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Globales
September 2021
Die neue Weltlage und ihre Auswirkungen im Nahen Osten
Maged Abu Saleh* – interviewt von Gustav Schiedel (Gazainfo)
Das Interview mit Maged Abu Saleh, einem Bewohner des Gazastreifens, wurde am 26. September 2021 geführt und beschäftigt sich zum einen mit der neuen Weltlage und ihre Auswirkungen im Nahen Osten sowie - im TEIL 2 – mit der aktuellen Situation in Palästina. Zur Weltlage äußert Maged Abu Saleh: "Trotz der noch existenten NATO-Allianz ist die Zeit des US-Imperiums vorbei. Es verliert an Macht. Heute zeigt sich das vor allem an der amerikanischen Wirtschaft, der führenden Wirtschaftssupermacht, die noch dazu als führende militärische Macht und politisch führende Superkraft auf dieser Erde und dominierende Macht im UNO-Sicherheitsrat angesehen wird. Da zeigt eine neue Studie, dass bis zum Jahr 2030 China die USA als führende Supermacht ablösen wird, wirtschaftlich und militärisch. Mit ihren Verbündeten der 'Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit' könnte China dann die USA ersetzen." Und auf Palästina bezogen sagt er: "Was die Situation in Zukunft betrifft, könnte es eine palästinensische Zeit sein, keine amerikanische oder israelische Zeit. Denn die Situation ist momentan günstig für die neuen Widerstandsorganisationen in der Region, die gegen die israelische und westliche Vorherrschaft und gegen die Reaktionäre in der Region eintreten. Dazu kommen die politischen Machtverschiebungen zugunsten Chinas und Russlands und der international schwindende Einfluss der westlichen Länder, wie etwa in Afrika oder in süd- und mittelamerikanischen Ländern zu beobachten ist."
Die politische Situation in der Nahostregion war in der letzten Zeit von großen Veränderungen geprägt (z.B. Afghanistan durch die Flucht der USA und ihrer Verbündeten, Libanon durch die Regierungsumbildung, Syrien und die Befreiung von Daraa, usw.). Wie beurteilst du diese Entwicklungen?
Die USA-Strategen und ihre Philosophen haben gedacht, dass das 21. Jahrhundert unter amerikanischer Herrschaft stehen sollte. Das bedeutete, wie Fukuyama in seinem Buch sagte, das „Ende der Geschichte“. Das heißt, die amerikanische Kultur, Sprache und Geschichte und alles, was die amerikanischen Cowboys exportieren, soll auf diesem Globus herrschen, vom Kaugummi über Jeanshosen bis Coca Cola und Dollars. Die USA versuchten, diese Pläne und Strategien auf die Tagesordnung zu setzen.
Und sie haben im so genannten Nahen Osten angefangen mit dem Irak: Durch den Iran-Irak-Krieg ab dem Beginn der 1980er Jahre, um zwei regionale Mächte im Nahen Osten zu schwächen, um danach beide Länder unter ihre Herrschaft bringen zu können. Trotz diesem Krieg, der acht Jahre lang dauerte, trotz der hunderttausenden Toten und unzähligen Verletzten, trotz der vielen Städte, die in Schutt und Asche gelegt wurden und trotz der Milliarden, die verloren gegangen sind und der Milliarden, die beide Länder für den Wiederaufbau brauchten, scheint der Irak als Sieger aus diesem Krieg herausgekommen zu sein.
Deshalb versuchte die USA noch einmal, den Irak in die Knie zu zwingen. Und das sollte durch die Falle mit der Kuwait-Invasion ermöglicht werden. Dadurch wurde der Irak durch die USA und ihre Verbündeten 1991 Opfer eines Angriffskriegs und einer schweren Wirtschaftsblockade. Trotzdem scheinen die US-Pläne nicht reif genug gewesen zu sein, um den Irak in die Knie zu zwingen und einen Regimewechsel durchzuführen. Deshalb versuchten die USA noch einmal 2003, nach einem verheerenden Krieg, den Irak zu besetzen. Und sie versuchten einen Regimewechsel, indem sie ihre Marionetten an die Macht brachten, die bis zum heutigen Tag herrschen.
Trotzdem können die Amerikaner nicht schaffen, was sie geplant haben: dass die Besetzung des Iraks nur eine Stufe ist, um ihre Besetzung in der Region zu ermöglichen. Sie haben gedacht, nach dem Fall des Iraks könnte ein Dominoeffekt eintreten und der Iran oder Syrien und andere Länder unter amerikanische Herrschaft fallen. Im Gegenteil motivierte der Widerstand im Irak andere Regionalmächte, so wie Syrien oder Iran – und hinter denen Russland und China – als die Schlacht der USA auf arabischem Boden stattfand. Besonders, weil in den irakischen Städten und Dörfern ein großer Widerstand gegen die Amerikaner und ihrer Verbündeten ausgebrochen ist, so dass die USA mehrere tausend Tote und zahlreiche Verletzte hinnehmen mussten. Und ihre Träume haben sich als Luftblase herausgestellt.
Trotzdem haben die Amerikaner nicht aufgegeben und ihre Pläne weiter fortgesetzt. Weil ihre Pläne im Irak und in Afghanistan gescheitert sind, versuchen sie noch einmal, durch ihren Staatsterror mit neuen Verbündeten und ihrem alten Slogan „Krieg gegen den Terror“ die Destabilisierung und den Regimewechsel im Nahen Osten zu schaffen. Und um ihre Vorstellung zu verwirklichen, wollen sie diese Pläne auch in andere Länder exportieren, um in Ländern wie Pakistan oder Iran oder Türkei und auch in Ostasien die Regierungen auszuwechseln. Damit versuchen sie, neue Teilungspläne und die amerikanische Herrschaft durchzusetzen.
Deswegen versuchten die USA und ihre Geheimdienste wie auch die europäischen Geheimdienste mit den regionalen Mächten wie der Türkei und Saudi-Arabien und deren Geheimdiensten Terrorgruppen zu mobilisieren und zu finanzieren und mit allen Waffen zu versorgen. Dann kam der so genannte Arabische Frühling, wodurch es zu Regierungswechseln in Ägypten, in Tunesien, im Jemen, in Libyen gekommen ist. Aber am hartnäckigsten war Syrien und dadurch wurden diese Pläne in den Sand gesetzt. Trotz hunderter Milliarden von Dollars für diese Terrorgruppen, deren Mitglieder von verschiedenen Ländern dieser Erde nach Syrien geschickt wurden, von arabischen bis zu europäischen Ländern, von den Uiguren aus China, Turkmenen, Usbeken, Tschetschenien usw. - unter dem Kommando der USA und ihrer Geheimdienste, um die Regierung in Syrien zu stürzen. Und um die Moslembrüder von Marokko, Jakarta, Tunesien an die Macht zu bringen, unter der Herrschaft des osmanischen Erdogan, dem besten Diener der USA in dieser Region. Trotz der Hunderttausenden von Toten und Millionen von Flüchtlingen und Trillionen an Verlusten an Geldern durch das Bombardement der Infrastrukturen in diesen verschiedenen Ländern haben diese amerikanischen Pläne versagt und sind ausgeträumt.
