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Medien
Eine lockere Folge von Leserbriefen und Kommentaren
Hajos Einwürfe
Von Hajo Kahlke

Es ist ein Gespräch mit einer ukrainischen Roma-Vertreterin, die Berichterstattung über ein vor 50 Jahren entstandenes Foto von einer "Hinrichtung" in Vietnam, ein Gespräch von mit dem für die Demokratische Konföderation Nordsyrien arbeitenden Michael Wilk und ein Artikel mit dem Titel "Eine humanitäre Katastrophe", denen "Hajos Einwürfe" diesmal gewidmet sind. Die Neue Rheinische Zeitung versteht sich im Verbund mit der Vierteljahresschrift DAS KROKODIL als ein Forum, das zum Nachdenken anregen, eingefahrene, verkrustete Denkstrukturen aufbrechen bzw. der bewusst lancierten Desorientierung des Denkapparats – besonders der Linken – entgegenwirken will. Hajos kurze Texte sollen dazu ihren Beitrag leisten. Die Neue Rheinische Zeitung bringt deshalb in loser Folge von ihm verfasste Leserbriefe und Kommentare, die bei den Angeschriebenen nur selten das Licht der Öffentlichkeit erblicken.


Im und gegen den Osten eh alles erlaubt?

Das jW-Gespräch "Viele versuchen, ihre Herkunft zu verschleiern" mit einer ukrainischen Roma-Vertreterin stellt sich zunächst als eine weitere Variation der üblichen Anklage dar, wonach die vorurteilsgesteuerte Mehrheitsgesellschaft am schlechten Leben der Roma schuld ist. Das wirklich Wichtige kommt erst ganz am Schluss des Gesprächs, wo auf einmal von "Organisationen nationaler Minderheiten, wie Polen oder Deutsche" die Rede ist. Hoppla, Polen schon - aber DEUTSCHE als Minderheit in der Ukraine? Vielleicht schlicht ein unkorrigiert gebliebener Versprecher der Gesprächspartnerin? Leider nein.

Auch wenn Deutschlands notorischer Drang nach Osten sich mittlerweile vor allem auf Euro-chauvinistischer und atlantischer Grundlage betätigt, ist die gute alte Deutschtümelei und der bewährte Volkstumskampf dabei keineswegs verschwunden. Konkret sichtbar wird dies vor allem in der Erfindung, Schaffung und Finanzierung einschlägiger "deutscher Minderheiten" in den Ländern Osteuropas, wo immer Berlin denn ein paar Leute ausfindig machen kann, die irgendeinen, und sei es auch noch so entfernten und schwachen, Bezug zu Deutschland haben. Und so haben die deutschen Volkstumskämpfer dann auch in der Ukraine alsbald nach dem Ende der Sowjetunion eine "deutsche Minderheit" gesichtet und sich die Existenz dieser "Minderheit" von den willigen Ukrainern staatsoffiziell als solche attestieren lassen. Tatsächlich aber handelt es sich um lediglich 33.000 Personen, die in der Volkszählung von 2001 als Nationalität "Deutsch" angaben (den wichtigsten Grund dafür kann man sich leicht an seinen fünf Fingern ausrechnen) - bei einer Gesamtbevölkerung der Ukraine von nahezu 50 Millionen.

Der Punkt ist nun, dass 67,4% dieser "Deutschen" als ihre wirkliche ("erste") Muttersprache Russisch angaben, 22,1% Ukrainisch, und nur 12,2% Deutsch! (Zahlen aus "Deutsche Minderheit in der Ukraine" der "Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten in Föderative Union Europäischer Nationalitäten FUEN" [http://agdm.fuen.org/mx5-mitglied-85/ukraine/]). Die intensive Germanisierung dieser Personengruppe, der auch in der Ukraine eine besondere "Brückenfunktion" nach Deutschland zugedacht ist, durch entsprechende Vereinsgründungen, Sprachkurse, Freizeitangebote und Sozialunterstützungen, hat sich Berlin im Lauf der Jahre rund 40 Mio. Euro kosten lassen. Es fragt sich, weshalb die junge Welt, die ja deutsche Identität in Deutschland für etwas vielleicht Vorhandenes, aber auf jeden Fall Verfehltes hält, hier, wo es darum geht, dass in fremden Ländern, und bis tief in den östlichen Raum hinein, deutsche Identität künstlich hineingepflanzt wird, offenbar überhaupt nicht weiter reagiert hat. Liegt das vielleicht auch an der tief im Stammhirn des Westmenschen sitzenden Vorstellung, dass im und gegen den Osten eh alles erlaubt ist?

Leserbrief zu "Viele versuchen, ihre Herkunft zu verschleiern", Gespräch mit Tetjana Logwinjuk, junge Welt vom 9./10.12.2017


Wahrlich unsäglichst, diese Russen!

Der jW-Gespächspartner Michael Wilk spricht nicht nur im Jargon der Anti-Syrien-Kriegstreiber von "Assad-Regime", sondern bezeichnet auch noch Russlands Rolle in Syrien als "unsäglich". In der Sicht des Imperialismus und der zu seiner Hilfstruppe gewordenen YPG keineswegs zu unrecht. Ist es doch nicht zuletzt Russlands "Schuld", dass Syrien bislang nicht nach dem Muster Afghanistans, Iraks und Libyens zur Quasi-Kolonie de-emanzipiert werden konnte. Wenn aber der Imperialismus nun sein Maximalziel, die Entsouveränisierung und Rekolonisierung des ganzen Landes, nicht erreicht, will er dieses zumindest maximal parzelliert bzw. amputiert haben.

