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WERNER RÜGEMER ::: World Marxist Review ::: Grußwort und kleine Geschichtslektion
Von NRhZ-Redaktion
https://youtu.be/xXE5w6Qax7UxXE5w6Qax7U
Grüße zur Gründung der internationalen Zeitschrift „World Marxist Review“ von Dr. Werner Rügemer aus der viert größten Stadt Deutschlands, aus Köln, die nach mittelalterlichen Umtrieben mit Hexenverbrennung, späterer Gründung einer katholischen Universität und preussischer Herrschaft in Folge der französischen Revolution 1794 durch Napoleon vom Feudalismus befreit wurde. Napoleon schloß die katholische Universität und förderte die bürgerlich kapitalistische Industrie und den Handel. 1842 kam Karl Marx nach Köln. Hier waren die starken bürgerlichen Kräfte ansässig. Marx und Engels gründeten eine Gesellschaft mit Bankiers und Industriellen, die die „Rheinische Zeitung“ finanzierten. Diese war Marx erstes journalistisch politisches Unternehmen. Noch war er kein Marxist. 1848 bis 1849 erschien unter dem Einfluß der Märzrevolution mit Marx als Chefredakteur in Köln die „Neue Rheinische Zeitung“, die wegen herrschaftswidriger Veröffentlichung vom preussischen Staat zensiert wurde. Karl Marx mußte fliehen, aber seine Wirkungsstätte in Köln ist für die wissenschaftliche Lehre des Marxismus von herausragender Bedeutung.
Werner Rügemer gehört zur internationalen Herausgebergruppe (editorial board) der neuen Vierteljahreszeitschrift World Marxist Review, von der bisher zwei Ausgaben erschienen sind: im März und Juli 2024, einsehbar unter worldmarxistreview.org. In der aktuellen Ausgabe vom Juli wurde die englische Übersetzung des aktualisierten Vorworts zur 4. Auflage von Werner Rügemers Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts" veröffentlicht, mit dem Hinweis, dass das Buch auch in englischer, französischer, italienischer, russischer und chinesischer Ausgabe voriegt.
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Grußwort von Dr. Werner Rügemer an das Gründungstreffen von "World Marxist Review"
Dear comrades and friends! I am honored and glad to be with you for this inaugural meeting of the World Marxist Review.
Ich grüße Euch aus Köln in Deutschland, Europa. Köln ist mit einer Million Einwohnern die viertgrößte Stadt Deutschlands, die älteste, vor zweitausend Jahren gegründet durch das römische Imperium. Die katholische Universität Köln war im feudalen Mittelalter mit der päpstlichen Inquisition in Rom führend, um das Foltern und öffentliche Verbrennen von Häretikern und „Hexen“ theologisch zu begründen. Aber Köln wurde im 19. Jahrhundert die wichtigste deutsche Stadt für die Entwicklung des Marxismus.
Denn die Region Köln wurde 1794 durch die Auswirkungen der französischen Revolution, durch Napoleon vom Feudalismus befreit, zunächst. Napoleon schloss die Universität, förderte bürgerlich-kapitalistische Industrie und Handel. Als sich 1842 der Widerstand gegen die neue Monarchie Preußens zuspitzte, ging ein gewisser Karl Marx nach Köln: Hier waren die bürgerlichen Kräfte am stärksten. Marx und Engels betrieben mit Kölner Bankern und Industriellen eine Aktiengesellschaft: Sie finanzierte die Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe. Sie war das erste publizistisch-politische Projekt von Marx. Er war noch kein Marxist. Er musste sich erstmals mit Ökonomie beschäftigen, er sprach noch unbestimmt von „materiellen Interessen“. Die Monarchie verbot die Zeitung. Marx und Engels flohen ins Exil, nach Paris.