Besonders durch neue Kräfte und Mächte in der Welt, die sich auf der Welttribüne am politischen Theater beteiligen wollen, während die Amerikaner geglaubt haben durch ihre Pläne werden diese Länder wie China, Russland, Iran und deren Verbündete keine Rolle in diesem Jahrhundert spielen können.
Heute, trotz dieses Scheiterns der amerikanischen Pläne im Nahen Osten und dem Neuaufstieg von China, Russland und dem Iran in dieser Region wollen die USA und ihre Verbündeten nicht aufgeben. Vor kurzem versuchte die USA einen neuen Verbündeten zu schaffen, unter dieser so genannten AUKUS-Allianz zwischen den USA, Großbritannien und Australien, so wie zuvor eine Allianz der USA mit Japan, Indien und Südkorea bestand, um eine Belagerung der neuen aufstrebenden Macht China in Süd- und Ostasien zu erreichen. Trotz dieser Allianzen, die von den USA eingegangen wurden, trotz der noch existenten NATO-Allianz ist die Zeit des US-Imperiums vorbei. Es verliert an Macht. Heute zeigt sich das vor allem an der amerikanischen Wirtschaft, der führenden Wirtschaftssupermacht, die noch dazu als führende militärische Macht und politisch führende Superkraft auf dieser Erde und dominierende Macht im UNO-Sicherheitsrat angesehen wird. Da zeigt eine neue Studie, dass bis zum Jahr 2030 China die USA als führende Supermacht ablösen wird, wirtschaftlich und militärisch. Mit ihren Verbündeten der „Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ könnte China dann die USA ersetzen.
Besonders weil die US-Wirtschaft an einer Verschuldung von 23 Trillionen US-Dollars leidet und daran, dass die von der Notenpresse gedruckten Dollars nicht einmal als Klopapier taugen.
In den kommenden Tagen wird eine Resolution der Shanghaier –Organisation herausgebracht werden, mit einer neuen Bank und neuem Sicherheitsapparat und Armee. Das könnte für die USA große Schwierigkeiten bringen, als Reaktion auf ihre Erpressungen und ihren Druck, um barbarische Maßnahmen wie Blockaden und wirtschaftliche Sanktionen gegenüber anderen Ländern durchzusetzen.
Vor ein paar Tagen startete die Konferenz dieser Schanghaier Organisation, um die neuen Strategien auszuhandeln. Der Iran, der vorher nur beobachtendes Mitglied war, ist Vollmitglied geworden. Diese Ereignisse haben auch Auswirkungen auf die Zukunft des so genannten Nahen Ostens, besonders wegen dem Motto des ehemaligen US-Präsidenten Trump: Amerika zuerst! Das zeigt, wo die Priorität der US-Politik in den nächsten Jahren liegt: nicht im Nahen Osten, sondern im süd- und ostpazifischen Ozean, um die zukünftige neue Supermacht China zu verhindern, seine Expansionen und seine Herrschaft auf den Meeresstraßen zu bezwingen. Deswegen haben wir bemerkt, die USA fangen an, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen, auch rechnet man bis zum Ende des Jahres mit dem Abzug der amerikanischen Truppen und ihrer Verbündeten aus dem Irak wie auch aus Syrien.
Besonders deshalb, weil der Widerstand gegen die US-Politik und ihre Interessen im Nahen Osten täglich stärker wird. Ob das im Irak, im Iran, in Syrien, in Libyen oder im Jemen passiert - oder auch in Palästina.
Vor ein paar Wochen da gab es ein Geheimtreffen auf höchster Ebene von amerikanischen und europäischen Generälen in einer geheim gehaltenen Stadt in Europa, wo die politische Situation und die militärische Sicherheitslage des künftigen Nahen Ostens besprochen wurden. Auch die Auswirkungen auf das zionistische Gebilde Israel als imperialistisches Projekt im Nahen Osten. Was durch dieses Dokument herausgekommen ist, zeigt eine dunkle Zeit, die auf Israel zukommt. Besonders nach dem Abzug der Amerikaner aus dieser Region und dem Aufstieg der Kräfte gegen die Amerikaner und die zionistischen Verbündeten wie im Libanon, in Palästina, im Irak, im Jemen und auch im Iran. Und das könnte eine echte existenzielle Bedrohung für den Zionismus in der Region bedeuten.
TEIL 2
Wie hat sich das Kräfteverhältnis seit dem offiziellen Waffenstillstand zwischen Gaza und Israel im Mai dieses Jahres entwickelt? Wie haben sich seither die Lebensbedingungen im Gazastreifen verändert? Gibt es seit dem Machtantritt der neuen israelischen Regierung eine größere Unterstützung für die faschistischen Siedler in Ostjerusalem?
Momentan scheint die Situation in Palästina noch spannend, sowohl in der Westbank, in den 1948 besetzten Gebieten, im Gazastreifen oder auch in Ostjerusalem. Nach der so genannten Feuerpause zwischen dem palästinensischen Widerstand im Gazastreifen und der israelischen Besatzungsmacht ist die Lage bis heute eskalierend. Und tagtäglich werden israelische Operationen in der Westbank durchgeführt. So wie auch heute früh – am 26. September 2021 – wo hunderte israelischer Truppen und Spezialeinheiten, sowie Hubschrauber und Drohnen in verschiedene Orte in Jerusalem und Westbank eingedrungen sind und Verhaftungen und Liquidierungen durchgeführt haben.
Heute wurden fünf Palästinenser in einer militärischen Konfrontation im Bedo-Dorf in der Nähe von Jerusalem wie auch im Burqin-Dorf in der Nähe von Jenin getötet.
In dieser Konfrontation sind fünf Palästinenser gefallen, mehrere wurden verletzt und vier Palästinenser wurden verhaftet. Es handelt sich um so genannte „gesuchte“ Kämpfer. Die israelische Armee hat bis jetzt veröffentlicht, dass zwei israelische Soldaten schwer verletzt wurden. Gleichzeitig wurden vor zwei Tagen mehr als 1500 Dunums von Landwirtschaften im Osten von Bethlehem, in der Westbank beschlagnahmt. Auch mehrere Siedlungen wurden erweitert. Und die Siedler stürmen noch weiter die Al Aqsa-Moschee und die Schlacht um den Sabihberg beim Beita-Dorf in der Nähe von Nablus geht noch immer weiter. Auch hunderte Palästinenser in den 1948er Gebieten, die gegen die israelische Politik in Westbank und Jerusalem und auch im Gazastreifen auf die Straßen gegangen sind und demonstriert haben, sind noch verhaftet und warten noch auf ihre Prozesse.
