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Aktueller Online-Flyer vom 23. November 2024  

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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Maas-los überschätzt
Von Evelyn Hecht-Galinski

Angesichts der bevorstehenden Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlandes bemüht sich der „Auschwitzminister“ in Israel, nur ja nicht anzuecken und ja nichts falsch zu machen mit seiner zaghaften Kritik am angekündigten Völkerrechtsbruch der Netanjahu-Regierung, die sich nur freuen konnte über diese Dienstbeflissenheit. Vorsorglich wurden keine Fototermine und keine Pressekonferenzen angesetzt, zu denen er den "Auschwitzminister" mit seiner Deutschland-Davidstern-Freundschaftsmaske treffen würde, obwohl er sich sicher sein konnte, dass es Deutschland bei zurückhaltender Kritik beließe, und auch im Falle der Annexion weder Sanktionen noch eine Anerkennung des Staats Palästina zu erwarten wäre.

Hat sich das „jüdische Apartheidregime“ jemals an „internationales Recht“ gehalten?

Der „Auschwitzminister“ wagte sich nur mit der Plattitüde, dass eine Annexion nicht mit dem internationalen Recht vereinbar wäre, aus der Deckung. Hat sich denn das jüdische Apartheidregime jemals an "internationales Recht" gehalten? Schon bei seinem Antrittsbesuch bei Netanjahu hatte der kleinmütige Außenminister weder die Palästinenser noch den illegalen jüdischen Siedlungsbau angesprochen. Was kann man erwarten von einem Minister, der „wegen Auschwitz“ in die Politik ging? Anstatt sich Auschwitz als Mahnung zu Herzen zu nehmen und gegen jedes Unrecht vorzugehen und zu protestieren, beflügelte es ihn tatsächlich, den "jüdischen Besatzerfreunden" alles zu verzeihen, ja sie noch zu bestärken in ihrem menschen- und völkerrechtswidrigen Kurs.

Der „Auschwitzminister“ ließ sich sogar vorführen von seinen „jüdischen Freunden“

Der „Auschwitzminister“ ließ sich sogar vorführen von seinen "jüdischen Freunden" und hatte sich unter mehr als vorgeschobenen Gründen daran hindern lassen, seinen geplanten Besuch bei dem palästinensischen Ministerpräsidenten Muhammad Schtajjeh anzutreten. Das Netanjahu-Regime hatte verfügt, dass, sollte Maas nach Ramallah reisen, er sich wegen der Corona-Pandemie in eine Quarantäne zu begeben hätte, bevor er den Ben-Gurion Flughafen wieder betreten dürfte – wohl kaum aus "medizinischen" Gründen. Schließlich reisen Diplomaten-Kollegen, Journalisten und Tausende von palästinensischen Arbeitern ungehindert hin und her. Auch sind die Corona-Fälle und Infizierten-Zahlen im besetzten Westjordanland wesentlich niedriger als im "jüdischen Staat", wo es wegen eines Anstiegs der Zahlen schon zu zahlreichen Schulschließungen kam.

Wieder einmal gingen „deutsch-jüdische“ Beziehungen auf Kosten der Palästinenser


Es war ein denkbar schlechtes Zeichen, dass sich der "Auschwitzminister" seine Besuchs-Agenda vom Netanjahu-Regime diktieren ließ und auf den persönlichen Besuch beim palästinensischen Ministerpräsidenten verzichtete. Ob er wohl auch eine "Deutschland-Palästina"-Maske im Gepäck hatte? Wieder einmal gingen die "deutsch-jüdischen" Beziehungen auf Kosten der Palästinenser. Und das ist eine Schande und beweist die "Maas-los" einseitige und unglaubwürdige deutsche Außenpolitik. Eine Video-Konferenz-Schaltung aus Amman zwischen dem zu Recht enttäuschten palästinensischen Ministerpräsidenten Schtajjeh – Maas mit "Deutsch-jordanischer" Maske – und dem jordanischen Außenminister Ajman Safadi war sicher kein Ersatz für den Besuch in Ramallah, aber ein weiterer Beweis dafür, wer die Macht hat und wie Deutschland und sein Außenminister vor der Welt vorgeführt wurden.

Wie gerade israelische Zeitungen wie Haaretz darüber berichteten, hätte Maas die Schamesröte ins Gesicht treiben lassen müssen. Er machte der deutschen Politik "alle Ehre", wie er als "Netanjahus Pudel" agierte.

