Krieg, die kritische Auseinandersetzung und damit folgerichtige Ablehnung der Nukleartechnik und die Sorge um die Ressourcen der Welt, die von wenigen verschleudert vielen vorenthalten werden und am Ende für niemanden mehr reichen.
Selbstverständlich sind es unterschiedliche Erlebnisse, die Erasmus und meine Erinnerungen an Karl prägen, aber unser Gespräch machte besonders deutlich: Karl war unbeirrbar in seinem aufrechtem Gang. Chapeau, Karl, und danke!
Angelika Hensgen ist Vorsitzende des Verbands Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS), Bezirk Köln, in der DGB-Gewerkschaft ver.di.
Karl C. Fischer liest an seinem 80. Geburtstag am 23.4.2017 in der Galerie Arbeiterfotografie seinen Text "Weisser Jahrgang" - links: Karl C. Fischer - rechts: Angelika Hensgen (Foto: arbeiterfotografie.com)
Siehe dazu die Videoaufnahme:
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24531
https://www.youtube.com/watch?v=CAts8sL3Gd8
Siehe auch:
Zum Tod des Schriftstellers und Friedensutopisten Karl C. Fischer
Ach, Karl!
Von Michaela Steinbrück, Ralf Rohrmoser von Glasow und Anneliese Fikentscher
NRhZ 644 vom 24.01.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24525
Knights of Labor – Heraus zum ersten Mai!
Fiktive Reportage zum 1. Mai 1886 in Chicago Idee: Karl C. Fischer Manuskript: Mischi Steinbrück Vortrag: Mischi Steinbrück und Karl C. Fischer Veranstaltung des VS (Verband deutscher Schriftsteller) in ver.di am 1. Mai 2016 in Köln
www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22752
https://www.youtube.com/watch?v=UxlFOULifPU
Online-Flyer Nr. 645 vom 31.01.2018
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Literatur
Erinnerung an einen wunderbaren Freund und Kollegen
Chapeau, Karl!
Von Angelika Hensgen
Nein. Nichts anderes fällt mir ein, als ich erfahre, dass Karl C. Fischer verstorben ist. Nein. Immerhin ist er 80 Jahre alt geworden. An seine Geburtstagsfeier in den Räumen der Arbeiterfotografie im letzten Frühling erinnern wir uns gut, rufen uns ins Gedächtnis, dass es ein gelungenes Fest war mit einem glücklichen Jubilar. Gemeinhin sagt man „ist doch ein gesegnetes Alter“, zumindest ab 80 aufwärts, die Hürde hat Karl ja genommen... aber das interessiert mich nicht. Ich vermisse ihn umgehend. Denn er war unverblümt. Gott sei Dank. Klar, manchmal regte sich die Mimose in mir, die ich von Geburt an bin und die ankündigte: jetzt könntest du beleidigt sein. Aber nein, das war nicht nötig bei Karl. Man musste das nur noch mal besprechen. Denn was Karl wollte, war aufrichtig. Und Aufrichtigkeit kommt manchmal in rauhen Tüchern daher. Oftmals schwingt auch die Angst des Aufrichtigen mit, seine Anliegen würden von vorneherein abgeschmettert, da muss man eben gleich den richtigen Ton anschlagen. Einen Ton, den er allerdings auch in anderen Zusammenhängen gerne lautbar machte. Er klingt Erasmus Schöfer noch heute in den Ohren.
Karl C. Fischer (Foto: arbeiterfotografie.com)
Erasmus, den ich auf der Beerdigung traf. Einige Jahre älter als Karl und ebenso betroffen wie ich. Darum trafen wir uns zu einer Tasse Tee, um Erinnerungen auszutauschen, um über Karl zu sprechen. Als Mitbegründer des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt in Köln (1971) hatte Erasmus Karl bereits in den 1970ger Jahren kennen gelernt. Karl war der erste Preisträger eines Schreibwettbewerbs des Werkkreises und überzeugte die Jury, die mit Trude Herr, Günter Wallraff und Dieter Wellershoff besetzt war. Regelmäßig erschien Karl zu den Werkstattgesprächen und Erasmus durchlebt noch rückblickend die schwierigen Auseinandersetzungen, wenn es um Textkritik ging. Karl hatte eine klare Vorstellung von seinen Texten und verteidigte diese Haltung vehement und mit überaus kräftiger Stimme. Ein gemeinsames Foto von Karl und Erasmus am Werkkreisstand auf dem Kölner Büchermarkt ziert den Einband von Schöfers Werkkreistextsammlung und dokumentiert diese intensive Zeit.