Und die Solidaritätskundgebungen und Demonstrationen gehen weiter: in Nazret, in Jaffa und Haifa, in Lud, gegen die israelischen Maßnahmen in Jerusalem und in der Westbank; und gegen den Rassismus und die Apartheid Israels im 1948 besetzten Gebiet.
Auch die Situation im Gazastreifen ist bis jetzt spannend. Die Übergänge sind zu, die Rohstoffe und Materialien für den Wiederaufbau sind noch nicht gekommen, der Wiederaufbau des Gazastreifens hat auch noch nicht begonnen. Die Stimmung ist angespannt, besonders nach den Drohungen von israelischen Politiker und Generälen, besonders von Verteidigungsminister Gantz, der vor zwei Tagen sagte: Wenn die Situation so ist und keine Ruhe im Gazastreifen herrscht, könnten wir überlegen, unsere Truppen in den Gazastreifen zu schicken und ihn zu besetzen.
Trotzdem ist die Moral des palästinensischen Widerstands hoch, die Standhaftigkeit der Bevölkerung im Gazastreifen ist groß. Und diese Drohungen und Warnungen aus der israelischen Politik – Politiker und Geheimdienstler und Generäle – können der palästinensischen Bevölkerung keine Angst machen und keinen Ärger bereiten, sondern gibt ihnen noch mehr Kraft und Entschlossenheit, ihren Kampf gegen die israelische Besatzung für ihre Freiheit fortzusetzen.
Israel befindet sich heute in einer miserablen und katastrophalen Situation, nachdem 6 Gefangene aus einem Hochsicherheitstrakt in Gilboa in der Nähe von Beit She’an und Jenin geflohen sind. Dort gelangten Gefangene durch einen Tunnel in die Freiheit. Sie schafften es mit primitiven Mitteln, durch Gabeln, Teller, Pfannen, Eisenstangen von dem Bett. Und die israelischen Geheimdienste und die Polizei, wobei zehntausende Sicherheitskräfte mit Hubschraubern, Drohnen, Wachhunden, Spurensuche, mit allen elektronischen Mitteln und der Sicherheitstechnologie haben nach ihnen gesucht, bis sie diese 6 Gefangene, die für die Freiheit und die Unabhängigkeit Palästinas gekämpft haben, ...
Manche von denen sitzen seit 25 Jahren, wie Mohammed Al-Ardah, der 1996 verhaftet wurde und zu mehrmals lebenslang verurteilt wurde. Lebenslang ist nicht 25 Jahre oder 15 Jahre, sondern bedeutet für immer und ewig. Auch mehrere seiner Mitkämpfer wurden 2002 verhaftet und sitzen seit etwa 19 Jahren und wurden ebenfalls zu mehrmals lebenslang verurteilt.
Trotzdem haben diese Freiheitstage, die vom 6. September bis zum 19. September, also fast 14 Tage dauerten, die Schwächen dieses zionistische Gebildes, seiner Sicherheitsapparate und Knäste gezeigt, gegenüber dem Willen der palästinensischen Kämpfer, die für ihre Rechte, in Freiheit und Unabhängigkeit zu leben, kämpfen. Wie konnten sie trotz der primitiven Mittel aus dieser Sicherheitsburg ausbrechen, aus diesem von irländischen Experten gebauten technologischen Sicherheitsknast Gilboa - der 24 Stunden lang durch Kameras beobachtet wird, mit hohen Mauern und Stacheldraht, mit elektronischen Abhörgeräten, mit Spürgeräten, mit Wachhunden, mit ihren Kollaborateuren?
Wir sind zuversichtlich, dass diese Gefangenen in den nächsten Wochen nicht durch Tunnels in die Freiheit gelangen, sondern durch die offenen Türen aus diesen Knästen rauskommen, wenn es zum Gefangenenaustausch zwischen den palästinensischen Widerstandsorganisationen und der israelischen Besatzungsmacht kommt.
Laut den Instituten, die für die Gefangenen in den israelischen Knästen zuständig sind, befinden sich heute über 4650 Gefangene in den israelischen Knästen. Es gibt 21 israelische Knäste. Darunter sind 41 Frauen und 225 Kinder unter 18 Jahren. Es gibt darunter mehr als 1500 schwerkranke Gefangene, sie leiden etwa unter Knochenkrebs oder anderen Krebsarten und anderen schweren Krankheiten, hunderte von ihnen sind zu lebenslang verurteilt worden. Dazu kommen 425 so genannte Administrativhäftlinge, die ohne Anklage und Gerichtsprozess verhaftet wurden. Diese Haft gilt für sechs Monate und wird immer wieder verlängert. Da sitzen die Leute 6 oder auch 10 Jahre, ohne jemals vor Gericht zu stehen und ohne eine Verurteilung.
Nach dem Ausbruch dieser 6 Gefangenen rückte die Frage der Gefangenen in den Mittelpunkt der palästinensischen Bevölkerung und dem Widerstand. Diese Flucht löste eine Welle der Solidarität in der arabischen und islamischen Welt und weltweit für diese Freiheitskämpfer aus. Bis zum heutigen Tage gibt es Auswirkungen dieses Ausbruchs.
Bis heute gibt es Folterungen in den Knästen, etwa mit Hunden und Strom. Wie die Gefangenen des Dshihad erzählten, wurden die Insassen von Gilboa auf mehrere Gefängnisse aufgeteilt. Die wieder gefassten Gefangenen sind heute allein und befinden sich in Isolationshaft. Keine Verbindung, keine Besuche, keine Kommunikation, kein Fernsehen, kein Radio.
Auch befinden sich bis zum heutigen Tage mehrere Gefangene im Hungerstreik, als Reaktion auf ihre Haftbedingungen und Verhaftung. Manche bereits seit mehr als 65 Tagen. Und man rechnet in den nächsten Tagen, wenn die israelische Gefängnisverwaltung nicht auf diese Gefangenen reagiert, kann man mit einer Revolte aller Organisationen rechnen. Das wurde vor zwei Tagen als Communiqué herausgebracht, dass es einen massiven Kampf im Knast geben könnte.
