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Inland
Replik auf das Münchener "Linke Bündnis gegen Antisemitismus" (LBGA)
In der "Hauptstadt der Bewegung" gegen die BDS-Bewegung
Von Jürgen Jung
„Ein neues Gespenst geht um in Europa: das ist der Antisemitismus-Vorwurf.“ (1) Er stelle „uns Europäer, insbesondere Deutsche, unter Generalverdacht und ruft im Stil der McCarthy-Ära zu einer Hexenjagd auf jeden auf“, der die Politik Israels nicht unterstütze, und denunziere ihn als Antisemiten. So zitiert die SZ (am 24.6.2019, S. 9) die Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 2018, die Kulturwissenschaftler Jan und Aleida Assmann. Und sie fahren fort: „Die wahren Freunde Israels werden es sich nicht verbieten lassen, die Entwicklungen in diesem Land... gelegentlich auch einmal mit kritischer Sorge zu beobachten.“
Das, was für die Assmanns Anlass zu „kritischer Sorge“ ist, dürfte auch dazu geführt haben, dass Daniel Barenboim „sich heute schämt, ein Israeli zu sein“ – so die Überschrift eines Artikels in der israelischen Tageszeitung ‚Haaretz‘ vom 22.7.2018 (2), in dem er scharf kritisiert, dass das kurz zuvor in Israel verabschiedete Nationalstaatsgesetz „den Grundsatz der Gleichheit und universeller Werte durch Nationalismus und Rassismus ersetzt“. Es bestätige „den Rang der arabischen Bevölkerung als Bürger zweiter Klasse... Es ist daher eine sehr klare Form der Apartheid.“
Überraschenderweise war es der israelische Ministerpräsident Netanyahu, der dies indirekt bestätigte, als er am 10.3.2019 auf Facebook schrieb: „Israel ist nicht das Land sämtlicher Bürger. Nach Verabschiedung des Nationalstaats-Gesetzes ist Israel der Nationalstaat der jüdischen Nation – und nur dieser allein“. (3)
Es ist genau dieser hier notgedrungen nur angerissene empirische Zusammenhang der ethno-nationalistischen, der rassistischen und apartheidähnlichen Politik Israels, der Entstehungsbedingung der Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestment and Sanctions) war und ihre wesentlichen Ziele und Forderungen bestimmt: Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung, Gleichheit für die palästinensischen Bürger des Landes und das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge, wie in UNO-Resolution 194 festgelegt.
Dies letztere ihnen verwehren zu wollen und gleichzeitig allen Juden auf der Welt zuzugestehen, in Israel einzuwandern, ist nicht nur eine schwerwiegende Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, sondern weiterer Ausdruck der bereits herrschenden Apartheid.
Der wohlgemerkt ausdrücklich friedliche Kampf der BDS-Bewegung gegen diese für die Palästinenser höchst repressive Realität wird von den falschen Israelfreunden als „antisemitisch“ verleumdet, wobei sie es sich zumeist gestatten, die Wirklichkeit im Nahen Osten – und auch hierzulande – zu übersehen und/oder ideologisch zu verzerren.
Fakten und Argumente zu BDS zusammentragen?
Obwohl die hier problematisierte ‚Broschüre‘ (4) des ’Linken Bündnisses gegen Antisemitismus München’ (LBGA) „Fakten und Argumente zu BDS zusammentragen“ möchte, beginnt die Ideologisierung schon mit dem ersten Satz, wo behauptet wird, dass die BDS-Bewegung „gegen Israel“ gerichtet sei, obwohl sie sich mitnichten gegen Israel, sondern gegen dessen Politik wendet. Und wie selbstverständlich wird das, was ja wohl erst nachgewiesen werden sollte, nämlich der „antisemitische Charakter“ von BDS, postuliert, obwohl sich die Bewegung klar und eindeutig gegen jeden Antisemitismus ausspricht.
Cover der LBGA-Broschüre
Ihr Ursprung wird da im Wesentlichen datiert auf die Konferenz in Durban (Südafrika) von 2001 mit ihrem Aufruf zum Boykott Israels, aber dass sich auch in Israel selbst bereits vor der Jahrtausendwende eine Boykott-Bewegung (‚Boycott from Within‘) entwickelt hatte, betrieben etwa von ICAHD [dem Israeli Committee Against House Demolitions] und seinem Vorsitzenden, dem Anthropologen Prof. Jeff Halper (5), ist den Verfassern der Broschüre anscheinend nicht bekannt oder es wird beschwiegen. ICAHDs Boykottaufruf „zur Herbeiführung eines gerechten Friedens für alle Völker der Region“ wurde schließlich im Januar 2005, ein halbes Jahr vor dem der Palästinensischen Zivilbewegung, veröffentlicht.
Nun sehen sich die Gegner von BDS mit der für sie höchst unangenehmen Tatsache konfrontiert, dass es nicht nur vereinzelte Stimmen im Judentum gibt, vorzugsweise „jüdische Selbsthasser“ genannt, die sich – ganz abgesehen von religiösen Strömungen – keineswegs identifizieren mit dem Israel durchwirkenden ethno-nationalistischen Zionismus.
In einer Haaretz-Umfrage von 2018 waren 56 Prozent der Israelis der Ansicht, dass sie das „auserwählte Volk“ seien. Bei den sich selbst als „rechts“ Verstehenden sind es 79 Prozent. Gideon Levy allerdings, Autor des diesbezüglichen Artikels vom 15.9.2018 (6), ist der Meinung, dass eine Besatzungsmacht, die seit über 50 Jahren ein anderes Volk unterdrückt, kein auserwähltes Volk sein könne. Für ihn ist diese Vorstellung so etwas wie eine kollektive Psychose, die eine Gefahr nicht nur für die Israelis selbst, sondern v.a. auch für ihre Nachbarn darstelle. Kürzlich erst musste der israelische Generalstabschef Gadi Eisenkot einräumen, dass Israels Armee in den vergangenen Jahren „Tausende Ziele“ angegriffen habe [SZ, 26.8.2019, S. 4].
Aber zionismuskritische, vorwiegend linke (!) Stimmen wie die Gideon Levys stehen in Israel unter dem Generalverdacht des Vaterlandsverrats und werden zumeist - hierzulande ohnehin – nicht zur Kenntnis genommen, oder ihre wissenschaftlichen Befunde werden als „umstritten“ in Frage gestellt.
So weist das LBGA auf das Abschlussdokument von Durban hin, in dem Israel – so empören sich die Autoren der Broschüre –„eine Apartheidpolitik, ein Genozid und ethnische Säuberungen an der arabischen Bevölkerung“ vorgeworfen werde, womit die Resolution sich vermutlich der „antisemitischen Delegitimierung“ Israels schuldig macht.
Für den durchaus problematischen Begriff „Genozid“ hat der israelische Soziologe Baruch Kimmerling zur Präzisierung den Begriff „Politizid“ vorgeschlagen, worunter er die kontinuierliche Vernichtung des palästinensischen Volkes als nationale Einheit, als "soziale, politische und wirtschaftliche Größe" versteht.
Der Vorwurf der „Apartheidpolitik“ ist allerdings sehr wohl stichhaltig und durch etliche Untersuchungen genauestens belegt. Zu nennen wäre – als ein Beispiel von vielen – die von der „Economic and Social Commission for Western Asia“ (einer Unterorganisation der UNO) vorgelegte Studie: „Israeli Practices towards the Palestinian People and the Question of Apartheid“ von 2017. Erarbeitet wurde sie vom jüdisch-amerikanischen Völkerrechtler Richard Falk (7) und der Apartheid-erfahrenen amerikanischen Politologin Virginia Tilley (8). Da wird auf etwa 70 Seiten detailliert nachgewiesen, inwiefern Israel durchaus ein rassistischer Apartheidstaat ist. Abschließend werden der internationalen Zivilgesellschaft BDS-Initiativen angeraten. (9)
Im übrigen hatte schon am 29.12.2011 der ehemalige israelische Botschafter in Südafrika, Alon Liel, eine Außenansicht in der SZ (auf S. 2) verfasst unter dem bezeichnenden Titel: „Wie einst in Südafrika“.
Und der renommierte israelische Historiker Avi Shlaim – bis zu seiner Emeritierung jahrzehntelang Professor für Internationale Politik in Oxford, der Experte für die israelisch-arabischen Beziehungen –, stellte am 23. Oktober 2017 fest: „Die einzige Hoffnung der Palästinenser [auf Beendigung der israelischen Besatzung] besteht in der BDS-Bewegung.“ (10)
Die „ethnische Säuberung“ Palästinas zu bezweifeln, grenzt ans Lächerliche
Die hinlänglich bewiesene Tatsache der „ethnischen Säuberung“ Palästinas in Zweifel ziehen zu wollen, wie es das LBGA tut, grenzt langsam ans Lächerliche, denn es waren ja in erster Linie die bedeutendsten israelischen, die so genannten „neuen“ Historiker, die seit dem Ende der 70er Jahre die Vertreibung von mehr als der Hälfte der Palästinenser (ca. 750 000) um die Staatsgründung Israels herum detailliert belegt haben. Selbst der Reaktionär dieser Wissenschaftler, Benny Morris, der in seinen Studien wesentlich zur Erforschung dieser Zusammenhänge beitrug, hat die ethnische Säuberung nie in Frage gestellt, sondern ganz im Gegenteil einmal unverblümt-zynisch geäußert: „Man kann kein Omelett machen ohne Eier zu zerbrechen. Man muss sich die Hände schmutzig machen.“ (11) Bedauerlich fand er allein, das Ben-Gurion nicht alle Palästinenser vertrieben habe!