Es reicht nicht mehr aus, „besorgt zu sein“

Stattdessen hätte er dem Netanjahu-Regime unmissverständlich mitteilen müssen, dass, wenn Deutschland am 1. Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, es nicht mehr ausreicht, über Annexion, Siedlungsbau und Völkerrechtsverbrechen "besorgt zu sein", sondern unmissverständlich handeln und auch vor den längst fälligen Sanktionen nicht zurückschrecken würde. Ist doch gerade die EU nicht sonderlich zimperlich, wenn es um Androhung von Sanktionen gegen Russland, die Türkei, Iran oder China geht. Wenn die Bundesregierung vollmundig verkündet, dass Deutschland "sich seiner Verantwortung für die Europäische Union bewusst ist" und auch noch in Anlehnung an Trump(!) als Slogan "Europa wieder stark machen will" verwendet, dann gelingt das mit dem EU-Außenbeauftragten Borell bestimmmt nicht. Wenn dieser sagt: "das transatlantische Verhältnis [ist] für uns lebenswichtig und die gemeinsamen Werte bilden ihr Fundament", dann kann man sich nur noch schaudernd abwenden, angesichts solcher europäischen Politik.

Freimachen von falscher Holocaustpolitik

Die EU, inklusive Deutschland, sollte sich endlich freimachen von falscher Holocaustpolitik, die die zionistischen Verbrechen des "jüdischen Staats" toleriert und mit Waffen, Kooperation und u. a. mit 1,4 Milliarden Euro für das EU-Forschungsprogramms Horizon unterstützt. Gerade diese "Fördergelder" haben diese Besatzungspolitik ermöglicht. Wenn sich die EU nicht endlich darüber einigt, Sanktionen zu beschließen, wird sie ewig der zahnlose Tiger bleiben, so "Maas-los" überschätzt wie ihre angeblichen Werte.

Eine einseitig israelisch ausgerichtete Außenpolitik ist eine Schande für Deutschland

Eine deutsche Außenpolitik, die geführt von Merkel und Maas aus der Verantwortung der Vergangenheit, jüdisches Leben zu schützen, Politik macht, diese Verantwortung aber einseitig israelisch ausrichtet, ist eine Schande für Deutschland.

Zu unserer Verantwortung gehört (nicht!) die Sicherheit Israels

Kanzlerin Merkel agiert wie gehabt, wenn sie in ihrem wöchentlichen Podcast in einem Grußwort an das American Jewish Committee (AJC), dessen jährliches Global-Forum-Treffen erstmals in Berlin wegen Corona virtuell stattfindet, „im Wissen um unsere Verantwortung“ darauf hinweist, dass „wir“ nicht neutral sein wollen und können und für gelebte Demokratie und Menschenrechte eintreten in Deutschland wie auch in der Welt. Zu unserer Verantwortung zähle auch, für die Sicherheit Israels einzutreten, die "unsere" Staatsräson gebietet. "Juden sollen sich frei und sicher fühlen" und "uns" für Verständigung zwischen den Völkern einsetzen, die nur durch Verständigung und eine verhandelte Zwei-Staatenlösung" zu erreichen ist. Soweit die Kanzlerin, in ihrem Grußwort. Kein Wort über die deutsche Verantwortung gegenüber Palästina. Was für eine "schöne gelebte" deutsche Demokratie, Frau Merkel!

Fügt sich nahtlos in die „Maas-los“ überschätzten Besuch

Das fügt sich nahtlos in den "Maas-los" überschätzten Besuch im "jüdischen Staat", wenn er und Regierungsvertreter schon vorab tönen, dass man den "jüdischen Staat" nicht mit Sanktionen belegen werde, und er nicht mit Drohungen Politik machen, keine "Preisschilder" verteilen wollte und sich bei seinem Besuch lediglich informieren wollte.

Annexionstag endlich zu einer Politikwende gegenüber dem „jüdischen Staat“ zwingen wird


Es bleibt wohl eine unerfüllte Hoffnung, dass dieser 1.Juli, der angekündigte Annexionstag und der Beginn der deutschen Ratspräsidentenübernahme, die EU, endlich zu einer Politikwende gegenüber dem „jüdischen Staat“ zwingen wird.

Die EU und ihre hilflose „Strategielosigkeit“

Hier ist auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borell gefragt, der endlich auch gegenüber Israel eine "robustere Strategie" durchsetzen muss. Wann bietet sich dafür eine bessere Gelegenheit, als jetzt? Israels Ankündigung von weiteren Annexionen, der ungehinderte Siedlungsbau, der schändliche, jedem Völkerrecht entgegenstehende Umzug der US-Botschaft in das illegal besetzte Jerusalem. Es reicht eben nicht mehr, aus Brüssel oder von der UN lediglich "äußerste Besorgnis" zu vernehmen. Das zeugt von hilfloser Strategielosigkeit. Das zionistische Apartheidregime kann daraus seine Schlüsse ziehen, dass sich ihre rücksichtslose Besatzungs- und Völkerrechtsverbrechen international auszahlen, weil die Reaktionen auf diese Rechts- und Tabubrüche ohne größere Auswirkungen bleiben. Sie können daraus ableiten, dass die EU und insbesondere Deutschland weder die Kraft, noch die Einigkeit aufbringen, gegen den "jüdischen Staat" wirksame Kritik oder Strafmaßnahmen einzuleiten.