Nach dem „Schwert“-Kampf, der vom 7. Mai bis zum 21. Mai durchgeführt wurde, wodurch mehr als 300 Menschen getötet wurden, darunter Frauen, Kinder und alte Leute, hunderte wurden verletzt und hunderte Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt, wie auch Firmen, Institutionen, die Infrastruktur des Landes, Abwasser- und Wasserwerke wie auch Elektrizitäts- und Telekommunikationswerke. Und durch die Blockade ist die wirtschaftliche Situation noch schlimmer geworden. Die Preise sind hoch, es gibt großen Mangel an lebensnotwendigen Gütern. Auch die Gesundheitssituation ist in einem schlimmen Zustand, besonders durch den Ausbruch des Delta-Coronavirus, wodurch täglich zwischen 1000 und 3000 Menschen auch in der Westbank und im Gazastreifen erkranken. Und 8 bis 20 Personen sterben.
Das tägliche Leben ist schwer wegen dem Mangel an Strom und an Wasser und Störungen von Telefon oder Internet. Auch die, die während der Aggression in die UN-Schulen geflohen sind, weil ihre Häuser bombardiert wurden, warten immer noch auf den Wiederaufbau ihrer Häuser. Auch die, die ihre Arbeit und ihre Geschäfte verloren haben, warten noch auf Entschädigung oder darauf, dass sie Unterstützung bekommen. Deshalb die Situation ist bis jetzt schlimm.
Heute befinden sich aber auch Israel und seine Regierung in einer schlimmen Situation. Israel, der verlängerte Arm des Imperialismus im Nahen Osten, kann seine Rolle nicht mehr weiter spielen. D.h. früher konnte die israelische Luftwaffe irgendwo angreifen, bombardieren, zurückkehren und seinen Sieg erklären. Heute weiß Israel, wenn es Anschläge oder Angriffe verübt, dann gibt es eine Reaktion auf diese Sachen. Deswegen verliert Israel seine bisherige Position, besonders gegen die Widerstandskräfte im Libanon, im Gazastreifen, sogar im Jemen. Auch verübten sie früher Angriffe gegen den Iran und durch Sabotage auf die Schiffe im Mittelmeer oder im Roten Meer oder am Golf, die unter iranischer Flagge fuhren. Die Widerstandsorganisationen im Libanon oder im Gazastreifen wie auch der iranische militärische Arm reagieren aber mittlerweile ebenfalls durch Sabotageakte gegen israelische Schiffe oder Aktionen innerhalb Israels - wo sie einen Cyberkrieg geführt und mehrere Firmen und militärische Institutionen lahm gelegt haben, auch durch Brände in israelischen Raffinerien in Haifa, auch durch Drohnenangriffe auf die israelischen Schiffe.
Heute weiß Israel, es gibt eine Widerstandsachse im Gazastreifen, im Libanon, im Irak, im Jemen und auch Syrien, die auch mit dem Iran verbündet sind. Und irgendein militärisches Abenteuer könnte die israelische Armee und die israelische Gesellschaft in ernste Gefahr bringen. Es könnte auch ein heftiger Krieg in der Region ausbrechen, für den die USA nicht bereit sind. Deshalb können sie auch die israelischen Aktionen und Abenteuer nicht mehr länger unterstützen, durch die amerikanische Interessen im Nahen Osten in Gefahr gebracht würden. Heute befindet sich Israel in einem Dilemma, auch durch innenpolitische Probleme, da diese Regierung von Lapid, Bennet und Gantz nicht stabil ist. Weil irgendeine Partei mit zwei, drei Stimmen in dieser Regierung könnte morgen aus dieser Regierung aussteigen und sie dadurch zu Fall bringen. Dann müssten Neuwahlen stattfinden.
Diese Regierung hat nur 61 von 120 Mandaten. Gleichzeitig gibt es große Widersprüche zwischen den Parteien, von rechts bis links bis zur Mitte und bis zu den so genannten Moslembrüdern, die sich auch mit vier Mandaten an dieser Regierung beteiligen. Auch ist die aktuelle Situation im Gesundheitsbereich schlimmer geworden, besonders nach dem Ausbruch des Delta-Virus, an dem in Israel täglich zwischen 5000 und 8000 Menschen erkranken und auch zwischen 8 und 40 Personen sterben. Trotz der Tatsache, dass Israel mehr als 90 Prozent seiner Bevölkerung Impfungen verabreicht hat, noch dazu gibt es auch noch die dritte und vierte Impfung, sechs Millionen wurden geimpft, aber trotzdem ist die Situation in den Spitälern schwieriger geworden, so dass es einen Mangel an Betten und an Beatmungsgeräten gibt. Und die Zahl der infizierten Leute ist steigend. Sie sagen, es sei weil die Wirkung der Impfung nach sechs Monaten nachlässt und sie eine neue Impfung benötigen und dieses neue Virusvariante die jungen Leute bis 30 Jahren bedroht. Deswegen: die Situation ist dramatisch und die Skepsis an der Politik wächst.
Deswegen würde momentan jede militärische Aktion Israel in große Gefahr bringen. Daher versucht es Israel, mit der so genannten Wirtschaftssicherheit. Heute versucht Israel über Vermittler mit dem Widerstand auszumachen, dass Rohstoffe und Waren für den Wiederaufbau erlauben und der Zugang über das Mittelmeer erleichtert werde, um eine Ruhe im Gazastreifen zu haben, damit es zu keiner Eskalation mit der israelischen Armee kommen kann. Gleichzeitig haben weder Israel noch die USA eine politische Vision für die Zukunft. Wie die amerikanische Regierung sagte: Wir sind für eine Zweistaatenlösung, aber derzeit ist die Zeit nicht reif für israelisch-palästinensische Verhandlungen. Oder die Situation auf der Welt ist nicht reif momentan, um eine neue Friedenskonferenz zu organisieren. Deshalb versucht Israel wie auch die US-amerikanische Regierung, die palästinensische Behörde unter Abbas in der Westbank zu unterstützen, durch Gelder, durch die Erleichterung der Arbeitserlaubnisse für die israelischen Städte, wodurch 120.000 Palästinenser aus der Westbank nach Israel kommen, um zu arbeiten. Auch durch die politische Unterstützung der Abbas-Regierung durch US-amerikanische oder europäische Delegationen, die nach Ramallah kommen; oder auch durch palästinensische Delegationen, die nach Europa oder die USA eingeladen werden. D.h. sie spielen noch auf Zeit. Aber was die Situation in Zukunft betrifft, könnte es eine palästinensische Zeit sein, keine amerikanische oder israelische Zeit. Denn die Situation ist momentan günstig für die neuen Widerstandsorganisationen in der Region, die gegen die israelische und westliche Vorherrschaft und gegen die Reaktionäre in der Region eintreten.
Dazu kommen die politischen Machtverschiebungen zugunsten Chinas und Russlands und der international schwindende Einfluss der westlichen Länder, wie etwa in Afrika oder in süd- und mittelamerikanischen Ländern zu beobachten ist.
