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Krieg und Frieden
Alles Theater
Auf dem Amselfeld
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Um die Amselfeldrede, die Serbiens Präsident Slobodan Milosevic am 28. Juni 1989 gehalten hat, ist die Aufregung groß. Hier zeige sich Milosevics nationalistisches Denken, hier offenbare sich sein Ziel, ein ethnisch reines Großserbien zu schaffen. Das sind gravierende Vorwürfe. Für eine Persönlichkeit, die ein würdiger, gehorsamer Handlanger eines Imperiums sein will, ist das ein gefundenes Fressen. Da gilt es zuzuschlagen, zumal wenn ein Krieg in der Luft liegt. Rudolf Scharping, Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland, schreibt in seinem Buch "Wir dürfen nicht wegsehen", Berlin 1999: „Am 28. Juni (1989)...waren über eine Million Serben versammelt, um auf dem Amselfeld im Kosovo des 600. Jahrestages jener Schlacht zu gedenken, die im Denken und Fühlen der Serben identitätsstiftende, fast mystische Bedeutung hat... An diesem Tag sprach Milosevic von 'Großserbien' und davon, daß dieses Land ein ethnisch reines sein solle.“
Doch stimmt das? Die Antwort ist für diejenigen, die des Lesens mächtig sind, schnell gefunden. Tatsächlich sagte Slobodan Milosevic, Präsident Serbiens, am 28. Juni 1989 auf dem Amselfeld (Kosovo): „Niemals in der Geschichte war Serbien nur von Serben bewohnt. Heute mehr als jemals zuvor leben hier Bürger aller ethnischen und nationalen Gruppen. Dies ist kein Handikap für das Land. Ich bin aufrichtig davon überzeugt, daß dies sein Vorzug ist. In diesem Sinne ändert sich die nationale Zusammensetzung fast aller und besonders der entwickelten Länder der gegenwärtigen Welt. Immer mehr und immer erfolgreicher leben Bürger verschiedener Nationalitäten, unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Rassen zusammen.“
Und weiter: „Jugoslawien ist eine multinationale Einheit und kann nur überleben, wenn völlige Gleichberechtigung zwischen allen im Land lebenden Nationen hergestellt wird. Die Krise, die Jugoslawien getroffen hat, hat sowohl nationale als auch soziale, kulturelle und religiöse Zwietracht hervorgebracht. Dabei ist der Nationalismus das schlimmste Problem. Ihn zu überwinden ist die Voraussetzung dafür, die anderen Mißstände zu beseitigen und die Konsequenzen zu mildern, die der Nationalismus hervorgebracht hat.“
Weder in den hier wiedergegebenen Zitaten noch sonst in der Rede gibt es Formulierungen, die das Wort "Großserbien" enthielten, ein "Großserbien" zum Ziel erklären oder den multi-ethnischen Charakter Serbiens und der Bundesrepublik Jugoslawien in Frage stellen würden. Im Gegenteil!
Was aus dem Blickwinkel der NATO das störende Element eines Jugoslawien mit dem Präsidenten Slobodan Milosevic an der Spitze darstellt, wird ansatzweise in folgendem Satz deutlich: „Im besonderen Maße soll der Sozialismus als eine progressive, demokratische Gesellschaft die Menschen zusammenführen und dazu beitragen, deren Trennung nach nationaler oder religiöser Zugehörigkeit zu überbrücken.“
Ein Land, das sich nach der weitgehenden Beseitigung des sowjetischen Machtbereichs dem Sozialismus verpflichtet fühlt, hat aus dem Blickwinkel der NATO keinen Platz mehr auf dieser Welt und ist als Fremdkörper zu betrachten, den es zu beseitigen gilt. Krieg liegt in der Luft. Und der 24. März 1999 ließ nicht lange auf sich warten. Es war der Tag, an dem ein kapitales Kriegsverbrechen begonnen, der Tag, an dem die NATO ihren völkerrechtswidrigen Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien gestartet hat – die Infrastruktur des Landes zerstörend, das Land durch den Einsatz von abgereichertem Uran radioaktiv und durch das Bombardieren von Chemiewerken chemisch verseuchend.
Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 28 (März 2019) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.
Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/
Siehe auch:
Letztes Gespräch mit dem ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien vor dessen Verhaftung – geführt im März 2001
Never give up – Niemals aufgeben
Fulvio Grimaldi im Gespräch mit Slobodan Milosevic (aus dem Italienischen von Hajo Kahlke)
NRhZ 701 vom 17.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25819
Online-Flyer Nr. 703 vom 01.05.2019
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Krieg und Frieden
Alles Theater
Auf dem Amselfeld
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Um die Amselfeldrede, die Serbiens Präsident Slobodan Milosevic am 28. Juni 1989 gehalten hat, ist die Aufregung groß. Hier zeige sich Milosevics nationalistisches Denken, hier offenbare sich sein Ziel, ein ethnisch reines Großserbien zu schaffen. Das sind gravierende Vorwürfe. Für eine Persönlichkeit, die ein würdiger, gehorsamer Handlanger eines Imperiums sein will, ist das ein gefundenes Fressen. Da gilt es zuzuschlagen, zumal wenn ein Krieg in der Luft liegt. Rudolf Scharping, Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland, schreibt in seinem Buch "Wir dürfen nicht wegsehen", Berlin 1999: „Am 28. Juni (1989)...waren über eine Million Serben versammelt, um auf dem Amselfeld im Kosovo des 600. Jahrestages jener Schlacht zu gedenken, die im Denken und Fühlen der Serben identitätsstiftende, fast mystische Bedeutung hat... An diesem Tag sprach Milosevic von 'Großserbien' und davon, daß dieses Land ein ethnisch reines sein solle.“
Doch stimmt das? Die Antwort ist für diejenigen, die des Lesens mächtig sind, schnell gefunden. Tatsächlich sagte Slobodan Milosevic, Präsident Serbiens, am 28. Juni 1989 auf dem Amselfeld (Kosovo): „Niemals in der Geschichte war Serbien nur von Serben bewohnt. Heute mehr als jemals zuvor leben hier Bürger aller ethnischen und nationalen Gruppen. Dies ist kein Handikap für das Land. Ich bin aufrichtig davon überzeugt, daß dies sein Vorzug ist. In diesem Sinne ändert sich die nationale Zusammensetzung fast aller und besonders der entwickelten Länder der gegenwärtigen Welt. Immer mehr und immer erfolgreicher leben Bürger verschiedener Nationalitäten, unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Rassen zusammen.“
Und weiter: „Jugoslawien ist eine multinationale Einheit und kann nur überleben, wenn völlige Gleichberechtigung zwischen allen im Land lebenden Nationen hergestellt wird. Die Krise, die Jugoslawien getroffen hat, hat sowohl nationale als auch soziale, kulturelle und religiöse Zwietracht hervorgebracht. Dabei ist der Nationalismus das schlimmste Problem. Ihn zu überwinden ist die Voraussetzung dafür, die anderen Mißstände zu beseitigen und die Konsequenzen zu mildern, die der Nationalismus hervorgebracht hat.“
Weder in den hier wiedergegebenen Zitaten noch sonst in der Rede gibt es Formulierungen, die das Wort "Großserbien" enthielten, ein "Großserbien" zum Ziel erklären oder den multi-ethnischen Charakter Serbiens und der Bundesrepublik Jugoslawien in Frage stellen würden. Im Gegenteil!
Was aus dem Blickwinkel der NATO das störende Element eines Jugoslawien mit dem Präsidenten Slobodan Milosevic an der Spitze darstellt, wird ansatzweise in folgendem Satz deutlich: „Im besonderen Maße soll der Sozialismus als eine progressive, demokratische Gesellschaft die Menschen zusammenführen und dazu beitragen, deren Trennung nach nationaler oder religiöser Zugehörigkeit zu überbrücken.“
Ein Land, das sich nach der weitgehenden Beseitigung des sowjetischen Machtbereichs dem Sozialismus verpflichtet fühlt, hat aus dem Blickwinkel der NATO keinen Platz mehr auf dieser Welt und ist als Fremdkörper zu betrachten, den es zu beseitigen gilt. Krieg liegt in der Luft. Und der 24. März 1999 ließ nicht lange auf sich warten. Es war der Tag, an dem ein kapitales Kriegsverbrechen begonnen, der Tag, an dem die NATO ihren völkerrechtswidrigen Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien gestartet hat – die Infrastruktur des Landes zerstörend, das Land durch den Einsatz von abgereichertem Uran radioaktiv und durch das Bombardieren von Chemiewerken chemisch verseuchend.
Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 28 (März 2019) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.
Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/
Siehe auch:
Letztes Gespräch mit dem ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien vor dessen Verhaftung – geführt im März 2001
Never give up – Niemals aufgeben
Fulvio Grimaldi im Gespräch mit Slobodan Milosevic (aus dem Italienischen von Hajo Kahlke)
NRhZ 701 vom 17.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25819
Online-Flyer Nr. 703 vom 01.05.2019
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