1848 spitzte sich die bürgerliche Revolution wieder zu, in Deutschland und Europa, mit erhöhter Beteiligung von Handwerkern und Arbeitern. Marx und Engels gingen wieder nach Köln, gründeten die Neue Rheinische Zeitung – aber diesmal verließen die Banker und Industriellen die Zeitung sehr schnell. Marx und Genossen machten den nächsten Schritt in Richtung Marxismus: 1849 verlas Marx im größten Saal Kölns, vor der Demokratischen Gesellschaft, dem Kölner Arbeiterverein und dem Bund der Kommunisten, das Manifest der Kommunistischen Partei. Sie charakterisierten die Geschichte als „Geschichte von Klassenkämpfen“. Die Klassenkämpfe der Arbeiter wurden am brutalsten erstickt. Marx und Engels mussten wieder fliehen. Der Kölner Kommunisten-Prozess von 1852 gegen 11 Angeklagte war nur ein Teil der Verfolgung, die in unterschiedlicher Form weitergehen sollte bis heute.
In Köln gibt es heute keine öffentliche Erinnerung an Marx, Engels, an die Rheinische Zeitung und die Neue Rheinische Zeitung. Die Kölner Universität blieb nach Napoleon über ein Jahrhundert geschlossen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde sie vom Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer neu eröffnet. Der in Deutschland führende christliche Politiker holte mit Spenden von Bankern und Industriellen kapitalfreundliche Professoren. Adenauer, ein Bewunderer des Diktators Mussolini, errichtete 1931 auch das faschismusfreundliche Deutsch-Italienische Kulturinstitut in Köln. 1933 wurden Juden von der Universität verjagt, während der von Adenauer geförderte Professor Carl Schmitt Hitlers „Kronjurist“ wurde.
Auch heute gibt es keinen marxistischen Professor an der Kölner Universität, so ist auch an allen anderen Universitäten in Deutschland. Zwei kritische Professoren wurden im letzten Jahr entlassen. In der mit Adenauer von den USA gegründeten, US-orientierten Bundesrepublik gab es nur ein Zwischenspiel: Von der Studentenbewegung wurde ein halbes Dutzend marxistischer Professuren erkämpft – aber sie sind heute alle in Pension oder verstorben. Dazu gab es einige marxistische, freiberufliche Lehrbeauftragte wie mich, aber mein Lehrauftrag endete 2017. Und aus den Universitäten der Ex-Deutschen Demokratischen Republik waren nach 1990 alle Marxisten entfernt worden.
1980 habe ich mit Analysen des aktuellen US-geführten Kapitalismus begonnen. Als Redakteur der Zeitschrift Demokratische Erziehung habe ich das zwischen arm und reich und zudem rassistisch gespaltene Bildungs- und Wissenschaftssytem der USA untersucht, vor Ort. Bei meiner nächsten Feldforschung, wieder vor Ort, untersuchte ich mithilfe amerikanischer Gewerkschafter den aufstrebenden, mit dem Militär verbundenen high tech-Kapitalismus des Silicon Valley – damals wurde die Niedriglöhnerei der mexikanischen und philippinischen Chip-Arbeiterinnen noch in Kalifornien selbst praktiziert, bevor sie nach Taiwan und China ausgelagert wurde. Dabei stand ich im Austausch mit Erwin Marquit, den ich 1984 in Minneapolis traf. Er aktualisierten mit den Marxist Scholar Conferences, dem Verlag Marxist Educational Press und der Zeitschrift Nature, Society & Thought den Marxismus in den USA. Er kooperierte mit Marxisten in Griechenland, Vietnam und vor allem China, wie jetzt auch in Eurem Buch Innovative Marxist School in China dokumentiert wird.
Danach habe ich die führenden kapitalistischen Akteure und Praktiken analysiert – auch ihre Beraterindustrie, ihre Rating- und PR-Agenturen und deregulierte Finanzprodukte wie Public Private Partnerhsip. Daraus entstand 2018 die Zusammenfassung in Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts; darin geht es auch um das Verhältnis der USA zu Europa, zu Russland und um die alternative Entwicklung Chinas. Danach habe ich die Arbeitsverhältnisse in der Europäischen Union untersucht, wie sie nach dem 2. Weltkrieg schrittweise menschenrechtswidrig „amerikanisiert“ wurden, nach dem job-Muster. Das Buch lautet Imperium EU: ArbeitsUnrecht, Krise, neue Gegenwehr (2020). Schließlich habe ich diese Entwicklung historisch-systematisch vertieft: Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten, zunächst vom 1. zum 2. Weltkrieg; dabei geht es auch um den größeren „Rest“ der Welt und dessen wachsende Selbstorganisation in der konfliktuösen Neuordnung der Menschheit (2023).