Es ist kennzeichnend für die zionistische Ausrichtung der Broschüre des LBGA, dass die Konferenz in Durban als „Debakel“ bezeichnet wird, weil sie „antiisraelisch“ gewesen sei, was den „Abzug“ der Delegationen Israels und der USA provoziert habe. Dass die überwältigende Mehrheit der teilnehmenden Staaten das Abschlussdokument unterschrieb, wird nicht erwähnt. Als besonders skandalös werden antisemitische Aktionen und Publikationen der parallel zur Konferenz stattfindenden NGO-Konferenz von etwa 3000 Organisationen dargestellt. Dass sich unter die enorme Zahl der Teilnehmer (etwa 10 000) auch einige rassistische, bzw. antisemitische Trittbrettfahrer einreihten, rechtfertigt in keiner Weise, die Konferenz in Gänze als antisemitisch zu verunglimpfen. Das erinnert an Demonstrationen hierzulande, wo einige wenige Teilnehmer die israelische Flagge verbrannten, woraufhin die gesamte Demonstration als antisemitisch denunziert wurde.
Weiter wird behauptet, dass der Iran, wo – in Teheran – eines der Vorbereitungstreffen von Durban stattfand, „regelmäßig mit der Vernichtung Israels droht“. Dabei wurde gern der ehemalige iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad falsch zitiert, der nichts anderes gesagt hatte als dass „das zionistische Besatzungsregime in Jerusalem … von den Seiten der Geschichte verschwinden muss“, so wie auch das Apartheidregime Südafrikas oder die Sowjetunion. Immerhin ist die Beendigung der Besatzung Forderung des Völkerrechts. (12)
Die Dämonisierung der Gegner israelischer Politik wird in der Broschüre dann folgerichtig auch auf die „islamistische Terrororganisation Hamas“ übertragen, die den Gazastreifen „kontrolliert“. Dass diese „Organisation“, die zunächst sogar von Israel gegen die konkurrierende Fatah unterstützt wurde („Divide et impera!“), die freie Wahl von 2006 in den besetzten Gebieten mit überwältigender Mehrheit gewann, eigentlich also die Regierung ganz Palästinas ist, fließt in den Diskurs des LGBA nicht ein.
Die Forderung der Hamas in ihrer Charta von 1988 nach der Vernichtung Israels fand sich übrigens in vergleichbarer Form auch in der Charta der Fatah, was Yitzhak Rabin Anfang der 1990er Jahre keineswegs daran hinderte, mit dieser in Verhandlungen einzutreten, an deren Ende die Formu-lierung gestrichen war.
Die Hamas – die man mitnichten mögen muss! – hat Israel übrigens vergeblich einen langfristigen Waffenstillstand, eine religiös konnotierte „Hudna“ angeboten, die zu brechen für die religiös-orientierte Hamas ein Sakrileg wäre. Darüber hinaus hat sie sich der von 23 arabischen Staaten unterzeichneten „Saudi-Initiative“ der Arabischen Liga (von 2002) angeschlossen, die Israel die Anerkennung und „normale Beziehungen“ anbot, sofern es sich aus den besetzten Gebieten zurückzieht, wozu Israel nicht bereit war. Israel hätte also längst Frieden mit der Hamas schließen können. Es zog die Pflege des Feindbilds der Hamas, ihre Dämonisierung vor.
Die dritte Kernforderung von BDS, das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen (von 1948), muss dann herhalten als Beweis für die Absicht, den „jüdischen Staat“ vernichten zu wollen, denn wenn alle tatsächlich dieses ihnen völkerrechtlich zustehende Recht gleichzeitig in Anspruch nähmen, wären die Juden in Israel in der Minderheit – das Ende des zionistischen Traums.
Nun haben die Palästinenser aber stets Verhandlungen über die Realisierung des Rückkehrrechts angeboten, denn es wollen ja keineswegs alle Flüchtlinge und Vertriebene zurück. Viele möchten dort bleiben, wohin sie geflohen waren, ein anderer Teil würde sich entschädigen lassen, und diejenigen, die tatsächlich ins israelische Kernland zurück wollen, ließen sich bei gutem Willen sehr wohl integrieren.
Besonders verwerflich scheint den Verfassern der kulturelle Boykott Israels zu sein. Dessen Verfechter wissen aber durchaus zu unterscheiden zwischen (zumeist linken) kritischen Wissenschaftlern, Intellektuellen und Künstlern und andererseits jenen, die – als „Komplizen“ des herrschenden bellizistischen Zionismus – Israel „reinzuwaschen“ unterwegs sind. Es war, neben vielen Juden und Israelis, niemand Geringerer als der kürzlich verstorbene, hochgeschätzte Physiker Stephen Hawking, der den kulturellen Boykott entschieden unterstützte. Er galt zwar als einer der klügsten Zeitgenossen, aber der BDS-Bewegung scheint er auf den Leim gegangen. Gemäß dieser Logik war er geistig wohl doch ein wenig beschränkt, vielleicht gar ein heimlicher Antisemit?!?
Gerne werfen die Kritiker der BDS-Bewegung vor, Israel in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, assoziieren aber ihrerseits die Nazi-Parole „Kauft nicht bei Juden“. Wie war das noch mit der immer wieder beschworenen Doppelmoral? In einem SZ-Interview [vom 8.6.2017, S. 5] wies der israelische Historiker Tom Segev die Assoziation zur Nazi-Parole als durchaus nicht naheliegend zurück, denn man könne den Boykott zur Durchsetzung von Völker- und Menschenrecht in keiner Weise vergleichen mit dem Vernichtungskampf der Nazis gegen die deutsche Minderheit der Juden, wobei er klarstellte, dass er die BDS-Kampagne keineswegs unterstützt.
Antisemitische Ressentiments durch das Anlegen doppelter Standards?
Das Resümee der Verfasser des Pamphlets lautet – gemäß dem berüchtigten und überaus schwammigen „3-D-Test“: „Durch das Anlegen doppelter Standards sowie durch die Delegitimierung und Dämonisierung von Israel werden antisemitische Ressentiments in der Gesellschaft befördert und bestärkt“.
Bezeichnend aber ist, dass dabei ein wesentlicher Aspekt der Antisemitismusproblematik gänzlich unterbelichtet bleibt. Der im vorigen Jahr im Alter von 95 Jahren verstorbene Senior der israelischen Friedensbewegung, Uri Avnery, drückte es 2002 einmal so aus: „Der Staat Israel verursacht eine Wiederauferstehung des Antisemitismus auf der ganzen Welt und bedroht Juden überall. Die Regierung Scharon ist wie ein riesiges Labor, in dem der Virus Antisemitismus gezüchtet und in die ganze Welt exportiert wird... Viele anständige Leute, die keinerlei Hass gegen Juden empfinden, aber die Drangsalierung der Palästinenser verabscheuen, werden jetzt als Antisemiten bezeichnet. So wird dem Wort die Schärfe genommen und so etwas wie Ansehen verliehen. Die eigentliche Folge ist, dass Israel nicht nur die Juden nicht vor Antisemitismus schützt, sondern im Gegenteil: Israel fabriziert und exportiert Antisemitismus, der Juden rund um die Welt gefährdet.“ (13)
Und Paul Oesterreicher, der ehemalige Vorsitzende der britischen Sektion von Amnesty International, der mit seiner Familie 1938 den Nazis entkam, am 23.10.2006 im Deutschlandfunk: „Heute ist es so, dass die Deutschen Angst haben, Antisemiten genannt zu werden, und deswegen fühlen sie sich verpflichtet als Deutsche, zu den Verbrechen Israels zu schweigen... Um Israels Willen muss die Wahrheit ausgesprochen werden... Kritik an Israel hat mit Antisemitismus, mit Anti-Judaismus überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil! ... Meine Kritik an der Politik Israels ist ein Ausdruck meiner Solidarität mit der Minderheit der Israelis, die wirklich Patrioten sind... Wenn es kein besetztes Gebiet gäbe, dann gäbe es auch keine Selbstmörder... Der Antisemitismus heute wird gezeugt durch die Politik Israels.“ (14)
Und der hochgeschätzte Politologe Prof. Alfred Grosser – immer wieder wurde er eingeladen, zu feierlichen Anlässen vor dem Bundestag zu reden: „Jeder Mensch [muss] den Anderen respektieren. Und niemand [verletzt] diese Regel so sehr wie die Israelis im Umgang mit den Palästinensern….[Aber] Sobald einer die Stimme gegen Israel erhebt, heißt es sofort „Antisemitismus“. „Durch dieses „reflexhafte Schwingen der Antisemitismuskeule“ werde „Antisemitismus ja geradezu erzeugt….Natürlich gibt es den alten Antisemitismus ... Es kommt aber leider ein neuer hinzu, der durch die israelische Politik provoziert wird. Und eben durch die Tatsache, dass sich der Zentralrat [der Juden] diese Politik zu eigen macht.“[FAZ, 30.11.2009] „Wenn Unrecht Unrecht ist, muss man es benennen und sagen, dass gerade Israels Politik den Antisemitismus fördert. Das sagen ja auch die israelischen Kritiker dieser Politik.“ [Stern, 12.10.2007] Und das zugrundeliegende Problem sieht er in der „Gleichsetzung von Israel und jüdisch, die es in dieser Form nicht geben dürfte.“ (15)
Und schließlich der ehemalige israelische Botschafter in der Bundesrepublik, Avi Primor: „Ja, es gibt in Deutschland wie anderswo Antisemitismus ...Aber insgesamt geht der Antisemitismus sehr langsam zurück ... Die meisten, die die Israelis kritisieren, kritisieren uns sachlich, sie kritisieren die israelische Politik und Besatzung, aber nicht Israel als Staat und die Israelis als Volk.“ Er jedenfalls könne keine „Zunahme des Antisemitismus feststellen, sondern nur eine Abnahme der Sympathie für Israel.“ (16)
Die fortwährende israelische Repression der Palästinenser, die wir mit Vertreibung, Enteignung und Diskriminierung büßen lassen für den Holocaust, an dem sie gänzlich unschuldig sind, und die Vereinnahmung aller Juden der Welt durch Israel, sowie die unkritische Identifikation jüdischer Institutionen, etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland, mit der Politik Israels – dies alles führt dann dazu, dass „die Juden“ sich fast zwangsläufig zu potentiellen Opfern von Racheakten muslimischer Migranten machen. Dieser angeblich „importierte Antisemitismus“ hat allerdings wenig mit dem herkömmlichen europäischen Antisemitismus zu tun, sondern ist – als zwangsläufiges Resultat des Nahostkonflikts – nichts anderes als Antizionismus.
