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Globales
"Bericht aus Übersee - die USA und ihr Hinterhof Lateinamerika" mit Dr. Natalie Benelli
Ein gigantisches Verbrechen an der Menschheit!
Von Markus Heizmann, Bündnis gegen den imperialistischen Krieg, Basel

Eine Veranstaltung in Basel am 8. Mai 2019, ausgerichtet von VSC (Vereinigung Schweiz-Cuba) (1) versuchte Licht in die Verhältnisse in und um Venezuela zu bringen. Natalie Benelli, Soziologin und Mitglied von ALBA Suiza (2) und der VSC referierte über die aktuelle Situation Venezuela. Ihr Referat gliederte sich in drei, bzw. vier Teile: Einen historischen Rückblick auf die Region im Allgemeinen und auf Venezuela im Speziellen mit einer besonderen Würdigung der Monroe-Doktrin, einer Betrachtung des Medienkrieges gegen Venezuela, eine Würdigung der aktuellen Situation und einer Frage / Diskussionsrunde mit dem Publikum. Für die LeserInnen der NRhZ hier eine kurze Zusammenfassung des Abends:

Die Monroe-Doktrin und der Medienterror

Die Monroe-Doktrin geht auf die Rede zur Lage der Nation vom Dezember 1823 zurück. Der damalige US-Präsident James Monroe entwarf darin die langfristigen Grundzüge der US Außenpolitik. Vordergründig handelt es sich bei der Monroe-Doktrin um eine Doktrin, mit welcher der kolonialen Einmischung der europäischen Mächte eine Absage erteilt wird. „Amerika den Amerikanern“ war die Losung. Jedoch auch die arrogante Behauptung, dass die beiden amerikanischen Kontinente zum „Einflussbereich der Vereinigten Staaten von Amerika gehören“ ist ein wesentlicher, wahrscheinlich der wesentliche Teil der Doktrin. Nicht umsonst empfahl jüngst Präsident Nicolas Maduro den Soldaten und Offizieren der Armee in Venezuela die Lektüre der Monroe-Doktrin, „Damit ihr wisst, womit ihr es zu tun habt“.


VSC-Veranstaltung in Basel am 8. Mai 2019 (Foto: Samuel Wanitsch)

Es ist wenig erstaunlich, dass die USA heute unter Trump, Bolton und Konsorten die eigentlich längst tot geglaubte Monroe-Doktrin versuchen zu reanimieren. (3) Ziel dieser Politik ist es, die USA zum uneingeschränkten Herrscher über ihren so genannten „Hinterhof“ zu machen. Widerstand dagegen soll – vor allem im eigenen Land und in den mit den USA alliierten Ländern erst gar nicht entstehen.

Verhindert wird dieser Widerstand vor allem durch die fast durchgehende Herrschaft der imperialistischen Medien. Kaum eine Publikation hat noch eigene KorrespondentInnen vor Ort – nicht in Venezuela und nicht an anderen Brennpunkten des öffentlichen Interesses. Stattdessen werden die Neuigkeiten von Agenturen gekauft. Namentlich handelt es sich dabei hauptsächlich um drei global agierende Agenturen: AP (associated press) Reuters und AFP (agence france-presse).

Tatsächlich schreiben also die Agenturen der einzelnen Länder, die Presserzeugnisse, die Radio- und TV-Stationen, mit einem Wort, die Medien des Westens von diesen drei Agenturen und voneinander ab! Dass diese Agenturen keineswegs neutral berichten, erleben wir täglich. Eine der Antworten auf diese globale Hirnwäsche gab die „Caracas Deklaration“ bereits im Jahr 2009: Medienschaffende aus ganz Südamerika bezeichnen die Agenda des imperialistischen Journalismus als Medienterror. Die Caracas-Deklaration ruft JournalistInnen, StudentInnen und all diejenigen, welche die Wahrheit achten, auf, sich gegen den Medienterror zu wehren und alternative Medienorganisationen aufzubauen, die der Wahrheit und den Interessen der Mehrheit - Arme und Arbeitende Menschen in unserer Nation und der Welt - dienen. (4)

Dies ist selbstverständlich ein mehr als berechtigtes Anliegen und wird mittlerweile mindestens teilweise umgesetzt. Seien es staatliche oder halb staatliche Stationen wie TeleSur, Russia Today oder PressTV, seien es kleinere, fast schon Nischenprodukte, Blogs, Webseiten oder nur schon Gespräche mit Nachbarn, Bekannten, FreundInnen und GenossInnen, bei denen wir dem gängigen imperialistischen Narrativ widersprechen: Die Halbwahrheiten und Lügen sind mittlerweile in weiten Kreisen der Bevölkerung ein Thema. Gleichwohl beklagt die Referentin, dass man in der Debatte oft schon zum vornherein disqualifiziert werde, wenn man zum Beispiel Russia Today oder TeleSur als Quelle nennen würde, denn dies – so die oft gehörte Gegenrede – seien Propagandamedien. Als ob die westliche Kriegshetze keine Propaganda sei!

