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Lokales
Erfahrungen einer 60jährigen Arbeitslosen mit der Kölner ARGE
Noch mehr Druck bei Alg II
Von Peter Löwisch

"Roland Berger soll ausziehen!" war der Titel unseres ARGE-Artikels in der NRhZ 66. Gefordert hatten dies Erwerbslosengruppen und das "Team kritische SachbearbeiterInnen ARGE Köln". Offenbar haben die Roland-Berger-Berater in der Kölner ARGE mit ihren Empfehlungen zur Schikane von Arbeitslosen schon einigen Erfolg gehabt. So unser Kollege im folgenden Artikel. Die Redaktion.

Renate J. in Köln ist 60 Jahre alt, Unterzeichnerin der so genannten 58iger Regelung noch vor der Einführung von Hartz IV, seit 1. Januar 2005 Hartz IV-Betroffene und hat vor drei Wochen ihren halbjährlichen Verlängerungsbescheid für Alg II erhalten.

Als sie vor ein paar Tagen ihren Briefkasten öffnete und einen dickeren Brief der ARGE Köln erhielt, ahnte sie nichts Böses. Doch was sie dann in Händen hielt, verschlug ihr die Sprache. Da wurde sie über neun Seiten aufgefordert, Auskünfte zu erteilen, die die ARGE längst hatte: so die Fragen nach Miete, Nebenkosten, Warmwasser und Heizung. Doch dann ging es erst richtig los. Sie wurde aufgefordert, bis zum 26. Oktober folgende weitere Unterlagen einzureichen: 1) eine Kopie des Sozialversicherungsausweises, 2) eine Kopie der Krankenversicherungskarte, 3) eine Kopie der Geldkarte des Bankinstitutes, 4) Kontoauszüge der letzen drei Monate, und last not least sollte sie eine Abbuchungsgenehmigung unterschreiben, in der sie die ARGE bevollmächtigte, von ihrem Konto eventuell überbezahlte Zahlungen rückzubuchen.

Renate J. ging daraufhin schnurstracks zur ARGE. Beim Empfangsschalter wusste man von dieser Aktion nichts und meinte, dies müsse eine Sachbearbeiterin wissen. Nach einer längeren Wartezeit, die es in Köln trotz der angeblichen Abschaffung der Wartezeiten wieder gibt, wurde sie dann zur Sachbearbeiterin herein gerufen. Diese ihr zugewiesene Ansprechperson konnte im Computer nicht feststellen, dass Renate J. gerade vor drei Wochen die Alg II-Verlängerung erhalten hatte. Ebensowenig ließ sich bei ihr feststellen, dass die Hartz IV-Bezieherin die 58iger Regelung bereits unterschrieben hatte.

Nun meinte die Sachbearbeiterin, dass für die Verlängerung, die ja bereits vorlag, wohl noch Unterlagen gefehlt hätten - daher wohl die neuerliche Aufforderung. Ansonsten wisse sie auch nicht, warum Renate J. die ganzen Unterlagen vorlegen solle. Sie, die Sachbearbeiterin,  müsse die Unterlagen ja nur einsammeln. Renate J. war etwas eingeschüchtert und gab ihre Krankenversicherungskarte und Bankkarte zum Kopieren. Den Sozialversicherungsausweis wollte sie später nachreichen. Was die geforderten Kontoauszüge betraf,  kündigte sie der Sachbearbeiterin an, ihr später 60 Auszüge auf den Schreibtisch zu legen. Das war der Sachbearbeiterin wohl zu viel, und sie gab Renate J. den Rat, sie solle sich an ihr Bankinstitut wenden, dort würde sie einen gesonderten Ausdruck der Kontobewegungen der letzten drei Monate bekommen. Den Abbuchungsauftrag zugunsten der ARGE allerdings wollte Renate J. nicht unterschreiben und bekam dann einen Termin zur weiteren Besprechung in der kommenden Woche.

Renate J. ging nun zu ihrer Bank, um die Ausdrucke der Kontoauszüge zu bekommen. Die Bank weigerte sich, solche Ausdrucke herauszugeben, da sie auch Daten enthielten, die die ARGE nichts angehen würden.

Renate J. fühlt sich von der ARGE Köln schikaniert. Sie kann keinen Sinn darin sehen, ihre Bankkarte, ihre Krankenkassenkarte in Kopie dort zu lassen. Außerdem sträubt sich alles in ihr, der ARGE eine Einzugsermächtigung zu geben. Warum auch: überbezahlte Gelder können ja rücküberwiesen werden.

Es scheint, dass diese Forderungen in Köln zurzeit an eine zufällig ausgewählte Gruppe von erwerbslosen Alg II-Empfängern gestellt werden, um weitere Schikanen auszuprobieren. Wie heißt doch das von der Unternehmensberatung Roland Berger ausgegebene Motto in Köln? "Der durch mehr und mehr Aufgaben getriebene ARGE-Mitarbeiter soll den Druck auf die Erwerbslosen übertragen und diese treiben..." Erwerbslose treiben? Wie das liebe Vieh? Mehr Menschenverachtung kann es kaum geben.

Mehr unter www.medien-loewisch.de

und der Beweis zum Download (Original-Dokument)


Online-Flyer Nr. 67  vom 24.10.2006

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