Die deutschbefindliche Identifikation mit Israel ist aufgrund unserer Geschichte zwar verständlich, aber sie hat Konsequenzen, die gerade angeblich Linke – wie das LBGA – mit dem Problem konfrontieren, dass sie sich gemein machen mit einer Politik, die sich nur als ethno-nationalistisch-reaktionär beschreiben lässt. Dies findet auch seinen Ausdruck in den freundschaftlichen Beziehungen, die Netanyahu mit autoritären Staatslenkern wie Orban, Bolsonaro, Duterte oder Trump – der sich mit „großer und unvergleichlicher Weisheit“ gesegnet sieht [SZ, 9.10.2019, S. 3] – pflegt und der Sympathie, ja Bewunderung, die Israel – als das Bollwerk gegen „den Islam“ – bei fremdenfeindlichen, neofaschistischen Parteien genießt, deren Führer freundlich in Tel Aviv empfangen werden.
LBGA-Broschüre verleumdet die BDS-Bewegung in München
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen lässt es sich nur als niederträchtig und infam bezeichnen, wenn in dem Absatz der LBGA-Broschüre, der sich mit der Entwicklung der BDS-Bewegung in München befasst, so verdienstvolle und teils altgediente Gruppen, Vereinigungen und Organisationen der Friedensbewegung wie – man glaubt es kaum – Pax Christi (mit ihrer Kampagne „Besatzung schmeckt bitter“), die „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (IFFF), das „Münchner Friedensbündnis“, die „Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe“, das „Palästina-Komitee München“ (insbesondere mit seinen „Palästina Tagen“), die „Frauen in Schwarz“ sowie „Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.“ (17) – wenn also alle diese Gruppen umstandslos verleumdet werden, denn wer sich mit BDS gemein macht, ist ja im Sinne der „Kontaktschuld“ (Micha Brumlik) zumindest antisemitismusverdächtig. Das letzte diesbezügliche Werk des israelischen Historikers und Soziologen Moshe Zuckermann lautet „Der allgegenwärtige Antisemit“ – was sich durchaus ironisch verstehen lässt.
Da nützt es auch nichts, dass sich immer wieder die wirklichen Experten, zumeist jüdische bzw. israelische Wissenschaftler und Akademiker, entschieden gegen die Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus aussprechen. Vor der Bundestagsresolution (vom Mai 2019) gegen die „antisemitische BDS-Kampagne“ (18) waren es hunderte, die in einem gemeinsamen Aufruf auch vor der damit einhergehenden Aushöhlung unserer Grundrechte auf Rede- und Versammlungsfreiheit warnten.
In diesem Sinne hat das Verwaltungsgericht Köln am 18.9.2019 in einem wegweisenden Urteil (19) entschieden, den Deutsch-Palästinensischen Frauenverein e.V. zum jährlichen Bonner Kultur- und Begegnungsfest „Vielfalt! – Bonner Kultur – und Begegnungsfest“ zuzulassen. Die Stadt hatte den Verein wegen seiner Unterstützung der BDS-Bewegung ausgeschlossen.
Das Gericht stellte darüber hinaus grundsätzlich fest: Stadtrats-, Landtags- oder Bundestagsbeschlüsse „gegen die antisemitische BDS-Bewegung“ seien „keine Rechtssetzungsakte, sondern politische Resolutionen bzw. Willensbekundungen. Sie allein vermögen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen bestehenden Rechtsanspruch einzuschränken.“ Der Ausschluss des Frauenvereins vom Festival „stellt eine sachlich nicht einmal ansatzweise gerechtfertigte Ungleichbehandlung“ dar. Der BDS-Kampagne fehle es an „verfestigten organisatorischen Strukturen und einer hinreichenden Homogenität, um den Unterstützern der BDS-Kampagne zwangsläufig eine antisemitische Haltung zuzuschreiben.“
Das Gericht befand daher, dass das Verhalten der Stadt Bonn gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 3) verstößt und gleichzeitig das Grundrecht des Vereins auf Meinungs- und Äußerungsfreiheit (Artikel 5) verletzt. Die Meinungsfreiheit umfasse auch die Freiheit, Boykottkampagnen zu diskutieren und dazu aufzurufen, und wird auch durch Artikel 10 (Meinungsfreiheit) und Artikel 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt, die die Bundesrepublik Deutschland in ihre nationale Gesetzgebung integriert hat.
Das Kölner Gericht folgte mit seiner Entscheidung zwei früheren Urteilen des Verwaltungsgerichts Oldenburg (20) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (21), die gleichfalls den Zugang von BDS-Aktivisten zu öffentlichen Einrichtungen schützen, die von den Kommunen zu-nächst abgelehnt worden waren.
Es ist schon einigermaßen befremdlich, dass unsere politisch-gesellschaftlichen Eliten – und mit ihnen natürlich das LGBA – sich von Gerichten belehren lassen müssen über die Grundlagen unseres „bürgerlichen“ Rechtsstaates.
Darüber hinaus wäre ihnen – und hier insbesondere dem LBGA – die Lektüre des dem Kölner Gericht eingereichten Gutachtens des emeritierten Professors Moshe Zuckermann von der Universität Tel Aviv sehr zu empfehlen, der darauf hinweist, dass, wer Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik gleichsetzt, nicht verstanden hat, dass dies „drei verschiedene Kategorien sind, die zwar eine Verbindung aufweisen können, aber im Wesen separat zu behandeln sind. Juden können nichtzionistisch oder gar antizionistisch sein, ohne deshalb antisemitisch zu wirken. Man kann Israel kritisieren, ohne antizionistisch zu sein. Man kann übrigens auch Antisemit sein und zugleich Anhänger des zionistischen Israel. Es muß endlich klargestellt und eingesehen werden, dass nicht alle Juden Zionisten, nicht alle Zionisten Israelis und nicht alle Israelis Juden sind. Entsprechend sind Judentum, Zionismus und Israel kategorisch auseinanderzuhalten, und von daher auch Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik. Kritik, auch harte, an der Politik Israels stellt nicht das Existenzrecht Israels infrage, wie im Bonner Beschluss behauptet wird, sondern die Berechtigung Israels, seine repressive und menschenrechtsverletzende Politik gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser zu betreiben.“
Und zur BDS-Bewegung stellt Zuckermann klar, dass sie „sich zunächst und vor allem durch eines aus[zeichnet]: durch die bewusst proklamierte Gewaltfreiheit... Darüber hinaus ist die BDS-Bewegung vom Postulat des Widerstands 'gegen alle Formen von Rassismus, einschließlich des Antisemitismus' angetrieben. Wenn sich die Bewegung selbst so sieht und definiert, dann sollte man ihr gefälligst die Deutungshoheit dessen, was sie ist und will, überlassen. Der Versuch, sie als antisemitisch darzustellen, ist, so besehen, manipulativ und ideologisch interessengeleitet. Es ist primär der Versuch der Delegitimation einer demokratisch legitimen politischen Praxis, der sich gerade in der perfiden Verwendung des Antisemitismus-Vorwurfs als zutiefst verlogen erweist.“
Als kürzlich die Stadt Dortmund der britisch-pakistanischen Schriftstellerin Kamila Shamsie den Nelly-Sachs-Preis aberkannte wegen ihres Engagements für die BDS-Bewegung, protestierten mehr als 250 teils renommierte Künstler und Intellektuelle – unter ihnen Noam Chomsky, Michael Ondaatje, Arundhati Roy, Tom McCarthy, Ocean Vuong, Teju Cole, Barbara Ehrenreich, George Saunders, Alexander Kluge, der Literaturnobelpreisträger JM Coetzee – in einem Offenen Brief in der britischen Literaturzeitschrift London Review of Books. (22)
Was bedeute ein Literaturpreis, fragen die Autoren, wenn er das Recht untergrabe, sich für Menschenrechte und Redefreiheit einzusetzen. Ohne diese Rechte seien Kunst und Kultur bedeutungsloser Luxus. Die Autoren zitieren eine gemeinsame Erklärung von vierzig jüdischen (!) Organisationen , laut der es „sowohl dem palästinensischem Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit als auch dem globalen Kampf gegen Antisemitismus“ schade, wenn man „antijüdischen Rassismus mit Kritik an Israels Politik“ vermische. Diese Vermischung bewahre Israel davor, sich an den Standards der universellen Menschenrechte und dem Völkerrecht messen zu lassen.