Wissenschaft als Suche nach der Wahrheit wurde seit zwei Jahrhunderten schrittweise durch die führenden Kapitalisten mithilfe von Think Tanks, privaten Elite-Universitäten und Stiftungen, Business Schools undsoweiter instrumentalisiert, korrumpiert, pervertiert. Dagegen müssen wir die Neue Seidenstrasse der wahrheitssuchenden Wissenschaft organisieren, eine World Academy of Science.
Jetzt, Juni 2024, organisiert eine kleine Gruppe von nicht-universitären Marxisten im ostdeutschen Gotha das erste Treffen für einen Neuanfang des Marxismus in Deutschland. Der Arbeitstitel lautet „MarxMod“, Modernisierung des Marxismus – eine schöne Koinzidenz mit Eurem Inaugurations-Treffen der World Marxist Review!
So möchte ich, aus Deutschland unsere bescheidenen Möglichkeiten in World Marxist Review einbringen, verbunden mit der Gratulation und mit solidarischen Wünschen zu Eurer Gründungsversammlung!
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Message ba Dr. Werner Rügemer to the Inaugural Meeting of the World Marxist Review
Dear comrades and friends! I am honored and glad to be with you for this inaugural meeting of the World Marxist Review.
I greet you from Cologne in Germany, Europe. It is the fourth largest city in Germany, the oldest, founded two thousand years ago by the Roman Empire. The University of this leading Catholic archbishopric led the way in the feudal Middle Ages with the Papal Inquisition in Rome to theologically justify the torture and public burning of heretics and “witches”. But Cologne became the most important German city for the development of Marxism in the 19th century.
This was because the Cologne region was liberated from feudalism by Napoleon in 1794 as a result of the French Revolution. Napoleon closed the university and promoted bourgeois-capitalist industry and trade. When resistance to the new Prussian monarchy came to a head in 1842, a certain Karl Marx went to Cologne: the bourgeois forces were strongest here. Marx and Engels ran a joint-stock company with Cologne bankers and industrialists: they financed the newspaper Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe. It was Marx's first journalistic- political project. He was not yet a Marxist. He had to deal with economics for the first time; he still spoke vaguely of “material interests”. The monarchy banned the newspaper. Marx and Engels fled into exile, to Paris.
Six years after, the bourgeois revolution came to a head again, in Germany and Europe, with increased participation by craftsmen and workers. Marx and Engels went back to Cologne and founded the newspaper Neue Rheinische Zeitung. Organ of Democracy - this time the bankers and industrialists left it very quickly, but it had a pan-european response. Marx and his comrades took the next step towards Marxism: in 1849, Marx read out the Manifesto of the Communist Party in Cologne's largest hall, in presence of the Democratic Society, the Cologne Workers' Association and the League of Communists. They characterized history as a “history of class struggles”. The workers' class struggles were stifled most brutally. Marx and Engels had to flee again. The Cologne Communist Trial of 1852 against 11 defendants was only part of the persecution that was to continue in various forms.
Cologne University after Napoleon remained closed for over a century. After the First World War, it was reopened by the Mayor of Cologne, Konrad Adenauer. This leading Christian politician in Germany brought in capital-friendly professors with donations from bankers and industrialists. Adenauer, admirer of the dictator Mussolini, also established the fascist-friendly German-Italian Cultural Institute in Cologne in 1931. In 1933, Jews were expelled from the university, while Carl Schmitt, a professor promoted by Adenauer, became Hitler's “crown lawyer”.
In Cologne today, there are no public reminders of Marx, Engels, Rheinische Zeitung and Neue Rheinische Zeitung.
Today there is no Marxist professor at Cologne University, as is the case at all other universities in Germany. Two critical professors were dismissed last year. There was only one interlude in the US-oriented Federal Republic, which after World War II was founded by the U.S. with Adenauer as chanellor: half a dozen Marxist professorships were fought for by the student movement - but today they are all retired or deceased. There were also a few Marxist freelance lecturers like myself, but my lectureship ended in 2017. And all Marxists were removed from the universities of the former German Democratic Republic after 1990.