* Name von der Redaktion geändert
Online-Flyer Nr. 778 vom 13.10.2021
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Globales
September 2021
Die neue Weltlage und ihre Auswirkungen im Nahen Osten
Maged Abu Saleh* – interviewt von Gustav Schiedel (Gazainfo)
Das Interview mit Maged Abu Saleh, einem Bewohner des Gazastreifens, wurde am 26. September 2021 geführt und beschäftigt sich zum einen mit der neuen Weltlage und ihre Auswirkungen im Nahen Osten sowie - im TEIL 2 – mit der aktuellen Situation in Palästina. Zur Weltlage äußert Maged Abu Saleh: "Trotz der noch existenten NATO-Allianz ist die Zeit des US-Imperiums vorbei. Es verliert an Macht. Heute zeigt sich das vor allem an der amerikanischen Wirtschaft, der führenden Wirtschaftssupermacht, die noch dazu als führende militärische Macht und politisch führende Superkraft auf dieser Erde und dominierende Macht im UNO-Sicherheitsrat angesehen wird. Da zeigt eine neue Studie, dass bis zum Jahr 2030 China die USA als führende Supermacht ablösen wird, wirtschaftlich und militärisch. Mit ihren Verbündeten der 'Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit' könnte China dann die USA ersetzen." Und auf Palästina bezogen sagt er: "Was die Situation in Zukunft betrifft, könnte es eine palästinensische Zeit sein, keine amerikanische oder israelische Zeit. Denn die Situation ist momentan günstig für die neuen Widerstandsorganisationen in der Region, die gegen die israelische und westliche Vorherrschaft und gegen die Reaktionäre in der Region eintreten. Dazu kommen die politischen Machtverschiebungen zugunsten Chinas und Russlands und der international schwindende Einfluss der westlichen Länder, wie etwa in Afrika oder in süd- und mittelamerikanischen Ländern zu beobachten ist."
Die politische Situation in der Nahostregion war in der letzten Zeit von großen Veränderungen geprägt (z.B. Afghanistan durch die Flucht der USA und ihrer Verbündeten, Libanon durch die Regierungsumbildung, Syrien und die Befreiung von Daraa, usw.). Wie beurteilst du diese Entwicklungen?
Die USA-Strategen und ihre Philosophen haben gedacht, dass das 21. Jahrhundert unter amerikanischer Herrschaft stehen sollte. Das bedeutete, wie Fukuyama in seinem Buch sagte, das „Ende der Geschichte“. Das heißt, die amerikanische Kultur, Sprache und Geschichte und alles, was die amerikanischen Cowboys exportieren, soll auf diesem Globus herrschen, vom Kaugummi über Jeanshosen bis Coca Cola und Dollars. Die USA versuchten, diese Pläne und Strategien auf die Tagesordnung zu setzen.
Und sie haben im so genannten Nahen Osten angefangen mit dem Irak: Durch den Iran-Irak-Krieg ab dem Beginn der 1980er Jahre, um zwei regionale Mächte im Nahen Osten zu schwächen, um danach beide Länder unter ihre Herrschaft bringen zu können. Trotz diesem Krieg, der acht Jahre lang dauerte, trotz der hunderttausenden Toten und unzähligen Verletzten, trotz der vielen Städte, die in Schutt und Asche gelegt wurden und trotz der Milliarden, die verloren gegangen sind und der Milliarden, die beide Länder für den Wiederaufbau brauchten, scheint der Irak als Sieger aus diesem Krieg herausgekommen zu sein.
Deshalb versuchte die USA noch einmal, den Irak in die Knie zu zwingen. Und das sollte durch die Falle mit der Kuwait-Invasion ermöglicht werden. Dadurch wurde der Irak durch die USA und ihre Verbündeten 1991 Opfer eines Angriffskriegs und einer schweren Wirtschaftsblockade. Trotzdem scheinen die US-Pläne nicht reif genug gewesen zu sein, um den Irak in die Knie zu zwingen und einen Regimewechsel durchzuführen. Deshalb versuchten die USA noch einmal 2003, nach einem verheerenden Krieg, den Irak zu besetzen. Und sie versuchten einen Regimewechsel, indem sie ihre Marionetten an die Macht brachten, die bis zum heutigen Tag herrschen.
Trotzdem können die Amerikaner nicht schaffen, was sie geplant haben: dass die Besetzung des Iraks nur eine Stufe ist, um ihre Besetzung in der Region zu ermöglichen. Sie haben gedacht, nach dem Fall des Iraks könnte ein Dominoeffekt eintreten und der Iran oder Syrien und andere Länder unter amerikanische Herrschaft fallen. Im Gegenteil motivierte der Widerstand im Irak andere Regionalmächte, so wie Syrien oder Iran – und hinter denen Russland und China – als die Schlacht der USA auf arabischem Boden stattfand. Besonders, weil in den irakischen Städten und Dörfern ein großer Widerstand gegen die Amerikaner und ihrer Verbündeten ausgebrochen ist, so dass die USA mehrere tausend Tote und zahlreiche Verletzte hinnehmen mussten. Und ihre Träume haben sich als Luftblase herausgestellt.
Trotzdem haben die Amerikaner nicht aufgegeben und ihre Pläne weiter fortgesetzt. Weil ihre Pläne im Irak und in Afghanistan gescheitert sind, versuchen sie noch einmal, durch ihren Staatsterror mit neuen Verbündeten und ihrem alten Slogan „Krieg gegen den Terror“ die Destabilisierung und den Regimewechsel im Nahen Osten zu schaffen. Und um ihre Vorstellung zu verwirklichen, wollen sie diese Pläne auch in andere Länder exportieren, um in Ländern wie Pakistan oder Iran oder Türkei und auch in Ostasien die Regierungen auszuwechseln. Damit versuchen sie, neue Teilungspläne und die amerikanische Herrschaft durchzusetzen.
Deswegen versuchten die USA und ihre Geheimdienste wie auch die europäischen Geheimdienste mit den regionalen Mächten wie der Türkei und Saudi-Arabien und deren Geheimdiensten Terrorgruppen zu mobilisieren und zu finanzieren und mit allen Waffen zu versorgen. Dann kam der so genannte Arabische Frühling, wodurch es zu Regierungswechseln in Ägypten, in Tunesien, im Jemen, in Libyen gekommen ist. Aber am hartnäckigsten war Syrien und dadurch wurden diese Pläne in den Sand gesetzt. Trotz hunderter Milliarden von Dollars für diese Terrorgruppen, deren Mitglieder von verschiedenen Ländern dieser Erde nach Syrien geschickt wurden, von arabischen bis zu europäischen Ländern, von den Uiguren aus China, Turkmenen, Usbeken, Tschetschenien usw. - unter dem Kommando der USA und ihrer Geheimdienste, um die Regierung in Syrien zu stürzen. Und um die Moslembrüder von Marokko, Jakarta, Tunesien an die Macht zu bringen, unter der Herrschaft des osmanischen Erdogan, dem besten Diener der USA in dieser Region. Trotz der Hunderttausenden von Toten und Millionen von Flüchtlingen und Trillionen an Verlusten an Geldern durch das Bombardement der Infrastrukturen in diesen verschiedenen Ländern haben diese amerikanischen Pläne versagt und sind ausgeträumt.