LBGA nicht auf der Höhe des „bürgerlichen“ Rechtsstaates
Angesichts dieser klaren Aussagen lässt sich nur konstatieren, dass sich das LBGA offensichtlich nicht einmal auf der Höhe des „bürgerlichen“ Rechtsstaates befindet, sondern sich dem völkisch-nationalistischen Diskurs des israelischen Zionismus unterwirft.
Dass sich die hinter der Broschüre stehenden Gruppen als ein „linkes“ Bündnis begreifen, das aus einer „dezidiert linken Perspektive“ , auf der Basis einer „antifaschistischen, antirassistischen, femi-nistischen und kapitalismuskritischen Grundhaltung ... gegen Antisemitismus … mobilisieren“ möchte, provoziert allerdings einige Fragen.
Wie erklären es sich diese „antifaschistischen“ Gruppen, dass etwa der mit dem Israel-Preis ausgezeichnete Politologe und Faschismusforscher Zeev Sternhell – er ist eine der anerkannten Autoritäten auf diesem Gebiet – bereits 2014 Anzeichen für einen in Israel aufkommenden Faschismus ausmachte? (23) Gerade erst [am 26.9.2019] wurde die Neuauflage seines Standardwerks „Fa¬schis¬ti¬sche Ideo¬lo¬gie“ in der SZ [S. 12] begrüßt.
Man hätte gern gewusst, wie das LBGA sich zu den Befunden der an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrende Linguistin Nurit Peled-Elhanan positioniert, deren Tochter 1997 bei einem palästinensischen Selbstmordanschlag ums Leben kam, den sie als ein zwangsläufiges Resultat der Besatzung sah. Sie erhielt übrigens den vom Europäischen Parlament verliehenen Sacharow-Preis für geistige Freiheit. In einem Interview von 2013 meinte sie: „Israel nähert sich dem Faschismus in einer Geschwindigkeit, die sich niemand vorstellen konnte... Rassismus und Militarismus beherrschen hier alles….Israel ist eindeutig ein totalitärer Staat, Demokratie gibt es nur für die Juden… Ich denke, es ist ein kolonialistisches Regime.“ (24)
Und in dem Zusammenhang ist aufschlussreich, dass bei der Selbstbeschreibung des LBGA der Begriff „antikolonialistisch“ fehlt. Die Darstellung Israels als „siedlerkolonialistisches Projekt“, wozu sich die zionistische Bewegung v. a. in ihren Anfängen ganz unbefangen bekannte, und das sich auch heute noch tagtäglich in Form der Enteignung und Besiedelung palästinensischen Landes fortsetzt, gilt bei den blinden Israelfreunden im Gegenteil als weiterer Beleg für – wer hätte das gedacht – Antisemitismus.
Dass es sich beim LBGA auch noch um den Zusammenschluss der Jugendorganisationen linker und linksliberaler Parteien handelt, mag man angesichts des völkisch-nationalistischen „Irrwegs Israels“ (Prof. Rolf Verleger) kaum glauben.
Immerhin zeichnet sich linke Politik von jeher in erster Linie durch Herrschaftskritik und damit einen Befreiungsanspruch aus, welcher sich immer auf ein bestimmtes Herrschaftsverhältnis zu beziehen hat, im vorliegenden Fall auf den bellizistischen, ethno-nationalistischen Zionismus, der nicht nur die indigene palästinensische Bevölkerung der Dauerrepression unterwirft, sondern auch die Nachbarstaaten nach Gutdünken attackiert.
Aber diese Realität im Nahen Osten wird von den Israelfreunden geflissentlich ignoriert, und diejenigen, die darauf hinzuweisen sich erlauben, sind in diesem Denken – nun ja –, „Judenfeinde“.
Der Anspruch des LBGA, links zu sein: nichts anderes als eine Anmaßung
So lässt sich abschließend nur feststellen, dass der Anspruch des LBGA, links zu sein, nichts anderes als eine Anmaßung ist, was sich ihnen unschwer erschließen sollte, wenn sie sich auf die Analysen der vielen zumeist linken israelischen und/oder jüdischen Wissenschaftler und Akademiker einließen, die in verzweifelter Sorge um die Zukunft Israels dessen Politik scharf kritisieren, um es zu einer Umkehr zu bewegen.
Endnoten:
1) Die Assmanns beziehen sich hier auf den ersten Satz des „Kommunistischen Manifests“ von Marx und Engels
2) https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-today-i-am-ashamed-to-be-an-israeli-1.6294754
3) https://www.tachles.ch/product/25896
4) https://lbgamuenchendotorg.files.wordpress.com/2019/12/lbga_broschuere_istbdsantisemitisch_a5_1119-2.pdf
5) Prof. Jeff Halper wurde 2006 vom American Friends Service Committee für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen; 2009 erhielt er den „Kant-Weltbürgerpreis“ der Freiburger Kantstiftung für sein „mutiges Eintreten für politisch und sozial marginalisierte Bevölkerungsgruppen“.
6) https://www.haaretz.com/opinion/.premium-79-percent-of-right-wingers-believe-jews-are-the-chosen-people-are-you-for-real-1.6471893
7) Richard Falk, Professor an der Princeton University, wurde 2008 vom UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) für sechs Jahre zum Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen ernannt für die Situation der Menschenrechte in den palästinensischen Autonomiegebieten, die seit 1967 widerrechtlich von Israel besetzt sind.
8) Virginia Tilley, Professorin an der Southern Illinois University-Carbondale, forschte und lehrte von 2006 bis 2011 am Human Sciences Research Council in Südafrika(HSRC), wo sie insbesondere Studien zu Südafrikas Übergang von der Apartheid zur Demokratie leitete.
9) https://www.unescwa.org/sites/www.unescwa.org/files/publications/files/israeli-practices-palestinian-people-apartheid-occupation-english.pdf – Seite 64: „Efforts should be made to broaden support for boycott, divestment and sanctions initiatives among civil society actors.“
10) https://bibjetzt.files.wordpress.com/2017/11/avi-shlaim_interview_dt.pdf
11) https://www.haaretz.com/1.5262454
12) SZ, 15.3.2008, https://www.sz.de/1.287333
13) https://www.neuerispverlag.de/aushang/deeg_id124_avnery.pdf
14) https://www.deutschlandfunk.de/viele-juden-schaemen-sich-israels.694.de.html?dram:article_id=63832
15) http://www.netzeitung.de/politik/ausland/950417.html
16) 27.07.2016, http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ausland/Avi-Primor-zur-Situation-in-seiner-Heimat-%E2%80%9EFrieden-schlie%C3%9Fen%E2%80%9C-article3316367.html
17) Es ist bezeichnend für die Infamie des LGBA, dass sie den Verein in die Nähe des rechten Antisemitismus zu rücken versucht, weil auf seiner Homepage im Jahr 2016 auf zwei englischsprachige, teils die Grenzen zum Antisemitismus überschreitende Websites verlinkt wurde, wofür allerdings der damals zuständige Webmaster verantwortlich war. Die Zusammenarbeit mit ihm fand damals ein sofortiges Ende. Der Verein hat sich für diese ihm äußerst unangenehme Entgleisung mit dem Ausdruck größten Bedauerns entschuldigt und die Homepage vom Netz genommen. Jeder, der Salam Shalom auch nur oberflächlich kennt, weiß um die Abwegigkeit des ihm gegenüber erhobenen Vorwurfs.