I started analyzing US-led capitalism in 1980. As editor of the journal Demokratische Erziehung (Democratic Education), I investigated on site the education and science system in the U.S., which is divided between rich and poor and also racially. In my next field research, again on site, with the help of American trade unionists I investigated the emerging, military-connected high-tech capitalism of Silicon Valley - at the time, the low-wage work of Mexican and Filipino chip workers was still practiced there before being outsourced to Taiwan and China. In 1984 I met Erwin Marquit who in the U.S. organized Marxist Scholar Conferences, the Marxist Educational Press and the journal Nature, Society & Thought. He cooperated with Marxists in Greece, Vietnam and especially in China, as is now written in your book Innovative Marxist School in China.
I then analyzed the leading capitalist actors and practices - including their consulting industry, rating and PR agencies and deregulated financial products such as Public Private Partnerhsip. In 2018, this resulted in the book The Capitalists of the 21st Century, which also deals with the relationship between the U.S. and Europe, Russia and the alternative development of China. I then examined the working conditions in the European Union, how they were gradually “Americanized” after the Second World War in violation of human rights, according to the job pattern. The book is called Imperium EU: ArbeitsUnrecht, Krise, neue Gegenwehr (Imperium European Union, Labor Injustice, Crisis, New Resistances, 2020). Finally, I have deepened this development historically and systematically: Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten, zunächst vom 1. zum 2. Weltkrieg (Fatal friendship. How the U.S. Conquered Europe, first from World War I to World War II, 2023); it is also about the larger „rest“ of the world and its growing self-organization under international law.
Science as the search for truth has been gradually instrumentalized, corrupted and perverted for two centuries by the leading capitalists with the help of think tanks, private and state connected elite universities, foundations, business schools and so on. Against this, we must organize the New Silk Road of truth-seeking science, a World Academy of Science.
Now, in June 2024, a small group of non-university german Marxists is organizing the first meeting for a new beginning, in Gotha in eastern Germany. The working title is “MarxMod”, modernization of Marxism - a beautiful coincidence with your inaugural meeting!
I am honored and glad to be with your inaugural meeting of the World Marxist Review. So, from Germany, I would like to contribute our modest possibilities, hoping on fruitfull cooperation, and now my congratulations and wishes of solidarity for your meeting!
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Neue Rheinische Zeitung
Köln ::: online seit 2005
nrhz.de ::: arbeiterfotografie@t-online.de
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Die World Marxist Review (WMR) ist eine neu gegründete, vierteljährlich erscheinende, von Experten fachlich begutachtete und frei zugängliche Zeitschrift, die von der Abteilung für innovative marxistische Studien der World Association for Political Economy und der Northwestern Polytechnical University in China gemeinsam getragen und von Canut Press herausgegeben wird. Im Geiste der Aufrechterhaltung grundlegender Prinzipien und des Beschreitens neuer Wege zielt die World Marxist Review darauf ab, wichtige theoretische Probleme und Gegenmaßnahmen in den Bereichen Weltwirtschaft, Lebensunterhalt der Menschen, Politik, Kultur, Zivilisation, Ökologie, Militär, internationale Beziehungen und soziale Bewegungen zu lösen und somit fehlerhafte Ansichten in verschiedenen Bereichen objektiv zu analysieren, insbesondere die Irrtümer und Handlungen neoimperialistischer und hegemonialer Allianzen in der gegenwärtigen Konjunktur zu kritisieren, um die Kohärenz und Innovation marxistischer Theorien weltweit zu fördern. Die World Marxist Review veröffentlicht hauptsächlich Artikel zu einem breiten Spektrum wichtiger Themen, darunter: Studien über die klassischen Werke des Marxismus und ihre Entwicklung durch Marxisten in verschiedenen Ländern, die jüngsten Fortschritte und wissenschaftlichen Innovationen in der marxistischen Theorie in verschiedenen Ländern, die wichtigsten Theorien der aktuellen kommunistischen und Arbeiterparteien in verschiedenen Ländern, die internationale kommunistische Bewegung und die Entwicklung des Weltsozialismus usw.. (https://worldmarxistreview.org/index.php/wmr/about)
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Online-Flyer Nr. 832 vom 26. Dezember 2024