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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Globales
Ein aufschlussreicher EU-Comic aus dem Jahr 2011
Eine beängstigende Vorhersage?
Von Wolfgang Effenberger

In dem 2011 von der EU-Abteilung "Internationale Beziehungen und Entwicklung der Kommission der Europäischen Union" publizierten Comic-Heft "INFECTED" wird fiktional geschildert, wie sich von China aus ein Virus über die ganze Welt ausbreitet, die Weltwirtschaft lahmlegt und auf diesem Weg die Menschheit unter eine globale Diktatur führt. Eine beängstigende Vorhersage der aktuellen Covid-19-Pandemie inklusive weltweitem Lockdown! (1) Gegen Ende der Geschichte, auf Seite 44, trifft sich die EU-Spitze in einer Sitzung unter den per Video zugeschalteten Repräsentanten aus der UN und dem Weißen Haus.

Auf die Begrüßung des Plenums durch den Parlamentspräsidenten (Mitte): „Liebe Kolleginnen und Kollegen, der schlimmste infektiöse Unfall in der Geschichte der Menschheit ist in wenigen Wochen unter Kontrolle gebracht worden, und trotz trauriger Verluste konnten viele Millionen Menschenleben gerettet werden“...



...antwortet die "Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik":



„Die Verluste wurden auf weniger als eine Million Menschenleben begrenzt, und die Ausbreitung des Virus B1049 konnte in nur sechs Wochen gestoppt werden, nachdem das freiwillige pharmazeutische Notfallkonsortium in großem Maßstab die Phase der Serum- und Impfstoffproduktion eingeleitet hatte“.


Die letzten drei Seiten des Comics sind überschrieben mit „BACK TO REALITY“ (Zurück zur Realität) und haben durchaus wissenschaftliche Tiefe: Eingangs wird darauf verwiesen, dass die Geschichte zwar fiktiv, aber dennoch mit einigen sachlichen Informationen durchsetzt sei. Anschließend folgen in 9 Punkten „weitere Hinweise auf einige der 'Real-Life-Elemente' der Geschichte“, die es ermöglichen sollen, „die wissenschaftlichen Fakten hinter der Fiktion zu entdecken!“ (2)

Auf diese Weise sollten die im europäischen Parlament arbeitenden Bürokraten und Eliten, an die der Comic verteilt wurde, wohl verschlüsselt auf die Zukunft eingestimmt werden. (3) Hier die (leicht gekürzten) abschließenden Hinweise:

1. Peking 2006

Die erste internationale Ministerkonferenz über Vogelgrippe (Tierseuche) und Grippepandemie fand im Januar 2006 in Peking statt. Sie wurde von der chinesischen Regierung ausgerichtet und von der Europäischen Kommission (Initiatorin der Konferenz) und der Weltbank gemeinsam gesponsert. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Veranstaltung waren: Ein globales Abkommen (die Erklärung von Peking), das auf höchster Ebene von mehr als 100 Bezirken und Vertretern internationaler und regionaler Organisationen und Agenturen des Privatsektors und der Zivilgesellschaft gebilligt wurde; ein Bekenntnis zu: Entwicklung und Umsetzung integrierter nationaler Pläne auf Länderebene zur Bekämpfung der hoch pathogenen Vogelgrippe (HPAI); Aufbau einer langfristigen strategischen Partnerschaft zwischen der internationalen Gemeinschaft und den betroffenen oder gefährdeten Ländern; Austausch von Informationen und biologischem Material im Zusammenhang mit HPAI; Verstärkung der Zusammenarbeit bei der globalen Forschung, einschließlich der Forschung über Impfstoffe und antivirale Mittel; Bewertung der Ergebnisse und Auswirkungen dieser Bemühungen. Hilfszusagen zur Bekämpfung von HPAI in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden US-Dollar, etwa 214 Millionen davon von der Europäischen Union als Zuschüsse. (4)

2. P4 Laboratorium

Das Akronym P4 steht für Pathogene und Biosicherheits-Agenzien der Stufe 4, d.h. Mikroorganismen mit hohem pathogenem Potenzial. P4-Laboratorien sind Hochsicherheitsanlagen, in denen hoch pathogene, oft sehr ansteckende und tödliche Infektionserreger für die Forschung manipuliert werden. Jüngste Beispiele für Krankheitserreger, mit denen in P4-Laboratorien gearbeitet wird, sind der virale Erreger des schweren akuten respiratorischen Syndroms (SARS) - ein Coronavirus - sowie die Viren Ebola, Marburg, Lassa und Kongo-Krim. Es gibt weltweit weniger als 20 P4-Labors.

3. Ebola-, Marburg-, Lassa-Viren

Es gibt verschiedene Arten von Ebola-Viren. Einige sind beim Menschen nicht pathogen, aber bei Tieren tödlich, und einige sind beim Menschen extrem aggressiv. Es gibt keine spezifische Behandlung für diese Krankheit. Das Ebola-Virus ist ein potentieller Erreger für die biologische Kriegsführung. Das Lassa-Fieber ähnelt Ebola und hat ein hohes infektiöses Potenzial (bis zu 50% der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten). Es ist für tödliche Epidemien verantwortlich, vor allem in Westafrika, wo jedes Jahr zwischen 300.000 und 500.000 Fälle auftreten, Todesfälle: 5.000 bis 6.000. Das Marburg-Virus findet sich in Fledermäusen; es befiel bis zum Jahr 2000 vor allem die östlichen und südafrikanischen Regionen. Zwei große Epidemien gab es im Kongo (2000) und in Angola (2005).

