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Aktueller Online-Flyer vom 23. Dezember 2024  

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Kommentar
Blick hinter die Kulissen
100 Schafe, das Weltgeschehen und Syrien
Von Yavuz Özoguz

Eigentlich wollte ich von meiner Iranreise berichten und die Video-Reihe dazu nach und nach in Ruhe veröffentlichen [1]. Doch die Weltereignisse überrennen uns, so dass ich die Reihe heute übereilt zum Abschluss gebracht habe. Eigentlich warne ich immer wieder vor dem Dritten Weltkrieg, in den uns ganz offensichtlich vor allem die amtierenden grünen Minister treiben, aber die Einzelereignisse der Welt lassen einen übergeordneten Blick oft kaum zu, so dass viele Nachrichtenkonsumenten im Wirrwarr der Ereignisse ertrinken. Doch ein Blick hinter die Kulissen und die Prophezeiungen des Islam können helfen, das Durcheinander besser zu verstehen.



Das Durcheinander ist wirklich komplex: Da ist zwar aktuell der Sturz des syrischen Machthabers Assad und sein ungewisses Schicksal, aber das Ereignis steht nicht allein im Raum. Die Übernahme Syriens durch sogenannte „Rebellengruppen“, wobei nicht klar ist, wer alles dahinter steckt, schwächt die Achse des Widerstandes [2] nicht unerheblich. Die Hizbullah im Libanon ist schwer verwundet und mit dem Fall Syriens eingekesselt. Die Islamische Republik Iran kann kaum noch helfen und der Völkermord in Palästina ist von den westlichen Bildschirmen verschwunden, obwohl er unvermindert fortgesetzt wird. Russland befindet sich in einer kritischen Phase des Krieges mit der Westlichen Welt, der aktuell vor allem in der Ukraine ausgetragen wird. In Korea geschehen unverständliche Dinge vom stundenweisen Kriegsrecht bis hin zu Hochverratsvorwürfen. Einige Wahlen in der Welt, bei denen die Wähler nicht zu dem Ergebnis geführt haben, die der Westlichen Welt genehm wäre, sollen wiederholt werden. Und Taiwan könnte zum nächsten Krisenherd mutieren, nachdem die USA den Chinesen keine Chips mehr liefern und diese auf die Idee kommen könnten, sie ihre eigenen Chips von Taiwan zu holen, das nach chinesischem Verständnis Teil Chinas ist.

China gewinnt – völlig unbemerkt von den westlichen Medien – immer mehr an Boden in Afrika. Senegals Präsident Bassirou Diomaye Faye möchte westliche Kolonialtruppen des Landes verbannen. Der Tschad kündigte am 28. November seinen Verteidigungskooperationspakt mit Frankreich. Die Regierung Malis hat nach dem Sturz des profranzösischen Regimes im Jahr 2021 französische Truppen aus ihrem Territorium vertrieben und sich stattdessen an Russland gewandt, um Sicherheitshilfe zu erhalten. Burkina Faso gab Frankreich eine Frist, seine Truppen abzuziehen, nachdem es im Januar 2023 ein Militärabkommen mit dem Land aufgekündigt hatte. Die Regierung im Niger hat nach der militärischen Machtübernahme im Juli 2023 ein Abkommen über die Anwesenheit von US-Truppen und -Beamten auf dem Boden des Landes widerrufen. Es scheint, als wenn sich der Weltkrieg immer weiter und immer heftiger ausbreitet, aber die Massenmedien in Deutschland sorgen dafür, dass die Deutschen nicht merken, dass auch ihre eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die offensichtlich systematische Deindustrialisierung damit zusammenhängen. Auffällig ist auch, dass Frankreich und Deutschland gleichzeitig nur noch über Übergangsregierungen verfügen, die USA einen abgewählten Präsidenten hat und der Nachfolger noch problematischer sein könnte und es faktisch überall in der Welt kriselt.

Das Problem aller dieser Betrachtungen besteht darin, dass es den wenigsten Menschen gelingt, die Gesamtzusammenhänge zu verstehen. Warum soll es eigentlich Kriege geben? Gibt es nicht hinreichend Ressourcen in der Welt, dass alle Menschen in Frieden und Freiheit leben könnten und niemand hungern müsste? Warum soll es Staatsgrenzen geben, noch dazu von Kolonialisten gezogene Lineal-Striche auf der Landkarte? Warum sollte ein Umsturz in Syrien, die Kopftuchfrage im Iran, eine zerstörte Pipeline in der Ostsee und die Begnadigung eines Präsidentensohnes in den USA durch seinen Vater, der von eine Pornostarfreier ersetzt wird, alle miteinander zusammenhängen?

Im Heiligen Koran gibt es dazu eine Geschichte von 99 Schafen und einem Schaf. Sie wird in Sure 38 ab Vers 23 erwähnt. Es ist eine allegorische Erzählung, die im Kontext von Prophet David steht und eine Lektion über Gerechtigkeit, Demut und die Verantwortung von Herrschern vermittelt. Der Besitzer von 99 Schafen ist der Bruder des Besitzers eines Schafs. Doch er begnügt sich nicht mit den 99 Schafen und will auch das eine Schaf des Bruders. Die „99 Schafe“ symbolisieren Reichtum, Macht oder Privilegien. Das „eine Schaf“ steht für das Wenige, das jemand besitzt, das aber für ihn von großer Bedeutung ist. Die Geschichte verdeutlicht die Gefahr von Ungerechtigkeit, wenn Mächtige die Schwächeren ausbeuten. Eine parallele Geschichte kennen die Bibeltreuen in 2. Samuel 12:1-4.