18) https://de.scribd.com/document/410142758/Statement-by-Jewish-and-Israeli-Scholars-to-German-Parties-on-BDS
19) Rechtssache 14 L 1747/10
20) Rechtssache 3 A 3012/16)
21) Rechtssache 10 ME 48/19
22) https://www.lrb.co.uk/blog/2019/september/the-right-to-boycott
23) http://www.haaretz.com/news/features/.premium-1.610368
24) 20. Februar 2013, http://www.hintergrund.de/201302202455/feuilleton/zeitfragen/rechte-ideologie-und-propaganda-in-israelischen-lehrbuechern.html
Online-Flyer Nr. 730 vom 18.12.2019
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Replik auf das Münchener "Linke Bündnis gegen Antisemitismus" (LBGA)
In der "Hauptstadt der Bewegung" gegen die BDS-Bewegung
Von Jürgen Jung
„Ein neues Gespenst geht um in Europa: das ist der Antisemitismus-Vorwurf.“ (1) Er stelle „uns Europäer, insbesondere Deutsche, unter Generalverdacht und ruft im Stil der McCarthy-Ära zu einer Hexenjagd auf jeden auf“, der die Politik Israels nicht unterstütze, und denunziere ihn als Antisemiten. So zitiert die SZ (am 24.6.2019, S. 9) die Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 2018, die Kulturwissenschaftler Jan und Aleida Assmann. Und sie fahren fort: „Die wahren Freunde Israels werden es sich nicht verbieten lassen, die Entwicklungen in diesem Land... gelegentlich auch einmal mit kritischer Sorge zu beobachten.“
Das, was für die Assmanns Anlass zu „kritischer Sorge“ ist, dürfte auch dazu geführt haben, dass Daniel Barenboim „sich heute schämt, ein Israeli zu sein“ – so die Überschrift eines Artikels in der israelischen Tageszeitung ‚Haaretz‘ vom 22.7.2018 (2), in dem er scharf kritisiert, dass das kurz zuvor in Israel verabschiedete Nationalstaatsgesetz „den Grundsatz der Gleichheit und universeller Werte durch Nationalismus und Rassismus ersetzt“. Es bestätige „den Rang der arabischen Bevölkerung als Bürger zweiter Klasse... Es ist daher eine sehr klare Form der Apartheid.“
Überraschenderweise war es der israelische Ministerpräsident Netanyahu, der dies indirekt bestätigte, als er am 10.3.2019 auf Facebook schrieb: „Israel ist nicht das Land sämtlicher Bürger. Nach Verabschiedung des Nationalstaats-Gesetzes ist Israel der Nationalstaat der jüdischen Nation – und nur dieser allein“. (3)
Es ist genau dieser hier notgedrungen nur angerissene empirische Zusammenhang der ethno-nationalistischen, der rassistischen und apartheidähnlichen Politik Israels, der Entstehungsbedingung der Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestment and Sanctions) war und ihre wesentlichen Ziele und Forderungen bestimmt: Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung, Gleichheit für die palästinensischen Bürger des Landes und das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge, wie in UNO-Resolution 194 festgelegt.
Dies letztere ihnen verwehren zu wollen und gleichzeitig allen Juden auf der Welt zuzugestehen, in Israel einzuwandern, ist nicht nur eine schwerwiegende Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, sondern weiterer Ausdruck der bereits herrschenden Apartheid.
Der wohlgemerkt ausdrücklich friedliche Kampf der BDS-Bewegung gegen diese für die Palästinenser höchst repressive Realität wird von den falschen Israelfreunden als „antisemitisch“ verleumdet, wobei sie es sich zumeist gestatten, die Wirklichkeit im Nahen Osten – und auch hierzulande – zu übersehen und/oder ideologisch zu verzerren.
Fakten und Argumente zu BDS zusammentragen?
Obwohl die hier problematisierte ‚Broschüre‘ (4) des ’Linken Bündnisses gegen Antisemitismus München’ (LBGA) „Fakten und Argumente zu BDS zusammentragen“ möchte, beginnt die Ideologisierung schon mit dem ersten Satz, wo behauptet wird, dass die BDS-Bewegung „gegen Israel“ gerichtet sei, obwohl sie sich mitnichten gegen Israel, sondern gegen dessen Politik wendet. Und wie selbstverständlich wird das, was ja wohl erst nachgewiesen werden sollte, nämlich der „antisemitische Charakter“ von BDS, postuliert, obwohl sich die Bewegung klar und eindeutig gegen jeden Antisemitismus ausspricht.
Cover der LBGA-Broschüre
Ihr Ursprung wird da im Wesentlichen datiert auf die Konferenz in Durban (Südafrika) von 2001 mit ihrem Aufruf zum Boykott Israels, aber dass sich auch in Israel selbst bereits vor der Jahrtausendwende eine Boykott-Bewegung (‚Boycott from Within‘) entwickelt hatte, betrieben etwa von ICAHD [dem Israeli Committee Against House Demolitions] und seinem Vorsitzenden, dem Anthropologen Prof. Jeff Halper (5), ist den Verfassern der Broschüre anscheinend nicht bekannt oder es wird beschwiegen. ICAHDs Boykottaufruf „zur Herbeiführung eines gerechten Friedens für alle Völker der Region“ wurde schließlich im Januar 2005, ein halbes Jahr vor dem der Palästinensischen Zivilbewegung, veröffentlicht.
Nun sehen sich die Gegner von BDS mit der für sie höchst unangenehmen Tatsache konfrontiert, dass es nicht nur vereinzelte Stimmen im Judentum gibt, vorzugsweise „jüdische Selbsthasser“ genannt, die sich – ganz abgesehen von religiösen Strömungen – keineswegs identifizieren mit dem Israel durchwirkenden ethno-nationalistischen Zionismus.
In einer Haaretz-Umfrage von 2018 waren 56 Prozent der Israelis der Ansicht, dass sie das „auserwählte Volk“ seien. Bei den sich selbst als „rechts“ Verstehenden sind es 79 Prozent. Gideon Levy allerdings, Autor des diesbezüglichen Artikels vom 15.9.2018 (6), ist der Meinung, dass eine Besatzungsmacht, die seit über 50 Jahren ein anderes Volk unterdrückt, kein auserwähltes Volk sein könne. Für ihn ist diese Vorstellung so etwas wie eine kollektive Psychose, die eine Gefahr nicht nur für die Israelis selbst, sondern v.a. auch für ihre Nachbarn darstelle. Kürzlich erst musste der israelische Generalstabschef Gadi Eisenkot einräumen, dass Israels Armee in den vergangenen Jahren „Tausende Ziele“ angegriffen habe [SZ, 26.8.2019, S. 4].
Aber zionismuskritische, vorwiegend linke (!) Stimmen wie die Gideon Levys stehen in Israel unter dem Generalverdacht des Vaterlandsverrats und werden zumeist - hierzulande ohnehin – nicht zur Kenntnis genommen, oder ihre wissenschaftlichen Befunde werden als „umstritten“ in Frage gestellt.
So weist das LBGA auf das Abschlussdokument von Durban hin, in dem Israel – so empören sich die Autoren der Broschüre –„eine Apartheidpolitik, ein Genozid und ethnische Säuberungen an der arabischen Bevölkerung“ vorgeworfen werde, womit die Resolution sich vermutlich der „antisemitischen Delegitimierung“ Israels schuldig macht.
Für den durchaus problematischen Begriff „Genozid“ hat der israelische Soziologe Baruch Kimmerling zur Präzisierung den Begriff „Politizid“ vorgeschlagen, worunter er die kontinuierliche Vernichtung des palästinensischen Volkes als nationale Einheit, als "soziale, politische und wirtschaftliche Größe" versteht.
Der Vorwurf der „Apartheidpolitik“ ist allerdings sehr wohl stichhaltig und durch etliche Untersuchungen genauestens belegt. Zu nennen wäre – als ein Beispiel von vielen – die von der „Economic and Social Commission for Western Asia“ (einer Unterorganisation der UNO) vorgelegte Studie: „Israeli Practices towards the Palestinian People and the Question of Apartheid“ von 2017. Erarbeitet wurde sie vom jüdisch-amerikanischen Völkerrechtler Richard Falk (7) und der Apartheid-erfahrenen amerikanischen Politologin Virginia Tilley (8). Da wird auf etwa 70 Seiten detailliert nachgewiesen, inwiefern Israel durchaus ein rassistischer Apartheidstaat ist. Abschließend werden der internationalen Zivilgesellschaft BDS-Initiativen angeraten. (9)
Im übrigen hatte schon am 29.12.2011 der ehemalige israelische Botschafter in Südafrika, Alon Liel, eine Außenansicht in der SZ (auf S. 2) verfasst unter dem bezeichnenden Titel: „Wie einst in Südafrika“.
Und der renommierte israelische Historiker Avi Shlaim – bis zu seiner Emeritierung jahrzehntelang Professor für Internationale Politik in Oxford, der Experte für die israelisch-arabischen Beziehungen –, stellte am 23. Oktober 2017 fest: „Die einzige Hoffnung der Palästinenser [auf Beendigung der israelischen Besatzung] besteht in der BDS-Bewegung.“ (10)
Die „ethnische Säuberung“ Palästinas zu bezweifeln, grenzt ans Lächerliche
Die hinlänglich bewiesene Tatsache der „ethnischen Säuberung“ Palästinas in Zweifel ziehen zu wollen, wie es das LBGA tut, grenzt langsam ans Lächerliche, denn es waren ja in erster Linie die bedeutendsten israelischen, die so genannten „neuen“ Historiker, die seit dem Ende der 70er Jahre die Vertreibung von mehr als der Hälfte der Palästinenser (ca. 750 000) um die Staatsgründung Israels herum detailliert belegt haben. Selbst der Reaktionär dieser Wissenschaftler, Benny Morris, der in seinen Studien wesentlich zur Erforschung dieser Zusammenhänge beitrug, hat die ethnische Säuberung nie in Frage gestellt, sondern ganz im Gegenteil einmal unverblümt-zynisch geäußert: „Man kann kein Omelett machen ohne Eier zu zerbrechen. Man muss sich die Hände schmutzig machen.“ (11) Bedauerlich fand er allein, das Ben-Gurion nicht alle Palästinenser vertrieben habe!