Besonders durch neue Kräfte und Mächte in der Welt, die sich auf der Welttribüne am politischen Theater beteiligen wollen, während die Amerikaner geglaubt haben durch ihre Pläne werden diese Länder wie China, Russland, Iran und deren Verbündete keine Rolle in diesem Jahrhundert spielen können.
Heute, trotz dieses Scheiterns der amerikanischen Pläne im Nahen Osten und dem Neuaufstieg von China, Russland und dem Iran in dieser Region wollen die USA und ihre Verbündeten nicht aufgeben. Vor kurzem versuchte die USA einen neuen Verbündeten zu schaffen, unter dieser so genannten AUKUS-Allianz zwischen den USA, Großbritannien und Australien, so wie zuvor eine Allianz der USA mit Japan, Indien und Südkorea bestand, um eine Belagerung der neuen aufstrebenden Macht China in Süd- und Ostasien zu erreichen. Trotz dieser Allianzen, die von den USA eingegangen wurden, trotz der noch existenten NATO-Allianz ist die Zeit des US-Imperiums vorbei. Es verliert an Macht. Heute zeigt sich das vor allem an der amerikanischen Wirtschaft, der führenden Wirtschaftssupermacht, die noch dazu als führende militärische Macht und politisch führende Superkraft auf dieser Erde und dominierende Macht im UNO-Sicherheitsrat angesehen wird. Da zeigt eine neue Studie, dass bis zum Jahr 2030 China die USA als führende Supermacht ablösen wird, wirtschaftlich und militärisch. Mit ihren Verbündeten der „Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ könnte China dann die USA ersetzen.
Besonders weil die US-Wirtschaft an einer Verschuldung von 23 Trillionen US-Dollars leidet und daran, dass die von der Notenpresse gedruckten Dollars nicht einmal als Klopapier taugen.
In den kommenden Tagen wird eine Resolution der Shanghaier –Organisation herausgebracht werden, mit einer neuen Bank und neuem Sicherheitsapparat und Armee. Das könnte für die USA große Schwierigkeiten bringen, als Reaktion auf ihre Erpressungen und ihren Druck, um barbarische Maßnahmen wie Blockaden und wirtschaftliche Sanktionen gegenüber anderen Ländern durchzusetzen.
Vor ein paar Tagen startete die Konferenz dieser Schanghaier Organisation, um die neuen Strategien auszuhandeln. Der Iran, der vorher nur beobachtendes Mitglied war, ist Vollmitglied geworden. Diese Ereignisse haben auch Auswirkungen auf die Zukunft des so genannten Nahen Ostens, besonders wegen dem Motto des ehemaligen US-Präsidenten Trump: Amerika zuerst! Das zeigt, wo die Priorität der US-Politik in den nächsten Jahren liegt: nicht im Nahen Osten, sondern im süd- und ostpazifischen Ozean, um die zukünftige neue Supermacht China zu verhindern, seine Expansionen und seine Herrschaft auf den Meeresstraßen zu bezwingen. Deswegen haben wir bemerkt, die USA fangen an, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen, auch rechnet man bis zum Ende des Jahres mit dem Abzug der amerikanischen Truppen und ihrer Verbündeten aus dem Irak wie auch aus Syrien.
Besonders deshalb, weil der Widerstand gegen die US-Politik und ihre Interessen im Nahen Osten täglich stärker wird. Ob das im Irak, im Iran, in Syrien, in Libyen oder im Jemen passiert - oder auch in Palästina.
Vor ein paar Wochen da gab es ein Geheimtreffen auf höchster Ebene von amerikanischen und europäischen Generälen in einer geheim gehaltenen Stadt in Europa, wo die politische Situation und die militärische Sicherheitslage des künftigen Nahen Ostens besprochen wurden. Auch die Auswirkungen auf das zionistische Gebilde Israel als imperialistisches Projekt im Nahen Osten. Was durch dieses Dokument herausgekommen ist, zeigt eine dunkle Zeit, die auf Israel zukommt. Besonders nach dem Abzug der Amerikaner aus dieser Region und dem Aufstieg der Kräfte gegen die Amerikaner und die zionistischen Verbündeten wie im Libanon, in Palästina, im Irak, im Jemen und auch im Iran. Und das könnte eine echte existenzielle Bedrohung für den Zionismus in der Region bedeuten.
TEIL 2
Wie hat sich das Kräfteverhältnis seit dem offiziellen Waffenstillstand zwischen Gaza und Israel im Mai dieses Jahres entwickelt? Wie haben sich seither die Lebensbedingungen im Gazastreifen verändert? Gibt es seit dem Machtantritt der neuen israelischen Regierung eine größere Unterstützung für die faschistischen Siedler in Ostjerusalem?
Momentan scheint die Situation in Palästina noch spannend, sowohl in der Westbank, in den 1948 besetzten Gebieten, im Gazastreifen oder auch in Ostjerusalem. Nach der so genannten Feuerpause zwischen dem palästinensischen Widerstand im Gazastreifen und der israelischen Besatzungsmacht ist die Lage bis heute eskalierend. Und tagtäglich werden israelische Operationen in der Westbank durchgeführt. So wie auch heute früh – am 26. September 2021 – wo hunderte israelischer Truppen und Spezialeinheiten, sowie Hubschrauber und Drohnen in verschiedene Orte in Jerusalem und Westbank eingedrungen sind und Verhaftungen und Liquidierungen durchgeführt haben.
Heute wurden fünf Palästinenser in einer militärischen Konfrontation im Bedo-Dorf in der Nähe von Jerusalem wie auch im Burqin-Dorf in der Nähe von Jenin getötet.
In dieser Konfrontation sind fünf Palästinenser gefallen, mehrere wurden verletzt und vier Palästinenser wurden verhaftet. Es handelt sich um so genannte „gesuchte“ Kämpfer. Die israelische Armee hat bis jetzt veröffentlicht, dass zwei israelische Soldaten schwer verletzt wurden. Gleichzeitig wurden vor zwei Tagen mehr als 1500 Dunums von Landwirtschaften im Osten von Bethlehem, in der Westbank beschlagnahmt. Auch mehrere Siedlungen wurden erweitert. Und die Siedler stürmen noch weiter die Al Aqsa-Moschee und die Schlacht um den Sabihberg beim Beita-Dorf in der Nähe von Nablus geht noch immer weiter. Auch hunderte Palästinenser in den 1948er Gebieten, die gegen die israelische Politik in Westbank und Jerusalem und auch im Gazastreifen auf die Straßen gegangen sind und demonstriert haben, sind noch verhaftet und warten noch auf ihre Prozesse.