Tatsächlich wird diese Welt nicht etwa von denjenigen regiert, die von irgendwelchen Wählern zu Ministern und Präsidenten gewählt werden, sondern von einer klitzekleinen nimmersatten Machtelite, die zwei Dinge vollständig in ihrer Hand wissen: Das Finanzwesen und die Medienwelt. Für sie spielt es überhaupt keine Rolle, wer regiert. Erst jüngst berichteten auch deutsche Medien völlig unkritisch darüber, dass das Vermögen der Milliardäre sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt habe [3]. Die Schere zwischen Arm und Reich driftet immer mehr auseinander, selbst bei einer angeblich „links-versifften“ Regierung. Was zum größten Skandal der Menschheit stilisiert werden müsste, gilt als nüchterne Randbemerkung. Doch genau jene Randbemerkung ist die Ursache für alle in diesem Artikel aufgelisteten Verwerfungen und noch viel mehr.

Glauben denn die jetzt in einen übertriebenen Jubel verfallenen Syrer in Deutschland, dass die Machtübernahme in Syrien kein abgekartetes Spiel war? Glauben sie ernsthaft, die sogenannten „Rebellen“ hätten nach zehn Jahren Kampf das ganze Land fast ohne Schusswechsel in zehn Tagen erobert, ohne dass die Machthaber der Welt es geahnt haben? Und wenn das so ist, wo waren denn jene scheinbar aus dem Nichts stammenden und scheinbar unbesiegbar Kräfte während der endlosen Hilferufe ihrer Schwestern und Kinder in Gaza seit über einem Jahr? Warum sollen alle Behörden und Gebäude unangetastet bleiben, aber die iranische Botschaft in Damaskus wird gestürmt? Ja, wenn es für die Syrer in Deutschland so viel Grund zum Feiern gibt, dann müssten ja bald einige Wohnungen in Deutschland frei werden, wo Deutschland doch so sehr über Wohnungsnot klagt. Oder verfügt der neue Aufbruch in Syrien noch über kein Jobcenter?

Tatsächlich ist es den Eliten der Welt völlig gleichgültig, ob ein Diktator, Rebellenführer, gewählter Präsident oder Sklavenhalter in Syrien oder sonstwo herrscht, so lange die Westlichen Interessen gewahrt werden und der sogenannte „Great Reset“ fortgesetzt werden kann. Hindernis dabei sind unter anderem Russland und der Iran, vor allem Imam Chamenei. Diesen wurde mit dem Machtwechsel in Syrien ein schwerer Schlag versetzt. Bei der Beurteilung derartiger Ereignisse ist daher stets darauf zu schauen, wer sich über die Ereignisse besonders freut.

Die Befreiungstheologie, die von der Islamischen Republik Iran ausgeht, steht an der Seite des eines Schafes, wohingegen die Herrscher der Westlichen Welt auf der Seite der 99 Schafe stehen. Selbst in der Zeit der Erwartung, dem Advent, erwartet in Deutschland kaum jemand die Rückkehr Jesu, sondern man wartet auf den Weihnachtsmann.

Die Damaszener erwarten die Rückkehr Jesu in Damaskus. Unabhängig davon, ob das stimmt, erwarten die Schiiten die Rückkehr des erwarteten Erlösers Imam Mahdi im Zusammenhang mit bestimmten Zeichen. Dazu gehört unter anderem, dass drei markante Personen auftreten werden, der Chorasani (der aus Chorasan), der Yamani (der aus Jemen) und der Sufyani (ein Nachkomme des historischen Abu Sufjan). Während die ersten beiden Figuren bereits lebenden Personen zugeordnet werden könnten, erscheint der Sufyani plötzlich und sozusagen aus dem Nichts in Syrien in einem islamischen Monat Radschab und beherrscht erst Syrien und dann noch mehr. Die sich zunehmend von den USA abwendenden Saudis müssten langsam nervös werden. Der bevorstehende Monat Radschab beginnt am 13. Januar.

So gibt es zum einen die spirituelle Komponente der Geschehnisse, die vor allem von Muslimen in Betracht gezogen wird. Zum anderen gibt es aber auch die rein materielle Betrachtung der Geschehnisse, die selbst für Atheisten nachvollziehbar sein müsste: Die irdisch Reichen werden immer Reicher und damit steigt die Ausbeutung der Menschheit. Und so lange die Menschheit sich spalten und teilen lässt, so lange wird sie auch beherrscht werden.

Es gibt aber eine Methode aller Religionen, die Machtmethode „teile und herrsche“ zu durchbrechen. Sie heißt: „Fürchtet Euch nicht!“ Fürchtet Euch nicht vor den unbesiegbar erscheinen Machteliten. Fürchtet Euch nicht vor all dem, was Euch angedroht worden wird, wenn ihr Euch nicht beugt. Verbeugt Euch nur vor der Quelle aller Macht! Fürchtet Euch nicht vor dem Verlust von Möglichkeiten und Mitteln, denn die Wahrheit ist stärker als alle Mittel aller Multi-Milliardäre zusammen. Wenn Wir aufrichtig versuchen an der Seite der Wahrheit zu stehen, sind wir unbesiegbar.


Fußnoten:

[1] https://www.youtube.com/@dryavuzoezoguz
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Achse_des_Widerstands
[3] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ubs-billionaire-ambitions-report-vermoegen-der-milliardaere-in-zehn-jahren-mehr-als-verdoppelt-a-62d88126-e3f3-4f23-a22a-024eaaec5e79


Erstveröffentlichung am 8. Dezember 2024 bei Muslim-Markt


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