Es ist kennzeichnend für die zionistische Ausrichtung der Broschüre des LBGA, dass die Konferenz in Durban als „Debakel“ bezeichnet wird, weil sie „antiisraelisch“ gewesen sei, was den „Abzug“ der Delegationen Israels und der USA provoziert habe. Dass die überwältigende Mehrheit der teilnehmenden Staaten das Abschlussdokument unterschrieb, wird nicht erwähnt. Als besonders skandalös werden antisemitische Aktionen und Publikationen der parallel zur Konferenz stattfindenden NGO-Konferenz von etwa 3000 Organisationen dargestellt. Dass sich unter die enorme Zahl der Teilnehmer (etwa 10 000) auch einige rassistische, bzw. antisemitische Trittbrettfahrer einreihten, rechtfertigt in keiner Weise, die Konferenz in Gänze als antisemitisch zu verunglimpfen. Das erinnert an Demonstrationen hierzulande, wo einige wenige Teilnehmer die israelische Flagge verbrannten, woraufhin die gesamte Demonstration als antisemitisch denunziert wurde.
Weiter wird behauptet, dass der Iran, wo – in Teheran – eines der Vorbereitungstreffen von Durban stattfand, „regelmäßig mit der Vernichtung Israels droht“. Dabei wurde gern der ehemalige iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad falsch zitiert, der nichts anderes gesagt hatte als dass „das zionistische Besatzungsregime in Jerusalem … von den Seiten der Geschichte verschwinden muss“, so wie auch das Apartheidregime Südafrikas oder die Sowjetunion. Immerhin ist die Beendigung der Besatzung Forderung des Völkerrechts. (12)
Die Dämonisierung der Gegner israelischer Politik wird in der Broschüre dann folgerichtig auch auf die „islamistische Terrororganisation Hamas“ übertragen, die den Gazastreifen „kontrolliert“. Dass diese „Organisation“, die zunächst sogar von Israel gegen die konkurrierende Fatah unterstützt wurde („Divide et impera!“), die freie Wahl von 2006 in den besetzten Gebieten mit überwältigender Mehrheit gewann, eigentlich also die Regierung ganz Palästinas ist, fließt in den Diskurs des LGBA nicht ein.
Die Forderung der Hamas in ihrer Charta von 1988 nach der Vernichtung Israels fand sich übrigens in vergleichbarer Form auch in der Charta der Fatah, was Yitzhak Rabin Anfang der 1990er Jahre keineswegs daran hinderte, mit dieser in Verhandlungen einzutreten, an deren Ende die Formu-lierung gestrichen war.
Die Hamas – die man mitnichten mögen muss! – hat Israel übrigens vergeblich einen langfristigen Waffenstillstand, eine religiös konnotierte „Hudna“ angeboten, die zu brechen für die religiös-orientierte Hamas ein Sakrileg wäre. Darüber hinaus hat sie sich der von 23 arabischen Staaten unterzeichneten „Saudi-Initiative“ der Arabischen Liga (von 2002) angeschlossen, die Israel die Anerkennung und „normale Beziehungen“ anbot, sofern es sich aus den besetzten Gebieten zurückzieht, wozu Israel nicht bereit war. Israel hätte also längst Frieden mit der Hamas schließen können. Es zog die Pflege des Feindbilds der Hamas, ihre Dämonisierung vor.
Die dritte Kernforderung von BDS, das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen (von 1948), muss dann herhalten als Beweis für die Absicht, den „jüdischen Staat“ vernichten zu wollen, denn wenn alle tatsächlich dieses ihnen völkerrechtlich zustehende Recht gleichzeitig in Anspruch nähmen, wären die Juden in Israel in der Minderheit – das Ende des zionistischen Traums.
Nun haben die Palästinenser aber stets Verhandlungen über die Realisierung des Rückkehrrechts angeboten, denn es wollen ja keineswegs alle Flüchtlinge und Vertriebene zurück. Viele möchten dort bleiben, wohin sie geflohen waren, ein anderer Teil würde sich entschädigen lassen, und diejenigen, die tatsächlich ins israelische Kernland zurück wollen, ließen sich bei gutem Willen sehr wohl integrieren.
Besonders verwerflich scheint den Verfassern der kulturelle Boykott Israels zu sein. Dessen Verfechter wissen aber durchaus zu unterscheiden zwischen (zumeist linken) kritischen Wissenschaftlern, Intellektuellen und Künstlern und andererseits jenen, die – als „Komplizen“ des herrschenden bellizistischen Zionismus – Israel „reinzuwaschen“ unterwegs sind. Es war, neben vielen Juden und Israelis, niemand Geringerer als der kürzlich verstorbene, hochgeschätzte Physiker Stephen Hawking, der den kulturellen Boykott entschieden unterstützte. Er galt zwar als einer der klügsten Zeitgenossen, aber der BDS-Bewegung scheint er auf den Leim gegangen. Gemäß dieser Logik war er geistig wohl doch ein wenig beschränkt, vielleicht gar ein heimlicher Antisemit?!?
Gerne werfen die Kritiker der BDS-Bewegung vor, Israel in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, assoziieren aber ihrerseits die Nazi-Parole „Kauft nicht bei Juden“. Wie war das noch mit der immer wieder beschworenen Doppelmoral? In einem SZ-Interview [vom 8.6.2017, S. 5] wies der israelische Historiker Tom Segev die Assoziation zur Nazi-Parole als durchaus nicht naheliegend zurück, denn man könne den Boykott zur Durchsetzung von Völker- und Menschenrecht in keiner Weise vergleichen mit dem Vernichtungskampf der Nazis gegen die deutsche Minderheit der Juden, wobei er klarstellte, dass er die BDS-Kampagne keineswegs unterstützt.
Antisemitische Ressentiments durch das Anlegen doppelter Standards?
Das Resümee der Verfasser des Pamphlets lautet – gemäß dem berüchtigten und überaus schwammigen „3-D-Test“: „Durch das Anlegen doppelter Standards sowie durch die Delegitimierung und Dämonisierung von Israel werden antisemitische Ressentiments in der Gesellschaft befördert und bestärkt“.
Bezeichnend aber ist, dass dabei ein wesentlicher Aspekt der Antisemitismusproblematik gänzlich unterbelichtet bleibt. Der im vorigen Jahr im Alter von 95 Jahren verstorbene Senior der israelischen Friedensbewegung, Uri Avnery, drückte es 2002 einmal so aus: „Der Staat Israel verursacht eine Wiederauferstehung des Antisemitismus auf der ganzen Welt und bedroht Juden überall. Die Regierung Scharon ist wie ein riesiges Labor, in dem der Virus Antisemitismus gezüchtet und in die ganze Welt exportiert wird... Viele anständige Leute, die keinerlei Hass gegen Juden empfinden, aber die Drangsalierung der Palästinenser verabscheuen, werden jetzt als Antisemiten bezeichnet. So wird dem Wort die Schärfe genommen und so etwas wie Ansehen verliehen. Die eigentliche Folge ist, dass Israel nicht nur die Juden nicht vor Antisemitismus schützt, sondern im Gegenteil: Israel fabriziert und exportiert Antisemitismus, der Juden rund um die Welt gefährdet.“ (13)
Und Paul Oesterreicher, der ehemalige Vorsitzende der britischen Sektion von Amnesty International, der mit seiner Familie 1938 den Nazis entkam, am 23.10.2006 im Deutschlandfunk: „Heute ist es so, dass die Deutschen Angst haben, Antisemiten genannt zu werden, und deswegen fühlen sie sich verpflichtet als Deutsche, zu den Verbrechen Israels zu schweigen... Um Israels Willen muss die Wahrheit ausgesprochen werden... Kritik an Israel hat mit Antisemitismus, mit Anti-Judaismus überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil! ... Meine Kritik an der Politik Israels ist ein Ausdruck meiner Solidarität mit der Minderheit der Israelis, die wirklich Patrioten sind... Wenn es kein besetztes Gebiet gäbe, dann gäbe es auch keine Selbstmörder... Der Antisemitismus heute wird gezeugt durch die Politik Israels.“ (14)
Und der hochgeschätzte Politologe Prof. Alfred Grosser – immer wieder wurde er eingeladen, zu feierlichen Anlässen vor dem Bundestag zu reden: „Jeder Mensch [muss] den Anderen respektieren. Und niemand [verletzt] diese Regel so sehr wie die Israelis im Umgang mit den Palästinensern….[Aber] Sobald einer die Stimme gegen Israel erhebt, heißt es sofort „Antisemitismus“. „Durch dieses „reflexhafte Schwingen der Antisemitismuskeule“ werde „Antisemitismus ja geradezu erzeugt….Natürlich gibt es den alten Antisemitismus ... Es kommt aber leider ein neuer hinzu, der durch die israelische Politik provoziert wird. Und eben durch die Tatsache, dass sich der Zentralrat [der Juden] diese Politik zu eigen macht.“[FAZ, 30.11.2009] „Wenn Unrecht Unrecht ist, muss man es benennen und sagen, dass gerade Israels Politik den Antisemitismus fördert. Das sagen ja auch die israelischen Kritiker dieser Politik.“ [Stern, 12.10.2007] Und das zugrundeliegende Problem sieht er in der „Gleichsetzung von Israel und jüdisch, die es in dieser Form nicht geben dürfte.“ (15)
Und schließlich der ehemalige israelische Botschafter in der Bundesrepublik, Avi Primor: „Ja, es gibt in Deutschland wie anderswo Antisemitismus ...Aber insgesamt geht der Antisemitismus sehr langsam zurück ... Die meisten, die die Israelis kritisieren, kritisieren uns sachlich, sie kritisieren die israelische Politik und Besatzung, aber nicht Israel als Staat und die Israelis als Volk.“ Er jedenfalls könne keine „Zunahme des Antisemitismus feststellen, sondern nur eine Abnahme der Sympathie für Israel.“ (16)
Die fortwährende israelische Repression der Palästinenser, die wir mit Vertreibung, Enteignung und Diskriminierung büßen lassen für den Holocaust, an dem sie gänzlich unschuldig sind, und die Vereinnahmung aller Juden der Welt durch Israel, sowie die unkritische Identifikation jüdischer Institutionen, etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland, mit der Politik Israels – dies alles führt dann dazu, dass „die Juden“ sich fast zwangsläufig zu potentiellen Opfern von Racheakten muslimischer Migranten machen. Dieser angeblich „importierte Antisemitismus“ hat allerdings wenig mit dem herkömmlichen europäischen Antisemitismus zu tun, sondern ist – als zwangsläufiges Resultat des Nahostkonflikts – nichts anderes als Antizionismus.