4. Zoonosen

Zoonosen sind Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden können. Sie können durch Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten oder nichtkonventionelle Übertragungserreger (wie die für Creutzfeldt-Jakob und Rinderwahnsinn verantwortlichen Prionen) verursacht werden. Etwa 70% der neuen Infektionskrankheiten beim Menschen (die sogenannten "Emerging Infectious Diseases" EIDs) gehen von Tieren aus. Ihre Zahl nimmt exponentiell zu, wobei fast jedes Jahr neue EIDs diagnostiziert werden. Eine bessere Überwachung der Krankheiten könnte diesen Trend teilweise erklären, aber der Hauptfaktor scheint in der wachsenden Größe der menschlichen und tierischen Populationen zu liegen, zusammen mit dramatischen Veränderungen der Bewegungsprofile von Menschen und Tieren im Kontext der Globalisierung.

5. One Health

"One Health" (OH) ist ein integrierter Gesundheitsansatz, der sich auf die Interaktionen zwischen Tieren, Menschen und der jeweiligen vielfältigen Umwelt konzentriert. Er fördert die Zusammenarbeit, Synergie und gegenseitige Befruchtung zwischen allen Berufssparten und Akteuren, deren Aktivitäten sich auf die Gesundheit auswirken.

6. Zerstörung in Ländern

In vielen Ländern der Welt, besonders in den ärmsten, sind die Lebensgrundlagen der Menschen eng mit der Gesundheit von Tieren verbunden. Gesunde Tiere übertragen seltener Krankheiten, und ihre Produktion kann in der vorhandenen Umgebung optimiert werden. Es wird oft vergessen, dass die hochpathogene Vogelgrippe nicht nur mehr als 300 (registrierte) Todesfälle beim Menschen forderte, sondern auch einen wirtschaftlichen Tribut der Geflügelproduktion durch die Tötung von über zweihundert Millionen Vögeln zur Eindämmung der Epidemie.

7. Sektorübergreifende Zusammenarbeit

Gesamtgesellschaftlicher Ansatz und Reaktion statt der "traditionellen" Gesundheitssektoren (menschliche und öffentliche Gesundheit auf der einen Seite, Tiergesundheit auf der anderen). Sektoren wie Umwelt, Wildtiere, Landwirtschaft, Transport, Medien und Schulen, um nur einige zu nennen, sind ebenfalls von zentraler Bedeutung. Die sektorübergreifende Zusammenarbeit zielt darauf ab, alle relevanten Berufssektoren in ein gemeinsames Ziel einzubinden, in diesem Fall die gesundheitliche Krisenprävention und, wo nötig, die Bekämpfung, sowie die Förderung von Beiträgen zur globalen Gesundheit. Die Erfahrungen mit H5N1 und H1 N1 haben auch gezeigt, dass die Bemühungen um eine bessere Gesundheit nicht auf Spezialisten beschränkt bleiben dürfen, sondern die Gesellschaft als Ganzes einbeziehen müssen, einschließlich politischer Führer, Meinungsmacher, Lehrer und Bürger.

8. Pandemiebereitschaft

Während sich die Prävention auf Bemühungen bezieht, die Auswirkungen einer Pandemie zu verhindern, zu bewältigen und abzuschwächen, bezieht sich die Pandemiebereitschaft auf einen Dauerzustand, in dem alle Bereiche der Gesellschaft ständig für eine Pandemie oder sogar für jedes größere Gesundheitsrisiko mit Auswirkungen auf das normale Leben gerüstet sind. Die globale Reaktion auf die Influenza H5N1 und A(H1N1)2009 führte in einigen Ländern schon zu einem angemessenen Niveau der Pandemiebereitschaft.

9. Kommunikation

Eine Unsicherheit aufklärende Kommunikation war während der H5N1- und A(H1N1)2009-Krisen eine Herausforderung. Sie wird oft als unzureichend oder widersprüchlich empfunden. Gesundheitsrisiken verändern sich mit der Globalisierung, und daher müssen neue Kommunikations-Strategien - einschließlich einer besseren globalen Koordination - entworfen und vereinbart werden. Ein Weg ist, der Öffentlichkeit und den Fachleuten an vorderster Front besser zu erklären, dass "die Experten nicht alles wissen und dass sie in Wirklichkeit oft "nichts wissen". Obwohl dies das Leben der politischen Entscheidungsträger erschwert, könnten offene Aussagen darüber, was sicher ist und was nicht, klar bekannt ist, das Vertrauen in Krisenzeiten stärken und das Phänomen "Verdammt, wenn du es tust. Verdammt, wenn du es nicht tust" vermeiden.

Leider sind die Kommunikationsempfehlungen in der aktuellen Corona-Krise völlig missachtet worden. Alles, was nicht regierungsamtlich verlautbart wurde, wird als Gerücht – oder noch perfider – als "rechte Verschwörungstheorie" diffamiert.


Anmerkungen:

1) JD Morvan/Huang Jia Wei: INFECTED
https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/4cc2ea93-d003-417e-9294-1103a6ee877d
European Commission Luxembourg: Publications Office of the European Union, 2011, ISBN: 978-92-79-21088-4 doi: 10.2841/25737 © European Union, 2011 Reproduction is authorised provided the source is acknowledged.



2) JD Morvan/Huang Jia Wei: INFECTED
https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/4cc2ea93-d003-417e-9294-1103a6ee877d

3) Interview Freda Y. Yilmazoglu und Murat Akan im türkischen Beyaz TV
https://www.kla.tv/16831

4) Weitere Informationen über die Konferenz von Peking finden Sie unter:
https://ec.europa.eu/world/avian_influenza/#The_Beijing_Conference

Online-Flyer Nr. 751  vom 12.08.2020

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