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Globales
Merkels Abschiedsrede als Parteivorsitzende vor dem CDU-Parteitag
Beschämendes US-Vasallen-Schauspiel, aber höchste Zeit aufzuwachen!
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

In der CDU-Partei gibt es keine Aufklärung oder Klarheit darüber, wie willensmangelhaft und fehlerhaft die deutsche Einheit 1990/1991 zustande kam. Diese fehlende Klarheit und dieses fehlende Bewusstsein offenbart die letzte Rede von Angela Merkel als CDU-Parteivorsitzende am 7.12.2018, die sich völlig unangemessen verpflichtet fühlte, sich vor dem kürzlich verstorbenen George Bush Sr. zu verbeugen und ihn vor den CDU-Parteitagsdelegierten für seinen Beitrag zur deutschen Einheit zu loben. Nichts ist der US-Regierung von George Bush Sr. zu verdanken. Sie wollte eigentlich die Einheit verhindern und setzte letztendlich mit unerhörtem Druck die US-Bedingung dafür durch, dass das gesamte Deutschland an der NATO gefesselt blieb, was die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes der deutschen Bevölkerung gemäß Art.146 GG verhinderte. Warum müssen deutsche Politiker diesem anmaßenden Verhalten, dieser Erpressung, Respekt zeigen und sich dafür bedanken?

Gorbatschow, einziger Protagonist der deutschen Einheit, unerwähnt

Der russische Präsident Michail Gorbatschow, den Merkel in ihrer Parteitagsrede mit keiner Silbe erwähnt, ist der einzige Protagonist, der die deutsche Einheit ermöglichte, und zwar in der folgerichtigen Erwartung darauf, dass sich die Deutschen in Ausübung ihrer Selbstbestimmung von den US-Ketten befreien würden. Hohe US-Persönlichkeiten von damals erwarteten dieselbe logische Konsequenz.

Versuch der „Freunde“ in Washington, Paris und London, Einheit zu durchkreuzen

Den Prozess zur Einheit Deutschlands versuchte das Weiße Haus vom ersten Augenblick an wie auch London und Paris zu durchkreuzen und den Zusammenschluss beider deutscher Staaten zu verhindern. Schon in der Nacht der Grenzöffnung (8./9.11.1989) begab sich der US-Botschafter eiligst in die sowjetische Botschaft in Ost-Berlin, um für eine sowjetische Militärintervention zu werben, ja sein Gegenüber richtiggehend dazu anzustacheln. Ist dann George Bush Sr. ein Freund, dem zu trauen ist? Eine deutsche Einheit unter US-Druck und -Vormundschaft verlangt immer noch nach Befreiung, frei und fern von US-Einmischung. Das wird Befriedung und Souveränität bringen gemäß Art.146 GG, der  für eine vollkommene deutsche Einheit verfassungsmäßig anzuwenden ist.

CDU, ein Vasallen-Konglomerat von US-Gnaden?

Gegenüber den USA hat die Regierung Merkel nichts zu würdigen. Von Amerikas Verdienste um die deutsche Einheit und als Bündnispartner etwas zu äußern, ist völlig daneben, bodenlos unhaltbar und völlig falsch. Die deutsche Einheit ist unter dem gezielten Druck Washingtons zustande gekommen, Deutschland an die NATO zu fesseln. Damit hat Washington von Anfang an verhindert, dass alle Deutschen zusammen ihre Zukunft selbst bestimmten, wie es Art.146 des GG vorschreibt, wobei ein Ergebnis ohne Fremdbestimmung, ohne NATO zu erwarten war. Es ist auch bekannt, dass Washington die Einheit Deutschlands niemals förderte, sondern die Initiative kam aus Moskau unter dem russischen Präsidenten Michail Gorbatschow. Statt als wahrer Bündnispartner haben sich die USA als Feind Europas entblößt. Also gibt es nichts zu würdigen, nichts zu verdanken. Die Regierung Merkel weiß es, führende Politiker und Intellektuelle wissen es auch. CDU-Außenpolitiker mögen wie viele andere Illusionisten in ihrer Schimäre weiter schwärmen, aber es ist höchste Zeit aufzuwachen. Aber die CDU scheint weiterhin ein Vasallen-Konglomerat von US-Gnaden sein zu wollen, ohne Wahrnehmung der Souveränität und Würde der deutschen Bevölkerung.