Die deutschbefindliche Identifikation mit Israel ist aufgrund unserer Geschichte zwar verständlich, aber sie hat Konsequenzen, die gerade angeblich Linke – wie das LBGA – mit dem Problem konfrontieren, dass sie sich gemein machen mit einer Politik, die sich nur als ethno-nationalistisch-reaktionär beschreiben lässt. Dies findet auch seinen Ausdruck in den freundschaftlichen Beziehungen, die Netanyahu mit autoritären Staatslenkern wie Orban, Bolsonaro, Duterte oder Trump – der sich mit „großer und unvergleichlicher Weisheit“ gesegnet sieht [SZ, 9.10.2019, S. 3] – pflegt und der Sympathie, ja Bewunderung, die Israel – als das Bollwerk gegen „den Islam“ – bei fremdenfeindlichen, neofaschistischen Parteien genießt, deren Führer freundlich in Tel Aviv empfangen werden.
LBGA-Broschüre verleumdet die BDS-Bewegung in München
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen lässt es sich nur als niederträchtig und infam bezeichnen, wenn in dem Absatz der LBGA-Broschüre, der sich mit der Entwicklung der BDS-Bewegung in München befasst, so verdienstvolle und teils altgediente Gruppen, Vereinigungen und Organisationen der Friedensbewegung wie – man glaubt es kaum – Pax Christi (mit ihrer Kampagne „Besatzung schmeckt bitter“), die „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (IFFF), das „Münchner Friedensbündnis“, die „Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe“, das „Palästina-Komitee München“ (insbesondere mit seinen „Palästina Tagen“), die „Frauen in Schwarz“ sowie „Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.“ (17) – wenn also alle diese Gruppen umstandslos verleumdet werden, denn wer sich mit BDS gemein macht, ist ja im Sinne der „Kontaktschuld“ (Micha Brumlik) zumindest antisemitismusverdächtig. Das letzte diesbezügliche Werk des israelischen Historikers und Soziologen Moshe Zuckermann lautet „Der allgegenwärtige Antisemit“ – was sich durchaus ironisch verstehen lässt.
Da nützt es auch nichts, dass sich immer wieder die wirklichen Experten, zumeist jüdische bzw. israelische Wissenschaftler und Akademiker, entschieden gegen die Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus aussprechen. Vor der Bundestagsresolution (vom Mai 2019) gegen die „antisemitische BDS-Kampagne“ (18) waren es hunderte, die in einem gemeinsamen Aufruf auch vor der damit einhergehenden Aushöhlung unserer Grundrechte auf Rede- und Versammlungsfreiheit warnten.
In diesem Sinne hat das Verwaltungsgericht Köln am 18.9.2019 in einem wegweisenden Urteil (19) entschieden, den Deutsch-Palästinensischen Frauenverein e.V. zum jährlichen Bonner Kultur- und Begegnungsfest „Vielfalt! – Bonner Kultur – und Begegnungsfest“ zuzulassen. Die Stadt hatte den Verein wegen seiner Unterstützung der BDS-Bewegung ausgeschlossen.
Das Gericht stellte darüber hinaus grundsätzlich fest: Stadtrats-, Landtags- oder Bundestagsbeschlüsse „gegen die antisemitische BDS-Bewegung“ seien „keine Rechtssetzungsakte, sondern politische Resolutionen bzw. Willensbekundungen. Sie allein vermögen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen bestehenden Rechtsanspruch einzuschränken.“ Der Ausschluss des Frauenvereins vom Festival „stellt eine sachlich nicht einmal ansatzweise gerechtfertigte Ungleichbehandlung“ dar. Der BDS-Kampagne fehle es an „verfestigten organisatorischen Strukturen und einer hinreichenden Homogenität, um den Unterstützern der BDS-Kampagne zwangsläufig eine antisemitische Haltung zuzuschreiben.“
Das Gericht befand daher, dass das Verhalten der Stadt Bonn gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 3) verstößt und gleichzeitig das Grundrecht des Vereins auf Meinungs- und Äußerungsfreiheit (Artikel 5) verletzt. Die Meinungsfreiheit umfasse auch die Freiheit, Boykottkampagnen zu diskutieren und dazu aufzurufen, und wird auch durch Artikel 10 (Meinungsfreiheit) und Artikel 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt, die die Bundesrepublik Deutschland in ihre nationale Gesetzgebung integriert hat.
Das Kölner Gericht folgte mit seiner Entscheidung zwei früheren Urteilen des Verwaltungsgerichts Oldenburg (20) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (21), die gleichfalls den Zugang von BDS-Aktivisten zu öffentlichen Einrichtungen schützen, die von den Kommunen zu-nächst abgelehnt worden waren.
Es ist schon einigermaßen befremdlich, dass unsere politisch-gesellschaftlichen Eliten – und mit ihnen natürlich das LGBA – sich von Gerichten belehren lassen müssen über die Grundlagen unseres „bürgerlichen“ Rechtsstaates.
Darüber hinaus wäre ihnen – und hier insbesondere dem LBGA – die Lektüre des dem Kölner Gericht eingereichten Gutachtens des emeritierten Professors Moshe Zuckermann von der Universität Tel Aviv sehr zu empfehlen, der darauf hinweist, dass, wer Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik gleichsetzt, nicht verstanden hat, dass dies „drei verschiedene Kategorien sind, die zwar eine Verbindung aufweisen können, aber im Wesen separat zu behandeln sind. Juden können nichtzionistisch oder gar antizionistisch sein, ohne deshalb antisemitisch zu wirken. Man kann Israel kritisieren, ohne antizionistisch zu sein. Man kann übrigens auch Antisemit sein und zugleich Anhänger des zionistischen Israel. Es muß endlich klargestellt und eingesehen werden, dass nicht alle Juden Zionisten, nicht alle Zionisten Israelis und nicht alle Israelis Juden sind. Entsprechend sind Judentum, Zionismus und Israel kategorisch auseinanderzuhalten, und von daher auch Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik. Kritik, auch harte, an der Politik Israels stellt nicht das Existenzrecht Israels infrage, wie im Bonner Beschluss behauptet wird, sondern die Berechtigung Israels, seine repressive und menschenrechtsverletzende Politik gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser zu betreiben.“
Und zur BDS-Bewegung stellt Zuckermann klar, dass sie „sich zunächst und vor allem durch eines aus[zeichnet]: durch die bewusst proklamierte Gewaltfreiheit... Darüber hinaus ist die BDS-Bewegung vom Postulat des Widerstands 'gegen alle Formen von Rassismus, einschließlich des Antisemitismus' angetrieben. Wenn sich die Bewegung selbst so sieht und definiert, dann sollte man ihr gefälligst die Deutungshoheit dessen, was sie ist und will, überlassen. Der Versuch, sie als antisemitisch darzustellen, ist, so besehen, manipulativ und ideologisch interessengeleitet. Es ist primär der Versuch der Delegitimation einer demokratisch legitimen politischen Praxis, der sich gerade in der perfiden Verwendung des Antisemitismus-Vorwurfs als zutiefst verlogen erweist.“
Als kürzlich die Stadt Dortmund der britisch-pakistanischen Schriftstellerin Kamila Shamsie den Nelly-Sachs-Preis aberkannte wegen ihres Engagements für die BDS-Bewegung, protestierten mehr als 250 teils renommierte Künstler und Intellektuelle – unter ihnen Noam Chomsky, Michael Ondaatje, Arundhati Roy, Tom McCarthy, Ocean Vuong, Teju Cole, Barbara Ehrenreich, George Saunders, Alexander Kluge, der Literaturnobelpreisträger JM Coetzee – in einem Offenen Brief in der britischen Literaturzeitschrift London Review of Books. (22)
Was bedeute ein Literaturpreis, fragen die Autoren, wenn er das Recht untergrabe, sich für Menschenrechte und Redefreiheit einzusetzen. Ohne diese Rechte seien Kunst und Kultur bedeutungsloser Luxus. Die Autoren zitieren eine gemeinsame Erklärung von vierzig jüdischen (!) Organisationen , laut der es „sowohl dem palästinensischem Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit als auch dem globalen Kampf gegen Antisemitismus“ schade, wenn man „antijüdischen Rassismus mit Kritik an Israels Politik“ vermische. Diese Vermischung bewahre Israel davor, sich an den Standards der universellen Menschenrechte und dem Völkerrecht messen zu lassen.