Und die Solidaritätskundgebungen und Demonstrationen gehen weiter: in Nazret, in Jaffa und Haifa, in Lud, gegen die israelischen Maßnahmen in Jerusalem und in der Westbank; und gegen den Rassismus und die Apartheid Israels im 1948 besetzten Gebiet.
Auch die Situation im Gazastreifen ist bis jetzt spannend. Die Übergänge sind zu, die Rohstoffe und Materialien für den Wiederaufbau sind noch nicht gekommen, der Wiederaufbau des Gazastreifens hat auch noch nicht begonnen. Die Stimmung ist angespannt, besonders nach den Drohungen von israelischen Politiker und Generälen, besonders von Verteidigungsminister Gantz, der vor zwei Tagen sagte: Wenn die Situation so ist und keine Ruhe im Gazastreifen herrscht, könnten wir überlegen, unsere Truppen in den Gazastreifen zu schicken und ihn zu besetzen.
Trotzdem ist die Moral des palästinensischen Widerstands hoch, die Standhaftigkeit der Bevölkerung im Gazastreifen ist groß. Und diese Drohungen und Warnungen aus der israelischen Politik – Politiker und Geheimdienstler und Generäle – können der palästinensischen Bevölkerung keine Angst machen und keinen Ärger bereiten, sondern gibt ihnen noch mehr Kraft und Entschlossenheit, ihren Kampf gegen die israelische Besatzung für ihre Freiheit fortzusetzen.
Israel befindet sich heute in einer miserablen und katastrophalen Situation, nachdem 6 Gefangene aus einem Hochsicherheitstrakt in Gilboa in der Nähe von Beit She’an und Jenin geflohen sind. Dort gelangten Gefangene durch einen Tunnel in die Freiheit. Sie schafften es mit primitiven Mitteln, durch Gabeln, Teller, Pfannen, Eisenstangen von dem Bett. Und die israelischen Geheimdienste und die Polizei, wobei zehntausende Sicherheitskräfte mit Hubschraubern, Drohnen, Wachhunden, Spurensuche, mit allen elektronischen Mitteln und der Sicherheitstechnologie haben nach ihnen gesucht, bis sie diese 6 Gefangene, die für die Freiheit und die Unabhängigkeit Palästinas gekämpft haben, ...
Manche von denen sitzen seit 25 Jahren, wie Mohammed Al-Ardah, der 1996 verhaftet wurde und zu mehrmals lebenslang verurteilt wurde. Lebenslang ist nicht 25 Jahre oder 15 Jahre, sondern bedeutet für immer und ewig. Auch mehrere seiner Mitkämpfer wurden 2002 verhaftet und sitzen seit etwa 19 Jahren und wurden ebenfalls zu mehrmals lebenslang verurteilt.
Trotzdem haben diese Freiheitstage, die vom 6. September bis zum 19. September, also fast 14 Tage dauerten, die Schwächen dieses zionistische Gebildes, seiner Sicherheitsapparate und Knäste gezeigt, gegenüber dem Willen der palästinensischen Kämpfer, die für ihre Rechte, in Freiheit und Unabhängigkeit zu leben, kämpfen. Wie konnten sie trotz der primitiven Mittel aus dieser Sicherheitsburg ausbrechen, aus diesem von irländischen Experten gebauten technologischen Sicherheitsknast Gilboa - der 24 Stunden lang durch Kameras beobachtet wird, mit hohen Mauern und Stacheldraht, mit elektronischen Abhörgeräten, mit Spürgeräten, mit Wachhunden, mit ihren Kollaborateuren?
Wir sind zuversichtlich, dass diese Gefangenen in den nächsten Wochen nicht durch Tunnels in die Freiheit gelangen, sondern durch die offenen Türen aus diesen Knästen rauskommen, wenn es zum Gefangenenaustausch zwischen den palästinensischen Widerstandsorganisationen und der israelischen Besatzungsmacht kommt.
Laut den Instituten, die für die Gefangenen in den israelischen Knästen zuständig sind, befinden sich heute über 4650 Gefangene in den israelischen Knästen. Es gibt 21 israelische Knäste. Darunter sind 41 Frauen und 225 Kinder unter 18 Jahren. Es gibt darunter mehr als 1500 schwerkranke Gefangene, sie leiden etwa unter Knochenkrebs oder anderen Krebsarten und anderen schweren Krankheiten, hunderte von ihnen sind zu lebenslang verurteilt worden. Dazu kommen 425 so genannte Administrativhäftlinge, die ohne Anklage und Gerichtsprozess verhaftet wurden. Diese Haft gilt für sechs Monate und wird immer wieder verlängert. Da sitzen die Leute 6 oder auch 10 Jahre, ohne jemals vor Gericht zu stehen und ohne eine Verurteilung.
Nach dem Ausbruch dieser 6 Gefangenen rückte die Frage der Gefangenen in den Mittelpunkt der palästinensischen Bevölkerung und dem Widerstand. Diese Flucht löste eine Welle der Solidarität in der arabischen und islamischen Welt und weltweit für diese Freiheitskämpfer aus. Bis zum heutigen Tage gibt es Auswirkungen dieses Ausbruchs.
Bis heute gibt es Folterungen in den Knästen, etwa mit Hunden und Strom. Wie die Gefangenen des Dshihad erzählten, wurden die Insassen von Gilboa auf mehrere Gefängnisse aufgeteilt. Die wieder gefassten Gefangenen sind heute allein und befinden sich in Isolationshaft. Keine Verbindung, keine Besuche, keine Kommunikation, kein Fernsehen, kein Radio.
Auch befinden sich bis zum heutigen Tage mehrere Gefangene im Hungerstreik, als Reaktion auf ihre Haftbedingungen und Verhaftung. Manche bereits seit mehr als 65 Tagen. Und man rechnet in den nächsten Tagen, wenn die israelische Gefängnisverwaltung nicht auf diese Gefangenen reagiert, kann man mit einer Revolte aller Organisationen rechnen. Das wurde vor zwei Tagen als Communiqué herausgebracht, dass es einen massiven Kampf im Knast geben könnte.