Einer solchen territorialen Zerstörung Syriens diente und dient die 2013 erfolgte vollständige Ausschaltung syrischer Staatlichkeit in den so genannten kurdischen Gebieten und dann deren großzügige 'Arrondierung'. Mit tatsächlicher Selbstverwaltung im wirklichen Sinn des Wortes und legitimer Selbstbestimmung im Rahmen des legalen Staates hat das notabene nichts zu tun. Es geht vielmehr um blanken Separatismus, um extreme Völkischkeit, gendermässig ein wenig aufgehübscht.

Nun will der Imperialismus jedoch mehr als das syrische Territorium nur zerteilen und zerstören; gemäß seinem Motto "Schaffen wir zwei-, drei-, viele tausend Guantanamos" will er vor allem auch direkt besetzen und besitzen. Diesbezüglich betätigte sich die YPG dann geradezu als Türöffner für den US-Aggressor, indem sie diesem gegen den erklärten Willen des syrischen Staates die Schaffung von mittlerweile 13 oder noch mehr Militär-Basen auf syrischem, allerdings YPG-kontrolliertem, Territorium ermöglichte. Und jetzt lehnen Russland und Syrien es doch tatsächlich ab, zugunsten der notorisch antisyrisch agierenden YPG nun Militäroperationen gegen eingedrungene türkische Aggressionstruppen zu beginnen, und die in anderen Landesteilen mühsamst erreichten, entscheidenden Fortschritte an Befreiung und Befriedung einfach wieder aufs Spiel zu setzen. Wahrlich unsäglichst, diese Russen!

Leserbrief zu "Die Bevölkerung Afrins greift zu den Waffen", Gespräch von Gitta Düperthal mit dem für die Demokratische Konföderation Nordsyrien arbeitenden Michael Wilk, junge Welt vom 30.1.2018


Gar nichts gelernt?

Sehr geehrte Damen und Herren, nein, es war nicht eines, sondern viele Bilder und bzw. viele Informationen waren es, die sich im Laufe der Jahre nicht länger unterdrücken liessen, und die dann schließlich auch im Westen den Menschen begreifbar machten, was für ein immenses Verbrechen ihre Führungsmacht in Indochina beging. Doch der Punkt ist ein anderer: Als ob sie im Nachhinein den völkermörderischen Krieg der USA gegen Vietnam nun noch einmal, wenigstens en detail, beschönigen und rechtfertigen will, erklärt die RNZ jene von einem Saigoner Marionetten-General vor laufender Kamera demonstrativ vollzogene Ermordung eines gefangenen FNL-Kämpfers per aufgesetztem Kopfschuss zu etwas Legalem, nämlich zu einer "Hinrichtung". Und obendrein bemüht sie sich im Artikel, das Opfer dieses abscheulichen Mordes mit kolportagehaften Behauptungen auch noch zu schmähen. Hat die RNZ hier denn gar nichts gelernt, oder schon wieder alles vergessen?

Leserbrief zu "Das Bild, das den Vietnamkrieg veränderte. Vor 50 Jahren schoss der amerikanische Fotograf Eddie Adams das Foto einer Hinrichtung - Die US-Politik geriet in die Defensive", Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) vom 01.02.2018


Völlig im Afrin-Kurden-Rausch?

Ist die junge Welt jetzt völlig im Afrin-Kurden-Rausch? Ist ihr denn nun jeder, der sich zugunsten der "international nicht anerkannten", in Wahrheit schlicht illegalen "Demokratischen Föderaration Nordsyrien (Rojava)" der kurdischen Separatisten und US-Militärbasen-Ermöglicher betätigt, als Bündnispartner willkommen? Jedenfalls bringt jW-Autorin Gitta Düperthal es fertig, über eine von der so genannten Internationalen Gesellschaft Für Menschenrechte (IGFM) veranstaltete und von der "Gesellschaft für bedrohte Völker" unterstützte Pressekonferenz 'Hilfe für Erdogans Opfer' ausführlich und zustimmend zu berichten, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, dass es sich hier um zwei notorische, erzrechte Propagandavereine handelt, die seit Jahrzehnten gegen nahezu jegliches fortschrittliche Land (seinerzeit auch gegen das sandinistische Nicaragua) bzw. für nahezu jegliche westliche Kriegsintervention (intensiv etwa in den 1990ern gegen Jugoslawien) Hetze und Stimmungsmache betreiben! Und sie hetzen nun weiter gegen China, Venezuela, Syrien,  Russland, etc. - kurzum gegen nahezu alles, was der Imperialismus nach Möglichkeit weghauen will. Warum nur macht sich die junge Welt hier zum Verlautbarungsorgan solch wunderbarer 'Menschenrechtsorganisationen'!?

Leserbrief zu "Eine humanitäre Katastrophe - Menschen aus Nordsyrien berichteten in Frankfurt am Main über Folgen der türkischen Aggression", von Gitta Düperthal in junge Welt vom 03.02.2018

Online-Flyer Nr. 646  vom 07.02.2018

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