Karl C. Fischer mit dem Band "hoch die – kampf dem – 20 Jahre (Wild-)Plakate autonomer Bewegungen" (Foto: privat)
In den Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller Köln trat Karl C. Fischer 1996 ein, ich selbst drei Jahre später. Es ist erstaunlich, wie wenig Mitgliedschaften in ein und demselben Verband automatisch dazu führen, dass man sich gut kennenlernt. Der Kölner VS erfreut sich einer hohen Mitgliederzahl, allerdings ist es dort genau wie in anderen Fachbereichen, es gibt einen Vorstand und eine aktive Truppe, deren Zusammensetzung ständig Änderungen unterworfen ist. Was sich nicht änderte war Karls Haltung. Schon als Drucker leidenschaftlicher Gewerkschaftler, steckte er seine Energien weiter in das Engagement für eine Gesellschaft, die allen Menschen Freiheit, Gleichberechtigung und Solidarität gewährt. Ob mit Wort oder Tat. Ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen unterstützte er die verschiedenen Vorstände des Kölner VS von der Zeit seines Eintritts an bis zuletzt. Kein Weg war ihm zu viel, um Kooperationspartner oder Förderer für die Umsetzung unterschiedlichster Projekte zu gewinnen. Er war zuverlässiger Teilnehmer jeder 1. Mai Demonstration, 2016 gestaltete er zu diesem Anlass mit Mischi Steinbrück die „Chicago Show“ auf dem Hans-Böckler-Platz.
Seit 2015 finden regelmäßig im Herbst die Kölner Literaturtage des VS in Ver.di statt. Alle drei Veranstaltungsreihen begleitete Karl C. Fischer aktiv in der Vorbereitung und als Teilnehmer. Im Mittelpunkt seiner Präsentationen stand die Anklage gegen jeden Krieg, die kritische Auseinandersetzung und damit folgerichtige Ablehnung der Nukleartechnik und die Sorge um die Ressourcen der Welt, die von wenigen verschleudert vielen vorenthalten werden und am Ende für niemanden mehr reichen.
Selbstverständlich sind es unterschiedliche Erlebnisse, die Erasmus und meine Erinnerungen an Karl prägen, aber unser Gespräch machte besonders deutlich: Karl war unbeirrbar in seinem aufrechtem Gang. Chapeau, Karl, und danke!
Angelika Hensgen ist Vorsitzende des Verbands Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS), Bezirk Köln, in der DGB-Gewerkschaft ver.di.
Karl C. Fischer liest an seinem 80. Geburtstag am 23.4.2017 in der Galerie Arbeiterfotografie seinen Text "Weisser Jahrgang" - links: Karl C. Fischer - rechts: Angelika Hensgen (Foto: arbeiterfotografie.com)
Siehe dazu die Videoaufnahme:
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24531
https://www.youtube.com/watch?v=CAts8sL3Gd8
Siehe auch:
Zum Tod des Schriftstellers und Friedensutopisten Karl C. Fischer
Ach, Karl!
Von Michaela Steinbrück, Ralf Rohrmoser von Glasow und Anneliese Fikentscher
NRhZ 644 vom 24.01.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24525
Knights of Labor – Heraus zum ersten Mai!
Fiktive Reportage zum 1. Mai 1886 in Chicago Idee: Karl C. Fischer Manuskript: Mischi Steinbrück Vortrag: Mischi Steinbrück und Karl C. Fischer Veranstaltung des VS (Verband deutscher Schriftsteller) in ver.di am 1. Mai 2016 in Köln
www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22752
https://www.youtube.com/watch?v=UxlFOULifPU
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