Nach dem „Schwert“-Kampf, der vom 7. Mai bis zum 21. Mai durchgeführt wurde, wodurch mehr als 300 Menschen getötet wurden, darunter Frauen, Kinder und alte Leute, hunderte wurden verletzt und hunderte Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt, wie auch Firmen, Institutionen, die Infrastruktur des Landes, Abwasser- und Wasserwerke wie auch Elektrizitäts- und Telekommunikationswerke. Und durch die Blockade ist die wirtschaftliche Situation noch schlimmer geworden. Die Preise sind hoch, es gibt großen Mangel an lebensnotwendigen Gütern. Auch die Gesundheitssituation ist in einem schlimmen Zustand, besonders durch den Ausbruch des Delta-Coronavirus, wodurch täglich zwischen 1000 und 3000 Menschen auch in der Westbank und im Gazastreifen erkranken. Und 8 bis 20 Personen sterben.
Das tägliche Leben ist schwer wegen dem Mangel an Strom und an Wasser und Störungen von Telefon oder Internet. Auch die, die während der Aggression in die UN-Schulen geflohen sind, weil ihre Häuser bombardiert wurden, warten immer noch auf den Wiederaufbau ihrer Häuser. Auch die, die ihre Arbeit und ihre Geschäfte verloren haben, warten noch auf Entschädigung oder darauf, dass sie Unterstützung bekommen. Deshalb die Situation ist bis jetzt schlimm.
Heute befinden sich aber auch Israel und seine Regierung in einer schlimmen Situation. Israel, der verlängerte Arm des Imperialismus im Nahen Osten, kann seine Rolle nicht mehr weiter spielen. D.h. früher konnte die israelische Luftwaffe irgendwo angreifen, bombardieren, zurückkehren und seinen Sieg erklären. Heute weiß Israel, wenn es Anschläge oder Angriffe verübt, dann gibt es eine Reaktion auf diese Sachen. Deswegen verliert Israel seine bisherige Position, besonders gegen die Widerstandskräfte im Libanon, im Gazastreifen, sogar im Jemen. Auch verübten sie früher Angriffe gegen den Iran und durch Sabotage auf die Schiffe im Mittelmeer oder im Roten Meer oder am Golf, die unter iranischer Flagge fuhren. Die Widerstandsorganisationen im Libanon oder im Gazastreifen wie auch der iranische militärische Arm reagieren aber mittlerweile ebenfalls durch Sabotageakte gegen israelische Schiffe oder Aktionen innerhalb Israels - wo sie einen Cyberkrieg geführt und mehrere Firmen und militärische Institutionen lahm gelegt haben, auch durch Brände in israelischen Raffinerien in Haifa, auch durch Drohnenangriffe auf die israelischen Schiffe.
Heute weiß Israel, es gibt eine Widerstandsachse im Gazastreifen, im Libanon, im Irak, im Jemen und auch Syrien, die auch mit dem Iran verbündet sind. Und irgendein militärisches Abenteuer könnte die israelische Armee und die israelische Gesellschaft in ernste Gefahr bringen. Es könnte auch ein heftiger Krieg in der Region ausbrechen, für den die USA nicht bereit sind. Deshalb können sie auch die israelischen Aktionen und Abenteuer nicht mehr länger unterstützen, durch die amerikanische Interessen im Nahen Osten in Gefahr gebracht würden. Heute befindet sich Israel in einem Dilemma, auch durch innenpolitische Probleme, da diese Regierung von Lapid, Bennet und Gantz nicht stabil ist. Weil irgendeine Partei mit zwei, drei Stimmen in dieser Regierung könnte morgen aus dieser Regierung aussteigen und sie dadurch zu Fall bringen. Dann müssten Neuwahlen stattfinden.
Diese Regierung hat nur 61 von 120 Mandaten. Gleichzeitig gibt es große Widersprüche zwischen den Parteien, von rechts bis links bis zur Mitte und bis zu den so genannten Moslembrüdern, die sich auch mit vier Mandaten an dieser Regierung beteiligen. Auch ist die aktuelle Situation im Gesundheitsbereich schlimmer geworden, besonders nach dem Ausbruch des Delta-Virus, an dem in Israel täglich zwischen 5000 und 8000 Menschen erkranken und auch zwischen 8 und 40 Personen sterben. Trotz der Tatsache, dass Israel mehr als 90 Prozent seiner Bevölkerung Impfungen verabreicht hat, noch dazu gibt es auch noch die dritte und vierte Impfung, sechs Millionen wurden geimpft, aber trotzdem ist die Situation in den Spitälern schwieriger geworden, so dass es einen Mangel an Betten und an Beatmungsgeräten gibt. Und die Zahl der infizierten Leute ist steigend. Sie sagen, es sei weil die Wirkung der Impfung nach sechs Monaten nachlässt und sie eine neue Impfung benötigen und dieses neue Virusvariante die jungen Leute bis 30 Jahren bedroht. Deswegen: die Situation ist dramatisch und die Skepsis an der Politik wächst.
Deswegen würde momentan jede militärische Aktion Israel in große Gefahr bringen. Daher versucht es Israel, mit der so genannten Wirtschaftssicherheit. Heute versucht Israel über Vermittler mit dem Widerstand auszumachen, dass Rohstoffe und Waren für den Wiederaufbau erlauben und der Zugang über das Mittelmeer erleichtert werde, um eine Ruhe im Gazastreifen zu haben, damit es zu keiner Eskalation mit der israelischen Armee kommen kann. Gleichzeitig haben weder Israel noch die USA eine politische Vision für die Zukunft. Wie die amerikanische Regierung sagte: Wir sind für eine Zweistaatenlösung, aber derzeit ist die Zeit nicht reif für israelisch-palästinensische Verhandlungen. Oder die Situation auf der Welt ist nicht reif momentan, um eine neue Friedenskonferenz zu organisieren. Deshalb versucht Israel wie auch die US-amerikanische Regierung, die palästinensische Behörde unter Abbas in der Westbank zu unterstützen, durch Gelder, durch die Erleichterung der Arbeitserlaubnisse für die israelischen Städte, wodurch 120.000 Palästinenser aus der Westbank nach Israel kommen, um zu arbeiten. Auch durch die politische Unterstützung der Abbas-Regierung durch US-amerikanische oder europäische Delegationen, die nach Ramallah kommen; oder auch durch palästinensische Delegationen, die nach Europa oder die USA eingeladen werden. D.h. sie spielen noch auf Zeit. Aber was die Situation in Zukunft betrifft, könnte es eine palästinensische Zeit sein, keine amerikanische oder israelische Zeit. Denn die Situation ist momentan günstig für die neuen Widerstandsorganisationen in der Region, die gegen die israelische und westliche Vorherrschaft und gegen die Reaktionäre in der Region eintreten.
Dazu kommen die politischen Machtverschiebungen zugunsten Chinas und Russlands und der international schwindende Einfluss der westlichen Länder, wie etwa in Afrika oder in süd- und mittelamerikanischen Ländern zu beobachten ist.
* Name von der Redaktion geändert
Online-Flyer Nr. 778 vom 13.10.2021
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