Was muss eigentlich noch passieren, bis Sanktionen endlich eingesetzt werden?

Warum wird in Deutschland und Brüssel gerade gegen den "jüdischen Staat" und seine jahrzehntelange illegale Besatzungs- und Landraubpolitik jede Sanktionspolitik vermieden? Was muss eigentlich noch passieren, bis Sanktionen  als wirksames Instrument endlich eingesetzt werden? Der "jüdische Staat" besetzt straflos palästinensisches Land und vertreibt, beraubt, verhaftet, mordet und schikaniert die palästinensische Bevölkerung. Israel bricht internationales Recht, hält in Gaza mehr als 2 Millionen eingesperrte Menschen in einem Konzentrationslager, nach einem Völkermord während seiner Angriffe  auf Gaza gegen hilflos Eingeschlossene. Tausende von Palästinensern sitzen eingesperrt in illegaler Administrativhaft, ohne Rechte und Zugang zu Anwälten oder Familie. Während mörderische jüdische Täter schnell wieder frei kommen, können Palästinenser auf keine Milde hoffen, sondern bleiben immer die Feinde und Terroristen. Sie werden gefoltert und unter unmenschlichen Zuständen inhaftiert, auch Frauen, Kinder und Alte, alleingelassen von Europa und der Welt. Mit dem Nationalgesetz wurden schon Tatsachen geschaffen, die allein Juden alle Rechte gaben und Minderheiten entrechtete. Auch damals schwieg die EU, obwohl es schon damals Grund genug gewesen wäre zu reagieren.

Dieser gefährliche Kolonialstaat breitet sich wie eine Krake aus

Der Einfluss des "jüdischen Staats", der sich als "einzige" Demokratie im Nahen Osten und westlich stabiles Bollwerk darstellt, unterstützt vom Westen, der EU und den USA weitet sich weltweit immer mehr aus. Dieser gefährliche Kolonialstaat breitet sich wie eine Krake- von Afrika, über China bis nach Russland aus. Es scheint, als ob der Holocaust die Welt lähmt, die richtige Antwort gegenüber dem "jüdischen Apartheidstaat" zu finden. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die sicher nicht das Demokratieverständnis fördert. Im Gegenteil. Mit dieser Politik wird die "christlich-jüdische-Scheinheiligkeit" gefördert, die sich vereint im Islamhass. Die Vorbehalte und Verdächtigungen gegenüber Muslimen sollten uns alle tief besorgt machen und im Kampf gegen Rassismus bestärken. Es ist nicht der Antisemitismus, der die heutige Bedrohung darstellt, sondern es ist der Philosemitismus, die übersteigerte "Judenliebe", der wahre heutige Antisemitismus, der Juden aufteilt und denunziert, wenn sie nicht in die "Israel-Lobby-Schublade" passen, sondern sich für Gerechtigkeit und die Freiheit Palästinas einsetzen.

Verhandlungen mit diesen kolonialen Besatzern unmöglich

Wie also kann man die EU dazu bringen, endlich mit einem entschiedenen Vorgehen gegen den "jüdischen Staat" vorzugehen? Wenig geeignet scheint die Maas-Ankündigung, mit "neuen Impulsen" für die Wiederbelebung der Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern zu sorgen. Verhandlungen sind mit diesen kolonialen Besatzern und Landräubern nicht möglich. Es ist doch bekannt, dass Israel einen Staat Palästina rigoros ablehnt. Worüber soll dann noch verhandelt werden? Über die "Endlösung" der ethnischen Säuberung Palästinas?

Die Vorzeichen stehen denkbar schlecht mit der „Staatsräson Kanzlerin“ und dem „Auschwitzminister“

Die Vorzeichen stehen denkbar schlecht, wenn erst Berlin, der „Auschwitzminister" und die "Staaträson-Kanzlerin" die Ratspräsidentschaft übernehmen. Aber trägt nicht gerade Deutschland mit seinem Anspruch auf die "besondere" Verantwortung und dem Festhalten an der Unmöglichkeit der "Zwei-Staatenlösung" dazu bei, dass es eben niemals zu einer gerechten Lösung für Palästina kommen kann?

Mit vorauseilendem Gehorsam muss endlich Schluss sein

Hier ist endlich die EU in der Pflicht! Mit vorauseilendem Gehorsam muss endlich Schluss sein. Weder der illegale Anspruch auf ein "Existenzrecht" für diesen "jüdischen Staat" darf unterstützt werden, noch eine deutsche Staatsräson für den "jüdischen Staat" ist mit "unseren Werten" vereinbar. Jüdisches Leben in Deutschland soll ebenso geschützt werden wie muslimisches, christliches oder atheistisches, das gebietet unsere Verfassung unmissverständlich. Aber auf keinen Fall darf einem "jüdischen Besatzerstaat" die Sicherheit durch Deutschland garantiert werden.


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 747  vom 17.06.2020

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