LBGA nicht auf der Höhe des „bürgerlichen“ Rechtsstaates
Angesichts dieser klaren Aussagen lässt sich nur konstatieren, dass sich das LBGA offensichtlich nicht einmal auf der Höhe des „bürgerlichen“ Rechtsstaates befindet, sondern sich dem völkisch-nationalistischen Diskurs des israelischen Zionismus unterwirft.
Dass sich die hinter der Broschüre stehenden Gruppen als ein „linkes“ Bündnis begreifen, das aus einer „dezidiert linken Perspektive“ , auf der Basis einer „antifaschistischen, antirassistischen, femi-nistischen und kapitalismuskritischen Grundhaltung ... gegen Antisemitismus … mobilisieren“ möchte, provoziert allerdings einige Fragen.
Wie erklären es sich diese „antifaschistischen“ Gruppen, dass etwa der mit dem Israel-Preis ausgezeichnete Politologe und Faschismusforscher Zeev Sternhell – er ist eine der anerkannten Autoritäten auf diesem Gebiet – bereits 2014 Anzeichen für einen in Israel aufkommenden Faschismus ausmachte? (23) Gerade erst [am 26.9.2019] wurde die Neuauflage seines Standardwerks „Fa¬schis¬ti¬sche Ideo¬lo¬gie“ in der SZ [S. 12] begrüßt.
Man hätte gern gewusst, wie das LBGA sich zu den Befunden der an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrende Linguistin Nurit Peled-Elhanan positioniert, deren Tochter 1997 bei einem palästinensischen Selbstmordanschlag ums Leben kam, den sie als ein zwangsläufiges Resultat der Besatzung sah. Sie erhielt übrigens den vom Europäischen Parlament verliehenen Sacharow-Preis für geistige Freiheit. In einem Interview von 2013 meinte sie: „Israel nähert sich dem Faschismus in einer Geschwindigkeit, die sich niemand vorstellen konnte... Rassismus und Militarismus beherrschen hier alles….Israel ist eindeutig ein totalitärer Staat, Demokratie gibt es nur für die Juden… Ich denke, es ist ein kolonialistisches Regime.“ (24)
Und in dem Zusammenhang ist aufschlussreich, dass bei der Selbstbeschreibung des LBGA der Begriff „antikolonialistisch“ fehlt. Die Darstellung Israels als „siedlerkolonialistisches Projekt“, wozu sich die zionistische Bewegung v. a. in ihren Anfängen ganz unbefangen bekannte, und das sich auch heute noch tagtäglich in Form der Enteignung und Besiedelung palästinensischen Landes fortsetzt, gilt bei den blinden Israelfreunden im Gegenteil als weiterer Beleg für – wer hätte das gedacht – Antisemitismus.
Dass es sich beim LBGA auch noch um den Zusammenschluss der Jugendorganisationen linker und linksliberaler Parteien handelt, mag man angesichts des völkisch-nationalistischen „Irrwegs Israels“ (Prof. Rolf Verleger) kaum glauben.
Immerhin zeichnet sich linke Politik von jeher in erster Linie durch Herrschaftskritik und damit einen Befreiungsanspruch aus, welcher sich immer auf ein bestimmtes Herrschaftsverhältnis zu beziehen hat, im vorliegenden Fall auf den bellizistischen, ethno-nationalistischen Zionismus, der nicht nur die indigene palästinensische Bevölkerung der Dauerrepression unterwirft, sondern auch die Nachbarstaaten nach Gutdünken attackiert.
Aber diese Realität im Nahen Osten wird von den Israelfreunden geflissentlich ignoriert, und diejenigen, die darauf hinzuweisen sich erlauben, sind in diesem Denken – nun ja –, „Judenfeinde“.
Der Anspruch des LBGA, links zu sein: nichts anderes als eine Anmaßung
So lässt sich abschließend nur feststellen, dass der Anspruch des LBGA, links zu sein, nichts anderes als eine Anmaßung ist, was sich ihnen unschwer erschließen sollte, wenn sie sich auf die Analysen der vielen zumeist linken israelischen und/oder jüdischen Wissenschaftler und Akademiker einließen, die in verzweifelter Sorge um die Zukunft Israels dessen Politik scharf kritisieren, um es zu einer Umkehr zu bewegen.
Endnoten:
1) Die Assmanns beziehen sich hier auf den ersten Satz des „Kommunistischen Manifests“ von Marx und Engels
2) https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-today-i-am-ashamed-to-be-an-israeli-1.6294754
3) https://www.tachles.ch/product/25896
4) https://lbgamuenchendotorg.files.wordpress.com/2019/12/lbga_broschuere_istbdsantisemitisch_a5_1119-2.pdf
5) Prof. Jeff Halper wurde 2006 vom American Friends Service Committee für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen; 2009 erhielt er den „Kant-Weltbürgerpreis“ der Freiburger Kantstiftung für sein „mutiges Eintreten für politisch und sozial marginalisierte Bevölkerungsgruppen“.
6) https://www.haaretz.com/opinion/.premium-79-percent-of-right-wingers-believe-jews-are-the-chosen-people-are-you-for-real-1.6471893
7) Richard Falk, Professor an der Princeton University, wurde 2008 vom UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) für sechs Jahre zum Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen ernannt für die Situation der Menschenrechte in den palästinensischen Autonomiegebieten, die seit 1967 widerrechtlich von Israel besetzt sind.
8) Virginia Tilley, Professorin an der Southern Illinois University-Carbondale, forschte und lehrte von 2006 bis 2011 am Human Sciences Research Council in Südafrika(HSRC), wo sie insbesondere Studien zu Südafrikas Übergang von der Apartheid zur Demokratie leitete.
9) https://www.unescwa.org/sites/www.unescwa.org/files/publications/files/israeli-practices-palestinian-people-apartheid-occupation-english.pdf – Seite 64: „Efforts should be made to broaden support for boycott, divestment and sanctions initiatives among civil society actors.“
10) https://bibjetzt.files.wordpress.com/2017/11/avi-shlaim_interview_dt.pdf
11) https://www.haaretz.com/1.5262454
12) SZ, 15.3.2008, https://www.sz.de/1.287333
13) https://www.neuerispverlag.de/aushang/deeg_id124_avnery.pdf
14) https://www.deutschlandfunk.de/viele-juden-schaemen-sich-israels.694.de.html?dram:article_id=63832
15) http://www.netzeitung.de/politik/ausland/950417.html
16) 27.07.2016, http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ausland/Avi-Primor-zur-Situation-in-seiner-Heimat-%E2%80%9EFrieden-schlie%C3%9Fen%E2%80%9C-article3316367.html
17) Es ist bezeichnend für die Infamie des LGBA, dass sie den Verein in die Nähe des rechten Antisemitismus zu rücken versucht, weil auf seiner Homepage im Jahr 2016 auf zwei englischsprachige, teils die Grenzen zum Antisemitismus überschreitende Websites verlinkt wurde, wofür allerdings der damals zuständige Webmaster verantwortlich war. Die Zusammenarbeit mit ihm fand damals ein sofortiges Ende. Der Verein hat sich für diese ihm äußerst unangenehme Entgleisung mit dem Ausdruck größten Bedauerns entschuldigt und die Homepage vom Netz genommen. Jeder, der Salam Shalom auch nur oberflächlich kennt, weiß um die Abwegigkeit des ihm gegenüber erhobenen Vorwurfs.
18) https://de.scribd.com/document/410142758/Statement-by-Jewish-and-Israeli-Scholars-to-German-Parties-on-BDS
19) Rechtssache 14 L 1747/10
20) Rechtssache 3 A 3012/16)
21) Rechtssache 10 ME 48/19
22) https://www.lrb.co.uk/blog/2019/september/the-right-to-boycott
23) http://www.haaretz.com/news/features/.premium-1.610368
24) 20. Februar 2013, http://www.hintergrund.de/201302202455/feuilleton/zeitfragen/rechte-ideologie-und-propaganda-in-israelischen-lehrbuechern.html
Online-Flyer Nr. 730 vom 18.12.2019
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