Für Süd- und Mittelamerika und für die Länder der Karibik kommt die große Gefahr natürlich aus dem Norden, aus den USA. Die EU als Verbündeter der USA wird zwar als Gegner wahrgenommen, denn es ist die EU, welche allen voran, die US-Embargos mitvollzieht:: Gegen Länder, die sich den hegemonialen Ansprüchen der USA widersetzen und die auf ihrer Souveränität beharren. Das hingegen wusste schon Simon Bolivar, sagte er doch schon 1829: „Die Vereinigten Staaten scheinen von der Vorsehung dazu auserkoren zu sein, Südamerika im Namen der Freiheit ins Elend zu stürzen“.

Venezuela Heute

Heute ist Venezuela keineswegs sicher. Wohl kann gesagt werden, dass der Putsch der US Marionette Juan Guaido gescheitert ist. Gleichwohl wird dieser sowohl von den USA, als auch von diversen EU Regierungen als „Präsident“ Venezuelas anerkannt. Das widerspricht sowohl der Verfassung von Venezuela als auch internationalem Recht. Weiterhin wird mit allen Mitteln auf einen regime change in Venezuela hingearbeitet. Nebst militärischen Drohgebärden (die durchaus ernst zu nehmen sind) wird seitens des Imperialismus das Volk von Venezuela vor allem mit dem Mittel des Embargos in Geiselhaft genommen. Wir reden hier, analog zu anderen von Embargos betroffenen Ländern, genannt seien Iran, Syrien oder Kuba, von Milliarden Dollarbeträgen, die den betroffenen Völkern geraubt werden.

Ebenso wie in Syrien hat sich der Lebensstandard der Menschen auch in Venezuela massiv verschlechtert. Dies vor allem deswegen, weil auch und vor allem der Kapitalfluss vom Embargo betroffenen ist. Dies zerstört die Landeswährung und verteuert die Dinge des täglichen Bedarfs, vor allem Medikamente und Lebensmittel sind davon betroffen. Eine andere Parallele zu Syrien wird klar: Ebenso wie in Syrien versucht auch in Venezuela die Regierung alles in ihrer Macht stehende um die Folgen des Embargos so effektiv wir möglich zu mindern. So entlarvt Natalie Benelli die oft kolportierte Geschichte vom „Volk Venezuelas, das Hunger leidet“ als eine weitere westliche Medienlüge. Natürlich werden die wahren Auswirkungen der Embargos der westlichen Öffentlichkeit wo immer möglich verschwiegen. Wer will schon hören, dass unter dieser Politik hauptsächlich die Ärmsten, die Kranken und Kinder leiden? Wenn es gar nicht mehr anders geht, werden Gründe für das Embargo an den Haaren herbei gezogen. „Venezuela sei eine Diktatur, Nicolas Maduro sei ein Diktator“ wird immer wieder berichtet, dies trotz der Tatsache, dass in Venezuela regelmässig Wahlen stattfinden und die Regierung Venezuelas zahlreiche Regierungen, Staatenbündnisse und internationale Organisationen zur Wahlbeobachtung einlädt und diese Delegationen immer wieder attestieren, dass diese Wahlen frei und fair sind.

Insbesondere das Carter-Center, eine Stiftung des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter, bestätigt, dass Venezuela eines der sichersten Wahlsysteme weltweit hat. (5) Demgegenüber künden die USA und die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) immer wieder an, das Ergebnis der Abstimmungen nicht zu anzuerkennen. Präsident Maduros Aufruf zur Wahl einer verfassunggebenden Versammlung am 1. Mai 2017 hat die Straßenkämpfe in Venezuela so gut wie beendet. Obwohl die Opposition zum Boykott der Wahlen aufrief, nahmen am 30. Juli 2017 acht Millionen VenezolanerInnen daran teil und wählten ihre 545 Abgeordneten. Die Wahl der verfassungsgebenden Versammlung stärkte die Demokratie in Venezuela, und nun wäre eigentlich der Weg für einen konstruktiven Dialog zwischen Regierung und Opposition offen gewesen. Bis heute verweigert die Opposition diesen Dialog. Zusätzlich dazu haben die USA und ihre Verbündeten das Embargo intensiviert. Auch dies wieder analog zur Situation in Syrien, auch dort verweigert die bewaffnete Opposition auf Geheiss der USA den Dialog mit dem syrischen Ministerium für Versöhnung.