Britische Finte: Geschehen aus Anlass der Unterzeichnung des Deutschlandvertrags ("Vier Plus Zwei")

Die geschichtlichen Fakten sollten die CDU eines Besseren belehren: Die so genannten Alliierten waren von Anfang an Feinde des vereinten Deutschlands. Auch das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland: Die britische Finte, den Einheitsvertrag in Moskau 1990 nicht zu unterzeichnen, die Einigung scheitern zu lassen und Moskau dafür zu beschuldigen, ist der Berliner Regierung bekannt. London hatte diese Finte sorgfältig orchestriert, um dann öffentlich der russischen Regierung die Schuld am eingefädelten Scheitern des Einheitsvertrages zuzuschieben.

Außenminister Hans-Dietrich Genscher durchschaute die Intrige und rettete den Einheitsvertrag („Vier Plus Zwei“) in Moskau. Die Süddeutsche Zeitung berichtete damals ausführlich über den intriganten Vorfall. Angesichts erneuter international in Szene gesetzter britischer Intrigen gegen Russland gilt es heute, mit Nachdruck daran zu erinnern:

Konkretes Indiz eines hegemonialen Anspruchs, der das politisch-militärische Instrument der NATO ausnutzt, war das unerwartete Geschehen aus Anlass der Unterzeichnung des Deutschlandvertrags ("Vier Plus Zwei") in Moskau 1990. Die Briten legten sich in letzter Minute quer. Ihre damalige Regierung unter Margaret Thatcher bestand darauf, dass nach dem Abzug der sowjetischen Truppen die Stationierung von NATO- oder britischen Streitkräfte zusammen mit Manövern und der Lagerung von Atomwaffen auf dem Territorium der damaligen DDR erlaubt sein müssten. Auf diese auf Zeitgewinn und Verhinderung der deutschen Einheit gerichtete unerwartete Forderung in bekannter britischer Überraschungstaktik reagierte der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher sofort. Er erklärte seinem britischen Kollegen sehr deutlich, dass Deutschland den Vertrag unterschreiben würde, so wie er ausgehandelt war, nämlich ohne Ermächtigung für irgendwelche militärische Expansion alliierter oder NATO-Verbände auf das Territorium der alten DDR. Der deutsche Außenminister hatte sogar seinen amerikanischen Kollegen James Baker jene Nacht aus dem Bett gezogen, um seinen Entschluss klarzustellen. James Baker hatte jedoch – wohl vorsorglich - eine Schlaftablette genommen, um tief und fest zu schlafen. Nichtsdestotrotz wurde er von Genscher zwangsläufig geweckt. Genscher riskierte die Unterschriftsweigerung des britischen Königreichs, aber er wusste, die britische Intransigenz ließe sich dann offen vor der Weltpresse zeigen, denn die anderen Verhandlungsparteien hatten ihre Bereitschaft zur Unterzeichnung bekundet (SZ-Meldung vom 14.9.1990).

Kein Vertrauen Russlands in den Westen

Fast drei Jahrzehnte sind vergangen. Anstatt Abrüstung erleben wir das Gegenteil und die Ausdehnung der NATO in die Sphäre des einstigen Warschauer Paktes bis an die Grenzen Russlands. Ein unverantwortlicher und destabilisierender Entschluss, der die Vertrauensbasis zerstört, die aufgrund internationaler Verträge gewonnen wurde. Es ist deshalb völlig verständlich, dass Präsident Wladimir Putin und seine gesamte Regierung kein Vertrauen in den Westen hat.

Und die CDU-Delegierten spenden Merkel den längsten Beifall während ihrer Abschiedsrede als Parteivorsitzende, als sie mit Dankes- und Lobesworten auf die Rolle von Bush bei der deutschen Einheit eingeht. Was für ein beschämendes US-Vasallen-Schauspiel!


Verfasst am 7.12.2018

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 686  vom 12.12.2018

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