Gemeinsamkeiten

Die Parallelen zu anderen vom Imperialismus angegriffenen Ländern sind in der Tat offensichtlich: Ein Präsident wird dämonisiert, eine Opposition wird hochgejubelt, aufgestachelt, finanziert und bewaffnet, ein Volk wird mittels Embargo in Geiselhaft genommen. Dies wird von den Medien nicht als das benannt, was es in Tat und Wahrheit ist: Raubrittertum, Ausplünderung, Krieg bis hin zum Genozid, mit einem Wort: Ein gigantisches Verbrechen an der Menschheit!

Nein diese Ungeheuerlichkeiten werden im Namen der Demokratie und der Menschenrechte begangen. Wir alle, die wir dazu schweigen, machen uns mitschuldig!

Wir erkennen jedoch auch andere, hoffnungsvollere Parallelen: Natalie Benelli bestätigte den TeilnehmerInnen der Veranstaltung auf Anfrage, dass die Süd-Süd Kooperation in Venezuela ebenso wie in Syrien intakt ist. Genau das konnten wir auch bei unserem Besuch in Damaskus anlässlich der damals stattfindenden internationalen Baumesse im Jahr 2018 feststellen. (6)

Kuba trotzt dem grossen Nachbarn im Norden seit nunmehr 60 Jahren und beweist der Welt damit, dass der Widerstand gegen den Imperialismus nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich sein kann. Die Gefahr, die von imperialistischen Penetrationen ausgeht, fächert sich stets in viele Gefahren auf: Militärisch, wirtschaftlich, jedoch auch kulturell lassen die imperialistischen Staaten, die USA, Europa und Israel, nichts aus, um den Ländern, die ihre Souveränität bewahren wollen, den größtmöglichen Schaden zuzufügen.

Hoffnung

Der Gewinn, den wir alle aus dieser und aus ähnlichen Veranstaltungen ziehen ist enorm: Wir lernen, dass wir nicht allein sind, wir lernen, dass wir uns mit allen, die sich dem Imperialismus widersetzen vereinen können und sollen. Wir lernen, dass Solidarität keine leere Worthülse ist, sondern in der Tat die Zärtlichkeit der Völker. Anderenfalls könnten angegriffene Staaten wohl kaum überleben. Tatsächlich überleben sozialistische Gesellschaften nicht nur, sie prosperieren und wachsen, Voraussetzung dazu ist allerdings eine friedliche Entwicklung, Aggressionen und Attacken von außen hemmen diese guten Initiativen, im schlimmsten Fall werden sie zerstört. Die USA, die NATO und die EU bedrohen nicht nur Länder wie Venezuela, Syrien und andere. Auch ihre so genannten „Verbündeten“ werden mit Strafen und Sanktionen bedroht, falls sie sich dem Diktat ihrer Herren nicht fügen. Was für Verbündete sollen das sein, die nur unter Androhung von Wirtschafts- und anderen Sanktionen bei der Stange gehalten werden können? Einmal mehr bewahrheitet sich ein Wort von Mao Ze Tong: „Der Imperialismus und alle Reaktionäre sind Papiertiger“. (7)

Wenn wir dies erkennen, dann ist der Weg frei, hin zu einer freien, emanzipierten sozialistischen und friedlichen Welt. Nichts außer unser eigenes Bewusstsein hält uns auf.


VSC-Veranstaltung in Basel am 8. Mai 2019 (Foto: Samuel Wanitsch)


Fußnoten:

1 https://www.cuba-si.ch/de/
2 http://www.albasuiza.org/de/
(ALBA SUIZA ist Teil der linken und antiimperialistischen Bewegungen)
3 https://www.heise.de/tp/features/USA-kehren-nun-auch-offiziell-zur-Monroe-Doktrin-zurueck-4405302.html
4 Collective Endeavor, Volume 23, Issue 1, Winter 2019
5 https://www.cartercenter.org/about/index.html
6 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25375&css=print
7 https://maoistdazibao.wordpress.com/2015/07/19/der-imperialismus-und-alle-reaktionaere-sind-papiertiger/

Online-Flyer Nr. 705  vom 15.05.2019

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